34/SPET XXIII. GP

Eingebracht am 20.05.2008
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Stellungnahme zu Petititon

 

 

GZ.: BMI-LR2210/0190-III/1/2008

 

 

Wien, am [Genehmigungsdatum]

 

 

An die

Parlamentsdirektion

 

1017 Wien

 

Stellungnahme.PETBI@parlament.gv.at

 

 

 

Peter Andre
BMI - III/1 (Abteilung III/1)
Herrengasse 7, 1014 Wien
Tel.: 53126/2495
Pers. E-Mail: peter.andre@bmi.gv.at

Org.-E-Mail: BMI-III-1@bmi.gv.at
WWW.BMI.GV.AT
DVR: 0000051

Antwortschreiben bitte unter Anführung der GZ an die Org.-E-Mail-Adresse.

 

 

                       

Betreff:

Legistik und Recht; Verbindungsdienst - Parlament und Ministerrat; Parlament Allgemein

Petition Nr. 30 des Abgeordneten Peter Pilz betreffend "Behandlung des Sicherheitspolizeigesetzes im Innenausschuss des Nationalrates"

 

 

Das Bundesministerium für inneres nimmt zu der im Betreff genannten Petition wie folgt Stellung:

 

  1. Zur Beauskunftung von IP-Adressen

Nach der alten Rechtslage (vor Inkrafttreten der Novelle Bundesgesetz BGBl. I Nr. 114/2007, Art. 1) sind Auskunftsbegehren der Sicherheitsbehörden im Bereich der Mobiltelefonie, vor allem aber von IP‑Adressen, im Wege der Interpretation des § 53 Abs. 3a SPG, insbesondere des Begriffs „Teilnehmernummer“ in Anlehnung an die Begrifflichkeiten des Telekommunikationsgesetzes, erfolgt. Den Erläuterungen zu § 92 Abs. 3 Z 3 lit. d TKG 2003, in dem von „Teilnehmernummer und sonstiger Kontaktinformation“ gesprochen wird, ist zu entnehmen, dass darunter auch IP‑Adressen fallen.

 

Was die Beauskunftung von Internetdaten betrifft, ist es wesentlich, zwischen der Ermittlung von so genannten Verbindungsdaten (Ursprung und Ziel einer Kommunikation) und der Inhaltsüberwachung des Internets klar zu unterscheiden, da nach dem derzeitigen Stand von Lehre und Judikatur nur Eingriffe in Inhaltsdaten das Fernmeldegeheimnis im Sinne des Art. 10a Staatsgrundgesetzes berühren und daher einer richterlichen Genehmigung bedürfen. Das bedeutet nicht, dass die Ermittlung so genannter Verbindungsdaten unbeschränkt möglich ist, sondern auch dafür bedarf es einer gesetzlichen Grundlage, die ausreichend determiniert und vor allem auch verhältnismäßig ist.

 

Vor diesem Hintergrund ist die Neuerung im Sicherheitspolizeigesetz zu sehen, die fälschlicherweise als „Internetüberwachung“ bezeichnet wird.  Seit 1998 (Privatisierung der PTV) sieht das Sicherheitspolizeigesetz vor, dass Betreiber öffentlicher Telekommunikationsdienste Auskunft über Namen und Adresse und/oder Teilnehmernummern zur Identifizierung eines im öffentlichen Kommunikationsnetz kommunizierenden Menschen zu erteilen haben, wenn dies für die sicherheitspolizeiliche Aufgabenerfüllung notwendig ist. Bei diesen im Gesetz abschließend aufgezählten Daten handelt es sich gerade nicht um die oben angesprochenen, besonders geschützten Inhaltsdaten und auch nicht um Informationen darüber, welche Internetseiten der Betroffene aufgerufen hat.

 

Im Hinblick darauf wurde eine ausreichende determinierte gesetzliche und verhältnismäßige Grundlage im Sicherheitspolizeirecht geschaffen. Für das gesamte SPG ist zudem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch deutlich normiert. So dürfen Eingriffe in Rechte von Menschen nur dann erfolgen, wenn sie notwendig, erforderlich, geeignet und das gelindeste Mittel darstellen. Dies gilt auch für die Anwendung dieser Bestimmungen im SPG.

 

  1. Zur Beauskunftung von Standortdaten und internationaler Mobilteilnehmerkennung und Einsatz des IMSI-Catchers

Nach § 53 Abs. 3b SPG sind die Sicherheitsbehörden, wenn eine gegenwärtige Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eines Menschen vorliegt, dazu berechtigt, von den Betreibern Auskunft über Standortdaten und Daten einer von diesem Menschen mitgeführten Endeinrichtung zur Feststellung seines Standorts zu verlangen. Dem Wortlaut nach muss eine akute Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Menschen vorliegen, die im Lichte der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme auf andere Art und Weise nicht oder nicht rasch genug abgewendet werden kann. Aufgrund der eng gefassten Voraussetzungen kommt daher etwa nur die Ortung von Suizidgefährdeten und von abgängigen oder vermissten Personen, bei denen die aktuelle Gefährdung in einer ex ante Betrachtung in nachvollziehbarer Weise angenommen werden muss, sowie der Versuch der Lokalisierung einer Endeinrichtung eines Entführungsopfers in Frage. In Ansehung des zu schützenden Rechtsgutes Leben oder Gesundheit eines Menschen ist die Erforderlichkeit und Notwendigkeit des Grundrechtseingriffes vorliegend. Auch steht kein weniger eingreifendes und wirksames –folglich kein gelinderes – Mittel zur Leistung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht bzw. zur Abwehr der gegenwärtigen Gefahr zur Verfügung.

 

Mit der Novelle wird auch sichergestellt, dass die Standortkennung eines gegenwärtig gefährdeten Menschen durch die Betreiber beauskunftet wird und technische Mittel zum Einsatz gebracht werden dürfen, die eine genaue Lokalisierung dieses Menschen in einer Notsituation ermöglichen.

 

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass das Fernmeldegeheimnis die Übertragung der Kommunikation geheimer Inhalte über Fernmeldeanlagen schützt. Standortdaten und die unter den Begriff Zugangsdaten (§ 92 Abs. 3 Z 4a TKG 2003) fallende IMSI-Nummer („Internationale Mobilteilnehmerkennung“) sind davon im Hinblick auf die einer Hilfeleistungs‑ oder Verfolgungszwecken dienenden Ortung des Standorts von Mobiltelefonen nicht umfasst.

 

3.      Zur Frage der Begutachtung

Die gegenständliche Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz wurde einer umfassenden Begutachtung unterzogen. In mehreren Sitzungen des Datenschutzrates und seiner Arbeitsausschüsse erfolgte eine intensive Beratung. Hinsichtlich der Beauskunftung von IP-Adressen, die durch einen Abänderungsantrag im Parlament in die Novelle Eingang gefunden hat, ist auf einen Beschluss der Datenschutzkommission vom Oktober 2007 zu verweisen. Diese vertrat die Rechtsansicht, dass für die Datenermittlung durch die Sicherheitsbehörden eine taugliche Eingriffsgrundlage Voraussetzung und die (seinerzeit) bestehende Rechtslage nicht wirklich klar sei. Demgemäß war eine ausreichende sicherheitspolizeiliche Rechtsgrundlage, die eine technologieunabhängige und sachlich gerechtfertigte Gleichstellung von Anbietern, die zur Auskunft verpflichtet sind, unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gewährleistet, zu schaffen. Abschließend darf auf das zusätzliche Informationsrecht des Rechtsschutzbeauftragten hingewiesen werden.

Für den Bundesminister:

 

[Genehmiger des Aktes]

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