1129/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 19.05.2010
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Antrag

 

des Abgeordneten Josef Bucher, Mag. Stadler

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Einführung eines gewählten Kanzlerpräsidenten

 

Das Rekordtief an Wahlbeteiligung bei der letzten Bundespräsidentenwahl bestätigt die Forderungen nach Veränderung. Erstmals ist ein amtierender Amtsträger durch weniger als die Hälfte (49,75%) der gültigen, abgegebenen Stimmen aller Wahlberechtigten „wieder“gewählt worden. Zudem haben sich lediglich knapp mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten (53,57%) an dieser Wahl beteiligen. Dieses Ergebnis ist ein klares Spiegelbild dafür, wie unbedeutend das Amt des Bundespräsidenten unter seinem letzten Amtsträger geworden ist. Sicherlich hat die Entscheidung der Vizekanzlerpartei ÖVP keinen eigenen Kandidaten aufzustellen, einen nicht wieder gut zu machenden Beitrag dazu geleistet. Die Wählerschaft jedenfalls denkt intensiv darüber nach, ob ein Bundespräsident überhaupt noch notwendig ist ist, oder ob es eine Möglichkeit gibt, seine Aufgaben auf ein anderes Staatsorgan zu übertragen.

Das aktuelle Dilemma bei der Bundespräsidentenwahl zeigt, dass eine umfassende Staatsreform dringend nötig ist. Notwendig ist eine umfassende Reform der Gesetzgebung und der Regierung. Deshalb will das BZÖ die Harmonisierung der Dauer von Legislatur­perioden (EU-Parlament, Bund, Land, Gemeinde) auf fünf Jahre, eine Reduktion der Anzahl der Abgeordneten zum Nationalrat unter Zugrundelegung eines proportionalen Wahlrechts, welches bei der Vergabe der Mandate die Wahlbeteiligung berücksichtigt. Im Hinblick auf die ihm verfassungsgesetzlich gewährleisteten Prüf- und Kontrollrechte fordert das BZÖ eine Stärkung der Minderheitsrechte im Nationalrat sowie die Aufwertung des Bundesgesetzgebers Parlament durch die Zuordnung der Legislativabteilungen der Ministerien zum Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftlichen Dienst der Parlamentsdirektion.

Das BZÖ steht für eine Limitierung der Anzahl der Mitglieder einer Bundesregierung (inklusive Staatssekretäre) auf maximal 15 Mitglieder. Das BZÖ will die Abschaffung des Bundesrats als zweite Kammer des Parlaments an der Bundesgesetzgebung durch die verfassungsrechtliche Verankerung der Landeshauptleutekonferenz (eventuell gemeinsam mit den Landtagspräsidenten) als Ländervertretung mit vergleichbaren Kompetenzen für diese Landeshauptleutekonferenz, wie sie derzeit der Bundesrat hat.

Eine Reform der Landtage und Landesregierungen hat durch die Reduzierung der Zahl der Landtagsabgeordneten und die Begrenzung der Zahl der Regierungsmitglieder zu erfolgen. Frage-, Antrags- und Kontrollrechte in den Landtagen sollen echte Minderheitenrechte sein und daher jedem Abgeordneten zustehen.


Als ersten Schritt zu dieser dringend nötigen Staatsreform legt das BZÖ daher einen konstruktiven, zukunftsweisenden Vorschlag für eine Reform des beschädigten Amtes des Bundespräsidenten vor und verlangt die Einführung eines echten Präsidialsystems auf der Ebene des Bundeskanzlers durch die Schaffung eines Kanzlerpräsidenten, der vom Volk direkt gemeinsam mit dem Nationalrat gewählt werden soll; das Amt und die Funktion des Bundespräsidenten soll abgeschafft werden

Die Position des Bundespräsidenten und des Bundeskanzlers sollen zusammengelegt werden. Der Kanzlerpräsident soll, entsprechend dem Vorbild der Präsidialrepubliken Frankreich bzw. der Vereinigten Staaten von Amerika, mehr Möglichkeiten, Durchgriffs­rechte und Macht erhalten. Wie bei den Kommunalwahlen der Bürgermeister soll auch die neue Funktion vom Volk gewählt werden. Der Kanzlerpräsident könnte auf Basis einer Mehrheit im Nationalrat seine Regierung selbst bilden und würde durch den Verfassungsgerichtshof angelobt. Seine Abwahl sollte durch eine Zweidrittelmehrheit im Parlament eingeleitet werden können. Die Vorteile der Zusammenlegung sprechen für sich: Einsparungen, Stabilität und direkte Einbindung des Volkes.

Die Kandidaten gehen dann mit einem klaren Vorhaben in die Wahl und lassen Wählerinnen und Wähler entscheiden. Der gewählte Kanzlerpräsident ist dann in der Lage, mit der Position der Stärke wichtige Entscheidungen zu treffen.

Mit dem Modell des Kanzlerpräsidenten könnte man auch neue und interessante Persönlichkeiten für die Politik gewinnen. Viele gute, kompetente Menschen wagen nicht den Schritt in die Politik, weil sie in unserem System frühzeitig inhaltlich abgeschliffen werden. Daher haben wir derzeit in Österreich auch viele Politiker, die als Parteisoldaten begonnen und keinen einzigen Tag in der Privatwirtschaft gearbeitet haben.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzes­entwurf vorzulegen, der eine umfassende Reform der Ämter des Bundespräsidenten und des Bundeskanzlers durch deren Zusammenführung in das Amt eines Kanzlerpräsidenten vorsieht und insbesondere auch folgende Punkte enthält:

1.    Das Amt und die Funktion des Bundespräsidenten soll abgeschafft werden.

2.    Durch die Schaffung eines Kanzlerpräsidenten soll ein echtes Präsidialsystem auf der Ebene des Bundeskanzlers eingeführt werden; dessen Möglichkeiten, Durch­griffsrechte und Macht sollen sich am Vorbild der Präsidialrepubliken Frankreichs bzw. der Vereinigten Staaten von Amerika orientieren.

3.    Der Kanzlerpräsident soll gemeinsam mit dem Nationalrat direkt vom Volk gewählt werden.

4.    Der Kanzlerpräsident soll auf Basis einer Mehrheit im Nationalrat seine Regierung selbst bilden können.

5.    Die Angelobung des Kanzlerpräsidenten soll durch den Verfassungsgerichtshof vorgenommen werden.

6.    Die Abwahl des Kanzlerpräsidenten soll durch eine Zweidrittelmehrheit im Parlament eingeleitet werden können.“

 

Wien, am 19. Mai 2010