1199/A XXIV. GP
Eingebracht am 07.07.2010
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ANTRAG
der Abgeordneten Albert Steinhauser, Alev Korun, Freundinnen und Freunde
betreffend Staatsbürgerschaft für langjährig hier lebende Staatenlose
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die österreichische Staatsbürgerschaft geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundesgesetz über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 - StbG), BGBl Nr 311/1985 idF BGBl I Nr 135/2009, wird geändert wie folgt:
§ 14 Abs 3 lautet:
„(3) Einem Fremden ist die Staatsbürgerschaft auch zu verleihen, wenn er seit mindestens 30 Jahren als Staatenloser seinen Lebensmittelpunkt in Österreich hatte und bei ihm nicht aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist,
a) dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Übereinkünfte begangen hat, die abgefasst wurden, um Bestimmungen hinsichtlich derartiger Verbrechen zu treffen;
b) dass er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufenthaltslandes begangen hat, bevor er dort Aufnahme fand;
c) dass er sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen.“
Begründung:
Laut dem Übereinkommen über die Rechtsstellung von Staatenlosen ist ein "Staatenloser" eine Person, die kein Staat auf Grund seines Rechtes als Staatsangehörigen ansieht. Bei der Problematik Staatenloser handelt es sich um ein rechtliches Phänomen, bei dem Menschen zu „Nicht-Personen“ werden, weil sie z.B. keine Dokumente über ihre Herkunft und Abstammung besitzen und daher ihre Rechte nicht automatisch anerkannt werden. Obwohl die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterstreicht, dass jeder das Recht auf eine Staatsangehörigkeit hat, lebten allein 2009 in Österreich 4585 Staatenlose in dieser rechtlichen Ungewissheit.
Darunter befinden sich Menschen, deren Heimatländer sich aufgelöst haben (zB Ex-Jugoslawien) oder die während des zweiten Weltkrieges geboren wurden und deren Identität in den Kriegswirren unterging. Einige mussten aus politischen Gründen versteckt werden.
Die ORF Sendung „Bürgeranwalt“ im Dezember 2009 behandelte den Fall des staatenlosen Herrn Anton Szklarski. Seine Mutter, eine Polin, fürchtete Verfolgung unter dem NS-Regime und versteckte ihn im Alter von zwei Monaten bei seinem österreichischem Vater. Die Notwendigkeit sich zu verstecken verhinderte lange Jahre die Ausstellung einer Geburtsurkunde, deren Einholung nach dem Tod des Vaters auch von der zuständigen Jugendwohlfahrt verabsäumt wurde. So verbrachte Herr Szklarski sein Leben als „Staatenloser“ und war auf sich gestellt, da er aufgrund der Staatenlosigkeit keinen Zugang zu Arbeit hatte. Da er keine Arbeit finden konnte und auch aufgrund fehlender Staatszugehörigkeit kein geregeltes Leben führen konnte, wurde er straffällig und ist nun vorbestraft. Seine Vorstrafen verhindern nachhaltig - auch nach bald 70 Jahren Aufenthalt in Österreich - seine Legitimisierung als Österreicher. Er befindet sich damit in einem Teufelskreis: Die fehlenden Dokumente führen dazu, dass er keine Arbeitserlaubnis bekam und daher auch keine Chance hatte, einer geregelte Arbeit nachzugehen. Diese Notsituation wiederum brachte ihn in eine prekäre Lage und drängte ihn immer mehr in die Illegalität. Die Vorstrafen verhindern wiederum nachhaltig die Einbürgerung, die die einzige Chance auf ein geregeltes Leben bieten würde.
Dieser menschlich unhaltbare Zustand muss geändert werden, indem Staatenlose tatsächlich das Recht, bzw. eine faire Chance auf Erhalt der Staatsbürgerschaft bekommen. Menschen, die ihr ganzes Leben hier verbracht haben und ohne eigenes Verschulden staatenlos sind, sollen eine Chance auf ein gleichberechtigtes Leben in Österreich haben. Dazu bedarf es nachfolgender Gesetzesänderung.
In formeller Hinsicht wird unter Verzicht auf eine 1. Lesung die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.