1239/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 09.07.2010
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Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Scheibner, List

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend Aussetzen der Wehrpflicht unter gleichzeitiger Einführung eines Freiwilligenheeres mit Berufssoldaten und einer freiwilligen Miliz

 

Die Umfeldbedingungen für die Sicherheitsherausforderungen von Außen haben sich, wie auch die Bundesheerkommission (BHRK) auf der Grundlage der Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin erkannt hat, vollständig verändert. Österreich liegt eingebettet inmitten von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Die konventionelle Landesverteidigung als Hauptaufgabe einer nationalen Armee ist völlig in den Hintergrund getreten. Es gibt keine Bedrohungen mehr, die auf das Territorium bezogene Massenheere erfordern. Die Krisenreaktion tritt in den Vordergrund. Viele Risiken von Außen, ob organisierte Kriminalität oder Terror sind nur durch gezielte Maßnahmen zu bewältigen. Internationale Einsätze zur Konfliktprävention oder –bewältigung, der Heimatschutz vor terroristischen Bedrohungen sowie Unterstützungsleistungen bei Katastrophen außergewöhnlichen Ausmaßes im In- und Ausland sind daher die Aufgaben des Österreichischen Bundesheeres der Zukunft. Derzeit ist das Bundesheer nicht in der Lage, größere Katastrophen- oder Zivilschutzeinsätze personell zu bewältigen.

 

Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres in Burgenland, der rund 22 Mio Euro pro Jahr kostet und völlig ineffizient in seiner Wirkung ist – bei neun aufgegriffenen illegal aufhältigen Personen Kosten von 1,4 Millionen Euro pro Aufgriff - hat trotz anhaltender Weigerung von Minister Darabos ein Ablaufdatum und ist daher umgehend zu beenden.

 

Durch die Kürzung der Wehrdienstzeit auf sechs Monate und die sinnlose Verwendung der Grundwehrdiener im Rahmen des Assistenzeinsatzes leidet das Bundesheer und ist eine vernünftige, an obige Aufgabenstellung angepasste Ausbildung von Wehrpflichtigen nicht (mehr) möglich oder sinnvoll. Diese können nur noch von hochprofessionell ausgebildeten und motivierten Freiwilligen erfüllt werden, die dafür die nötige Bezahlung und Ausrüstung sowie entsprechende Modelle zur Überleitung in andere Berufe nach einer zeitlich befristeten Soldatenkarriere brauchen.

 

Gerade im Zusammenhang mit der im Lissabon Vertrag festgelegten wechselseitigen Beistandsgarantie im Fall eines militärischen Angriffs auf das Territorium eines Mitgliedsstaates verliert die eigenständige militärische Verteidigung des österreichischen Territoriums durch das Bundesheer an Bedeutung. Wenn man die Beteiligung an einer europäischen Verteidigungsarchitektur. ernst nimmt, ist dies nur mit einem professionellen Freiwilligenheer machbar und effizient.

 

Die derzeitige Wehrpflicht mit sechs Monaten ist teuer, aber ineffizient. Schlecht ausgebildete und zwangsverpflichtete Grundwehrdiener sind kostenintensiv, jedoch im Ernstfall nicht einsatzfähig. Dadurch werden nicht nur der Schutz von lebensnotwendigen Infrastruktureinrichtungen sträflich vernachlässigt, sondern auch die Aufgaben innerhalb der Europäischen Union, deren Bewältigung ebenfalls bestens ausgebildete und entsprechend ausgerüstete Soldaten erfordern.

 

Das BZÖ fordert daher die Aussetzung der Wehrpflicht bei gleichzeitiger Einführung eines professionellen Freiwilligenheeres bestehend aus einem Berufsheer und einer starken freiwilligen Miliz.

 

Zahlreiche andere Europäische Staaten haben die Umstellung auf Freiwilligenheere (mit überwiegend ausgesetzter Wehrpflicht) bereits vollzogen. Dazu zählen Belgien (ab 1995), Niederlande und Polen (ab 1997), Frankreich (ab 1999), Spanien (ab 2001), Slowenien (ab 2003), Tschechien, Ungarn und Italien (ab 2005), Slowenien (ab 2006), Rumänien und Lettland (ab 2007) und Bulgarien (ab 2008). Zuletzt hat das neutrale Schweden die allgemeine Wehrpflicht aufgrund der geänderten Sicherheitslage und aus Spargründen abgeschafft. Auch die neutrale Schweiz beginnt ernsthaft über eine Abschaffung zu diskutieren. Österreich stellt eines der letzten EU-Länder dar, in denen die allgemeine Wehrpflicht für Männer noch in Kraft ist.

 

Gegen die Beibehaltung der Wehrpflicht sind die Argumente der Wehrgerechtigkeit, der ökonomischen Ineffizienz sowie der militärischen Ineffizenz der Wehrpflicht ins Treffen zu führen:

 

Wehrgerechtigkeit:

 

„Die Wehrpflicht ist ein so tiefer Eingriff in die individuelle Freiheit des jungen Bürgers, dass ich der demokratische Rechtsstaat nur fordern darf, wenn es die äußere Sicherheit des Staates wirklich gebietet.“ Zitat des deutschen Bundespräsidenten aD Roman Herzog, 1995

 

Das BZÖ steht ebenso für die freie Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger und gegen nicht notwendige Zwänge, weshalb es die Aussetzung der Wehrpflicht unter gleichzeitigem Ausbau eines freiwilligen Wehrdienstes und eines sozialen Jahres, zugänglich für jede Bürgerin und jeden Bürger, fordert.

 

Ökonomische Ineffizienz

 

„Eine dem freien Markt entsprechende Lösung wäre das Freiwilligenheer, das heißt, Menschen für den Dienst anzuwerben.  .. Das jetzige System ist ungerecht und willkürlich …“ Zitat von Milton Friedman, 1976

 

Die derzeitige Wehrpflicht mit sechs Monaten ist zu teuer und ineffizient. Studien belegen, dass ein Berufsheer langfristig günstiger ist als eine Wehrpflicht. Ein Freiwilligenheer gewährt Sicherheit zu geringeren volkswirtschaftlichen Kosten. Der Personalkostenanteil ist in einem Freiwilligenheer niedriger. Ein Teil des Sozialproduktes einschließlich der nicht erzielten Steuereinnahmen geht durch die Wehrpflicht verloren. Lediglich zu Beginn ist mit Umstellungskosten auf ein Freiwilligenheer zu rechnen, welche sich jedoch langfristig amortisieren.


Militärische Ineffizienz

 

„.. eine Berufsarmee ist insgesamt effizienter und jeder anderen Form der Armee überlegen… Zitat von Adam Smith

 

Die oben angeführten Zukunftsaufgaben, die sich durch die geänderten Sicherheitsherausforderungen ergeben, sind durch ein Freiwilligenheer mit Berufssoldaten und Freiwilligenmiliz besser zu bewältigen als mit dem Bundesheer mit Wehrpflicht.

 

Rahmenbedingungen:

 

Das vom BZÖ geforderte Freiwilligenheer mit Berufssoldaten und einer starken freiwilligen Miliz ist mit Anreizsystemen zu begleiten. Der Anreiz ist direkt monetär durch marktkonforme Bezahlung zu schaffen, sowie indirekt monetär über Steuerminderungen, Beiträgen zur Sozialversicherung sowie Stipendien und Übernahme von Ausbildungskosten. Des Weiteren sind Berufssoldaten und freiwilligen Milizsoldaten Aus- und Umstiegsperspektiven wie entsprechende Pensionsmodelle zu bieten. Ein weiterer Anreiz soll durch gesellschaftliche Anerkennung geschaffen werden, indem Berufssoldaten und freiwilligen Milizsoldaten  Privilegien wie beispielsweise die bevorzugte Aufnahme in den Staatsdienst zu Teil werden sollen.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten daher nachstehenden

 

 

Entschließungsantrag:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Der Bundesminister für Landesverteidigung wird ersucht, im Hinblick auf die geänderte Aufgabenstellung des österreichischen Bundesheeres dem Nationalrat Gesetzesentwürfe vorzulegen, mit denen die Umsetzung nachstehender Punkte sichergestellt werde:

 

  1. die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht
  2. unter gleichzeitiger Schaffung eines Freiwilligenheeres bestehend aus einem ausreichend hohen Anteil an Berufssoldaten und einer starken freiwilligen Miliz
  3. Honorierung eines mindestens dreijährigen freiwilligen Dienstes oder einer einjährigen Milizausbildung mit zehnjähriger Bereitschaft für Einsätze im Inland (bevorzugte Aufnahme in den öffentlichen Dienst, Einrichtung von Stipendien und Übernahme von Ausbildungskosten für Personen, die einen solchen freiwilligen Dienst geleistet haben)
  4. Schaffung von Anreizsystemen für Berufssoldaten, welche realistische Aus- und Umstiegsperspektiven, beispielsweise  ansprechende Pensionsmodelle, bieten, sowie
  5. Einberufungsstopp für neue Rekruten ab 1.Jänner 2011

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Landesverteidigung

beantragt.

 

 

 

Wien am 09.07.2010