1387/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 22.12.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Kirchgatterer, Großruck, Hagenhofer, Dr. Plassnik

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend aktive Mitwirkung Österreichs bei der weltweiten Abschaffung der Todesstrafe

 

Die Todesstrafe verstößt gegen das Recht auf Leben und die Menschenwürde. Sie ist eine grausame und unmenschliche Strafe. Weltweit haben 95 Staaten die Todesstrafe vollständig abgeschafft, neun Staaten sehen die Todesstrafe nur noch für außergewöhnliche Straftaten wie Kriegsverbrechen oder Vergehen nach Militärrecht vor. 35 Staaten haben die Todesstrafe in der Praxis, jedoch noch nicht per Gesetz abgeschafft. Gegenwärtig wenden somit 139 Staaten die Todesstrafe nicht mehr an. Die Zahl jener Länder, die die Todesstrafe abschaffen, nimmt ständig zu. 58 halten weiterhin an der Todesstrafe fest. Im Jahr 2009 wurden mindestens 2001 Menschen in 56 Staaten zum Tode verurteilt und mindestens 714 Menschen in 18 Staaten hingerichtet.

 

Nicht in diesen Zahlen enthalten sind die Verurteilungen und Exekutionen in der Volksrepublik China, wo im Jahr 2009 mehr Menschen hingerichtet wurden als in allen übrigen Staaten auf der Welt zusammen. Amnesty International geht von über 10 000 vollstreckten Todesurteilen aus. Eine exakte Angabe ist nicht möglich, da die genauen Zahlen von der chinesischen Regierung nicht preisgegeben werden. Einer der Hingerichteten ist der britische Staatsbürger Akmal Shaikh, der trotz internationaler Proteste am 29. Dezember 2009 in Urumqi mittels einer Giftspritze getötet wurde. Es bestanden erhebliche Zweifel an der Fairness seines Strafverfahrens. So wurde die psychische Erkrankung des Angeklagten offensichtlich nicht berücksichtigt.

 

Beispielgebend in der Region war bislang Taiwan, wo seit fünf Jahren die Todesstrafe nicht mehr vollstreckt worden war. Die vier Hinrichtungen im Frühjahr 2010 sind ein schwerer Rückschlag für alle Bemühungen, über Moratorien schrittweise die Todesstrafe abzuschaffen. In Iran betrug die Zahl der Hinrichtungen mindestens 388, im Irak mindestens

 

der die Todesstrafe auch an Minderjährigen oder zur Tatzeit Minderjährigen vollstreckte. Auch wuchs die Anzahl der Todesurteile infolge der politischen Unruhen nach den letzten Wahlen sprunghaft an, da die Staatsführung die Todesstrafe zur Unterdrückung Oppositioneller benutzt. So wurden Mohammad Reza Ali-Zamani und Arash Rahmanipour im Januar 2010 hingerichtet, nachdem sie im Oktober 2009 in unfairen Prozessen der „Feindschaft zu Gott“ und der Mitgliedschaft in der Gruppierung „Anjoman-e Padeshahi-e Iran“ (API), die für die Wiedereinführung der Monarchie in Iran eintritt, für schuldig befunden worden waren.


In den USA vollstreckt nach wie vor der Großteil der Bundesstaaten die Todesstrafe. In 35 der 50 Bundesstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika kann die Todesstrafe verhängt werden, wobei 4 von ihnen seit 1976 keine Hinrichtungen mehr durchgeführt haben. Im Jahr 2009 stieg die Zahl der Exekutionen im Vergleich zum Vorjahr von 37 auf 52. Damit stehen die USA an fünfter Stelle. In den USA sind seit Wiederaufnahme der Hinrichtungen 1977 inzwischen über 1.000 Personen hingerichtet worden. Zugleich mussten seit 1973 weit über 100 zum Tode Verurteilte nach zum Teil jahrelanger Haft wegen erwiesener Unschuld oder erheblicher Zweifel an ihrer Schuld aus der Todeszelle entlassen werden.

Artikel 6 Absatz 2 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) gestattet die Verhängung der Todesstrafe nur bei schwersten Verbrechen. Artikel 6 Absatz 5 verbietet Todesurteile gegen zur Tatzeit Minderjährige und die Hinrichtung von schwangeren Frauen. Das zweite Fakultativprotokoll zum IPbpR sieht die gänzliche Abschaffung der Todesstrafe vor und wurde bislang von 72 Staaten ratifiziert.

 

Auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) wurde um das 6. Zusatzprotokoll über das generelle Verbot der Todesstrafe erweitert, das sich genau wie das zweite Fakultativprotokoll zum IPbpR auf Friedenszeiten bezieht. Mit dem 13. Zusatzprotokoll zur EMRK wird die Todesstrafe auch in Kriegszeiten verboten. Artikel 2 Absatz 2 der Grundrechtecharta der Europäischen Union enthält das Verbot der Todesstrafe. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind deshalb zur Abschaffung der Todesstrafe verpflichtet.

 

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat sich klar positioniert und ein Hinrichtungsmoratorium und eine schrittweise Abschaffung der Todesstrafe gefordert. Eine kürzlich verabschiedete Resolution über ein weltweites Moratorium der Hinrichtungen mit der Perspektive einer völligen Abschaffung der Todesstrafe wurde mit 107 Stimmen angenommen. Es gab 38 Gegenstimmen und 36 Enthaltungen. Die Todesstrafe scheint somit zurückzugehen, was sich nicht nur darin zeigt, dass im Vergleich zur letzten Abstimmung eine Ja-Stimme mehr abgegeben wurde, sondern vor allem, dass acht Nein-Stimmen weniger zu verzeichnen waren. Dieses Ergebnis, der Aufbau einer weltweiten Allianz von Hinrichtungsgegnern und die „Leitlinien für eine Unionspolitik gegenüber Drittstaaten betreffend die Todesstrafe“ bilden auch für Österreich eine gute Grundlage, um den Kampf gegen die Todesstrafe vehement fortzuführen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert,

 

1. die Initiativen für die weltweite Ächtung der Todesstrafe, in Umsetzung der EU-Leitlinien, gemeinsam mit den EU Partnern, sowie in bilateralen Gesprächen mit Nachdruck voranzutreiben und sich in allen damit befassten Gremien auf internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass die Todesstrafe abgeschafft wird;

2. Gemeinsam mit den EU Partnern sowie in bilateralen Gesprächen, China an die Umsetzung seiner Selbstverpflichtung zur Ratifizierung zu erinnern und auf die chinesische Führung einzuwirken, die Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe sukzessive einzuschränken;


 

3. Gemeinsam mit den EU Partnern sowie in bilateralen Gesprächen, gegenüber Iran auf die Einhaltung von Artikel 6 Absatz 2 und 5 IPbpR zu drängen, damit Todesurteile nicht mehr aufgrund von Straftaten ausgesprochen werden, die keine schwersten Verbrechen im Sinne dieser Vorschrift sind, und damit zur Tatzeit Minderjährige nicht mehr hingerichtet werden;

4. Gemeinsam mit den EU Partnern sowie in bilateralen Gesprächen, auf die USA einzuwirken, damit sie die Todesstrafe in allen US-Bundesstaaten abschaffen, und darauf zu drängen, dass alle zum Tode Verurteilten begnadigt werden;

5. Gemeinsam mit den EU Partnern sowie in bilateralen Gesprächen, gegenüber Russland auf die Ratifikation des 6. und des 13. Zusatzprotokolls zur EMRK zu drängen.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte vorgeschlagen.