1535/A(E) XXIV. GP
Eingebracht am 29.04.2011
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
des Abgeordneten Dr. Karlsböck
und weiterer Abgeordneter
betreffend Nanosilber – antimikrobielle Wirksamkeit sichern
Grundsätzlich gilt die Nanotechnologie als die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Im Regierungsprogramm für die XXIV Gesetzgebungsperiode wird die Nanotechnologie ebenfalls an mehreren Stellen erwähnt. Beispielsweise wird betont, dass „den Chancen und Risiken der Nanotechnologie durch die Ausarbeitung und die Umsetzung eines österreichischen Aktionsplans entsprochen werden soll, wobei der Risikoforschung ein angemessener Platz eingeräumt wird“
Die Bandbreite der Anwendungen reicht vom Einsatz in der Elektronik- und der Automobilbranche bis hin zu die Nutzung in der Architektur und der Medizin. Der Einsatz von Nanomaterialien in fest gebundener Form kann große Potentiale für eine Steigerung des nachhaltigen Wirtschaftens, vor allem im Hinblick auf Ressourcenschonung und Energieeffizienz haben. Problematisch ist jedoch der Einsatz von Nanomaterialien in ungebundener Form, da die hohe biologische Mobilität von Nanopartikeln und die damit verbundenen Gefahren für Mensch und Umwelt nur unzureichend erforscht sind, insbesondere fehlen Langzeitstudien. Auf diese Problematik wurde bereits in der Anfrage 4331/J XXIV. GP hingewiesen. Auch der österreichische Aktionsplan Nanotechnologie ortet in diesem Zusammenhang „deutliche Wissenslücken“.
Derzeit sind Medizinprodukte mit Nanosilber eine der bedeutendsten Klassen von Nanoprodukten, die vor allem beim klinischen Einsatz zur Beschichtung von Oberflächen gegen Keime eine wichtige Rolle spielen. Unter Nanosilber werden Partikel von elementarem Silber in einer Größe von weniger als 100 nm verstanden. Sie zeichnen sich durch eine breite Wirksamkeit gegen eine Vielzahl von Krankheitserregern aus – sogar gegen solche, die gegen moderne Antibiotika bereits resistent sind. Beispielsweise werden Nanosilberbeschichtungen auf Kathetern, Nahtmaterial, orthopädischen Implantaten und Herzklappen erfolgreich eingesetzt.
Besonders kritisch ist vor diesem Hintergrund der stark steigende Einsatz von Nanosilber in Konsumprodukten wie zum Beispiel Verpackungen von Obst und Gemüse, Kosmetik, Computertastaturen, Socken, Unterwäsche oder Zahnbürsten zu bewerten. Laut der Studie Nanosilber in Kosmetika, Hygieneprodukten und Lebensmittelkontaktmaterialien befinden sich etwa 250 verschiedene Produkte mit Nanosilber auf dem internationalen Markt. Allerdings gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Konsumprodukte mit antibakteriellen Zusätzen tatsächlich vor Infektionen schützen können. Übertriebene Hygienemaßnahmen stören zudem das mikrobielle Gleichgewicht im Haushalt und stehen in Verdacht, die Entstehung von Allergien zu begünstigen. Nachgewiesen ist jedoch, dass der Einsatz von Silberionen im medizinischen Bereich unter kontrollierten Bedingungen und in hoher Dosierung wichtig im Kampf gegen Krankheitserreger ist - vor allem gegen antibiotikaresistente Keime. In diesem Zusammenhang werden von dem Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften starke Bedenken geäußert. Der unspezifische Einsatz von Nanosilber als Bakterizid könnte die Entstehung von multiresistenten Keimvarianten fördern. In klinischen Studien wurde bereits die Entstehung von silberresistenten Bakterienvarianten beobachtet. Damit droht die Gefahr, dass Nanosilber langfristig nicht mehr als wichtige Waffe gegen antibiotikaresistente Keime im medizinischen Bereich verfügbar wäre. Aus diesem Grund warnen inzwischen zahlreiche internationale Experten vor dem Einsatz von Nanosilber in Konsumprodukten, da durch eine großflächige und kontinuierlich niedrig dosierte Verbreitung von nanoskaligen Silberverbindungen die Entstehung von resistenten Krankheitserregern gefördert werden könnte.
Eine breite Anwendung von Nanosilber birgt auch weitere gesundheitliche Risiken. Grundsätzlich ist Silber eine für Menschen gefährliche Substanz. Die Weltgesundheitsorganisation WHO und die US-Umweltbehörde EPA haben Silber als „toxische Substanz“ und als prioritären Umweltschadstoff klassifiziert. Die Aufnahme von Silber und Silberverbindungen in höheren Dosierungen führt beim Menschen und anderen Säugetieren zu Magen- und Leberschäden sowie zu neurotoxischen Erscheinungen.
Der wachsende Eintrag des Nanosilbers gefährdet nicht nur Menschen, sondern führt auch zu bisher unbekannten Risiken für die Umwelt. Beispielsweise geht das Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften davon aus, dass Silbernanopartikel ein höheres toxisches Potenzial aufweisen als Silberverbindungen und Silberionen. Wenn Produkte mit Nanosilber nach der Nutzung in das Abwasser gelangen können Schädigungen aquatischer Lebewesen sowie von nützlichen Bakterien in Kläranlagen und Böden hervorgerufen werden.
Abschließend ist noch auf die grundsätzliche Ressourcenverschwendung von Edelmetallen durch den Einsatz von Nanosilber in verbrauchernahen Produkten wie Putztüchern, Strümpfen und Hemden - also in Artikel mit relativ kurzer Nutzungszeit bei denen wiederum nach jeder Wäsche Silberpartikel ins Abwasser gespült werden können - hinzuweisen.
Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen damit die Wirksamkeit von Nanosilber und der damit verbundene hohe Stellenwert im medizinischen Bereich gesichert wird und nicht durch eine breitflächige, unkontrollierte Anwendung im Konsumgüterbereich konterkariert wird, deren Nutzen für die Konsument ohnehin mehr als zweifelhaft zu sein scheint.“
In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Gesundheitsausschuss ersucht.