1863/A(E) XXIV. GP
Eingebracht am 29.02.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Maga. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, J. Schwentner
Kolleginnen und Kollegen
betreffend der aktuellen Menschenrechtslage im Iran
Aktuell steht der Iran hauptsächlich mit seinem Nuklearprogramm im Fokus der medialen Öffentlichkeit. Die Lage der Menschenrechte im Iran, die Lebensbedingungen für die Menschen allgemein, insbesondere aber für Oppositionelle und RegimekritikerInnen ist seit der grünen Bewegung vom Sommer 2009 wieder weitestgehend aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. Dabei hat sich die Menschenrechtssituation in den vergangenen drei Jahren weiter verschlechtert. Vor den anstehenden Parlamentswahlen im März 2012 ist es laut Amnesty International zu verstärkten Festnahmen regimekritischer Journalisten und Blogger gekommen (Amnesty International, Index: MDE 13/004/2012).
Die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, Religionsfreiheit, freie und faire Wahlen, sowie die Freiheit der Kunst wurden seit den Protesten 2009 von den iranischen Behörden drastisch eingeschränkt. 2011 lösten die iranischen Sicherheitskräfte mehrfach regimekritische Demonstrationen gewaltsam auf und führten Massenverhaftungen durch. Bei Protesten im April sind laut Human Rights Watch in der mehrheitlich von Arabern bewohnten Provinz Chusistan 12 Menschen von Sicherheitskräften erschossen worden sein (Human Rights Watch, Länderbericht Iran Januar 2012).
Nach einer nicht genehmigten Solidaritätskundgebung für die Protestbewegung in Ägypten am 14. Februar 2011 wurden die beiden führenden Oppositionspolitiker Mir Hossein Moussavi und Mehdi Karroubi sowie ihre Ehefrauen Rahra Rahnavard und Fatemeh Karroubi ohne Anklage und ohne ordentlichen Prozess unter Hausarrest gestellt, wo sie sich, mit Ausnahme von Frau Karroubi, bis heute befinden (HRW 2012; AI, Index MDE 13/086/2011).
Auch die nationalen und internationalen Medien unterliegen einer weitreichenden Kontrolle. Journalisten werden ohne Angabe von Gründen verhaftet mit Berufsverbot belegt, ins Exil getrieben oder es werden deren Familien bedroht. Reporter ohne Grenzen bezeichnete den Iran bereits 2010 als das größte Journalistengefängnis der Welt (www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1352637/). Anfang 2012 saßen mehr als 50 Journalisten in iranischen Gefängnissen. Ihre Namen werden in keiner Gefängnisliste registriert, somit haben die Angehörigen auch keine Möglichkeit, sich über ihren Zustand zu informieren (Der Standard, 14.2.2012).
In den Gefängnissen ist es laut Amnesty International zu Folter und Vergewaltigungen gekommen, teilweise um Geständnisse zu erpressen. StrafverteidigerInnen erhalten oft weder Zugang zu ihren KlientInnen, noch zu den Akten, noch zu Gerichtsterminen und werden nur aufgrund ihrer anwaltlichen Tätigkeit verfolgt, verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Laut Amnesty International bleiben die begangenen Menschenrechtsverletzungen für die Sicherheitskräfte meist ohne strafrechtliche Folgen (AI, Report Iran 2011; AI, Index: MDE 13/062/2010).
Die iranischen Behörden treiben zudem die Zensur des Internets voran. Neben einer strengeren Überwachung der NutzerInnen von Internetcafés, Zugangssperren und der Blockade ungeliebter Webseiten plant die iranische Regierung die Einrichtung eines iranischen Intranets, das die heimischen Nutzer effektiv vom Rest der Welt abschotten soll (spiegelonline: Iran verschärft vor Wahlen die Internet-Zensur, 06.01.2012).
Der Iran ist einer von weltweit 58 Staaten, die noch immer an der Todesstrafe festhalten. Im Jahr 2010 sind nach offiziellen Angaben 252 Menschen hingerichtet worden. Für das Jahr 2011 spricht die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in ihrem Jahresbericht 2012 von insgesamt mehr als 400 Hinrichtungen. In Bezug auf die absolute Zahl der Hinrichtungen liegt der Iran damit an zweiter Stelle hinter der Volksrepublik China, bzw. an erster Stelle im Verhältnis zur Bevölkerungszahl (Human Rights Watch 2012).
Besorgniserregend ist auch die hohe Zahl an zum Tode verurteilten Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Die Hinrichtung für Straftaten, die mit unter 18 Jahren begangen wurden, verstößt gegen internationales Recht. Laut Human Rights Watch sind 2011 drei Kinder hingerichtet worden, eines davon öffentlich. Mehr als hundert Jugendliche sind zur Zeit zur Hinrichtung verurteilt (Human Rights Watch 2012).
Im März 2011 hat der VN Menschenrechtsrat einen Sonderberichterstatter für den Iran ernannt. Der Iran hat jedoch bislang die Kooperation mit dem Berichterstatter verweigert und ihm die Einreise versagt (Human Rights Watch 2012).
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird ersucht,
- sich weiterhin sowohl in den bilateralen Beziehungen als auch auf den Ebenen der EU und der VN intensiv für die Aufhebung des Hausarrests gegenüber Mir Hossein Moussavi, Mehdi Karroubi und Rahra Rahnavard einzusetzen.
- sich ebenso intensiv für die Freilassung der im Iran inhaftierten Angehörigen von Minderheitenreligionen, Journalisten, Blogger, Straf- und anderer MenschrechtsverteidigerInnen, KünstlerInnen und weiteren politischen Gefangenen sowie generell für die Einhaltung der Meinungs-, Versammlungs-, Presse- und Glaubensfreiheit einzusetzen.
- mit Nachdruck auf der Einreise des VN-Sonderberichterstatters für Menschenrechte im Iran, sowie thematischer VN-Sonderberichterstatter in den Iran zu bestehen und mit dem Büro der VN-Hochkommissarin für Menschenrechte zusammen zu arbeiten.
- eindringlich ein Ende der vorherrschenden Straflosigkeit bei Folter und Vergewaltigungen im Strafvollzug einzufordern.
- gegenüber Vertretern des Iran auf einer sofortigen Abschaffung der Todesstrafe, insbesondere gegenüber Minderjährigen, sowie besonders grausamen Formen der Exekutionen (insbesondere öffentliche Hinrichtungen und Steinigungen) zu bestehen.
Zuweisungsvorschlag: Außenpolitischer Ausschuss