2092/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 16.10.2012
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschliessungsantrag

der Abgeordneten Kurt Grünewald, Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Umsetzung Hospiz- und Palliativversorgung 2012

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Das 2006 festgelegte Ziel, die Verwirklichung einer abgestuften flächendeckenden Hospiz- und Palliativversorgung bis zum Jahr 2012 in Österreich zu gewährleisten, ist in weite Ferne gerückt. Es wurde damals in enger Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Sozialversicherungen und Ärztekammer entwickelt. Sämtliche Forderungen und Pläne, ein Sterben in Würde mit kompetenter Betreuung für alle, die es brauchen, zu ermöglichen, sind seither im Streit um Kompetenzen, Zuständigkeiten bzw. Finanzierung untergegangen. Viele Verhandlungsrunden zwischen den Beteiligten sind gescheitert. Die Entwicklung stagniert daher seit Jahren, zu viele Schwerkranke, Sterbende und deren Angehörige werden sich selbst überlassen.

 

Erfreulicherweise wurde kürzlich von Sozialminister Hundsdorfer vorgeschlagen, die Hospizbetreuung Teil als des Konzeptes zur Absicherung von Österreichs Pflegesystem zu integrieren. Es laufen die Verhandlungen - bis Ende des Jahres 2012 werde dann ein fertiges Paket zur Zukunft der Pflege in Österreich vorgelegt.

 

Zurück zur Realität: In keinem Bereich ist österreichweit gesehen die Flächendeckung erreicht. Der Vergleich 1989 – 2011 zeigt eine deutliche Zunahme bei den Teams der Ehrenamtlichen, bei den Mobilen Palliativteams, den Palliativstationen und den Palliativkonsiliardiensten. Palliativstationen sind derzeit die einzigen Einrichtungen mit einer Regelfinanzierung.

 

Laut der letzten bundesweiten Datenerhebung gab es Ende 2011 insgesamt 264 Hospiz- und Palliativeinrichtungen. Diese teilen sich wie folgt auf:


8 Stationäre Hospize, 3 Tageshospize, 29 Palliativstationen, 38 Palliativkonsiliardienste, 40 Mobile Palliativdienste, 146 Hospizteams[1].

 

Diese Betreuung ist nur durch die insgesamt 3.266 ehrenamtlichen MitarbeiterInnen (davon 88,5% Frauen) möglich. Im Vergleich dazu: 2011 gab es 863 hauptamtlich Beschäftigte (VZÄ), 2009 waren es 785. Die Anzahl der tatsächlich in diesem Bereich arbeitenden Personen ist höher, da die Zahl der Teilzeitbeschäftigten hoch ist und manche Leistungen (speziell bei MTP´s) auf Honorarbasis abgegolten werden, somit nicht unter den VZÄ erfasst sind. Zwischen 2009 – Ende 2011 ist in den  meisten  Einrichtungen eine kontinuierliche Steigerung der Anzahl der betreuten PatientInnen zu beobachten.

 

Österreichweit standen 2011 zusammen 327 Hospiz- und Palliativbetten zur Verfügung. Die Steigerung gegenüber 2010 beträgt somit 12 (!) Betten. Tausende Menschen wurden damit unterstützt, wobei die Betreuung von betroffenen Kindern und Jugendlichen nach wie vor nicht einmal systematisch erfasst wird.

 

Zur Erinnerung: der abgestufte Hospiz- und Palliativplan sah für 2012 einen Bedarf von 337 Betten in Palliativstationen, 168 Betten in Stationären Hospizen, 9 Tageshospize, 124 Palliativkonsiliardienste (270 VZÄ), 59 Mobile Palliativteams sowie 210 Hospizteams vor.

 

Wir Grüne setzen uns immer wieder dafür ein, dass die Erkenntnisse und Zielvorgaben durch die Regierung endlich umgesetzt werden. Im letzten Gesundheits-ausschuss[2] am 20. Juni 2012 wurden zwei unserer Anträge für Ausbau und Rechtsanspruch auf das Hospiz- und Palliativangebot erneut vertagt, obwohl die „Richtigkeit der diesbezüglichen Initiativen“ durchaus wertgeschätzt und zweifelsfrei festgestellt wurde. Dafür müssten allerdings „Strukturen aufgebaut“ werden, und das sei ein wesentlicher Teil des sich in Ausarbeitung befindlichen Gesundheits-strukturplans. Hier „vorzupreschen“ helfe nichts…

 

Wir fordern daher zum wiederholten Mal:

 

·        Die Zuständigkeit  für  die  Hospiz-  und  Palliativversorgung  muss  eindeutig  zwischen dem Gesundheits- und Sozialressorts sowie dem Hauptverband geklärt und verbindlich festgelegt werden. Anpassungen der betroffenen Gesetze sind umgehend dem Nationalrat als Ministerialentwurf vorzulegen.


·        Der Rechtsanspruch auf Betreuung durch Hospiz- und Palliativeinrichtungen, muss in der gesetzlichen Krankenversicherung verankert werden. Hospiz- und  Palliativversorgung muss für alle Menschen, die sie brauchen, erreichbar, zugänglich und leistbar sein.

 

·        Spezialisierte Einrichtungen der abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung  müssen durch die öffentliche Hand finanziert werden.

 

·        Die aktuelle (seit 2005 gültige) Artikel 15a-Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens ist endlich umzusetzen, die 2014 neu zu schließende Vereinbarung muss die Umsetzung entsprechend der bundesweiten Ziele klar vorgeben.

 

·        Die Integration von Hospiz und Palliative Care in die Langzeitpflege (stationär, teilstationär und mobil) muss forciert werden.

 

·        Freiwilligenarbeit/Ehrenamtlichkeit als entscheidender Bestandteil des Hospiz-wesens muss in allen Bundesländern auf eine solide Grundlage gestellt und finanziert werden. Neben den unmittelbaren Aufwendungen für die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen – von der Einschulung, über Supervision  bis  zur  Spesenabgeltung  – ist die Finanzierung der Koordination und der Organisationsstruktur sicher zu stellen.

 

·        Für alle in der Betreuung schwerkranker und sterbender Menschen tätigen  Berufsgruppen (ÄrztInnen, Pflegepersonen, PsychologInnen, SozialarbeiterInnen  und  SeelsorgerInnen)  ist  eine verstärkte  Aus-,  Fort-  und  Weiterbildung  weiterhin  dringend notwendig. Bereits an den Medizinischen Universitäten muss ein ethisch fundierter und praxisnaher Unterricht erfolgen.

 

·        Eine systematische Erfassung und Sicherstellung der Deckung des Bedarfs an Einrichtungen für Kinder und Jugendliche muss endlich vorgelegt werden, damit eine entsprechende Anpassung auch in diesem Bereich stattfinden kann.

 

·        Gesundheitsministerium, Kassen und Länder dürfen sich nicht aus der Verantwortung stehlen und müssen daher auch ausreichende Mittel in den von BM Hundstorfer beabsichtigten Fonds einzahlen. Eine Einigung über alle Parteigrenzen hinweg ist unabdingbar.

 


Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, sich verstärkt dafür einzusetzen, dass bis spätestens Dezember 2012 eine Abstimmung der zuständigen Ressorts Gesundheit und Soziales mit dem Hauptverband zustande kommt, um die Regelfinanzierung für alle Einrichtungen sicherstellen zu können. 

 

Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, zusammen mit dem Bundesminister für Soziales und Arbeit dem Nationalrat spätestens mit Jahresbeginn 2013 einen Gesetzesentwurf zu übermitteln, der die dringend notwendige Verankerung  der  Hospiz-  und Palliativversorgung  im  ASVG  beinhaltet.

 

Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass durch  eine  Bundeskoordination  mit  Koordinationsstellen  in  den  Bundesländern  ein Stufenplan mit Etappenzielen schrittweise bis zum Jahr 2015 umgesetzt werden kann. Die bereits vorhandenen Strukturen sind einzubeziehen, regionale Gegebenheiten oder Besonderheiten sind zu berücksichtigen. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss  vorgeschlagen.



[1] Es gibt bundeweit 8 Stationäre Hospize: 2 Hospize und 6 Hospizstationen in Pflegeheimen in Niederösterreich,  je eines in Salzburg und in der Steiermark. 3 Tageshospize,  je eines in Salzburg, in Graz und in Wien. 38 Palliativkonsiliardienste (PKD), davon einige alleinstehend, der Großteil in Kombination PKD und Mobile Palliativteams (MPT), wenige in Verbindung mit einer Palliativstation, haben beratend und anleitend unterstützt. 40 Mobile Palliativteams, davon einige in der Doppelfunktion als PKD/MPT, haben vielen Menschen die Betreuung zuhause ermöglicht. 29 Palliativstationen, 2011 durch die Palliativstationim LKH Steyr (OÖ) und die Palliativeinheit im LKH Rottenmann (Stmk.) erweitert. 146 Hospizteams sind insgesamt tätig.

 

[2] Parlamentskorrespondenz: http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2012/PK0524/)