2150/A(E) XXIV. GP
Eingebracht am 05.12.2012
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde
betreffend Friedensbemühungen im Berg-Karabach Konflikt
BEGRÜNDUNG
Nur wenige Tage, bevor Außenminister Michael Spindelegger im Juni 2010 Aserbaidschan besuchte, um eine neue Botschaft in der Hauptstadt Baku zu eröffnen, wurde einmal mehr klar: Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um Berg Karabach (Nagorno Karabach) birgt weiter enormes Spannungspotenzial. Bei einem der schwersten Feuergefechte der vergangenen Jahre kamen in der Grenzregion des umstrittenen Gebiets mehrere Menschen ums Leben. Entlang der Grenze zwischen Aserbaidschan und Armenien kommt es regelmäßig zu Kampfhandlungen und Toten. Ein Sprecher des aserbaidschanischen Außenministeriums schloss für die Zukunft neben einer friedlichen Konfliktlösung auch ein militärisches Vorgehen nicht aus.
Das mehrheitlich von Armeniern besiedelte Gebiet Berg-Karabach hat sich mit Hilfe Armeniens in den frühen neunziger Jahren in einem blutigen Sezessionskrieg von Aserbaidschan gelöst und entzieht sich seither der Kontrolle der Zentralregierung in Baku. Seit der Unterzeichnung eines Waffenstillstands im Mai 1994 kontrolliert Armenien nicht nur das Berg-Karabach Gebiet, sondern auch als „Pufferzone“ bezeichnete angrenzende Gebiete. Insgesamt umfassen die von Armenien besetzten Gebiete knapp vierzehn Prozent des völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörenden Territoriums. Sowohl in Aserbaidschan als auch in Armenien haben die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Ländern zu einer großen Zahl an Flüchtlingen und internen Vertriebenen geführt. Der Konflikt wird häufig als „Schlüsselkonflikt“ im Südkaukasus bezeichnet.
Die Region gilt als eine der am stärksten militarisierten Zonen weltweit und ist Schauplatz eines ernstzunehmenden Rüstungswettlaufs. Angefeuert durch reichhaltige Einnahmen aus dem Erdölgeschäft hat Aserbaidschan seine Rüstungsausgaben vervielfacht. Parallel dazu hat auch Armenien seine Rüstungsausgaben deutlich gesteigert. Ein neuerlicher Waffengang würde zweifellos auf einem weitaus höheren Eskalationsniveau stattfinden als zu Beginn der neunziger Jahre.
Die International Crisis Group beschreibt in einem Briefing vom 08. Februar 2011 ein düsteres Bild: Sollte es zu einem erneuten Krieg kommen, so führe das zu mehr Toten als beim letzten Krieg, zu einer regionalen Ausweitung des Konflikts, zu dem Ende regionaler Stabilität, zu der Bedrohung wichtiger Öl- und Gasleitungen und einer neuen Flüchtlingskrise:
„An arms race, escalating front-line clashes, vitriolic war rhetoric and a virtual breakdown in peace talks are increasing the chance Armenia and Azerbaijan will go back to war over Nagorno-Karabach. Preventing this is urgent. Increased military capacities on both sides would make a new armed conflict in the South Caucasus far more deadly than the 1992-1994 one that ended with a shaky truce. Neither side would be likely to win easily or quickly. Regional alliances could pull in Russia, Turkey and Iran [into the conflict]. Vital oil and gas pipelines near the front lines would be threatened, as would the cooperation between Russia and Turkey that is central to regional stability. Another refugee crisis would be likely.”
Die internationale Gemeinschaft ist dringend aufgefordert, sich dafür einzusetzen, ein solches Szenario zu verhindern. Armenien steht derzeit vor wichtigen Wahlen: Der Verlauf der Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2013 ist entscheidend, um der Regierung die notwendige Legitimität zu verleihen, weitreichende Reformen durchzuführen und mit Aserbaidschan über eine Lösung des Konflikts zu verhandeln.
Auf Grund der Schwerpunktsetzung der österreichischen Außenpolitik auf die Schwarzmeerregion, die mit der Eröffnung der Botschaft in Baku einhergeht, sollte Österreich hier eine besondere Rolle übernehmen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der EU und der OSCE sowie auf bilateraler Ebene
· sich für eine friedliche Lösung des Nagorno-Karabach Konflikts einzusetzen und friedens- sowie vertrauensbildende Maßnahmen zu forcieren;
· auf die Einhaltung der unverbindlichen UN und OSCE Waffenembargos nach Armenien und Aserbaidschan zu drängen und sich für eine Demilitarisierung der Grenzgebiete zwischen Armenien und Aserbaidschan zu verwenden;
· für eine personelle und inhaltliche Ausweitung des Mandats der OSCE Beobachtermission einzutreten mit der Befugnis, Ermittlungen in angeblichen Grenzverletzungen und Verletzungen des Waffenstillstandabkommens und unangekündigte Monitorings durchzuführen;
· Maßnahmen zum Schutz der lokalen Zivilbevölkerung im Konfliktgebiet zu ergreifen;
· vertrauensbildende Maßnahmen auf Ebene der Zivilgesellschaft zu unterstützen und direkte Treffen und Kontakte zwischen Vertretern der Zivilgesellschaft zu fördern;
· der armenischen Regierung technische und finanzielle Hilfe bei der Organisation der Präsidentschaftswahlen, insbesondere der Registrierung von Wählern, anzubieten um Vertrauen in die Wahlen zu stärken; und
· darauf zu achten, dass Pressefreiheit sowie Versammlungs- und Meinungsfreiheit im Rahmen der Präsidentschaftswahlen in Armenien 2013 nicht hinter die Parlamentswahlen 2012 zurückfallen;
· sich dafür einzusetzen, dass die Pressefreiheit sowie die Versammlungs- und Meinungsfreiheit in Aserbaidschan verbessert werden.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.