2227/A XXIV. GP

Eingebracht am 27.02.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Mag. Stefan

und weiterer Abgeordneter

 
betreffend ein Bundesverfassungsgesetz mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und ein Bundesgesetz mit dem das Gesetz vom 1. August 1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung - ZPO) geändert werden.

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesverfassungsgesetz mit dem das Bundes‑Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und ein Bundesgesetz mit dem das Gesetz vom 1. August 1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung - ZPO) geändert werden

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Artikel 1

Das Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. I Nr. 65/2012, wird wie folgt geändert:

 

 

1.     Art. 140 Abs. 1 lautet:

„Artikel 140 (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über die Verfassungswidrigkeit

       1. von Gesetzen

           a) auf Antrag eines in erster Instanz zuständigen ordentlichen Gerichtes, eines in zweiter Instanz zuständigen ordentlichen Gerichtes, eines Verwaltungsgerichtes oder des Verwaltungsgerichtshofes;

           b) von Amts wegen, wenn er das Gesetz in einer bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte;

           c) auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist;

d) auf Antrag einer Person, die durch die erstinstanzliche Entscheidung eines Gerichtes wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, Partei der Rechtssache ist, unter Darlegung der gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken die Stellung eines Antrages gemäß lit. a beantragt hat und das Gericht dieser Antragstellung nicht entsprochen hat;

       2. von Bundesgesetzen auch auf Antrag einer Landesregierung, eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates oder eines Drittels der Mitglieder des Bundesrates;

       3. von Landesgesetzen auch auf Antrag der Bundesregierung oder, wenn dies landesverfassungsgesetzlich vorgesehen ist, auf Antrag eines Drittels der Mitglieder des Landtages.

Auf Anträge gemäß Z 1 lit. c und d ist Art. 89 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden.“

 

2.     In Art. 140 werden folgende Abs. 1a und 1b eingefügt:

„(1a) in den Fällen des Abs. 1 lit. a und d hat das Gericht das bei ihm anhängige Verfahren zu unterbrechen und nach Eingang der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes entsprechend dieser Entscheidung das Verfahren fortzusetzen.

 

(1b) Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrags gemäß Abs. 1 bis zur Verhandlung durch Beschluss ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.“

 

 

Artikel 2

Das Gesetz vom 1. August 1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung - ZPO), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2013, wird wie folgt geändert:

 

1.     Nach dem § 155 wird der § 155a eingefügt:

„§ 155a Im Falle einer Gesetzesbeschwerde gemäß Artikel 140 Abs. lit. a oder lit. d. ist das Verfahren vom Gericht bis zum Einlagen der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu unterbrechen. Die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens hat das Gericht ohne Parteienantrag von Amtswegen vorzunehmen. Die sonstigen Bestimmungen der Prozessordnung betreffs anderer Unterbrechungsgründe des fünften Teiles der Prozessordnung bleiben unberührt.“

 

 

2.     Nach dem § 179 wird der § 179a eingefügt:

„§ 179a (1) (Gesetzesbeschwerde) Die Parteien können sowohl bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung der ersten Instanz oder nach Vorliegen der Entscheidung erster Instanz den Antrag stellen, dass durch den Verfassungsgerichtshof die offenbar zur Anwendung kommende Norm oder die in der erstinstanzlichen Entscheidungen zur Anwendung gekommene Norm die Partei in ihren Rechten durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes oder Verordnung in ihren Rechten verletzt wird.

(2) In der ersten Instanz kann der Antrag in der Verhandlung mündlich oder mittels Schriftsatzes, auch nach der ersten Streitverhandlung, durch die Partei eingebracht werden.

(3) Hat das Erstgericht dem Antrag der Partei gemäß Abs. 1 nicht Folge gegeben, so kann die Partei im Rahmen einer von ihr einzubringenden Berufung den Antrag gemäß Abs. 1 stellen. In diesem Fall hat das Gericht zweiter Instanz gemäß dem Parteienantrag die Sache dem Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der zur Anwendung gekommen Norm vorzulegen und gemäß § 155a vorzugehen.

(4) Dem Gericht zweiter Instanz bleibt es unbenommen auch ohne Parteienantrag von Amtswegen seiner Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer in dieser Sache zur Anwendung kommenden Norm eine Antragstellung gemäß Art. 140 Abs. 1 lit. a B-VG vorzunehmen.

(5) Die gemäß Abs. 3 und 4 vorzunehmenden Vorlagen an den Verfassungsgerichtshof hat das Gericht binnen vier Wochen ab Einlagen des Parteienantrages vorzunehmen.“

 

 

 

Begründung:

 

Die vorgeschlagene Fassung einer Gesetzesbeschwerde orientiert sich weitgehenden am Text des Verfassungsdienstes und verändert ihn dahingehend, dass die Nähe zur Urteilsbeschwerde vermieden wird und die Gesetzesbeschwerde nicht beim Obersten Gerichtshof, sondern bei den unteren Instanzen angesiedelt wird.

 

Dem Erstgericht wird eine eigene Anfechtungsbefugnis eingeräumt, ebenso der Berufungsinstanz.

 

Bei mangelnder Entsprechung des Beschwerdeantrages der Partei hat diese die Möglichkeit im Rahmen der Berufungsschrift den Antrag neuerlich zu stellen, dem zwingend durch das Rechtsmittelgericht zu folgen ist, welches die Vorlage an den Verfassungsgerichthof vorzunehmen hat.

 

Durch dieses System kommt es zur keiner Wiederaufnahmemöglichkeiten, weil vor der letztinstanzlichen Entscheidung des ordentlichen Gerichtes die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bereits vorliegt.

 

Die Möglichkeit einer ablehnenden Befassung einer sinnlosen Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof bleibt unberührt.

 

Ergänzend zur B-VG-Textierung gehören die sinnentsprechenden Gesetzesvorschläge der Zivilprozessordnung.

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird um die Zuweisung an den Verfassungsausschuss ersucht.