271/A XXIV. GP

Eingebracht am 10.12.2008
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Antrag

 

der Abgeordneten  Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim,

Kolleginnen und Kollegen

 

 

betreffend ein Bundesgesetz, Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG)

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderung der Exekutionsordnung

Die Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896, zuletzt geändert durch die Exekutionsordnungs-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 37/2008, wird wie folgt geändert:

1. § 382b samt Überschrift lautet:

„Schutz vor Gewalt in Wohnungen

§ 382b. (1) Das Gericht hat einer Person, die einer anderen Person durch einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einem solchen oder ein die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten das weitere Zusammenleben unzumutbar macht, auf deren Antrag

           1. das Verlassen der Wohnung und deren unmittelbarer Umgebung aufzutragen und

           2. die Rückkehr in die Wohnung und deren unmittelbare Umgebung zu verbieten,

wenn die Wohnung der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Antragstellers dient.

(2) Bei einstweiligen Verfügungen nach Abs. 1 ist keine Frist zur Einbringung der Klage (§ 391 Abs. 2) zu bestimmen, wenn die einstweilige Verfügung für längstens sechs Monate getroffen wird.

(3) Verfahren in der Hauptsache im Sinne des § 391 Abs. 2 können Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe, Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse und Verfahren zur Klärung der Benützungsberechtigung an der Wohnung sein.“

2. Der bisherige § 382e erhält die Paragraphenbezeichnung § 382h.

3. Folgender § 382e samt Überschrift wird eingefügt:

„Allgemeiner Schutz vor Gewalt

§ 382e. (1) Das Gericht hat einer Person, die einer anderen Person durch einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einem solchen oder ein die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten das weitere Zusammentreffen unzumutbar macht, auf deren Antrag

           1. den Aufenthalt an bestimmt zu bezeichnenden Orten zu verbieten und

           2. aufzutragen, das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller zu vermeiden,

soweit dem nicht schwerwiegende Interessen des Antragsgegners zuwiderlaufen.

(2) Bei einstweiligen Verfügungen nach Abs. 1 ist keine Frist zur Einbringung der Klage (§ 391 Abs. 2) zu bestimmen, wenn die einstweilige Verfügung für längstens ein Jahr getroffen wird. Gleiches gilt für eine Verlängerung der einstweiligen Verfügung nach Zuwiderhandeln durch den Antragsgegner.

(3) Wird eine einstweilige Verfügung nach Abs. 1 gemeinsam mit einer einstweiligen Verfügung nach § 382b Abs. 1 erlassen, so gelten § 382b Abs. 3 und § 382c Abs. 4 sinngemäß.

(4) Das Gericht kann mit dem Vollzug von einstweiligen Verfügungen nach Abs. 1 die Sicherheitsbehörden betrauen. § 382d Abs. 4 ist sinngemäß anzuwenden. Im Übrigen sind einstweilige Verfügungen nach Abs. 1 nach den Bestimmungen des Dritten Abschnitts im Ersten Teil zu vollziehen.“

4. § 382g Abs. 2 und 3 lauten:

„(2) Bei einstweiligen Verfügungen nach Abs. 1 Z 1 bis 6 ist keine Frist zur Einbringung der Klage (§ 391 Abs. 2) zu bestimmen, wenn die einstweilige Verfügung für längstens ein Jahr getroffen wird. Gleiches gilt für eine Verlängerung der einstweiligen Verfügung nach Zuwiderhandeln durch den Antragsgegner.

(3) Das Gericht kann mit dem Vollzug von einstweiligen Verfügungen nach Abs. 1 Z 1 und 3 die Sicherheitsbehörden betrauen. § 382d Abs. 4 ist sinngemäß anzuwenden. Im Übrigen sind einstweilige Verfügungen nach Abs. 1 nach den Bestimmungen des Dritten Abschnitts im Ersten Teil zu vollziehen.“

5. In § 387 Abs. 3 lautet der letzte Satz:

„Wird nur eine einstweilige Verfügung nach § 382e beantragt, so ist das Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel der Antragsteller seinen allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen hat.“

6. Dem § 387 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Abweichend von Abs. 2 ist in den dort genannten Fällen für eine einstweilige Verfügung nach § 382g das Bezirksgericht zuständig, bei dem die gefährdete Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen hat.“

7. § 390 Abs. 4 lautet:

„(4) Die Bewilligung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a, §§ 382a, 382b, 382e oder 382g kann nicht von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.“

8. § 393 Abs. 2 lautet:

„(2) Im Verfahren über einstweilige Verfügungen nach §§ 382b, 382e und 382g richtet sich die Kostenersatzpflicht nach den Bestimmungen der ZPO.“

9. Nach § 410 wird folgender § 411 samt Überschrift angefügt:

„Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen zum 2. Gewaltschutzgesetz

§ 411. §§ 382b, 382e, 382g Abs. 2 und 3, § 387 Abs. 3 und 4, § 390 Abs. 4 und § 393 Abs. 2 in der Fassung des 2. Gewaltschutzgesetzes, BGBl. I Nr. XXX/XXXX, treten mit 1. März 2009 in Kraft und sind anzuwenden, wenn der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung nach dem 28. Feber 2008 bei Gericht einlangt.“

Artikel II

Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung RGBl. Nr. 113/1895, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 7/2006, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 73 wird folgender Achte Titel eingefügt:

„Achter Titel

Prozessbegleitung

§ 73a. (1) Wurde einem Opfer im Strafverfahren psychosoziale oder juristische Prozessbegleitung gewährt, so gilt diese auf dessen Verlangen auch für einen zwischen dem Opfer und dem Beschuldigten des Strafverfahrens geführten Zivilprozess, wenn der Gegenstand des Zivilprozesses in sachlichem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Strafverfahrens steht und soweit dies zur Wahrung der prozessualen Rechte des Opfers unter größtmöglicher Bedachtnahme auf seine persönliche Betroffenheit erforderlich ist. Dies ist von der Opferschutzeinrichtung, die die Prozessbegleitung bereit stellt, zu beurteilen. Gleiches gilt, wenn das Opfer als Zeuge über den Gegenstand des Strafverfahrens vernommen werden soll, hinsichtlich der psychosozialen Prozessbegleitung.

(2) Der juristische Prozessbegleiter hat im Verfahren die Stellung eines Prozessbevollmächtigten im Sinn des § 31. Der juristische Prozessbegleiter hat ein Kostenverzeichnis zu legen; seine Leistungen hat er nach den Bestimmungen des RATG zu verzeichnen. Ist der Gegner der Partei, der juristische Prozessbegleitung gewährt wurde, zum Kostenersatz verpflichtet, so ist bei der Kostenfestsetzung so vorzugehen, als wäre der  Rechtsanwalt nicht im Rahmen der Prozessbegleitung beigegeben worden. Der Prozessgegner ist zur Zahlung eines allfälligen Ersatzes der auf die anwaltlichen Leistungen entfallenden Kosten unmittelbar gegenüber dem Bund zu verpflichten.

(3) Der psychosoziale Prozessbegleiter hat im Verfahren die Stellung einer Vertrauensperson. Er darf das Opfer auf dessen Wunsch zu allen Verhandlungen und Vernehmungen begleiten. Er ist vom Gericht von diesen Terminen zu verständigen. Das Gericht hat nach rechtskräftiger Entscheidung über die Streitsache den Gegner zum Ersatz der für die psychosoziale Prozessbegleitung aufgewendeten Beträge, höchstens aber bis zu einem Betrag von 1 000 €, gegenüber dem Bund zu verpflichten, soweit dem Gegner die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind oder er sie in einem Vergleich übernommen hat.“

2. Nach § 75 wird folgender § 75a eingefügt:

§ 75a. (1) Eine Partei kann in Schriftsätzen von der Angabe ihres Wohnortes absehen, wenn sie ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse dartut und einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft macht; der Wohnort ist dem Gericht in einem gesonderten Schriftsatz bekannt zu geben.

(2) Die Angaben der Partei über den Wohnort sind vom Gericht unter Verschluss zu halten und geeignet zu verwahren. Urkunden, die Angaben über den Wohnort der Partei enthalten, sind von der Partei auch anonymisiert vorzulegen. Von allen sonstigen Aktenstücken, die solche Angaben enthalten, hat das Gericht eine anonymisierte Abschrift herzustellen. Die Originale sind ebenfalls unter Verschluss zu halten und geeignet zu verwahren. Diese Aktenteile sind von der Einsicht ausgenommen.

(3) Das Gericht hat der gegnerischen Partei auf deren Antrag die unter Verschluss gehaltene Angabe über den Wohnort bekannt zu geben, wenn das berechtigte Interesse der gegnerischen Partei an der Angabe das Geheimhaltungsinteresse überwiegt.

(4) Das Gericht hat über die Anträge nach Abs. 1 und 3 mit unanfechtbarem Beschluss zu entscheiden.“

3. Der bisherige Inhalt des § 76 enthält die Absatzbezeichnung „(1)“; folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Der Beweisführer kann von der Angabe des Wohnortes eines Zeugen absehen, soweit er ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse des Zeugen dartut; der Wohnort ist dem Gericht in einem gesonderten Schriftsatz bekannt zu geben. § 75a Abs. 2 bis 4 ist sinngemäß anzuwenden.“

4. § 177 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„§ 76 Abs. 2 gilt sinngemäß.“

5. Nach § 289 werden folgende §§ 289a und 289b eingefügt:

„Abgesonderte Vernehmung

§ 289a. (1) Steht der Gegenstand des Zivilprozesses in sachlichem Zusammenhang mit einem Strafverfahren, so ist bei der Vernehmung einer Person, die in diesem Strafverfahren Opfer im Sinn des § 65 Z 1 lit. a StPO ist, auf deren Antrag die Teilnahme der Parteien des Verfahrens und ihrer Vertreter an der Vernehmung derart zu beschränken, dass diese die Vernehmung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung mitverfolgen und ihr Fragerecht ausüben können, ohne bei der Befragung anwesend zu sein. Ist das Opfer ein unmündiger Minderjähriger, so ist ein geeigneter Sachverständiger mit der Befragung zum Gegenstand des Strafverfahrens zu beauftragen.

(2) Das Gericht kann auf Antrag eine Person auf die in Abs. 1 beschriebene Art und Weise vernehmen, wenn der zu vernehmenden Person eine Aussage in Anbetracht des Beweisthemas und der persönlichen Betroffenheit in Anwesenheit der Parteien des Verfahrens und ihrer Vertreter nicht zumutbar ist.

(3) Gegen Entscheidungen nach Abs. 1 und 2 ist kein Rechtsmittel zulässig.

Vernehmung minderjähriger Personen

§ 289b. (1) Ist die zu vernehmende Person minderjährig, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen von ihrer Vernehmung zur Gänze oder zu einzelnen Themenbereichen absehen, wenn durch die Vernehmung das Wohl der minderjährigen Person unter Berücksichtigung ihrer geistigen Reife, des Gegenstands der Vernehmung und ihres Naheverhältnisses zu den Prozessparteien gefährdet würde.

(2) Das Gericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die Vernehmung auf die in § 289a Abs. 1 beschriebene Art und Weise, allenfalls auch durch einen geeigneten Sachverständigen, vornehmen lassen, wenn das Wohl der minderjährigen Person zwar nicht durch die Vernehmung an sich, jedoch unter Berücksichtigung ihrer geistigen Reife, des Gegenstands der Vernehmung und ihres Naheverhältnisses zu den Prozessparteien durch die Vernehmung in Anwesenheit der Parteien oder ihrer Vertreter gefährdet würde.

(3) Der Vernehmung der minderjährigen Person ist, soweit es in ihrem Interesse zweckmäßig ist, eine Person ihres Vertrauens beizuziehen.

(4) Gegen die Entscheidung nach Abs. 1 ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Gegen die Entscheidung nach Abs. 2 ist kein Rechtsmittel zulässig.“

6. In § 340 Abs. 1 wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 hat eine Befragung zum Wohnort zu unterbleiben.“

7. In § 417 wird der Z 2 folgende Wortfolge angefügt:

„in den Fällen des § 75a hat die Angabe des Wohnortes zu entfallen;“

Artikel III

Änderung des Außerstreitgesetzes

Das Außerstreitgesetz BGBl. I Nr. 111/2003, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2008, wird wie folgt geändert:

1. In der Überschrift des § 7 werden die Worte „und Prozessbegleitung“ angefügt sowie in Abs. 1 erster Satz nach dem Wort „Verfahrenshilfe“ die Wortfolge „und die Prozessbegleitung“ eingefügt.

2. Nach § 10 wird folgender § 10a eingefügt:

§ 10a. Die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Geheimhaltung der Wohnanschrift von Parteien und Zeugen sind sinngemäß anzuwenden.“

3. In § 35 wird nach der Wortfolge „Beweisaufnahme durch einen ersuchten oder beauftragten Richter“ die Wortfolge „,über die abgesonderte Vernehmung von Parteien oder Zeugen, über die Vernehmung minderjähriger Personen,“ eingefügt.

4. Nach § 207b wird folgender § 207c samt Überschrift eingefügt:

„Inkrafttreten und Übergangsbestimmung zum Bundesgesetz BGBl Nr. XXX/XXXX

§ 207c. §§ 7, 10a und § 35 in der Fassung des 2. Gewaltschutzgesetzes, BGBl. Nr. XXX/XXXX, treten mit 1. März 2009 in Kraft.“

Artikel IV

Änderung des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962

Das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, BGBl. Nr. 288, zuletzt geändert durch das Budgetbegleitgesetz 2007, BGBl. I Nr. 24/2007, wird wie folgt geändert:

1. In § 1 Z 5 wird der Strichpunkt am Ende der lit. f durch einen Beistrich ersetzt und folgende lit. g angefügt:

              „g) der gemäß § 73a Abs. 2 und 3 ZPO bestimmte Betrag an Kosten der juristischen oder psychosozialen Prozessbegleitung;“

2. Dem § 19a wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) § 1 Z 5 in der Fassung des 2. Gewaltschutzgesetzes, BGBl. I Nr. XXX/XXXX, tritt mit 1. März 2009 in Kraft.“

Artikel V

Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 109/2007, wird wie folgt geändert:

1. In §§ 11, 92 Abs. 1 und 205 Abs. 1 wird das Wort „Schwachsinns“ durch die Wortfolge „einer geistigen Behinderung“ ersetzt.

2. § 48 Abs. 1 lautet:

§ 48. (1) Die Probezeit bei der bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe ist mit mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren zu bemessen. Erweist sich die Fortsetzung einer Behandlung im Sinne von § 51 Abs. 3, zu der sich der Verurteilte bereit erklärt hat, als notwendig, um eine bedingte Entlassung rechtfertigen zu können (§ 46 Abs. 4), so ist die Probezeit mit mindestens einem und höchstens fünf Jahren zu bemessen. Übersteigt der bedingt erlassene Strafrest drei Jahre oder erfolgt die bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von mehr als einem Jahr, so beträgt die Probezeit fünf Jahre.“

3. Im § 50 Abs. 2 wird nach der Z 2 folgende Z 2a eingefügt:

       „2a. aus einer Freiheitsstrafe wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung,“.

4. Dem § 51 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Für Weisungen im Zusammenhang mit der bedingten Nachsicht einer vorbeugenden Maßnahme nach § 45 gilt § 179a des Strafvollzugsgesetzes (StVG), BGBl. Nr.144/1969, sinngemäß.“

5. Im § 52 Abs. 2 wird der Punkt am Ende der Z 3 durch einen Beistrich ersetzt und folgende Z 4 angefügt:

         „4. während der gerichtlichen Aufsicht (§ 52a Abs. 2).“

6. Nach dem § 52 wird folgender § 52a samt Überschrift eingefügt:

„Gerichtliche Aufsicht bei Sexualstraftätern und sexuell motivierten Gewalttätern

§ 52a. (1) Wird ein Rechtsbrecher, der wegen einer strafbaren Handlung

           1. gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder

           2. gegen Leib und Leben oder die Freiheit, wenn diese Handlung begangen wurde, um sich geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen,

zu einer Freiheitsstrafe verurteilt oder gegen den wegen einer solchen Handlung eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme angeordnet worden ist, bedingt entlassen, so ist er für die Dauer der Probezeit unter gerichtliche Aufsicht zu stellen, soweit die Überwachung des Verhaltens des Rechtsbrechers (Abs. 2), insbesondere hinsichtlich der Befolgung einer Weisung gemäß § 51 Abs. 3 oder einer Weisung, bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, notwendig oder zweckmäßig ist, ihn von weiteren solchen mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten.

(2) Das Gericht hat während der gerichtlichen Aufsicht das Verhalten des Rechtsbrechers und die Erfüllung der Weisungen mit Unterstützung der Bewährungshilfe, in geeigneten Fällen unter Betrauung der Sicherheitsbehörden, der Jugendgerichtshilfe oder anderer geeigneter Einrichtungen, zu überwachen. Die mit der Überwachung betrauten Stellen haben dem Gericht über die von ihnen gesetzten Maßnahmen und ihre Wahrnehmungen zu berichten. Der Bewährungshelfer hat dem Gericht bei Anordnung der gerichtlichen Aufsicht, soweit dies das Gericht verlangt oder es erforderlich oder zweckmäßig ist, in jedem Fall aber in der ersten Hälfte der gerichtlichen Aufsicht mindestens alle drei, in der zweiten Hälfte mindestens alle sechs Monate zu berichten.

(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind zur Erfüllung der den Sicherheitsbehörden gemäß Abs. 2 übertragenen Aufgaben zur Feststellung der Identität einer Person nach den Vorschriften des Sicherheitspolizeigesetzes ermächtigt, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie stehe unter gerichtlicher Aufsicht und habe die ihr erteilten Weisungen nicht befolgt oder sonst ein Verhalten gesetzt, das mit den Zwecken der gerichtlichen Aufsicht nicht vereinbar ist.“

7. Im § 53 Abs. 4 wird nach der Wendung „lebenslangen Freiheitsstrafe“ die Wendung „oder aus einer Freiheitsstrafe wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von mehr als fünf Jahren“ eingefügt.

8. § 58 Abs. 3 wird wie folgt geändert:

a) Z 2 lautet:

         „2. die Zeit zwischen der erstmaligen Vernehmung als Beschuldigter, der erstmaligen Androhung oder Ausübung von Zwang gegen den Täter wegen der Tat (§§ 93 Abs. 1, 105 Abs. 1 StPO), der ersten staatsanwaltlichen Anordnung oder Antragstellung auf Durchführung oder Bewilligung von im 8. Hauptstück der StPO geregelten Ermittlungsmaßnahmen und Beweisaufnahmen zur Aufklärung des gegen den Täter gerichteten Verdachts, der Anordnung der Fahndung oder Festnahme, des Antrags auf Verhängung der Untersuchungshaft oder der Einbringung der Anklage und der rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens;“

b) Z 3 lautet:

         „3. die Zeit bis zur Erreichung des 28. Lebensjahres des Opfers einer strafbaren Handlung gegen Leib und Leben, gegen die Freiheit oder gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, wenn das Opfer zur Zeit der Tatbegehung minderjährig war;“

9. Nach dem § 107a wird folgender § 107b samt Überschrift eingefügt:

Fortgesetzte Gewaltausübung

§ 107b. (1) Wer gegen eine andere Person eine längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausübt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Gewalt im Sinne von Abs. 1 übt aus, wer eine andere Person am Körper misshandelt oder vorsätzliche mit Strafe bedrohte Handlungen gegen Leib und Leben oder gegen die Freiheit mit Ausnahme der strafbaren Handlungen nach §§ 107a, 108 und 110 begeht.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer

           1. die Tat gegen eine unmündige oder wegen Gebrechlichkeit, Krankheit oder einer geistigen Behinderung wehrlose Person begeht oder

           2. durch die Tat eine umfassende Kontrolle des Verhaltens der verletzten Person herstellt oder eine erhebliche Einschränkung der autonomen Lebensführung der verletzten Person bewirkt.

(4) Wer eine Tat nach Abs. 3 auf qualvolle Weise begeht oder im Rahmen einer fortgesetzten Gewaltausübung nach Abs. 3 wiederholt Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und Integrität begeht, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Hat eine Tat nach Abs. 3 eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85) zur Folge oder wird die Gewalt nach Abs. 3 länger als ein Jahr ausgeübt, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren, hat sie aber den Tod der verletzten Person zur Folge, mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren zu bestrafen.

(5) Der Täter ist nicht nach den vorstehenden Bestimmungen zu bestrafen, wenn die Tat nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist.“

10. § 202 Abs. 1 lautet:

„(1) Wer außer den Fällen des § 201 eine Person mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zur Vornahme oder Duldung einer geschlechtlichen Handlung nötigt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.“

11. § 205 lautet:

§ 205. (1) Wer eine wehrlose Person oder eine Person, die wegen einer Geisteskrankheit, wegen einer geistigen Behinderung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig ist, die Bedeutung des Vorgangs einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er an ihr eine geschlechtliche Handlung vornimmt oder von ihr an sich vornehmen lässt oder sie zu einer geschlechtlichen Handlung mit einer anderen Person oder, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an sich selbst vorzunehmen, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(2) Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) oder eine Schwangerschaft zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren zu bestrafen. Hat die Tat jedoch den Tod der missbrauchten Person zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.“

12. § 207 Abs. 3 lautet:

„(3) Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren, hat sie aber den Tod der unmündigen Person zur Folge, mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.“

13. § 207a Abs. 1 und Abs. 2 lauten:

„(1) Wer eine pornographische Darstellung einer minderjährigen Person (Abs. 4)

           1. herstellt oder

           2. einem anderen anbietet, verschafft, überlässt, vorführt oder sonst zugänglich macht,

ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer eine pornographische Darstellung einer minderjährigen Person (Abs. 4) zum Zweck der Verbreitung herstellt, einführt, befördert oder ausführt oder eine Tat nach Abs. 1 gewerbsmäßig begeht. Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer die Tat als Mitglied einer kriminellen Vereinigung oder so begeht, dass sie einen besonders schweren Nachteil der minderjährigen Person zur Folge hat; ebenso ist zu bestrafen, wer eine pornographische Darstellung einer minderjährigen Person (Abs. 4) unter Anwendung schwerer Gewalt herstellt oder bei der Herstellung das Leben der dargestellten minderjährigen Person vorsätzlich oder grob fahrlässig gefährdet.“

14. § 214 Abs. 2 lautet:

„(2) Wer außer dem Fall des Abs. 1 die persönliche Annäherung einer minderjährigen mit einer anderen Person zur Vornahme einer geschlechtlichen Handlung herbeiführt, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“

15. Nach dem § 220a wird folgender § 220b samt Überschrift eingefügt:

Tätigkeitsverbot

§ 220b. (1) Hat der Täter eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung einer minderjährigen Person begangen und im Tatzeitpunkt eine Erwerbstätigkeit oder sonstige Tätigkeit in einem Verein oder einer anderen Einrichtung ausgeübt oder auszuüben beabsichtigt, welche die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger einschließt, so ist ihm für eine Dauer von mindestens einem und höchstens fünf Jahren die Ausübung dieser und vergleichbarer Tätigkeiten zu untersagen, sofern die Gefahr besteht, dass er sonst unter Ausnützung einer ihm durch eine solche Tätigkeit gebotenen Gelegenheit eine weitere derartige strafbare Handlung mit nicht bloß leichten Folgen begehen werde.

(2) Besteht die Gefahr, dass der Täter bei Ausübung der Tätigkeit strafbare Handlungen der in Abs. 1genannten Art mit schweren Folgen begehen werde, oder hat der Täter unter Ausnützung der ihm durch seine Tätigkeit gebotenen Gelegenheit eine strafbare Handlung der in Abs. 1 genannten Art begangen, obwohl ihm zum Zeitpunkt der Tat die Ausübung dieser Tätigkeit strafgerichtlich untersagt war, so ist das Verbot auf unbestimmte Zeit auszusprechen.

(3) Wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, bei deren Vorliegen im Zeitpunkt des Urteils kein Tätigkeitsverbot ausgesprochen worden wäre, hat das Gericht das Tätigkeitsverbot aufzuheben.

(4) Im Falle eines auf unbestimmte Zeit ausgesprochenen Tätigkeitsverbotes hat das Gericht mindestens alle fünf Jahre zu überprüfen, ob die Voraussetzungen nach Abs. 2 vorliegen.

(5) Die Dauer des Tätigkeitsverbotes beginnt mit Rechtskraft der Entscheidung, mit der das Verbot ausgesprochen wird. Zeiten, in denen der Täter auf behördliche Anordnung angehalten wird, werden in diese Zeit nicht eingerechnet.

(6) Wer einer Tätigkeit nachgeht, obwohl er weiß, dass ihm deren Ausübung nach den vorstehenden Bestimmungen untersagt wurde, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“

16. § 323 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Bei einer Tat, wegen der zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Strafprozessreformgesetzes, BGBl. I Nr. 19/2004, bereits gerichtliche Fahndungsmaßnahmen gegen den Beschuldigten eingeleitet waren oder Anklage eingebracht worden ist, wird die Zeit, während der wegen dieser Tat Fahndungsmaßnahmen aufrecht sind oder ein Hauptverfahren anhängig ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet.“

Artikel VI

Änderung der Strafprozessordnung 1975

Die Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 109/2007, wird wie folgt geändert:

1. Im § 26 Abs. 2 StPO lautet der erste Halbsatz des zweiten Satzes:

„Des Weiteren zieht die Staatsanwaltschaft, die für das Ermittlungsverfahren wegen einer Straftat zuständig ist, für die im Hauptverfahren ein Gericht höherer Ordnung zuständig wäre (§ 37 Abs. 2), das Verfahren wegen anderer Straftaten an sich;“

2. Im § 28a Abs. 1 wird die Wendung „Abs. 1“ jeweils durch die Wendung „§ 20a Abs. 1“ ersetzt.

3. Im § 32 Abs. 3 werden das Wort „haben“ durch das Wort „hat“ und die Wendung „der Schwurgerichtshof und anstelle“ durch das Wort „oder“ ersetzt.

4. Im § 43 Abs. 2 wird nach den Worten „tätig gewesen“ das Wort „ist“ eingefügt.

5. Im § 45 Abs. 1 wird nach der Wendung „anzuzeigen ist“ die Wendung „, über die Ausschließung des Präsidenten, des Vizepräsidenten oder eines Mitglieds des Obersten Gerichtshofs jedoch der Oberste Gerichtshof in einem Dreiersenat“ eingefügt.

6. Im § 47 Abs. 3 StPO wird nach der Wendung „im Dienstaufsichtsweg“ die Wendung „zu entscheiden und“ eingefügt.

7. § 66 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Auf Antrag einer anerkannten Opferschutzeinrichtung hat das Gericht einem Opfer eines Verbrechens, durch das sein privater Lebensbereich verletzt worden sein könnte, Prozessbegleitung unter den sonstigen Voraussetzungen des Abs. 2 zu gewähren, soweit glaubhaft gemacht wird, dass das Opfer durch die Tat erheblichen seelischen Belastungen ausgesetzt wurde.“

8. Im § 67 Abs. 7 wird im ersten Satz das Klammerzitat „(§ 66 Abs. 2)“durch das Klammerzitat „(§ 66 Abs. 2 und 3)“ ersetzt.

9. Im § 77 Abs. 2 wird das Wort „Gerichte“ durch die Wendung „Vorsteher der Gerichte“ ersetzt.

10. Im § 183 Abs. 2 und Abs. 3 wird die Wendung „das Bundesministerium für Justiz“ jeweils durch die Wendung „die Vollzugsdirektion“ ersetzt.

11. § 195 Abs. 2 lautet:

„(2) Ein Antrag nach Abs. 1 ist jedenfalls innerhalb von drei Monaten ab der Einstellung des Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft einzubringen. Der Antrag hat die Straftat zu bezeichnen und eine Begründung zu enthalten.“

12. § 197 wird wie folgt geändert:

a) Folgender Abs. 2a wird eingefügt:

„(2a) Das Verfahren gegen eine Person, gegen die nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann, ist abzubrechen und nach Wegfall des Hinderungsgrundes fortzusetzen. Maßnahmen zur Sicherung und Aufnahme von Beweisen dürfen nur vorgenommen werden, soweit dies nach den das Verfolgungshindernis betreffenden Bestimmungen zulässig ist.“

b) Im Abs. 3 entfällt die Wendung „nach Ausforschung des Beschuldigten“.

13. Im § 221 Abs. 4 wird die Wendung „mehr als zehn Verhandlungstage in Anspruch nehmen“ durch die Wendung „von längerer Dauer sein“ ersetzt.

14. Im § 410 Abs. 1 wird das Wort „oder“ durch ein Komma ersetzt und nach dem Klammerzitat „(§ 31a StGB)“ die Wendung „oder über das Tätigkeitsverbot (§ 220b Abs. 3 und 4 StGB)“ eingefügt.

15. Die Überschrift des II. Abschnittes des 21. Hauptstückes lautet:

„II. Vom Verfahren zur Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 2 StGB, in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher nach § 22 StGB oder in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter nach § 23 StGB und zur Verhängung eines Tätigkeitsverbotes nach § 220b StGB“

16. § 435 wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 1 wird das Zitat „§§ 21 Abs. 2, 22 und 23 StGB“ durch das Zitat „§§ 21 Abs. 2, 22, 23 und 220b StGB“ ersetzt.

b) Abs. 2 lautet:

„(2) Die Anordnung der Unterbringung in einer der in diesen Bestimmungen genannten Anstalten oder ihr Unterbleiben sowie die Anordnung eines Tätigkeitsverbotes oder deren Unterbleiben bilden einen Teil des Ausspruches über die Strafe und können zugunsten und zum Nachteil des Verurteilten mit Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung angefochten werden.

17. § 437 lautet:

§ 437. Einen Antrag auf Unterbringung in einer der in den §§ 21 Abs. 2, 22 oder 23 StGB vorgesehenen Anstalten oder auf Anordnung eines Tätigkeitsverbotes hat die Staatsanwaltschaft in der Anklage zu stellen. Das Gericht kann jedoch auch ohne einen solchen Antrag die Unterbringung oder das Tätigkeitsverbot anordnen.“

18. Dem § 439 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die Anordnung eines Tätigkeitsverbotes (§ 220b StGB) ist nichtig, wenn deren Voraussetzungen in der Hauptverhandlung nicht erörtert wurden.“

19. Im § 441 Abs. 1 lautet der erste Satz:

„Liegen hinreichende Gründe für die Annahme vor, dass die Voraussetzungen für die selbständige Anordnung der in den §§ 21 Abs. 2, 22, 23 und 220b StGB vorgesehenen vorbeugenden Maßnahmen gegeben seien (§ 65 Abs. 5 StGB), so hat die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Anordnung einer der in diesen Bestimmungen genannten vorbeugenden Maßnahmen zu stellen.“

20. § 485 wird wie folgt geändert:

a) Dem Abs. 1 wird folgender Abs. 1a angefügt:

„(1a) Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen einen Beschluss nach Abs. 1 Z 1 oder Z 2 hat aufschiebende Wirkung.“

b) Im Abs. 2 wird nach dem Wort „Anträge“ die Wendung „oder Anordnungen“ eingefügt.

21. § 498 Abs. 2 lautet:

„(2) Die Beschwerde steht zugunsten des Verurteilten diesem und allen anderen Personen zu, die zugunsten eines Angeklagten Nichtigkeitsbeschwerde erheben können, zum Nachteil des Verurteilten aber nur dem Ankläger. Im Fall der mündlichen Verkündung gilt § 86 Abs. 2 und 3 mit der Maßgabe, dass die Ausfertigung und Zustellung des Beschlusses auch unterbleiben können, wenn der Rechtsmittelwerber binnen drei Tagen nach mündlicher Verkündung des Beschlusses keine Beschwerde anmeldet. Bei mündlicher Verkündung und Anmeldung einer Beschwerde läuft die Frist zur Erstattung des Rechtsmittels ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung. Eine rechtzeitig erhobene Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, es sei denn, dass sie gegen einen Beschluss gemäß § 496 gerichtet ist.“

22. Der bisherige Inhalt des § 514 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“; folgende Abs. 2, 3 und 4 werden angefügt:

„(2) Die Bestimmungen der §§ 31 Abs. 3, 82 Abs. 3, 83 Abs. 2, 133 Abs. 2, 139 Abs. 2, 153 Abs. 4, 265 Abs. 1, 285e, 288 Abs. 2 Z 2a, 381 Abs. 3 Z 3, 390 Abs. 1, 409 Abs. 3, 470 Z 3, 475 Abs. 4 und 502 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 109/2007 treten mit 1. Jänner 2008 in Kraft.

(3) Die Bestimmungen der §§ 19 Abs. 1 Z 3, 20a, 28a und 100a in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 109/2007 treten mit 1. Jänner 2009 in Kraft, wobei die Regelungen über die Zuständigkeit der KStA für die Verfolgung von strafbaren Handlungen gemäß § 20a Abs. 1 gelten, die nach diesem Zeitpunkt begangen werden.

(4) Die Bestimmungen der §§ 26 Abs. 2, 28a Abs. 1, 32 Abs. 3, 43 Abs. 2, 45 Abs. 1, 47 Abs. 3, 66 Abs. 3, 67 Abs. 7, 77 Abs. 2, 78 Abs. 3, 78a, 183 Abs. 2 und 3, 195 Abs. 2, 197, 221 Abs. 4, 410 Abs. 1, 435, 437, 439 Abs. 1, 441 Abs. 1, 485, 498 Abs. 2 und 516 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/xxxx treten mit 1. März 2009 in Kraft. “

23. § 516 wird wie folgt geändert:

a) Die Abs. 1a und 1b entfallen.

b) Im Abs. 2 lautet der dritte Satz:

„Über sonstige Anträge, Entscheidungen und Beschwerden, für deren Erledigung die Ratskammer gemäß den durch das Strafprozessreformgesetz und Strafprozessreformbegleitgesetz I, BGBl. I Nr. 93/2007, geänderten Verfahrensbestimmungen zuständig wäre, hat an ihrer Stelle das Landesgericht als Senat von drei Richtern gemäß § 31 Abs. 5 nach den neuen Verfahrensbestimmungen zu entscheiden.“

c) Folgender Abs. 6 wird angefügt:

„(6) Die Bestimmungen der §§ 26 Abs. 2, 28a Abs. 1, 32 Abs. 3, 43 Abs. 2, 45 Abs. 1, 47 Abs. 3, 66 Abs. 3, 67 Abs. 7, 77 Abs. 2, 195 Abs. 2, 197, 221 Abs. 4, 410 Abs. 1, 435, 437, 439 Abs. 1, 441 Abs. 1, 485, 498 Abs. 2 und 516 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/xxxx, sind in Strafverfahren nicht anzuwenden, in denen vor ihrem In-Kraft-Treten das Urteil erster Instanz gefällt worden ist. Nach Aufhebung eines solchen Urteils ist jedoch im Sinne der neuen Verfahrensbestimmungen vorzugehen.

Artikel VII

Änderung des Strafvollzugsgesetzes

Das Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 109/2007, wird wie folgt geändert:

1. § 179a Abs. 1 und Abs. 2  lauten:

„(1) Einem Rechtsbrecher, der bedingt entlassen wird, kann die Weisung, sich weiterhin einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer medizinischen Behandlung zu unterziehen (§ 51 Abs. 3 StGB) oder in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen (§ 51 Abs. 2 StGB), auch mit der Maßgabe erteilt werden, dass die Behandlung oder die sozialtherapeutische Betreuung für den Verurteilten unentgeltlich durch eine Forensische Ambulanz, durch eine sozialtherapeutische Wohneinrichtung, durch einen Psychotherapeuten oder durch einen Arzt durchgeführt wird, die oder der sich zur Durchführung solcher Behandlungen und Betreuungen dem Bundesministerium für Justiz gegenüber verpflichtet hat. Die Durchführung einer solchen Behandlung oder Betreuung schließt erforderlichenfalls unbeschadet des § 3 des Ärztegesetzes 1998, BGBl. Nr. 169, ihre Unterstützung durch andere hiefür geeignete Personen ein, die sich hiezu in gleicher Weise verpflichtet haben.

(2) Ist einem bedingt Entlassenen sonst die Weisung erteilt worden, sich einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer medizinischen Behandlung zu unterziehen oder in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen, hat der Verurteilte nicht Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer Krankenversicherung und würde durch die Verpflichtung zur Zahlung der Behandlungskosten sein Fortkommen erschwert, so hat die Kosten der Behandlung oder des Aufenthaltes ganz oder teilweise der Bund zu übernehmen. Der Höhe nach übernimmt der Bund die Kosten jedoch grundsätzlich nur bis zu dem Ausmaß, in dem die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter für die Kosten aufkommen könnte, wenn der Entlassene in der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter versichert wäre; einen Behandlungsbeitrag (§ 63 Abs. 4 des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 200/1967) hat der Rechtsbrecher nicht zu erbringen. Die Entscheidung über die Übernahme der Kosten steht dem für die Erteilung der Weisung zuständigen Gericht zu und soll nach Möglichkeit zumindest dem Grunde nach bereits bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung in geeigneter Form berücksichtigt werden.“

2. Dem § 181 wird folgender Abs. 17 angefügt:

„(17) Die Bestimmungen des § 179a Abs. 1 und Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/xxxx treten mit 1. März 2009 in Kraft.“

Artikel VIII

Änderung des Tilgungsgesetzes 1972

Das Tilgungsgesetz 1972, BGBl. Nr. 68, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/2007, wird wie folgt geändert:

1. Nach dem § 4 wird folgender § 4a samt Überschrift eingefügt:

„Tilgung von Verurteilungen wegen Sexualstraftaten

§ 4a. (1) Die Tilgungsfrist (§ 3) verlängert sich im Fall einer Verurteilung wegen einer im 10. Abschnitt des Besonderen Teils des StGB bezeichneten strafbaren Handlung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe oder im Fall einer Anordnung einer Unterbringung gemäß § 21 Abs. 1 StGB wegen einer solchen Tat um die Hälfte, wenn das Vollzugsgericht den Verurteilten als gefährlich, jedoch um das Einfache, wenn das Vollzugsgericht den Verurteilten als besonders gefährlich einstuft.

(2) Das Vollzugsgericht hat die Einstufung als gefährlich oder besonders gefährlich auf Grund einer Äußerung gemäß § 152 Abs. 2 letzter Satz StVG mit Beschluss auszusprechen, in dem die für die Einstufung maßgeblichen Gründe festzustellen und zu begründen sind. Der Beschluss kann zugleich mit der Entscheidung über die bedingte Entlassung ergehen und ist der mit Führung des Strafregisters betrauten Bundespolizeidirektion Wien spätestens im Zeitpunkt der Entlassung des Verurteilten mitzuteilen. Für das Verfahren gilt § 17 Abs. 2 und Abs. 3 StVG.“

2. Der bisherige Inhalt des § 5 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“; folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Verurteilungen wegen einer im 10. Abschnitt des Besonderen Teils des StGB bezeichneten strafbaren Handlung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren werden nicht getilgt. Das erkennende Gericht hat auf Antrag des Verurteilten zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der gesamten Umstände, insbesondere der Persönlichkeit des Täters und seiner Entwicklung die Tilgung auszusprechen ist. Ein solcher Antrag ist frühestens fünfzehn Jahre nach dem Beginn der Tilgungsfrist (§ 2) zulässig. Wird der Antrag abgewiesen, so ist eine erneute Antragstellung erst nach Ablauf von fünf Jahren ab Rechtskraft der Entscheidung zulässig.“

3. Dem § 9 wird folgender Abs. 1g angefügt:

„(1g) Die Bestimmungen der §§ 4a und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx treten mit 1. März 2009 in Kraft. § 4a ist auf alle Verurteilten anzuwenden, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens die Strafe noch nicht verbüßt haben. § 5 Abs. 2 gilt für alle Verurteilungen, die nach dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/xxxx, ausgesprochen werden.“

Artikel IX

Änderung des Staatsanwaltschaftsgesetzes

Das Staatsanwaltschaftsgesetz, BGBl. Nr. 164/1986, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 112/2007, wird wie folgt geändert:

1. Im § 2a entfällt der Abs. 3.

2. § 34 Abs. 1 lautet:

„(1) Für jede Strafsache soll bei den Staatsanwaltschaften nach Maßgabe des § 34a ein Tagebuch geführt werden.“

3. § 34c wird wie folgt geändert:

a) Der bisherige Inhalt erhält die Absatzbezeichnung „(1)“ und lautet der zweite Halbsatz des ersten Satzes:

„es sei denn, dass ein Verfahren ohne weitere Ermittlungen unverzüglich gemäß § 197 Abs. 2 oder 2a StPO abgebrochen oder gemäß §§ 190 bis 192 StPO eingestellt wird.“

b) Folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Im Ermittlungsverfahren wegen Straftaten, für die im Hauptverfahren das Bezirksgericht zuständig wäre, kann von der Führung eines Ermittlungsaktes abgesehen werden. Ein Ermittlungsakt ist jedoch jedenfalls anzulegen, sobald ein Antrag an das Gericht oder Anklage (Strafantrag) eingebracht wird.“

4. § 42 wird wie folgt geändert:

a) Die letzten beiden Absätze mit der Bezeichnung „(8)“ und „(9)“ erhalten die Absatzbezeichnungen „(9)“ und „(10)“.

b) Folgender Abs. 11 wird angefügt:

„(11) Die Bestimmungen der §§ 34 Abs. 1 und 34c in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xxxx/xxxx treten am 1. März 2009 in Kraft.“

Artikel X

Änderung des Verbrechensopfergesetzes

Das Verbrechensopfergesetz, BGBl. Nr. 288/1972, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 2/2008, wird wie folgt geändert:

1. Im § 2 wird der Punkt am Ende der Z 9 durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 10 angefügt:

       „10. Pauschalentschädigung für Schmerzengeld.“

2. Nach § 6 wird folgender § 6a samt Überschrift eingefügt:

„Pauschalentschädigung für Schmerzengeld

§ 6a. Hilfe nach § 2 Z 10 ist für eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 als einmalige Geldleistung im Betrag von 1 000 € zu leisten. Zieht die Handlung eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 StGB) nach sich, gebührt ein einmaliger Betrag von 5 000 €.“

3. § 10 Abs. 1 letzter Satz lautet:

„Anträge auf Leistungen gemäß §§ 4 Abs. 5 und 6a unterliegen keiner Frist.“

4. Dem § 16 wird folgender Abs. 10 angefügt:

„(10) Die §§ 2 Z 9 und 10, 6a samt Überschrift und 10 Abs. 1 letzter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. xxx/xxx treten mit 1. März 2009 in Kraft. § 6a ist auf Handlungen im Sinne des § 1 Abs. 1 anzuwenden, die nach dem 28. Feber 2008 begangen wurden.“

Artikel XI

Änderung des Strafregistergesetzes

Das Bundesgesetz vom 3. Juli 1968 über die Evidenthaltung strafgerichtlicher Verurteilungen (Strafregistergesetz 1968), BGBl. Nr. 277, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/2007, wird wie folgt geändert:

1. In § 2 Abs. 1 wird in Z 6 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 7 und 8 angefügt:

„7. alle sich auf in das Strafregister aufgenommenen Verurteilungen wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung beziehenden rechtskräftigen Beschlüsse über die Gefährlichkeit des Verurteilten gemäß § 4a Abs. 2 des Tilgungsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 68, die Anordnung der gerichtlichen Aufsicht gemäß § 52a StGB sowie Weisungen gemäß § 51 StGB, die einem wegen einer solchen Handlung Verurteilten erteilt wurden;

8. rechtskräftige Tätigkeitsverbote gemäß § 220b StGB gemeinsam mit Daten gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 bis 3.“

2. In § 2 wird nach Abs. 1 folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Verurteilungen wegen einer strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, die nach Z 1 bis 3 in das Strafregister aufgenommen wurden, sind für Zwecke der Beauskunftung nach § 9a gesondert zu kennzeichnen.“

3. Nach § 3 Abs. 2 wird folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Die Bundespolizeidirektion Wien hat bei gekennzeichneten Verurteilungen gemäß § 2 Abs. 1a die vom Gericht gemäß Abs. 2 Z 2 mitgeteilten Daten über Wohnort und Anschrift alle 6 Monate ab Rechtskraft oder nach Verständigung über die Entlassung durch automationsunterstützte Abfrage im zentralen Melderegister zu überprüfen und erforderlichenfalls zu aktualisieren. Die Änderung der Wohnanschrift ist jener Sicherheitsbehörde, in deren Sprengel der Entlassene zuletzt Unterkunft genommen hat, und gemeinsam mit den Daten nach § 9a jener, in deren Sprengel er gegenwärtig Unterkunft nimmt, bekanntzugeben.“

4. In § 4 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Die Gerichte haben der Bundespolizeidirektion Wien alle rechtskräftigen Beschlüsse über die Gefährlichkeit samt Begründung gemäß § 4a Tilgungsgesetz, die Anordnung der gerichtlichen Aufsicht gemäß § 52a StGB, Weisungen gemäß § 51 StGB, die einem wegen einer strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung Verurteilten erteilt wurden sowie rechtskräftige Tätigkeitsverbote und ihre Dauer gemäß § 220b StGB für die Aufnahme in das Strafregister zu übermitteln.“

5. § 9 Abs. 1 erster Halbsatz lautet:

§ 9. (1) Von den in anderen Bundesgesetzen und in zwischenstaatlichen Vereinbarungen vorgesehenen Fällen abgesehen, hat die Bundespolizeidirektion Wien über Verlangen kostenfrei aus dem Strafregister Auskunft über die gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 bis 6 aufgenommenen Daten zu erteilen:“

6. Nach § 9 wird folgender § 9a samt Überschrift eingefügt:

„Sonderauskünfte zu Sexualstraftätern

§ 9a. (1) Die Bundespolizeidirektion Wien hat kostenfrei und wenn möglich im Wege des Datenfernverkehrs

           1. Gerichten in Strafverfahren, Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, in Verfahren über die Annahme an Kindes statt und über die Regelung der Obsorge und des persönlichen Verkehrs zwischen Eltern und minderjährigen Kindern, über die Sachwalterschaft sowie in Unterbringungsverfahren,

           2. Staatsanwaltschaften, Sicherheitsbehörden und Sicherheitsdienststellen für Zwecke der Strafverfolgung und der Überwachung der gerichtlichen Aufsicht und der Überprüfung von Tätigkeitsverboten,

           3. Strafvollzugsbehörden für Zwecke des Strafvollzugs und

           4. Sicherheitsbehörden und Sicherheitsdienststellen für Zwecke der Vorbeugung und Abwehr gefährlicher Angriffe

Auskunft über die gemäß § 2 Abs. 1a gekennzeichnete Verurteilungen sowie Daten gemäß § 2 Abs. 1 Z 7 und 8 zu erteilen.

(2) Nach Maßgabe besonderer gesetzlicher Regelungen hat die Bundespolizeidirektion Wien den Jugendwohlfahrtsträgern, Schulbehörden sowie Dienstbehörden und Personalstellen der Gebietskörperschaften im Zusammenhang mit der Anstellung von Personen an Einrichtungen zur Betreuung, Erziehung oder Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen Auskunft über die gemäß § 2 Abs. 1a gekennzeichnete Verurteilungen sowie über Daten gemäß § 2 Abs. 1 Z 7 und 8 mit Ausnahme der Begründung des Beschlusses zu erteilen.

(3) Für Auskünfte gemäß Abs. 1 und 2 gelten die Auskunftsbeschränkungen des § 6 Tilgungsgesetz nicht.“

7. In § 10 Abs. 1 wird nach dem Wort „Antragstellers“ die Wendung „mit Ausnahme von Daten gemäß § 2 Abs. 1 Z 7 und 8“ eingefügt.

8. In § 11 Abs. 1 und 2 wird jeweils nach dem Zitat „§§ 9“ das Zitat „, 9a“ eingefügt.

9. In § 12 wird folgender Satz angefügt:

„Die Löschung von Tätigkeitsverboten nach § 220b StGB bestimmt sich nach deren vom Gericht verfügten Dauer.“

10. In § 13a wird nach dem Zitat „§§ 9“ das Zitat „, 9a“ eingefügt.

11. Nach § 14 Abs. 4 werden folgende Abs. 5 und 6 angefügt:

„(5) Die §§ 2 Abs. 1 Z 6 bis 8, 4 Abs. 5, 9 Abs. 1, 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 und 2, 12, 13a und 14a in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. XX/XXXX treten am 1. März 2009 in Kraft.

(6) Die §§ 2 Abs. 1a, 3 Abs. 2a und, 9a, in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. XX/XXXX treten am 1. Juli 2009 in Kraft.“

12. Nach § 14 wird folgender § 14a samt Überschrift eingefügt:

„Übergangsbestimmung

§ 14a. Die Bundespolizeidirektion Wien ist ermächtigt, Mitteilungen gemäß § 4 Abs. 5 mit In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes (§ 14 Abs. 6) nachträglich zu erfassen.“

Artikel XII

Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes

Das Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 4/2008, wird wie folgt geändert:

1. In § 38a Abs. 7 werden die Wendung „mit Ablauf des zehnten Tages“ durch die Wendung „zwei Wochen“ und die Wendung „mit Ablauf des zwanzigsten Tages“ durch die Wendung „vier Wochen“ ersetzt.

2. § 94 wird folgender Abs. 25 angefügt:

„(25) § 38a Abs. 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx tritt mit 1. März 2009 in Kraft.“

Artikel XIII

Änderung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, JGS. Nr. 946/1811, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2008, wird wie folgt geändert:

In § 215 Abs. 2 wird der Ausdruck „nach § 382b EO und deren Vollzug nach § 382d EO“ durch den Ausdruck „nach den §§ 382b und 382e EO sowie deren Vollzug“ ersetzt.

 

Artikel XIV

In-Kraft-Treten und Übergangsbestimmung

(1) Art. II und Art. V Z 1 bis Z 15 des 2. Gewaltschutzgesetzes, BGBl. I Nr. XXX/XXXX, treten mit 1. März 2009 in Kraft.

(2) Art. V Z 8 ist auch auf vor dem In-Kraft-Treten des 2. Gewaltschutzgesetzes, BGBl. I Nr. xx/xxxx begangene Taten anzuwenden, sofern die Strafbarkeit zu diesem Zeitpunkt noch nicht erloschen ist.


Begründung

Einleitung:

Die Bundesregierung hat sich zu einem Ausbau des Gewaltschutzes bekannt und zu diesem Zweck dem Nationalrat noch in der abgelaufenen Legislaturperiode die Regierungsvorlage betreffend den Entwurf eines Zweiten Gewaltschutzgesetzes, 678 d.B. 23. GP, zugeleitet. Damit sollten zusammengefasst einerseits in der Praxis aufgetretene Defizite und Schutzlücken bei den einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie und bei den einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre („Stalking“) beseitigt, der Schutz für Opfer strafbarer Handlungen auf dem Strafverfahren nachfolgende Zivilverfahren ausgedehnt und andererseits weitere Anstrengungen zur Verbesserung des strafrechtlichen Instrumentariums zum Schutz der Opfer von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung unternommen werden.

Die unterzeichnenden Abgeordneten halten dieses Vorhaben, mit dem zentrale Punkte des von der Bundesministerin für Justiz vorgeschlagenen Maßnahmenpakets gegen Gewalt an Kindern im sozialen Nahraum (Ministerratsvortrag vom 19. Dezember 2007) sowie gegen sexuelle Gewalt an Kindern (Ministerratsvortrag vom 23. Jänner 2008) umgesetzt werden sollen, die vor allem die Stärkung des Rechts von Kindern auf staatlichen Schutz anstreben, für so wichtig und dringend, dass dem neukonstituerten Nationalrat der Inhalt der erwähnten Regierungsvorlage in Form eines selbständigen Antrags vorgelegt wird, um die angestrebten Verbesserungen bereits am 1. Jänner 2009 wirksam werden zu lassen.

Der Antrag verfolgt daher folgende Zielsetzungen:

Im Sinne eines verbesserten Opferschutzes sollen die gesetzlichen Grundlagen für einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie und für einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre („Stalking“) behutsam überarbeitet werden. Die Änderungen betreffen die Geltungsdauer der einstweiligen Verfügungen und den geschützten Personenkreis. Zudem soll eine Verlängerungsmöglichkeit geschaffen werden.

Überdies ist der Entwurf bestrebt, die Rechte des Opfers im Zivilverfahren analog zu jenen im Strafverfahren auszubauen. Nunmehr soll auch im Zivilverfahren psychosoziale und juristische Prozessbegleitung sowie eine abgesonderte Vernehmung des Opfers möglich und die Angabe der Wohnanschrift der Partei nicht verpflichtend sein. Ergänzend werden Sonderbestimmungen für die Vernehmung minderjähriger Personen geschaffen.

Auf dem Gebiet des Strafrechts soll insbesondere bei bereits bekannt gewordenen Sexualstraftätern eine Verbesserung der Prävention durch Maßnahmen der Rückfallsvermeidung erzielt werden, die einerseits durch die vorbeugende Maßnahme eines Tätigkeitsverbotes, andererseits nach der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug durch das Institut der gerichtlichen Aufsicht einer neuerlichen Tatbegehung mithilfe eines Bündels von Instrumenten entgegenwirken.

Um dem durch Sexualstraftaten verwirklichten Unrecht angemessen begegnen zu können, sollen zudem in den §§ 202 Abs. 1 und 205 Abs. 1 StGB Strafuntergrenzen eingeführt, die Strafrahmen in den §§ 205 Abs. 2 und 207 Abs. 3 StGB erweitert und die Strafdrohung für das Herstellen, Einführen, Befördern oder Ausführen von pornographischen Darstellungen einer minderjährigen Person (Abs. 4) zum Zweck der Verbreitung durch Erweiterung der Tathandlungen in § 207a Abs. 2 StGB ebenso wie die  Strafdrohung in § 214 Abs. 2 StGB erhöht werden.

Darüber hinaus soll nach entsprechenden Änderungen im Tilgungsgesetz eine Verlängerung der Tilgungsfrist für Sexualstraftäter nach Maßgabe deren Gefährlichkeit angeordnet und in bestimmten Fällen eine Tilgung ausgeschlossen werden.

Überdies soll durch das 2. Gewaltschutzgesetz der Schutz von Opfern von Gewalt im sozialen Nahraum durch Schaffung eines neuen Tatbestandes im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches weiter gestärkt werden, indem wiederholt gesetzte Gewaltakte in einem eigenen Straftatbestand der „fortgesetzten Gewaltausübung“ nach § 107b StGB zusammengefasst werden.

Im Übrigen soll die Begründung der erwähnten Regierungsvorlage übernommen werden:


Erläuterungen

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzungen und Inhalt des Entwurfs:

A. Zivilrecht:

Die Verbesserung und der Ausbau von Maßnahmen zum Schutz von Opfern strafbarer Handlungen sind ein großes Anliegen der Bundesregierung. Das Arbeitsprogramm, das sich die Bundesregierung für die 23. Gesetzgebungsperiode gegeben hat, enthält als ausdrückliche Zielsetzung die Verbesserung des Opferschutzes. Auch die Justiz trägt in diesem Bereich eine gewichtige Verantwortung – nicht nur auf dem Gebiet des Strafrechts, sondern auch im Bereich des Zivilverfahrens. Die wesentlichsten zivilrechtlichen Vorkehrungen in der jüngeren Vergangenheit wurden im Rahmen des Bundesgesetzes zum Schutz vor Gewalt in der Familie („Gewaltschutzgesetz“), BGBl. Nr. 759/1996, sowie mit den Regelungen über einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre (§ 382g EO) im Strafrechtsänderungsgesetz 2006, BGBl Nr. I 56/2006, getroffen und haben sich allesamt in der Rechtsprechungspraxis gut bewährt. Nun sollen weitere gesetzgeberische Schritte folgen, es sollen weitere Maßnahmen zum Schutz von Opfern gesetzt werden.

Der Ministerrat hat auf Vorschlag der Bundesministerin für Justiz am 19.12.2007 zum Thema „Maßnahmen gegen Gewalt an Kindern im sozialen Nahraum“ sowie auf gemeinsamen Vorschlag der Bundesministerin für Justiz und der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend am 2.5.2007 zum Thema „Familienrechtsreform in der 23. Gesetzgebungsperiode“ die Absicht erklärt, die Rechte des Opfers im Strafprozess in analoger Weise im Zivilverfahren zu verankern. Eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Justizressorts hat sich daraufhin mit der Erarbeitung von möglichen Verbesserungen der Maßnahmen gegen Gewalt in der Familie befasst. Zur Umsetzung dieser Ziele wurden insbesondere der Anspruch des Opfers auf juristische und psychosoziale Prozessbegleitung, die Geheimhaltung der Wohnanschrift des Opfers, das Recht auf eine schonende Gestaltung der Einvernahme im Zivilverfahren und die Ausweitung des mit dem „Gewaltschutzgesetz“ zur Sicherung des Opfers geschaffenen gewalt-präventiven Instrumentariums der einstweiligen Verfügungen (§§ 382b ff) als legislative Maßnahmen in Aussicht genommen.

1. Exekutionsordnung (Einstweilige Verfügungen):

Für die einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie (§§ 382b ff) und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre (§ 382g) werden folgende – in der Arbeitsgruppe Gewaltschutz im Bundesministerium für Justiz erörterte – Änderungen vorgeschlagen, um die bereits bewährten Schutzinstrumente im Interesse der Opfer weiter zu verbessern:

Schutz vor Gewalt:

             - Die Einschränkung auf „nahe Angehörige“ soll in § 382b entfallen, weil durch die „Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens“ und die „Unzumutbarkeit des weiteren Zusammentreffens“ der Anwendungsbereich hinreichend abgegrenzt ist.

             - § 382b Abs. 1 (Unzumutbarkeit des Zusammenlebens) und § 382b Abs. 2 (Unzumutbarkeit des Zusammentreffens) sollen auf zwei gesonderte Bestimmungen (§ 382b und § 382e) aufgeteilt werden, um dem unterschiedlichen Charakter dieser einstweiligen Verfügungen besser gerecht werden zu können.

             - Im Fall der Unzumutbarkeit des Zusammenlebens (§ 382b mit neuer Paragraphenüberschrift: „Schutz vor Gewalt in Wohnungen“) soll die Schutzdauer (ohne Hauptverfahren) auf sechs Monate verlängert werden.

             - Im Fall der Unzumutbarkeit des Zusammentreffens (neuer § 382e: „Allgemeiner Schutz vor Gewalt“) sollen ein Gleichklang zu den Stalking-Regeln (§ 382g: „Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre) hergestellt und die Schutzdauer (ohne Hauptverfahren) auf ein Jahr verlängert werden.

             - Im Fall der Unzumutbarkeit des Zusammentreffens (neuer § 382e) soll die Möglichkeit geschaffen werden, die einstweilige Verfügung (ohne Hauptverfahren) auf bis ein weiteres Jahr zu verlängern, sofern gegen die einstweilige Verfügung verstoßen wurde.

Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre:

             - Mit einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre nach § 382g soll auch ein Aufenthaltsverbot mit einer Höchstdauer von einem Jahr ohne Hauptverfahren erlassen werden können.

             - Wie im neuen § 382e (bei gewaltbedingter Unzumutbarkeit des Zusammentreffens) soll auch bei einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre die Möglichkeit geschaffen werden, die einstweilige Verfügung (ohne Hauptverfahren) auf bis ein weiteres Jahr zu verlängern, sofern gegen die einstweilige Verfügung verstoßen wurde.

             - Für einstweilige Verfügungen nach § 382g soll grundsätzlich das Bezirksgericht am allgemeinen Gerichtsstand der gefährdeten Partei zuständig sein.

2. Zivilprozessordnung:

Der Entwurf will die Zielsetzung der Ausweitung des Opferschutzes im Zivilverfahren mit folgenden Regelungen verwirklichen:

Prozessbegleitung:

Das strafprozessuale Institut der psychosozialen und juristischen Prozessbegleitung soll auf das Zivilverfahren ausgedehnt werden. Auch im Zivilverfahren besteht das Bedürfnis des Opfers nach entsprechender Unterstützung. Als Voraussetzung für die Prozessbegleitung einer Partei im Zivilprozess wird an deren vorangegangene Gewährung in einem im inhaltlichen Konnex stehenden Strafverfahren angeknüpft. Überdies soll auch Zeugen im Zivilprozess, die über den Gegenstand des Strafverfahrens vernommen werden sollen und denen als Opfer im Strafverfahren psychosoziale Prozessbegleitung beigegeben wurde, eine solche gewährt werden.

Abgesonderte Vernehmung und Vernehmung minderjähriger Personen:

Während es im Strafverfahren und auch im Außerstreitverfahren in bestimmten Fällen möglich ist, die Vernehmung einer Partei oder eines Zeugen in Abwesenheit der anderen Partei beziehungsweise des Angeklagten durchzuführen, enthält die ZPO für das streitige Zivilverfahren bislang keine Bestimmung, die eine solche „abgesonderte“ Vernehmung einer Partei oder eines Zeugen ermöglicht. Die den Bestimmungen des Außerstreitgesetzes und der Strafprozessordnung zugrunde liegenden Wertungen gelten aber auch für den Zivilprozess. Auch hier soll die zu vernehmende Person vor einer ihr im Hinblick auf den Gegenstand der Beweisaufnahme und die Rolle, die die andere Partei hiebei spielt, nicht zumutbaren Vernehmungssituation geschützt werden. Darüber hinaus soll die Möglichkeit geschaffen werden, von der Vernehmung minderjähriger Parteien oder Zeugen gänzlich oder teilweise abzusehen, wenn durch die Vernehmung deren Wohl gefährdet würde. Ansonsten soll bei entsprechendem Schutzbedarf ein geeigneter Sachverständiger mit der Vernehmung beauftragt werden können.

Geheimhaltung der Wohnanschrift des Opfers:

In Verfahren, in denen es einer Partei unzumutbar ist, ihre Wohnanschrift dem Gegner mitzuteilen, soll ihr ermöglicht werden, diese nur mehr dem Gericht bekannt zu geben. Dies ist insbesondere für jene Fälle gedacht, in denen der „Vergewaltiger“, „Stalker“ usw. vom Opfer auf Unterlassung oder Schadenersatz in Anspruch genommen wird.

Eine derartige Schutzvorschrift wird auch für Zeugen vorgeschlagen, denen es gleichermaßen unzumutbar sein kann, dass im Verfahren ihre Wohnanschrift genannt wird.

3. Außerstreitgesetz:

Die genannten Opferschutzbestimmungen sollen kraft entsprechender Anordnungen im Außerstreitgesetz auch für die Verfahren außer Streitsachen gelten, da in diesen die für den Zivilprozess erörterte Problematik in der selben Weise, etwa in Obsorgeverfahren oder in Verfahren über das Recht auf persönlichen Verkehr, auftreten kann.

B. Strafrecht:

Das Regierungsprogramm sieht die Schaffung effizienter Maßnahmen gegen alle Erscheinungsformen von Gewalt im sozialen Nahraum, insbesondere von Gewalt an Kindern vor. Der vorliegende Entwurf stellt den ersten Teil der Umsetzung der von Frau Bundesministerin Dr. Maria Berger vorgeschlagenen und im Ministerrat angenommenen Maßnahmenprogramme zum Schutz von Kindern vor Gewalt (Maßnahmen gegen Gewalt an Kindern im sozialen Nahraum, Vortrag an den Ministerrat vom 19. Dezember 2007 sowie Maßnahmen gegen sexuelle Gewalt an Kindern, Vortrag an den Ministerrat vom 23. Jänner 2008) dar. Dieses Maßnahmenbündel orientiert sich vor allem strikt an den Rechten von Kindern als Opfer, insbesondere der Achtung der Würde und Gewährleistung der Sicherheit vor weiterer Gewalt wie auch dem Recht auf eine gerechte Sanktion und auf Schadenersatz (Art. 13 EMRK) sowie dem Recht auf Gesundheit (Art. 24 UN-Kinderrechtskonvention), daher auf schonende Behandlung in allen Verfahren und auf unbedingte Vermeidung jeder sekundären Viktimisierung (Art. 39 UN-Kinderrechtskonvention). Vor allem aber ist bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist (Art. 3 UN-Kinderrechtskonvention). Insbesondere im Bereich von Kindesmisshandlungen und des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen müssen Maßnahmen gesetzt werden, um das Recht von Kindern auf staatlichen Schutz zu stärken. Mit diesem Entwurf sollen daher wirksame Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes – insbesondere von Kindern – vor Gewalt sowie staatlicher Hilfestellung für Opfer von Straftaten umgesetzt werden. Dabei wird an die grundsätzliche Linie einer verstärkten Bedachtnahme auf die Rechte und Interessen der Opfer strafbarer Handlungen im Sinne der verfahrensrechtlichen Reformen (Strafprozessnovelle 1999, BGBl I Nr. 55/1999, Strafprozessnovelle 2005, BGBl. I Nr. 119/2005, Strafprozessreformgesetz, BGBl. I Nr. 19/2004) angeknüpft.

Im Bereich der sexuellen Gewalt soll insbesondere bei bereits bekannt gewordenen Straftätern eine Verbesserung der Prävention durch Maßnahmen der Rückfallsvermeidung geschaffen werden, die einerseits durch die vorbeugende Maßnahme eines Tätigkeitsverbotes, andererseits nach der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug durch das Institut der gerichtlichen Aufsicht einer neuerlichen Tatbegehung entgegenwirken. Diese Tendenz verfolgt auch der Rahmenbeschluss 2004/68/JI vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie, der Österreich verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Personen, die wegen Straftaten der sexuellen Ausbeutung von Kindern oder der Kinderpornographie verurteilt worden sind, gegebenenfalls vorübergehend oder dauerhaft daran gehindert werden können, eine die Beaufsichtigung von Kindern einschließende berufliche Tätigkeit auszuüben. Eine ähnliche Bestimmung enthält auch die Konvention des Europarats zum Schutze von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, die von Österreich am 25. Oktober 2007 unterzeichnet wurde.

Die nach geltendem Recht bestehenden Tätigkeitsverbote im Gewerberecht und in einzelnen Berufsgesetzen (ÄrzteG, GUKG etc.) sind von einer großen Zersplitterung und Uneinheitlichkeit geprägt. Durch diesen Entwurf sollen die europarechtlichen Vorgaben umgesetzt und im sensiblen Bereich der Sexualdelikte die Möglichkeit geschaffen werden, den Tätern die Ausübung bestimmter Tätigkeiten zu untersagen.

Im Bereich der bedingten Entlassung ist die Rolle des Vollzugsgerichts zu stärken und diesem die Möglichkeit zu eröffnen, im Rahmen eines neuen Instituts der gerichtlichen Aufsicht über Sexualstraftäter mithilfe eines Bündels von Instrumenten rückfallpräventiv zu wirken. Dies soll durch intensivere Betreuung und engere Kontrolle des Verurteilten während der obligatorischen Bewährungsaufsicht und durch Erteilung von geeigneten Weisungen sowie der Überwachung der genannten Maßnahmen durch das Gericht erreicht werden. Mit der Überwachung der Einhaltung der Anordnungen soll vom Vollzugsgericht im Einzelfall eine Stelle (Sicherheitsbehörden, Jugendgerichtshilfe, ua.) beauftragt werden können, deren Wahl sich nach dem Inhalt der erteilten Weisungen richten wird. Um einen längeren Beobachtungszeitraum zu ermöglichen, soll in all jenen Fällen, in denen eine Verurteilung aufgrund einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung erfolgte, die Probezeit fünf Jahre betragen. Einerseits ist daher auf Maßnahmen effektiver Präventionsarbeit abzustellen, anderseits soll jedoch auch eine merkliche Steigerung des Entdeckungs- und Verfolgungsrisikos von Straftätern ermöglicht werden.

Aber nicht nur in Bezug auf Kinder, sondern insbesondere auch auf Frauen stellt die Bekämpfung von Gewalt – sei es allgemein, sei es in der Familie oder sonst im sozialen Nahraum – sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene ein zentrales Thema dar. Neben der UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frauen (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women, CEDAW) hat es sich insbesondere auch die im Jahr 2006 vom Europarat gestartete Kampagne zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, einschließlich häuslicher Gewalt, zum Ziel gesetzt, aufzuzeigen, dass es sich bei derartigen Übergriffen um schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen handelt und die einzelnen Mitgliedstaaten aufgerufen sind, entsprechende Vorkehrungen zum Schutz vor Gewalt zu treffen.

Vor diesem Hintergrund will der vorliegende Entwurf den Schutz von Opfern von Gewalt im sozialen Nahraum auch durch Schaffung eines neuen Tatbestandes im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches weiter stärken. Bereits in den Strafrechtsänderungsgesetzen 2004 und 2006 wurde der Verantwortung des Staates zur Verhinderung von Gewalt, insbesondere im privaten Bereich, gesteigerte Bedeutung beigemessen. Nach Aufhebung des § 203 StGB fielen auch die Privilegierungen von nahen Angehörigen nach § 107 Abs. 4 StGB im Falle von gefährlichen Drohungen sowie bei Ehenötigungen nach § 193 StGB, wodurch der Gesetzgeber klar zum Ausdruck brachte, dass eine generelle gesetzliche Abschwächung der Strafbarkeit von unter nahen Angehörigen begangenen Aggressionshandlungen grundsätzlich nicht mehr angebracht erscheint.

Der nunmehrige Gesetzentwurf verfolgt die eingeschlagene Richtung weiter, indem wiederholt gesetzte Gewaltakte in einem eigenen Straftatbestand der „fortgesetzten Gewaltausübung“ nach § 107b StGB zusammengefasst werden. Ausgangspunkt für die vorgeschlagene Neuregelung der Strafbarkeit von länger andauernden Gewaltbeziehungen ist die Überlegung, dass diesen auf Basis der geltenden Rechtslage nur unzureichend begegnet werden kann, stellen doch Verurteilungen nach den im einzelnen verwirklichten Tatbeständen immer nur eine Momentaufnahme dar, ohne die Situation des Opfers und die damit verbundene Unrechtserfahrung in ihrer Gesamtheit widerzuspiegeln. Durch die Einführung des § 107b StGB könnten über längere Zeit hindurch fortgesetzte Gewaltakte – mit und ohne familiären Kontext – einer neuen strafrechtlichen Bewertung zugeführt und derart der zwischen Täter und Opfer zumeist bestehenden Asymmetrie der Machtverhältnisse angemessen Rechnung getragen werden.

Im Bereich des Strafvollzugsgesetzes soll eine Verbesserung bei der Behandlung bedingt Entlassener dadurch erreicht werden, dass einem dringenden Bedürfnis der Praxis Rechnung getragen und die Rechtslage im Sinne der Judikatur des Obersten Gerichtshofs klargestellt wird. Diese Regelung soll auch für die bedingte Nachsicht einer vorbeugenden Maßnahme gemäß § 45 StGB gelten.

Im Übrigen sollen durch den vorliegenden Gesetzentwurf einige Redaktionsversehen innerhalb der Strafprozessordnung berichtigt und unter Berücksichtigung der ersten Erfahrungen der RechtsanwenderInnen einige Bestimmungen an die Anforderungen der Praxis angepasst bzw. einer klareren Interpretation zugänglich gemacht werden.

C. Verbrechensopfergesetz

Die aus einem Körperschaden resultierenden materiellen Entschädigungsansprüche werden durch die Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz weitgehend abgedeckt. Durch die vorgeschlagene Neuregelung sollen nunmehr auch immaterielle Schäden berücksichtigt werden. Für Tathandlungen, die zumindest eine schwere Körperverletzung verursacht haben, soll ein Anspruch auf Schmerzengeld eingeführt werden. Die Abgeltung soll in Form eines Pauschalbetrages von 1 000 € für schwere Körperverletzungen und von 5 000 € für Körperverletzungen mit schweren Dauerfolgen erfolgen.

Dadurch wird ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Opferhilfe gesetzt.

Im Einzelnen schlägt der Entwurf folgende Maßnahmen vor:

1. Strafgesetzbuch

a)     Ersetzen des veralteten Begriffes „Schwachsinn“ durch die synonyme Umschreibung „geistige Behinderung“ in den §§ 11, 92 Abs. 1 und 205 Abs. 1 StGB

b)     Verlängerung der Probezeit bei bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung (§ 48 Abs. 1 Satz 2 StGB); darüber hinaus weitere Verlängerungsmöglichkeit bei schwereren Verurteilungen im Einzelfall mit uU lebenslanger Überwachung wie bei bedingter Entlassung aus lebenslanger Freiheitsstrafe (§ 53 Abs. 4 StGB)

c)     Einführung eines Instituts der gerichtlichen Aufsicht bei bedingter Entlassung von Sexualstraftätern und sexuell motivierten Gewalttätern (§§ 52 Abs. 2 Z 4,  52a StGB)

d)     Präzisierung des Katalogs von Verfahrenshandlungen, die den Fortlauf der Verjährungsfrist hemmen (§ 58 Abs. 3 Z 2 StGB) sowie Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 58 Abs. 3 Z 3 StGB

e)     Einführung eines Tatbestandes gegen „fortgesetzte Gewaltausübung“ (§ 107b StGB)

f)      Einführung von Strafuntergrenzen in den §§ 202 Abs. 1 und 205 Abs. 1 StGB

g)     Erweiterung der Strafrahmen in den §§ 205 Abs. 2 und 207 Abs. 3 StGB

h)     Anhebung der Strafdrohung für das Herstellen, Einführen, Befördern oder Ausführen von pornographischen Darstellungen einer minderjährigen Person (Abs. 4) zum Zweck der Verbreitung durch Erweiterung der Tathandlungen in § 207a Abs. 2 StGB

i)      Anhebung der Strafdrohung in § 214 Abs. 2 StGB

j)      Einführung der Möglichkeit, (als vorbeugende Maßnahme) ein die Ausübung von Berufen ebenso wie von ehrenamtlichen Tätigkeiten umfassendes Tätigkeitsverbot anzuordnen (§ 220b StGB)

k)     Übergangsbestimmung für den Fortlauf der Verjährungsfrist nach dem In-Kraft-Treten der Strafprozessreform (§ 323 Abs. 4 StGB).

2. Strafprozessordnung, Strafvollzugsgesetz und Tilgungsgesetz

a)     Erweiterung der Prozessbegleitung (§ 66 Abs. 3 StPO)

b)     Flankierende Regelungen über das Verfahren zur Anordnung eines Tätigkeitsverbotes nach § 220b StGB (§§ 410, 437 und 439 StPO)

c)     Korrekturen von Redaktionsversehen und Anpassung einzelner Bestimmungen an die Bedürfnisse der Praxis (§§ 26 Abs. 2, 28a Abs. 1, 43 Abs. 2, 45 Abs. 1, 47 Abs. 3, 77 Abs. 2, 195 Abs. 2, 197, 221 Abs. 4, 485, 498 Abs. 2, 516 StPO)

d)     Klarstellung im Bereich der Kostentragung von Nachbetreuungskosten bei Erteilung einer gerichtlichen Weisung (§ 179a StVG)

e)     Verlängerung der Tilgungsfrist bei Sexualstraftaten nach Maßgabe einer Gefährlichkeitsbeurteilung durch die BEST (§ 4a Tilgungsgesetz 1972)

f)      Ausschluss der Tilgung im Fall von besonders schwerwiegenden Verurteilungen

3. Verbrechensopfergesetz

Der Leistungskatalog nach dem Verbrechensopfergesetz soll um immaterielle Schäden ergänzt werden, die in Form eines einmaligen Pauschalbetrages abgegolten werden sollen.

II. Finanzielle Auswirkungen:

A. Zivilrecht:

Im Zusammenhang mit den vorgeschlagenen Regelungen der Prozessbegleitung sowie der abgesonderten Vernehmung von Zeugen und Parteien im Zivilverfahren sind folgende Mehrkosten des Bundes zu erwarten:

Im Rahmen des Strafverfahrens wurde in der letzten vollständig abgerechneten Förderungsperiode (1. Oktober 2006 bis 30. September 2007) 2606 Personen erstmals Prozessbegleitung gewährt; dafür wurden insgesamt – also für juristische und psychosoziale Prozessbegleitung – 2.847.176,85 € aufgewendet. Im ersten Abrechnungsquartal des aktuellen Förderungsjahres wurden rund 840.000 € für die Gewährung psychosozialer und juristischer Prozessbegleitung im Strafverfahren ausbezahlt, im zweiten Abrechnungsquartal wurden von den Opferhilfeeinrichtungen Abrechnungen in Höhe von rund 940.000 € vorgelegt. Danach ist bereits bei derzeitiger Gesetzeslage zumindest mit einem Aufwand von rund 3,6 Mio. € aus diesem Titel im Jahr 2008 zu rechnen. Wenn der bislang zu beobachtende Trend einer sukzessiven Steigerung anhält, muss sogar mit einem Aufwand von rund 3,8 Mio. € gerechnet werden.

Die Ausweitung der Prozessbegleitung auf das Zivilverfahren bewirkt, dass einem Opfer im Strafverfahren, dem psychosoziale und juristische Prozessbegleitung gewährt wurde, diese nun auch als Partei im Zivilverfahren kostenlos von der Republik zur Verfügung gestellt werden soll. Voraussetzung ist, dass der Zivilprozess in inhaltlichem Konnex mit dem Strafverfahren steht. Überdies soll auch Zeugen im Zivilprozess, die über den Gegenstand des Strafverfahrens vernommen werden sollen und denen als Opfer im Strafverfahren psychosoziale Prozessbegleitung beigegeben wurde, eine solche gewährt werden.

Auf Grund dieser nun auch im Zivilverfahren gewährten Begünstigungen ist davon auszugehen, dass in nahezu allen Fällen, in denen im Strafverfahren Prozessbegleitung gewährt wurde, im Anschluss auch ein Zivilverfahren angestrengt wird, wenn im Strafverfahren die vom Opfer in diesem geltend gemachten zivilrechtlichen Ansprüche (durch Privatbeteiligtenzuspruch) nicht (vollständig) erledigt werden. Dies ist in schätzungsweise 70 % der Strafverfahren der Fall. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Tätigkeit vor allem des juristischen Prozessbegleiters im Zivilverfahren wesentlich zeitintensiver ist, sind für die Ausweitung des Instituts der Prozessbegleitung auf das Zivilverfahren – ausgehend vom derzeitigen Kostenaufwand für die Prozessbegleitung im Strafverfahren und bei Veranschlagung einer Kostenverdopplung für das Zivilverfahren – Mehrkosten in Höhe von zumindest 5,4 Mio. € pro Jahr einzuplanen.

Bei einer Erweiterung der Prozessbegleitung im Strafverfahren auf Opfer eines Verbrechens, durch das deren privater Lebensbereich verletzt worden sein könnte, soweit glaubhaft gemacht wird, dass das Opfer durch die Tat solchen seelischen Belastungen ausgesetzt wurde, die es an einer seinen Interessen entsprechenden Beteiligung am Verfahren hindern, ist mit einem zusätzlichen Aufwand von 1,8 Mio. € pro Jahr allein für das Strafverfahren zu rechnen. Dieser Betrag basiert auf der Annahme, dass Opfer von Einbruchsdiebstählen in Wohnungen und Zweitwohnsitze – welche in der Praxis wohl den weit überwiegenden Teil der vom geplanten § 66 Abs. 3 StPO erfassten Gruppe bilden werden – in demselben prozentuellen Verhältnis Prozessbegleitung in Anspruch nehmen werden wie die bisher von § 66 Abs. 2 StPO umfasste Opfergruppe und auch die Fallkosten in derselben Höhe auflaufen werden.

Durch diese Erweiterung des Anwendungsbereichs der Prozessbegleitung ist im Zivilverfahren mit einem zusätzlichen Kostenaufwand von zumindest 0,3 Mio. € pro Jahr zu kalkulieren, wenn man davon ausgeht, dass in 70 % der Strafverfahren ein zivilgerichtliches Adhäsionsverfahren folgt, welche zu 10 % in einem streitigen Verfahren münden, und die Fallkosten für die Prozessbegleitung in doppelter Höhe wie im Strafverfahren auflaufen. Diese Annahme gründet auf dem Umstand, dass derzeit statistisch betrachtet ungefähr 90 % der auf Zahlung eines Geldbetrags lautenden Klagebegehren im Mahnverfahren nicht bestritten werden, die typischerweise einem Einbruchsdiebstahl nachfolgenden Zivilverfahren – im Gegensatz zu jenen von Opfern im Sinne des § 65 Z 1 lit. a oder b StPO – ausschließlich auf Schadenersatz gerichtet sind und diese daher grundsätzlich im Mahnverfahren abgeführt werden.

Da überdies eine weitere Ausdehnung des Fahrtkostenersatzes der Prozessbegleiter – im Straf- und damit auch im Zivilverfahren – geplant ist, muss mit einem weiteren jährlichen Kostenaufwand von 400.000 € allein im Zivilverfahren kalkuliert werden.

Die für die Schaffung der technischen Voraussetzungen für die abgesonderte Vernehmung erforderlichen Sachaufwendungen belaufen sich unter Berücksichtigung der notwendigen Aufnahme-, Darstellungs- und Übertragungsqualität auf 5 000 € pro Dienststelle, wobei voraussichtlich 120 Dienststellen derart aufgerüstet werden müssen (ohne bauliche Maßnahmen). Die räumlichen Gegebenheiten sind ausreichend. In einem ersten Schritt könnten mobile Übertragungseinrichtungen angeschafft werden, wobei in einem solchen Fall voraussichtlich mit 20 Stück (Kosten pro Stück 5 000 €) das Auslangen gefunden werden kann.

Durch die Bestimmung über die Geheimhaltung der Adressen von Parteien und Zeugen ist ein manipulativer Mehraufwand zu erwarten, der vor allem mit der Herstellung von Kopien und deren Anonymisierung (dies betrifft vor allem Rückscheine bei Zeugenladungen) entstehen wird. Eine genaue Berechnung des erforderlichen Mehrbedarfs an nichtrichterlichem Personal kann aber mangels Kenntnis der zu erwartenden Anträge nicht seriös abgeschätzt werden. Gleiches gilt für den korrespondierenden Mehrbedarf im richterlichen Bereich.

B. Strafrecht:

Die Einführung des Instituts der gerichtlichen Aufsicht bei bedingt entlassenen Sexualstraftätern könnte zu rund 2 Millionen Euro Mehrausgaben pro Jahr führen, die sich aus rund 1,5 Millionen Euro an Bewährungshilfekosten sowie entsprechenden Overhead-Kosten bei der Bewährungshilfe und Mehraufwand für die erforderliche richterliche und staatsanwaltschaftliche Arbeitskapazität zusammensetzen.

Die Einführung neuer Straftatbestände in das StGB kann mit einem Mehraufwand im Bereich der Sicherheits- und Justizbehörden verbunden sein, der sich noch nicht genau absehen, vor allem nicht quantifizieren lässt, und maßgeblich von der Kriminalitätsentwicklung sowie der Entdeckungsrate (und damit der Kontroll-, Nachforschungs- und Untersuchungsintensität) abhängen wird.

Um eine Einschätzung bezüglich der praktischen Relevanz und der damit verbundenen finanziellen Auswirkungen der Einführung der neuen Strafbestimmung des § 107b StGB zu treffen, wäre auf die Ergebnisse einer dem Bundesministerium für Justiz vorliegenden Evaluierungsstudie zum im Jahre 1998 in das schwedische Strafgesetzbuch eingeführten Straftatbestand gegen „Integritätsverletzungen“ hinzuweisen. Die vom schwedischen Justizministerium in Auftrag gegebene Studie weist für das Jahr 2005 insgesamt 418 Verurteilungen aus, wobei überwiegend unbedingte Freiheitsstrafen zwischen 10 und 12 Monaten verhängt wurden. Die Gesamtpopulation Schwedens liegt bei knapp über 9 Millionen Einwohnern, sodass ein Vergleich mit Österreich aufgrund ähnlicher äußerer Rahmenbedingungen möglich erscheint. Ausgehend von einer Zahl von 400 Insassen mit im Schnitt 11 Monaten Freiheitsstrafe sowie einem zusätzlichen Kostenaufwand von rund 10  € pro Hafttag, ergäben sich sohin aus dem Titel der Haftkosten maximale Mehrkosten von rund 1,3 Millionen Euro pro Jahr. Wenngleich angenommen werden kann, dass zumindest ein Teil der Verurteilungen auch aufgrund anderer Tatbestände erfolgen würde können und zudem die Möglichkeit einer bedingten Entlassung in Betracht gezogen werden kann, muss damit gerechnet werden, dass der neue Tatbestand einen Mehraufwand im Bereich eines sechsstelligen Euro-Betrages verursachen kann.

Vorbehaltlich der eingangs erwähnten Imponderabilien würde die Zahl der Verurteilungen wegen des neuen Tatbestandes, wenn man im Sinne der Heranziehung des schwedischen Beispiels von rund 400 Verurteilungen pro Jahr ausgeht, lediglich nicht ganz 1 % aller gerichtlichen Verurteilungen in Österreich ausmachen, sodass sich ein insofern entstehender (Verfahrens)Mehraufwand jedenfalls in überschaubaren Grenzen halten würde.

Die Erweiterung des Anspruches auf Prozessbegleitung wird – wegen nicht vorhandener statistischer Aufzeichnungen über den Kreis der Anspruchberechtigten – zu einem nicht exakt vorhersehbaren Anstieg der Prozessbegleitungsfälle führen. Als Hauptanwendungsfälle hiefür werden jedoch Einbruchsdiebstähle in Wohnungen, Einfamilienhäuser und Zweitwohnsitze in Betracht kommen. Nach der polizeilichen Kriminalstatistik wurden im Jahr 2006 insgesamt 12.372 Personen als Tatverdächtige wegen Einbruchsdiebstahls ermittelt, davon entfielen 1.776 Tatverdächtige auf Einbruchsdiebstähle in Wohnungen, Einfamilienhäusern und Zweitwohnsitzen (d.s. 14,4% der Verurteilungen wegen Einbruchsdiebstahls). Legt man diesen Prozentsatz auf die 2.796 Verurteilungen nach der gerichtlichen Kriminalstatistik um, würde dies 402 Verurteilungen wegen Einbruchsdiebstählen in Wohnungen, Einfamilienhäusern und Zweitwohnsitzen (14% von 2.796) ergeben, wonach von etwa 1000 potentiellen Prozessbegleitungen ausgegangen werden könnte. Im Gegensatz zur herkömmlichen Prozessbegleitung soll aber im Bereich der durch das Gewaltschutzpaket vorgeschlagenen strafrechtlichen Ausweitung ein gerichtsförmiges Verfahren der Gewährung der Prozessbegleitung vorgeschaltet sein (Antrag einer anerkannten Opferschutzeinrichtung, Glaubhaftmachung der seelischen Belastungen, die einer entsprechenden Verfahrensbeteiligung entgegenstehen, Entscheidung durch Gericht auf Gewährung der Prozessbegleitung); es ist davon auszugehen, dass dieses Verfahren falldämpfende Wirkung entfalten wird. Bei realistischer Betrachtung wird im Strafrecht durch diese Ausweitung wohl von deutlich weniger als 1000 Fällen pro Jahr auszugehen sein und lägen damit bei Annahme eines durchschnittlichen Kostenaufwandes von 1.500 € pro Opfer und Fall die Mehrkosten bei rund 1,5 Millionen Euro.

Im Bereich des § 179a StVG geht es nur um eine gesetzliche Klarstellung im Sinne der oberstgerichtlichen Judikatur, sodass keine Mehrkosten erwachsen sollten. Soweit die Rechtslage derzeit als unklar empfunden wird und (nur) deswegen bedingte Entlassungen unterbleiben, ist sogar eine Kostenersparnis durch kostengünstigere Behandlungsmöglichkeiten außerhalb des Strafvollzuges möglich. Darüber hinaus wurden seitens der Strafvollzugsverwaltung schon seit 1994 zur Sicherstellung der erforderlichen Nachbetreuung als Voraussetzung für eine bedingte Entlassung Vereinbarungen über die Kostentragung von ambulanten bzw. stationären Behandlungen und Betreuungen mit Ambulanzen und Wohneinrichtungen in sämtlichen österreichischen Bundesländern (mit Ausnahme des Burgenlandes) abgeschlossen. Diese Vereinbarungen wurden bisher (Stichtag 1.6.2008) von insgesamt 665 Entlassenen ambulant in Forensischen Ambulanzen und von 162 Entlassenen stationär in Wohnheimen mit einem Kostenaufwand von insgesamt 6 Millionen Euro jährlich in Anspruch genommen. Unabhängig voneinander geführte Evaluierungen des Behandlungserfolges durch diese Einrichtungen haben gezeigt, dass sich deren Rückfallsquote zwischen 3 bis 5 % bewegt.

C. Verbrechensopfergesetz

Bei der Pauschalabgeltung für Schmerzengeld nach dem Verbrechensopfergesetz ist mit etwa 3 700 Anspruchsberechtigten jährlich zu rechnen, wobei in 100 Fällen von schweren Dauerfolgen auszugehen ist. Es werden somit bei Fallkosten von 1 000 € für schwere Körperverletzungen und von 5 000 € für Körperverletzungen mit schweren Dauerfolgen jährliche Kosten von 4,1 Mill. € anfallen.

Diese Kosten wären für 2009 (und die Folgejahre) im Budget zu verankern.

III. Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Das Tätigkeitsverbot gemäß § 220b StGB dient der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie. Im Übrigen wird das Recht der Europäischen Union durch diesen Entwurf nicht berührt.

IV. Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B‑VG (Zivil- und Strafrechtswesen).

Hinsichtlich des Art. X stützt sich der Entwurf auf Artikel I des Verbrechensopfergesetzes in der Fassung des BGBl. I Nr. 48/2005.

V. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

 

 

 

 

 

Besonderer Teil

Zu Art. I (Änderung der Exekutionsordnung):

Zu Z 1 (§ 382b EO):

Derzeit ist der persönliche Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie auf „nahe Angehörige“ eingeschränkt. Als „nahe Angehörige“ sind Personen definiert, die in familiärer oder familienähnlicher Gemeinschaft leben oder gelebt haben Diese Abgrenzung führt zu Auslegungsschwierigkeiten, weil etwa bezweifelt werden könnte, ob auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften unter die Bezeichnung „nahe Angehörige“ zu subsumieren sind. Davon abgesehen ist kaum zu rechtfertigen, weshalb der Schutz dieser einstweiligen Verfügungen von einer von - wie auch immer definierten - Angehörigeneigenschaft abhängen soll. Da der Tatbestand des Abs. 1 eine „Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens“ voraussetzt, kommen ohnehin nur jene Personen als Antragsteller in Frage, die mit dem Gefährder aktuell oder zumindest in ganz engem zeitlichen Zusammenhang in einer Wohnung gelebt haben. Es ist nicht geboten, zusätzlich das Bestehen oder das frühere Bestehen einer familiären oder familienähnlichen Gemeinschaft zu verlangen.

§ 382b Abs. 1 soll daher auf eine Schutzbestimmung vor Gewalt in Wohnungen ohne Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs ausgedehnt werden. Die allgemeinen Voraussetzungen und der Inhalt der einstweiligen Verfügung sollen sich nicht ändern. Lediglich die Einschränkung auf „nahe Angehörige“ soll entfallen, sodass in Hinkunft auch bloße Wohngemeinschaften in den Schutzbereich des § 382b fallen werden und Abgrenzungsprobleme vermieden werden können. Insofern soll auch die Überschrift von derzeit „Schutz vor Gewalt in der Familie“ auf „Schutz vor Gewalt in Wohnungen“ geändert werden.

Diese Öffnung des § 382b stellt überdies einen Gleichklang mit § 38a SPG her, der Wegweisung und Betretungsverbot bei Gewalt in Wohnungen ebenfalls ohne Einschränkung auf nahe Angehörige regelt.

Für den bisherigen Abs. 2, bei dem es nicht um die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens, sondern um die Unzumutbarkeit des Zusammentreffens geht, soll eine eigene Bestimmung (§ 382e neu) geschaffen werden. Auch dort soll die Einschränkung auf nahe Angehörige entfallen.

Die Erfahrungen in der Praxis haben gezeigt, dass eine auf drei Monate befristete einstweilige Verfügung oft nicht ausreicht, um dem Opfer die benötigte Zeit zu geben, die notwendigen Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Das Opfer muss sich nämlich darüber klar werden, ob es eine Scheidungsklage einbringen will bzw. muss sich – sofern eine bloße Lebensgemeinschaft besteht und das Opfer kein Anrecht auf einen dauerhaften Verbleib in der Wohnung hat – nach einer neuen Wohnmöglichkeit umsehen. Dabei ist zu bedenken, dass sich das Opfer schon durch die Vorfälle, die Auslöser für die Erlassung der einstweiligen Verfügung waren (Gewalt, Drohung mit Gewalt, Psychoterror), in einer psychischen Ausnahmesituation befindet. Drei Monate können in einer solchen Krise zu kurz sein, um Entscheidungen von großer Trageweite (Scheidung) zu treffen oder um eine neue Wohnung zu finden. Daher sollen einstweilige Verfügungen auch ohne Konnex mit einem Hauptverfahren in Hinkunft nicht mehr nur für drei, sondern für bis zu sechs Monate erlassen werden können. Damit wird den Gerichten ein größerer Handlungsspielraum eröffnet, um im Einzelfall eine sachgerechte Lösung zu finden. Die Erweitung bedeutet aber nicht, dass diese Höchstfrist auch in jedem Fall ausgeschöpft werden muss.

Die Verlängerung soll auch zum Anlass genommen werden, die gesetzlichen Grundlagen für die einstweiligen Verfügungen ohne Hauptverfahren klarer zu fassen (Abs. 2 und 3). Eine inhaltliche Veränderung ist damit nicht verbunden. Im Sinne einheitlicher Regelungen eignet sich die neue Formulierung in Abs. 2 ganz generell für einstweilige Verfügungen, die befristet ohne nachfolgendes Hauptverfahren erlassen werden können, und soll daher auch für die einstweiligen Verfügungen nach § 382e (Allgemeiner Schutz vor Gewalt) und § 382g (Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre) übernommen werden.

In der im Bundesministerium für Justiz eingerichteten Arbeitsgruppe „Gewaltschutz“ wurde eine mögliche Erweiterung der Hauptverfahren erörtert, um etwa auch während anhängiger Besuchsrechtsstreitigkeiten eine einstweilige Verfügung bis zum Ende des Verfahrens aufrecht erhalten zu können. Eine solche Erweitung wurde in den vorliegenden Entwurf aber aus folgenden Gründen nicht aufgenommen: Allen derzeit genannten Hauptverfahren ist gemeinsam, dass sie letztlich eine endgültige Zuweisung der Wohnung vornehmen. Dies gilt nicht nur für Verfahren zur Klärung der Benützungsberechtigung an der Wohnung, sondern auch für Scheidungsverfahren, zumal auch hier – sei es im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung oder bei einem nachfolgenden Aufteilungsverfahren – die Wohnung entweder dem einen oder dem anderen Partner zugewiesen wird. Die Aufrechterhaltung einstweiliger Maßnahmen ist in diesen Fällen gerechtfertigt, solange das Verfahren, in dem letztlich über diese Wohnung entschieden wird, noch nicht abschlossen ist. Anders verhält es sich aber bei Obsorge- oder Besuchsrechtsstreitigkeiten. In diesen Verfahren geht es nicht um die Zuweisung der Wohnung, sodass mit deren Abschluss auch keine Klärung der Wohnungssituation einhergeht. Es wäre nicht gerechtfertigt, eine vorläufige Maßnahme auch für die Dauer von Verfahren aufrecht zu erhalten, die eine völlig andere Thematik betreffen. Vor diesem Hintergrund wäre eine Erweiterung der Hauptverfahren verfassungsrechtlich problematisch. Es ist daher weiterhin – allerdings innerhalb einer längeren Frist von bis zu sechs Monaten – eine Klärung der Wohnungsfrage in die Wege zu leiten. Innerhalb von sechs Monaten muss das Opfer, sofern es nicht zu einer Versöhnung kommt, entweder ein (Haupt-)Verfahren anstreben, das auf eine endgültige Klärung der Wohnsituation gerichtet ist, oder (etwa bei einer Lebensgemeinschaft ohne eigenes Benützungsrecht des Opfers) eine neue Unterkunft suchen. Der Schutz des Opfers ist sichergestellt, indem der Antragsgegner in Hinkunft auf Grund einer bloßen Provisorialmaßnahme bis zu sechs Monate von der Benützung seiner Wohnung ausgeschlossen werden kann. Eine über sechs Monate hinausgehende Aufrechterhaltung kann aber nur bei Einleitung eines Hauptverfahrens, das auf eine endgültige Klärung gerichtet ist, gerechtfertigt werden.

Abs. 2 stellt klar, dass eine einstweilige Verfügung bis zur Dauer von sechs Monaten völlig unabhängig von einem allfälligen Hauptverfahren erlassen werden kann und in diesem Rahmen keinerlei Druck in Richtung Einleitung eines Hauptverfahrens besteht. Insbesondere ist keine rückwirkende Rechtfertigung erforderlich, was durch die Formulierung, dass keine Frist zur Einbringung einer Klage zu bestimmen ist, unterstrichen werden soll. Dadurch soll aber dem Gericht dennoch nicht die Möglichkeit genommen werden, schon bei Erlassung der einstweiligen Verfügung eine Verlängerung für den Fall auszusprechen, dass innerhalb dieser Frist ein Hauptverfahren eingeleitet wird. Schließlich soll der Abs. 2, der den Druck zur Einleitung eines Hauptverfahrens im Sinne einer Rechtfertigung nehmen soll, nicht zum Nachteil des Opfers ausschlagen, indem bei Einleitung eines Hauptverfahrens jedenfalls eine neue gerichtliche Entscheidung erzwungen wird (anders im Ergebnis noch 10 Ob 426/01x und 6 Ob 180/02t). Dabei ist zu bedenken, dass es in der Praxis oft von Zufälligkeiten abhängen wird, ob mit der Beantragung einer einstweiligen Verfügung bereits ein Scheidungsverfahren eingeleitet wird oder ob die Scheidungsklage etwas zeitverzögert eingebracht wird. In beiden Fällen soll die zeitliche Dimension der einstweiligen Verfügung schon auf das Scheidungsverfahren Bedacht nehmen können.

Im Hinblick auf den massiven Eingriff in die Rechtsposition des Antragsgegners kommt aber ohne Einleitung eines Hauptverfahrens keine Verlängerung einstweiliger Verfügungen über sechs Monate hinaus in Betracht. Im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigkeit der Ehe, einem Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse oder einem Verfahren zur Klärung der Benützungsberechtigung an der Wohnung ist für einstweilige Verfügungen ohnehin keine besondere Befristung vorgesehen. Die einstweiligen Verfügungen werden in diesen Fällen regelmäßig mit dem rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens befristet. Bei Scheidungsverfahren wird die Befristung üblicherweise mit der rechtskräftigen Erledigung des Scheidungsverfahrens festgelegt. Im Hinblick darauf, dass eine endgültige Zuweisung der Wohnung – und damit eine endgültige Bereinigung der Konfliktsituation – erst im Rahmen des Aufteilungsverfahrens erfolgen soll, wird auch gegen die Erweiterung, dass sich die einstweilige Verfügung für den Fall der Einleitung eines Aufteilungsverfahrens bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Verfahrens verlängert, nichts einzuwenden sein (vgl 7 Ob 338/99b, anders aber 9 Ob 41/06d und 7 Ob 157/07z). Schon bei Erlassung einer einstweiligen Verfügung ohne Zusammenhang mit einem Hauptverfahren kann überdies hinsichtlich der Dauer schon auf den Fall Bezug genommen werden, dass ein solches Verfahren eingeleitet wird. Zudem besteht die Möglichkeit, die einstweilige Verfügung bis zum Ablauf der Räumungsfrist (nach Abschluss des Hauptverfahrens) aufrecht zu erhalten.

In der Arbeitsgruppe „Gewaltschutz“ wurde vereinzelt bezweifelt, ob einstweilige Verfügungen, für die eine Vollstreckung nach § 382d EO (durch Gerichtsvollzieher bzw. die Sicherheitsbehörden) möglich ist, auch nach den allgemeinen Regeln (durch Geld- bzw. Haftstrafen) vollstreckt werden können. Hier wurde eine gesetzliche Klarstellung angeregt. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Justiz kann allerdings auch ohne explizite gesetzliche Klarstellung davon ausgegangen werden, dass die Sonderregelungen über die Vollstreckung einstweiliger Verfügungen in den §§ 382b ff die Möglichkeit, eine Exekution nach den allgemeinen Regeln zu begehren, nicht ausschließen.

Die Interventionsstellen haben in der Arbeitsgruppe „Gewaltschutz“ überdies eine mögliche gesetzliche Anordnung zur Diskussion gestellt, wonach über Anträge auf einstweilige Verfügungen nach § 382b EO innerhalb der 20-Tages-Frist nach Anordnung eines Betretungsverbotes entschieden werden müsse, um keine Schutzlücke entstehen zu lassen. Hierzu wurde in der Arbeitsgruppe erörtert, dass bei einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie (§§ 382b ff EO) schon auf Grund der evidenten Bedrohungslage Dringlichkeit geboten ist und die Gerichte, soweit ersichtlich, schon derzeit im Regelfall eine rechtzeitige Erlassung innerhalb der 20-Tages-Frist bewerkstelligen können. Die Festlegung einer Frist, innerhalb derer jedenfalls entschieden werden müsste, könnte in jenen Fällen gravierende Nachteile für das Opfer haben, in denen eine Anspruchsbescheinigung innerhalb dieser Frist nicht möglich ist – etwa weil das Opfer einer Ladung nicht Folge geleistet hat. Um der Entscheidungsfrist genüge zu tun, könnte in diesen Fällen zum Nachteil des Opfers nur mit einer Abweisung des Antrags vorgegangen werden. Um solche unerwünschten Ergebnisse zu vermeiden, wird keine absolute Entscheidungsfrist in den Entwurf aufgenommen.

Zu Z 2 (§ 382e EO alt):

Da die einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Gewalt (§§ 382b ff) um einen Paragraphen erweitert wurden, muss der bisherige § 382e verschoben werden.

Zu Z 3 (§ 382e EO):

Der bisherige § 382b Abs. 2, der bei Unzumutbarkeit des Zusammentreffens wegen Gewalt, Drohung bzw. Psychoterror die Anordnung von Aufenthalts- und Kontaktaufnahmeverboten vorsieht, soll in einen neuen § 382e umgegossen werden. Dadurch soll verdeutlicht werden, dass es sich um zwei unterschiedliche Tatbestände mit unterschiedlichen Voraussetzungen und unterschiedlichen Anordnungsbefugnissen handelt. Während § 382b die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens behandelt, soll der neue § 382e (wie bisher § 382b Abs. 2) die gewaltbedingte Unzumutbarkeit des Zusammentreffens zur Voraussetzung haben. Auf diese weit gefassten Voraussetzungen soll die neue Paragraphenüberschrift „Allgemeiner Schutz vor Gewalt“ hinweisen.

Wie beim Schutz vor Gewalt in Wohnungen in § 382b soll auch bei der gewaltbedingten Unzumutbarkeit des Zusammentreffens die Einschränkung auf „nahe Angehörige“ aufgegeben werden. Es ist kaum zu rechtfertigen, dass es derzeit darauf ankommt, zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit mit dem Antragsgegner in familienähnlicher Gemeinschaft gelebt zu haben, um die Möglichkeit zu haben, dem Antragsgegner im Wege dieser einstweiligen Verfügung das Zusammentreffen verbieten zu lassen und ein Aufenthaltsverbot über ihn verhängen zu lassen, wenn das weitere Zusammentreffen auf Grund eines körperlichen Angriffs, einer Drohung oder auf Grund von Psychoterror unzumutbar ist. Die gleichen rechtlichen Möglichkeiten sollen gegenüber Personen eingeräumt werden, mit denen das Opfer nie in familienähnlicher Gemeinschaft gelebt hat. Wird eine Person körperlich angegriffen, bedroht etc. und ist das Zusammentreffen insofern unzumutbar, soll somit ganz generell die Möglichkeit der Antragstellung nach § 382e (früher § 382b Abs. 2) bestehen.

Entsprechend dem neuen § 382b Abs. 2 soll in § 382e Abs. 2 geregelt werden, für welchen Zeitraum einstweilige Verfügungen ohne Hauptverfahren erlassen werden können. Anders als in § 382b, bei dem dieser Zeitraum mit sechs Monaten festgelegt wird, soll hier eine einstweilige Verfügung ohne Hauptverfahren für bis zu ein Jahr ermöglicht werden. Diese Differenzierung ist insofern gerechtfertigt, als der Eingriff in die Rechte des Antragsgegners bei einem bloßen Aufenthalts- bzw. Kontaktaufnahmeverbot weniger intensiv ist als bei einer Wegweisung aus der eigenen Wohnung. Dazu kommt, dass schon derzeit beim Schutz der Privatsphäre (Stalking) rechtfertigungslose Kontaktaufnahmeverbote für bis zu einem Jahr möglich sind. Im Sinne eines harmonischen Gesamtsystems soll die Frist daher auch bei der gewaltbedingten Unzumutbarkeit des Zusammentreffens auf ein Jahr angehoben werden.

Eine wesentliche Neuerung enthält der letzte Satz des Abs. 2: Er eröffnet eine Verlängerungsmöglichkeit für einstweilige Verfügungen, sofern der Antragsgegner gegen die aufrechte einstweilige Verfügung verstoßen hat. Bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen soll somit eine einstweilige Verfügung über die zunächst maßgebliche Höchstdauer von einem Jahr hinaus verlängert werden können, ohne dass ein Hauptverfahren eingeleitet werden müsste. Auch für die verlängerte einstweilige Verfügung soll – ohne Rechtfertigungsverfahren – die Höchstfrist von einem (weiteren) Jahr gelten. Durch diese Verlängerungsmöglichkeit wird zum einen der Forderung Rechnung getragen, den mit der einstweiligen Verfügung verbundenen Schutz durch die Sicherheitsbehörden nötigenfalls auszudehnen, zum anderen bleibt aber der Charakter einer einstweiligen Verfügung gewahrt. Durch das Erfordernis eines Zuwiderhandelns als Voraussetzung für die Verlängerung sollen reine „Ketten-eVs“ verhindert werden, durch die – ausgehend von einem einmaligen Vorfall – die Geltungsdauer immer wieder verlängert werden könnte. Solche „Dauertitel“ sollen nicht als immer wieder verlängerte einstweilige Anordnungen erlassen werden können, sondern dem Ergebnis eines Hauptverfahrens vorbehalten bleiben. Wird jedoch ein Fortbestehen der Gefahrenlage durch einen Verstoß gegen das Kontaktverbot manifest, ist eine Verlängerung der einstweiligen Maßnahme gerechtfertigt. Insofern soll nicht bloß auf eine – aus Sicht des Antragsgegners kaum zu widerlegende – weitere Unzumutbarkeit des Zusammentreffens abgestellt werden. Vielmehr wird als konkreter Anknüpfungspunkt für die Zulässigkeit einer Verlängerung ein Verstoß gegen die bestehende einstweilige Verfügung gefordert, soweit in Summe die Höchstdauer von einem Jahr überschritten wird. Im Fall einer solchen Verlängerung ist – wie bei der ersten Anordnung – keine Frist für die Einleitung eines Hauptverfahrens zu setzen.

Eine Rechtfertigungsklage wäre demnach nur dann erforderlich, wenn eine Verlängerung der einstweiligen Verfügung über ein Jahr hinaus angestrebt wird, obwohl der Täter gegen die darin enthaltenen Anordnungen nicht verstoßen hat – somit keinen verbotenen Kontakt mit dem Opfer gesucht und nicht gegen ein Aufenthaltsverbot verstoßen hat. Wird in diesen Fällen eine Rechtsfertigungsklage eingebracht, so ist die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung bis zum Abschluss des Verfahrens möglich. Sofern eine einstweilige Verfügung nach § 382e mit einer einstweiligen Verfügung nach § 382b (Schutz der Wohnung) kombiniert wird, kommen als Hauptverfahren für beide einstweiligen Verfügungen die in § 382b Abs. 3 genannten Verfahren (Scheidung etc) in Betracht. Wenngleich der Abschluss dieser Verfahren keine endgültige Lösung für die allgemeine Gewaltproblematik und damit die Unzumutbarkeit des Zusammentreffens bringen kann, können einstweilige Verfügungen nach § 382e in diesen Fällen als Ergänzung bzw. Erweitungen der einstweiligen Verfügung zum Schutz der Wohnung gesehen werden. Insofern ist es zu rechtfertigen, dass – wie in § 382e Abs. 3 vorgesehen – bei Kombination mit einer einstweiligen Verfügung zum Schutz der Wohnung die in § 382b Abs. 3 angeführten Verfahren auch eine Verlängerung der einstweiligen Verfügung zum allgemeinen Schutz vor Gewalt ermöglichen. An der Verlängerungsmöglichkeit für einstweilige Verfügungen zum allgemeinen Schutz vor Gewalt, die für den Fall des Zuwiderhandelns in § 382e Abs. 2 vorgesehen ist, soll sich auch bei Kombination mit einer einstweiligen Verfügung nach § 382b (Schutz der Wohnung) nichts ändern. Für die anderen Fälle (isolierte einstweilige Verfügungen nach § 382e) kann davon ausgegangen werden, dass im Hinblick auf die von vornherein mögliche Dauer von einem Jahr und die Verlängerungsmöglichkeit bei Zuwiderhandeln Rechtfertigungsklagen (in diesem Fällen Unterlassungsklagen) kaum praktische Bedeutung haben werden.

Um im Fall der polizeilichen Wegweisung aus der Wohnung eine wirksame Zustellung im gerichtlichen Verfahren zu gewährleisten, sollen die für einstweiligen Verfügung nach § 382b (Schutz der Wohnung) geltenden Sonderbestimmungen über die Abgabestelle und die allfällige Hinterlegung bei Gericht (§ 382c Abs. 4) auch für einstweilige Verfügungen nach § 382e anwendbar sein, sofern die einstweiligen Verfügungen gemeinsam erlassen werden (§ 382e Abs. 3).

Wie schon bisher sollen auch weiterhin mit dem Vollzug einstweiliger Verfügungen, die wegen gewaltbedingter Unzumutbarkeit des Zusammentreffens erlassen werden, die Sicherheitsbehörden betraut werden können. Da diese einstweiligen Verfügungen nunmehr in einer eigenen Bestimmung (§ 382e) und nicht mehr als ein Fall des § 382b geregelt sein sollen, muss eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die Betrauung der Sicherheitsbehörden geschaffen werden. Eine solche Grundlage soll § 382e Abs. 4 bilden, der klarstellt, dass die Sicherheitsbehörden mit dem Vollzug betraut werden können. Sprachlich wird ein Gleichklang mit den einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre hergestellt, für die in § 382g Abs. 3 eine entsprechende Regelung vorgesehen ist. Ausdrücklich soll überdies festgehalten werden, dass die einstweiligen Verfügungen im Übrigen nach dem Dritten Abschnitt im Ersten Teil zu vollziehen sind. Anstelle oder neben dem Vollzug durch die Sicherheitsbehörden soll es der gefährdeten Partei somit weiterhin freistehen, bei Zuwiderhandeln eine Vollstreckung nach den allgemeinen Regeln (durch Geld- bzw. Haftstrafen) zu begehren.

Zu Z 4 (§ 382g EO):

Bei den einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre („Stalking“) soll durch Adaptierungen des § 382g zum einen der Schutz der Opfer verbessert und zum anderen ein harmonischeres Verhältnis zu den einstweiligen Verfügungen nach 382e (davor: § 382b Abs. 2) hergestellt werden, zumal diese einstweiligen Verfügungen zum Teil gleichgerichtete Anordnungen enthalten können: Während § 382e die gewaltbedingte Unzumutbarkeit des Zusammentreffens voraussetzt, geht es in § 382g um den Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre – in beiden Fällen können allerdings Aufenthalts– und Kontaktverbote verhängt werden.

Eine Bruchstelle zwischen den unterschiedlichen einstweiligen Verfügungen soll schon dadurch beseitigt werden, dass der Zeitraum, für den einstweilige Verfügungen ohne Hauptverfahren erlassen werden, in § 382e auf ein Jahr verlängert werden soll. Insofern wird ein Gleichklang mit den einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre hergestellt, bei welchen die Höchstfrist schon derzeit mit einem Jahr festgelegt ist. Die Formulierungen in § 382e Abs. 2 und § 382g Abs. 2 sollen einander angeglichen werden.

Überdies soll die unterschiedliche Behandlung des Aufenthaltsverbots beseitigt werden, für das bei einstweiligen Verfügungen nach § 382g eine Rechtfertigungsfrist zu setzen ist, bei § 382b Abs. 2 (nunmehr § 382e) aber nicht. In Hinkunft sollen auch bei einstweiligen Verfügungen zum Schutz der Privatsphäre Aufenthaltsverbote ohne das Erfordernis eines Hauptverfahrens für bis zu einem Jahr erlassen werden können, was bisher nur bei den anderen in § 382g Abs. 1 genannten Verboten (insbesondere dem Kontaktaufnahmeverbot) möglich war. Die Erweiterung – entsprechend zur bestehenden Rechtslage bei § 382e – ist gerechtfertigt, weil auch vor Erlassung einstweiliger Verfügungen nach § 382g (wie bei solchen nach § 382e) generell eine Interessensabwägung vorgenommen werden muss. Voraussetzung für eine einstweilige Verfügung zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre ist nämlich stets ein entsprechender materiell-rechtlicher Anspruch auf Unterlassung von Eingriffen, der eine Interessensabwägung inkludiert.

Ebenso wie in § 382e soll überdies auch in § 382g die Möglichkeit einer Verlängerung der einstweiligen Verfügung über ein Jahr hinaus geschaffen werden, sofern der Antragsgegner gegen die einstweilige Verfügung verstoßen hat. Der Hintergrund für die Schaffung dieser Verlängerungsmöglichkeit entspricht jenem bei § 382e: Der Charakter einer einstweiligen Verfügung erfordert grundsätzlich eine enge zeitliche Befristung, insbesondere wenn es keiner Rechtfertigung durch ein Hauptverfahren bedarf. Bei neuen Vorfällen – wenn der Antragsgegner gegen eine einstweilige Verfügung verstößt und die Bedrohung insofern nochmals manifest wird – ist es aber dennoch noch zu rechtfertigen, eine weitere Verlängerungsmöglichkeit ohne Hauptverfahren zu eröffnen. Missachtet der Antragsgegner die einstweilige Verfügung, soll demnach auch bei einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre eine Verlängerung mit einer Höchstfrist von einem weiteren Jahre möglich sein.

Wie bisher sollen mit dem Vollzug einstweiliger Verfügungen, die ein Kontaktverbot bzw. ein Aufenthaltsverbot enthalten, die Sicherheitsbehörden betraut werden können (§ 382g Abs. 3). Anstelle oder neben dem Vollzug durch die Sicherheitsbehörden soll es der gefährdeten Partei – ebenfalls entsprechend dem § 382e – weiterhin freistehen, bei Zuwiderhandeln eine Vollstreckung nach den allgemeinen Regeln (durch Geld- bzw. Haftstrafen) zu begehren.

Zu Z 5 (§ 387 Abs. 3 EO):

Für einstweilige Verfügungen nach § 382b Abs. 1 und 2 (bzw. nunmehr § 382b und § 382e) soll sich hinsichtlich der Zuständigkeit nichts ändern. In § 387 Abs. 3 zweiter Satz soll lediglich auf die geänderte Paragraphenbezeichnung Bedacht genommen werden. Überdies soll nicht mehr an den „gewöhnlichen Aufenthalt“, sondern – wie auch in Abs. 2 – an den „allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen“ angeknüpft werden, der gemäß § 66 Abs. 2 JN ohnehin auch durch den gewöhnlichen Aufenthalt begründet wird.

Zu Z 6 (§ 387 Abs. 4 EO):

Während für einstweilige Verfügungen nach § 382b regelmäßig das Bezirksgericht zuständig ist, in dessen Sprengel die gefährdete Partei ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (sei es über den Verweis auf das Prozessgericht in § 387 Abs. 3 erster Satz oder auf Grund der ausdrücklichen Anordnung in § 387 Abs. 3 zweiter Satz), bestehen für einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre („Stalking“) keine entsprechenden Sonderbestimmungen. Vielmehr ist derzeit außerhalb eines Hauptverfahrens nach den allgemeinen Regeln das Bezirksgericht am allgemeinen Gerichtsstand des Gegners der gefährdeten Partei zuständig (§ 387 Abs. 2).

Für Stalking-Opfer bedeutet es allerdings eine zusätzliche Belastung, wenn das Verfahren über die von ihnen beantragte einstweilige Verfügung an einem möglicherweise sogar weit entfernten Gericht zu führen ist und sie in einem emotionalen Ausnahmezustand überdies noch weite Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen.

Daher soll in § 387 Abs. 4 angeordnet werden, dass für einstweilige Verfügung nach § 382g jenes Bezirksgericht zuständig ist, in dessen Sprengel die gefährdete Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat. Diese besondere Zuständigkeit soll dann greifen, wenn bei Antragstellung noch kein Hauptverfahren eingeleitet ist. Da einstweilige Verfügungen nach § 382g regelmäßig außerhalb eines Hauptverfahrens beantragt werden, wird daher im Regelfall das Bezirksgericht am allgemeinen Gerichtsstand der gefährdeten Partei zuständig sein. Das Verfahren über die einstweilige Verfügung wird somit an dem für die gefährdete Partei nächstgelegenen Bezirksgericht geführt.

Zu Z 7 (§ 390 EO):

Wie bisher sollen die einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Gewalt nicht von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden können.

Zu Z 8 (§ 393 EO):

Bei einstweiligen Verfügungen, auf die kein Hauptverfahren zu folgen hat, in dem über den Kostenersatz abgesprochen werden könnte, ist schon derzeit bei Erlassung der einstweiligen Verfügung eine Kostenentscheidung nach den Bestimmungen der ZPO zu treffen. Die Aufzählung der von dieser Bestimmung umfassten einstweiligen Verfügungen ist an die neuen Paragraphenbezeichnungen anzupassen.

Zu Z 9 (§ 411 EO):

Die neuen Bestimmungen für einstweilige Verfügungen sollen nur auf jene Verfahren anzuwenden sein, die ab dem In-Kraft-Treten eingeleitet werden.

Zu Art. II (Änderung der Zivilprozessordnung):

Zu Z 1 (§ 73a ZPO):

Das Arbeitsprogramm der Bundesregierung für die 23. Gesetzgebungsperiode enthält als Zielsetzung die Verbesserung des Opferschutzes. Der Ministerrat hat auf Vorschlag der Bundesministerin für Justiz am 19.12.2007 zum Thema „Maßnahmen gegen Gewalt an Kindern im sozialen Nahraum“ sowie auf gemeinsamen Vorschlag der Bundesministerin für Justiz und der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend am 2.5.2007 zum Thema „Familienrechtsreform in der 23. Gesetzgebungsperiode“ die Zielsetzung formuliert, dass die Rechte des Opfers im Strafprozess in analoger Weise im Zivilverfahren festzuschreiben sind. Ausdrücklich genannt sind in diesem Zusammenhang der Anspruch des Opfers auf juristische und psychosoziale Prozessbegleitung, die Geheimhaltung der Wohnanschrift des Opfers und das Recht auf eine schonende Gestaltung der Vernehmung im Zivilverfahren.

Mit der vorliegenden Bestimmung soll dem Anliegen, das strafprozessuale Institut der Prozessbegleitung auf das Zivilverfahren auszudehnen, Rechnung getragen werden.

Abs. 1 normiert, dass die psychosoziale oder juristische Prozessbegleitung, die einem Opfer im Strafverfahren gewährt wurde, unter bestimmten Umständen im Zivilprozess weiter gelten soll. Die Bestimmung knüpft an die Regelungen der StPO über die Gewährung von Prozessbegleitung (§ 66 StPO) an.

Wurde einer Person für ein bestimmtes Strafverfahren psychosoziale oder juristische Prozessbegleitung gewährt, so soll diese weiter bestehen, wenn zwischen dem Opfer und dem im Strafverfahren der Begehung einer Straftat Beschuldigten ein Zivilprozess geführt wird und ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Gegenstand von Zivil- und Strafverfahren besteht. Dabei ist es unerheblich, wer das Verfahren eingeleitet hat. Ob nun das Opfer den Täter auf Schadenersatz klagt oder etwa der Beschuldigte das Opfer wegen Kreditschädigung (§ 1330 Abs. 2 ABGB) belangt, ist ohne Bedeutung. Entscheidend ist lediglich, dass ein inhaltlicher Konnex besteht, sodass etwa auch für ein Scheidungsverfahren, in dem die dem Beschuldigten im Strafverfahren vorgeworfene Straftat eine Rolle spielt, die Prozessbegleitung weiter gelten kann. Auf Grund der vorgesehenen Verweisung in § 7 AußStrG kann sich die Prozessbegleitung auch auf ein Außerstreitverfahren erstrecken, etwa auf einen sich an das Strafverfahren anschließenden Obsorgestreit. Das Gesetz stellt darauf ab, dass das Opfer Partei eines Zivilverfahrens ist. Ob es in diesem Zivilverfahren auch zu einer Vernehmung des Opfers kommt, ist nicht erheblich.

Erfasst werden soll auch die Rolle des Opfers als Zeuge in einem allfälligen Zivilprozess. In dieser Fallkonstellation wird darauf abgestellt, dass das Opfer über das, was Gegenstand des Strafverfahrens war oder ist, im Zivilverfahren aussagen muss. Auch in diesem Fall soll die im Strafverfahren gewährte Prozessbegleitung – allerdings nur die psychosoziale, weil ein Zeuge im Zivilprozess keiner anwaltlichen Beratung und Vertretung bedarf –  weiter gelten.

Durch die vorgesehene Weitergeltung der Prozessbegleitung im Zivilverfahren und den Verweis auf die im Strafverfahren nach den Bestimmungen der StPO gewährte Prozessbegleitung ist auch klargestellt, dass nicht nur an den Personenkreis (Opfer), dem die Prozessbegleitung im Strafverfahren zusteht, sondern auch an die hiefür zuständigen Einrichtungen angeknüpft wird. Nach  § 66 Abs. 2 StPO ist die Bundesministerin für Justiz ermächtigt, bewährte geeignete Einrichtungen vertraglich mit der Prozessbegleitung von Opfern zu beauftragen. Die Entscheidung, wem Prozessbegleitung zu gewähren ist, obliegt diesen Einrichtungen. Derzeit bestehen mit 46 Opferhilfeeinrichtungen Förderungsverträge im Hinblick auf die Gewährung psychosozialer und juristischer Prozessbegleitung.

Diese haben auf Verlangen des Opfers über die Geltung der psychosozialen oder juristischen Prozessbegleitung auch für das Zivilverfahren zu entscheiden. Entscheidungskriterium hiefür ist einerseits der Zusammenhang zwischen Zivil- und Strafverfahren und andererseits die Frage, ob die Prozessbegleitung zur Wahrung der prozessualen Rechte des Opfers unter größtmöglicher Bedachtnahme auf seine persönliche Betroffenheit erforderlich ist.

Die Weitergeltung der Prozessbegleitung bezieht sich nicht nur auf ein nach Abschluss eines Strafverfahrens, sondern auch auf ein während des laufenden Strafverfahrens geführtes Zivilverfahren. Es wird nicht vorausgesetzt, dass der Beschuldigte für die ihm zur Last gelegte Tat verurteilt wird. Selbst bei einem Freispruch besteht – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – der Anspruch auf Weitergeltung der psychosozialen oder juristischen Prozessbegleitung.

Abs. 2 des Entwurfs definiert die Stellung des juristischen Prozessbegleiters im Zivilprozess. Dieser wird einem frei gewählten Prozessbevollmächtigten gleichgestellt.

Abs. 3 des Entwurfs definiert die Stellung des psychosozialen Prozessbegleiters mit der einer Vertrauensperson (vgl. dazu Schragel in Fasching/Konecny2 II/2 § 174 ZPO Rz 1 f). Zusätzlich wird jedoch ausdrücklich angeordnet, dass der psychosoziale Prozessbegleiter immer von allen Terminen von Verhandlungen mit dem oder Vernehmungen des Opfers zu verständigen ist und das Opfer auf dessen Wunsch zu diesen Terminen begleiten darf. Da es immer um die Begleitung des Opfers (und nicht um ein eigenständiges Recht der Anwesenheit bei bestimmten Verhandlungen) geht, ist damit auch klargestellt, dass im Fall einer abgesonderten Einvernahme der psychosoziale Prozessbegleiter im selben Raum mit dem Opfer ist.

Die Kosten der (psychosozialen und juristischen) Prozessbegleitung im Strafverfahren sind in der Höhe, wie sie vom Bundesministerium für Justiz abgegolten werden, Kosten des Verfahrens, die vom Gericht zu bestimmen und von der zum Kostenersatz verpflichteten Partei zu ersetzen sind, jedoch nur in Form eines Pauschalbetrags als Anteil an den tatsächlichen Kosten der Prozessbegleitung bis zu 1 000 € (§ 381 Abs. 1 Z 9 StPO). Der Beschuldigte des Strafverfahrens ist grundsätzlich kostenpflichtig, wenn er verurteilt wird (§ 389 Abs. 1 StPO) oder in bestimmten Fällen der diversionellen Erledigung.

Für das Zivilverfahren wird hinsichtlich der Kosten für die psychosoziale Prozessbegleitung eine ähnliche Regelung vorgesehen. In gleicher Form soll die Kostenlast, im Zivilverfahren aber entsprechend der Obsiegensquote, auch im Zivilprozess vom Beschuldigten des Strafverfahrens als Gegner der psychosoziale Prozessbegleitung genießenden Partei getragen werden. Da letztere keine diesbezüglichen Kosten treffen können, ist eine allfällige Ersatzpflicht des Gegners an dieser Stelle anzuordnen und in entsprechender Weise in § 1 GEG zu ergänzen.

Für die Kosten der juristischen Prozessbegleitung wird ebenfalls eine allfällige Kostenersatzpflicht des Gegners iSd §§ 40ff, allerdings an den Bund, vorgesehen. Eine Begrenzung der Höhe nach ist nicht vorgesehen. Damit der Gegner der Partei, der juristische Prozessbegleitung gewährt wurde, für den Fall des (auch nur teilweisen) Unterliegens dem Bund die (auch nur anteiligen) Kosten der juristischen Prozessbegleitung zu ersetzen hat, hat der juristische Prozessbegleiter zunächst ein Kostenverzeichnis im Sinne des § 54 zu legen. Darin hat er auch seine Leistungen dergestalt aufzunehmen, als wäre er ein gewählter Parteienvertreter. Das Gericht hat bei seiner Kostenentscheidung die Tatsache der Prozessbegleitung nur dadurch zu berücksichtigen, dass der nach den allgemeinen Kostenregeln der §§ 40ff allenfalls aufzuerlegende Kostenersatz für die Vertretung dem Bund und nicht der Partei, die juristische Prozessbegleitung hat, zuzusprechen ist. Der Gegner der Partei, der juristische Prozessbegleitung gewährt wird, soll so gestellt sein, als würde es sich um einen frei gewählten Vertreter handeln.

Zu Z 2 (§ 75a ZPO):

Gemäß § 75 Z 1 hat jeder Schriftsatz unter anderem den Wohnort der Parteien zu enthalten. Unter Wohnort ist nicht nur die Angabe der Ortschaft gemeint, sondern auch die genaue Bezeichnung der Wohnung innerhalb der Ortschaft durch Anführung eines allfälligen Bezirkes, der Straße, der Hausnummer und allenfalls der Stiegen- und Türnummer. Die Angabe des Wohnortes muss so vollständig sein, dass die einwandfreie Zustellung an die richtige Partei ermöglicht wird. Der Wohnort ist stets anzugeben, selbst wenn z. B. die Zustellung an einer anderen Variante der Abgabestelle erfolgen soll. Denn abgesehen vom klaren Gesetzeswortlaut ist die Wohnung auch als Individualisierungsmerkmal wichtig und viel aussagekräftiger als etwa der Arbeitsplatz (Konecny in Fasching/Konecny², II/2 § 75 ZPO Rz 9).

In bestimmten Fällen kann es jedoch einer Partei unzumutbar sein, ihre Wohnanschrift dem Gegner mitzuteilen. Dies betrifft insbesondere jene Fälle, in denen sie sich durch deren Bekanntgabe einer Gefahr für Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Freiheit, einer widerrechtlichen Verfolgung oder einem vergleichbaren Eingriff in ihre Privatsphäre aussetzen würde. Wird also etwa der „Vergewaltiger“, der „Stalker“ usw. vom Opfer auf Unterlassung oder Schadenersatz in Anspruch genommen, so soll das Opfer nicht zur Bekanntgabe einer allenfalls sogar wegen des Vorfalls geänderten Wohnanschrift gezwungen werden. Gleiches gilt für Frauen, die als Opfer innerfamiliärer Gewalt ihre Wohnung verlassen müssen und Zuflucht bei befreundeten Personen oder im Frauenhaus suchen. Die Verfahrensführung gegen den Gewalttäter in solchen Fällen soll nicht die gleichzeitige Bekanntgabe des neuen Aufenthaltsortes der Betroffenen zur Folge haben. Auch bei der Exekutionsführung auf Grund eines in einem Strafurteil enthaltenen Privatbeteiligtenausspruches kann sich das gleiche Problem stellen, weil § 75 nicht nur im Zivilprozess, sondern in allen zivilgerichtlichen Verfahren anzuwenden ist.

Durch die zwingende Bestimmung des § 75 Z 1 gelangt das Opfer in die problematische Situation, abwägen zu müssen, ob es seine Ansprüche auf z. B. Schadenersatz oder Unterlassung geltend machen und damit die Wohnanschrift dem Gegner offenlegen oder auf die Geltendmachung verzichten und damit gegenüber dem Täter weiterhin anonym bleiben will. Dieses Dilemma des Opfers soll beseitigt werden. Die Geltendmachung berechtigter Ansprüche oder die Exekutionsführung aufgrund rechtskräftiger Strafurteile soll nicht an der Furcht des Opfers vor Bekanntgabe seiner Wohnanschrift scheitern.

Der neue § 75a ermöglicht es, von der Angabe der Wohnanschrift einer Partei abzusehen, soweit die Partei ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse in schlüssiger und lebensnaher Weise darzulegen imstande ist. Freilich darf dadurch die Möglichkeit der wirksamen Zustellung an diese Partei nicht beeinträchtigt werden, weshalb sie in diesem Fall verpflichtet ist, einen geeigneten Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen. Sinn und Zweck dieser Sonderregelung erfordern es, dass – entgegen der diesbezüglich vorherrschenden gerichtlichen Praxis bei Ladungen zur Parteienvernehmung oder Aufträgen zur Vorlage eines Vermögensbekenntnisses – alle Zustellungen an die mit Zustellvollmacht ausgestattete Person zu ergehen haben. Selbstverständlich kann die Partei auch einen Rechtsvertreter benennen, an welchen dann alle den Rechtsstreit betreffenden Zustellungen zu geschehen haben.

Das „schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse“ dieser Bestimmung ist nicht gleichen Inhalts mit dem aus dem allgemeinen Recht auf Datenschutz allenfalls ableitbaren „schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresse“ des § 1 DSG 2000. Eine Beschränkung alleine auf datenschutzrechtliche Überlegungen würde nämlich bloß einen Aspekt berücksichtigen; bei der Auslegung des vorliegend normierten Geheimhaltungsinteresses sind jedoch über datenschutzrechtliche Überlegungen hinaus sämtliche Aspekte des Prozessrechtsverhältnisses – etwa die aus der „Arbeitsgemeinschaft Zivilprozess“ entspringenden Pflichten gegenüber Gericht und Verfahrensbeteiligten – und der zwischen den Parteien auch über das konkrete Prozessrechtsverhältnis hinausgehenden bestehenden Rechte und Pflichten zu beachten. Dabei spielen zum einen Gefährdungsaspekte (der durch die Geheimhaltung der Wohnadresse bewirkte Schutz von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit und Freiheit, vor beharrlicher Verfolgung oder widerrechtlichen Eingriffen in die Privatsphäre oder die Persönlichkeitsrechte) herein, zum anderen aber auch die Frage der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung innerhalb (Identifikation des Prozessgegners, materiellrechtliche Einreden wie Aufrechnung, verfahrensrechtliche Verteidigungen im Sinne der Waffengleichheit zur Beweismittelgewinnung,…) und außerhalb (Gegenklage, Zwangsvollstreckung…) des Verfahrens. Weil der Gesetzgeber mit § 75 ZPO bereits grundsätzlich eine abstrakte Abwägung der Interessenlagen der Parteien im Sinne einer Pflicht zur Bekanntgabe der Wohnadresse vorgenommen hat, ist daher bei Anwendung dieser Bestimmung stets unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen, ob die Partei ein über die allgemeine Interessenlage der Parteien (in der damit auch allgemeine datenschutzrechtliche Überlegungen bereits berücksichtigt sind) hinausgehendes und von der Rechtsordnung auch gebilligtes Interesse daran hat, ausnahmsweise ihren Wohnsitz doch nicht anzugeben. Dieses ist zunächst schon bei Berufung auf diese Bestimmung darzutun und gegebenenfalls (nämlich bei einem Antrag nach Abs. 3) gegen das Interesse des Verfahrensgegners an der Bekanntgabe abzuwägen.

Weiters wird normiert, dass alleine dem Gericht die Wohnanschrift dennoch mitzuteilen ist. Die Angaben darüber sind vom Gericht unter Verschluss zu halten. Überhaupt hat das Gericht von sämtlichen Aktenstücken, die die Wohnanschrift der schutzwürdigen Partei enthalten, anonymisierte Abschriften herzustellen. Urkunden, die von den Parteien vorgelegt werden, sind auch in anonymisierter Form vorzulegen. Die Originale sind ebenfalls unter Verschluss zu halten. Diese abgesonderten Aktenteile sind generell von der Akteneinsicht ausgenommen.

Hat die gegnerische Partei ein berechtigtes Interesse an der Bekanntgabe der Wohnanschrift der anderen Partei, das deren Geheimhaltungsinteresse überwiegt, so hat das Gericht die Anschrift bekannt zu geben. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die gegnerische Partei die Wohnanschrift zur Exekutionsführung benötigt (wenn die Klage abgewiesen und der gegnerischen Partei Kostenersatz zugesprochen wird). Der Partei muss aber ermöglicht werden, ihr Geheimhaltungsinteresse auch dadurch zu wahren, dass sie innerhalb der Leistungsfrist bezahlt. Die Bekanntgabe setzt daher in diesem Fall jedenfalls den Ablauf der Leistungsfrist voraus. Das Gericht hat aber immer unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände eine Interessenabwägung vorzunehmen.

Ein Antrag nach Abs. 3 kann, wie etwa ein Antrag auf Akteneinsicht gemäß § 219 ZPO, auch nach Abschluss des Verfahrens gestellt werden.

Um Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, entscheidet das Gericht über Anträge nach Abs. 1 und 3 mit unanfechtbarem Beschluss.

Zu Z 3 und 4 (§§ 76 und 177 ZPO):

§ 76 normiert unter anderem, dass in jedem Schriftsatz die Beweismittel, denen sich die Parteien zum Nachweis ihrer tatsächlichen Behauptungen bei der Verhandlung zu bedienen beabsichtigen, im Einzelnen zu bezeichnen sind. Ergänzend normiert die ZPO diesen Grundsatz auch in § 78 Abs. 1 (vorbereitender Schriftsatz), § 226 Abs. 1 (Klage), § 239 Abs. 1 (Klagebeantwortung) sowie in § 257 Abs. 3 (Schriftsatz vor der vorbereitenden Tagsatzung). Außerdem gilt dieser Grundsatz auch für Beweisanbote in der mündlichen Streitverhandlung (§ 177 Abs. 1). Diese Verpflichtung bedeutet, dass bei Zeugen Name und Anschrift angegeben werden müssen (Rechberger in Fasching/Konecny², III Vor § 266 ZPO Rz 84).

Ebenso wie für Parteien kann es auch für Zeugen unzumutbar sein, ihre Wohnanschrift vor Gericht offenzulegen. Durch die in § 76 normierte zwingende Verpflichtung zur Bekanntgabe der Wohnanschrift kann der Beweisführer in die problematische Situation gelangen, abwägen zu müssen, ob er seine Behauptungen durch die Namhaftmachung eines Zeugen (weiter) untermauern will, was dazu führt, dass er die Wohnanschrift des Zeugen dem Gegner offen legen muss, oder ob er wegen des Geheimhaltungsinteresses des Zeugen auf dessen Namhaftmachung verzichtet. Wenn der Beweisführer dieses berechtigte Interesse des Zeugen schützen will, riskiert er allerdings, seine Behauptungen nicht in ausreichendem Maße beweisen zu können. Dieses Dilemma soll im Einklang mit der Regelung des § 75a beseitigt werden und die Namhaftmachung entscheidungswesentlicher Zeugen nicht an der Verpflichtung des Beweisführers zur Bekanntgabe von deren Wohnanschrift scheitern.

§ 76 Abs. 2 ermöglicht es dem Beweisführer, von der Angabe der Wohnanschrift eines Zeugen abzusehen, soweit er ein schützwürdiges Geheimhaltungsinteresse des Zeugen in schlüssiger und lebensnaher Weise darlegen kann. Freilich hat er dem Gericht in einem gesonderten Schriftsatz die Wohnanschrift des Zeugen mitzuteilen. Über den Antrag des Beweisführers auf Geheimhaltung der Wohnanschrift entscheidet das Gericht mit unanfechtbarem Beschluss.

Die Abs. 2 bis 4 des § 75a sind sinngemäß anzuwenden, sodass sämtliche Schriftstücke, die die Wohnanschrift des Zeugen aufweisen, unter Verschluss zu halten und von der Akteneinsicht ausgenommen sind. Dies gilt für den Schriftsatz des Beweisführers, aber auch z. B. für die Anordnung der Ladung sowie den Rückschein. Hievon ist eine anonymisierte Ausfertigung herzustellen. Die Wohnanschrift des Zeugen ist bekannt zu geben, wenn ein berechtigtes Interesse des Gegners des Beweisführers das Geheimhaltungsinteresse überwiegt. Auch diese Entscheidung trifft das Gericht mit unanfechtbarem Beschluss, um Verfahrensverzögerungen hintan zu halten.

Da § 76 nach dem Wortlaut auf jeden Schriftsatz anzuwenden ist, wirkt diese Regelung auch unmittelbar auf § 78 Abs. 1, § 226 Abs. 1, § 239 Abs. 1 und § 257 Abs. 3. In § 177 Abs. 1 (Beweisanbot in der mündlichen Streitverhandlung) muss allerdings eine ergänzende Bestimmung aufgenommen werden, weil § 76 nur auf Schriftsätze Bezug nimmt.

§ 340 Abs. 1 normiert für die Vernehmung des Zeugen, dass dieser zu Beginn über Name, Tag der Geburt, Beschäftigung und Wohnort befragt wird. Diese Bestimmung wird dadurch ergänzt, dass die Befragung zur Wohnanschrift unter den Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 zu unterbleiben hat.

Zu Z 5 (§§ 289a, 289b ZPO):

Zu § 289a ZPO:

Während es im Strafverfahren (§§ 162a, 250 StPO) und auch im Außerstreitverfahren (§ 20 AußStrG) in bestimmten Fällen möglich ist, die Vernehmung einer Partei oder eines Zeugen in Abwesenheit des Beschuldigten oder Angeklagten bzw. der anderen Partei durchzuführen, enthält die ZPO für das streitige Zivilverfahren bislang keine Bestimmung, die eine solche abgesonderte Vernehmung einer Partei oder eines Zeugen ermöglicht. Die den Bestimmungen des Außerstreitgesetzes und der Strafprozessordnung zugrunde liegenden Wertungen gelten aber auch für den Zivilprozess. Auch hier soll die zu vernehmende Person vor einer ihr im Hinblick auf den Gegenstand der Beweisaufnahme und die Rolle, die die andere Partei hiebei spielt, in deren Gegenwart nicht zumutbaren Aussage geschützt werden.

Im Strafverfahren besteht etwa nach § 250 StPO für Opfer von Gewalttaten, gefährlicher Drohung und bei Verletzungen der Geschlechtssphäre die Möglichkeit, die Einvernahme in Form einer kontradiktorischen Vernehmung über Video durchzuführen. Es wird also in bestimmten Fällen das Opfer vor einer unzumutbaren Situation geschützt. Im Außerstreitverfahren können in Verfahren, die einen Minderjährigen oder sonstigen Pflegebefohlenen betreffen, die Parteien bei der Einvernahme außerhalb der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen werden, wenn sonst das Wohl des Pflegebefohlenen gefährdet oder die Feststellung des Sachverhalts erheblich erschwert würde.

Für das Zivilverfahren fehlen aber ähnliche Regelungen, sodass etwa in einem allenfalls an ein Strafverfahren anschließenden Zivilverfahren, in dem das Opfer Schadenersatz beansprucht, die Aussage in Anwesenheit des bereits rechtskräftig verurteilten Täters erfolgen muss. Dies stellt einen Wertungswiderspruch dar. Es ist sachlich nicht zu rechtfertigen, dass trotz desselben Verfahrensgegenstandes im Strafverfahren eine „abgesonderte Einvernahme“ zum Schutz des Opfers zulässig ist, während dies im Zivilverfahren nicht möglich wäre und das Opfer wiederum mit dem Täter im Gerichtssaal konfrontiert würde. Dies könnte unter Umständen so weit führen, dass das Opfer sich davor scheut, seine zivilrechtlichen Ansprüche durchzusetzen. Die Geltendmachung berechtigter Schadenersatzansprüche darf aber nicht an der Furcht des Opfers vor der unmittelbaren Konfrontation mit der gegnerischen Partei bei einer Einvernahme über das Geschehene scheitern.

Die in Abs. 1 der Bestimmung geregelte Fallgruppe für abgesonderte Vernehmungen im Zivilprozess knüpft an darin – als Partei oder Zeuge – zu vernehmende Personen an, die in einem Strafverfahren, dessen Gegenstand in sachlichem Zusammenhang mit jenem des Zivilprozesses steht, die Definition des Opfers im Sinne des § 65 Z 1 lit. a StPO erfüllen. Diese Personen können ihre abgesonderte Vernehmung im Zivilprozess beantragen. Bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen hat sie das Gericht zu gewähren. Der Opferschutz der Strafprozessordnung wird auf das zivilgerichtliche Verfahren ausgeweitet. Demzufolge sieht die Regelung zwei Tatbestandsvoraussetzungen vor, die erfüllt werden müssen, um die Möglichkeit einer schonenden Vernehmung in Anspruch nehmen zu können: Zum einen muss ein Strafverfahren eingeleitet worden sein (§ 1 Abs. 2 erster Satz StPO), zum anderen muss die betreffende Person in diesem der in § 65 Z 1 lit. a StPO definierten Personengruppe (Opfer) angehören. Der Entwurf orientiert sich am Schutzbereich des Strafverfahrens, in dem derselben Personengruppe auf Antrag das Recht zur „kontradiktorischen Vernehmung“ eingeräumt wird (§ 250 Abs. 3 StPO). Auch die Form der schonenden Vernehmung entspricht jener des Strafverfahrens. Die Parteien und ihre Vertreter sollen auch bei abgesonderter Vernehmung im Zivilprozess nicht physisch in der Vernehmungssituation anwesend sein, sondern können diese bloß durch technische Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung (also mittels Bildschirm und Videoübertragung) mitverfolgen. Das Entscheidungsorgan befragt die abgesondert einzuvernehmende Partei/den Zeugen/die Zeugin allein. Das Fragerecht der gegnerischen Partei ist dadurch gewährleistet, dass sie die zu vernehmende Person durch das Entscheidungsorgan befragen lassen kann. Unmündige minderjährige Opfer sind überdies dadurch besonders geschützt, dass sie zum Thema des Strafverfahrens nicht durch das Entscheidungsorgan, sondern durch einen geeigneten Sachverständigen (der Jugendwohlfahrtsträger ist kein Sachverständiger iS dieser Bestimmung) befragt werden müssen. Auch hier orientiert sich der zivilprozessuale Schutz am Strafverfahren, welches diese Form der Vernehmung ebenfalls für Minderjährige bis 14 Jahre vorsieht.

Der Entwurf schränkt die Möglichkeit, eine abgesonderte Vernehmung zu beantragen, nicht darauf ein, dass die betroffene Person Opfer einer Straftat war (Abs. 1), sondern sieht darüber hinaus in Abs. 2 allgemein vor, dass eine abgesonderte Vernehmung im Sinn des Abs. 1 auf Antrag anzuordnen ist, wenn eine Aussage in Anwesenheit der Parteien und ihrer Vertreter nicht zumutbar ist. Als Kriterien werden das Beweisthema und die persönliche Betroffenheit hievon angeführt. Das Gericht hat im Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden, ob die Aussage in Anwesenheit der Parteien und ihrer Vertreter unzumutbar ist. Eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse der Partei an der physischen Teilnahme an der Vernehmung und dem jeweiligen Schutzbedürfnis der Partei oder des Zeugen hat aber nicht stattzufinden. Allein ausschlaggebend ist nur die Situation der zu vernehmenden Person. Die abgesonderte Vernehmung einer Partei setzt einen entsprechenden Antrag voraus, ein amtswegiges Vorgehen ist nicht vorgesehen.

Von Abs. 2 sind jedenfalls jene Fälle erfasst, bei denen die psychische Belastung der zu vernehmenden Person durch die Anwesenheit der Parteien und ihrer Vertreter in ihrer Art und Schwere vergleichbar mit jener eines Opfers im Sinn des Abs. 1 ist. Anwendungsbereiche könnten etwa die Fälle des § 1328 ABGB (Schadenersatz bei Verletzungen der geschlechtlichen Selbstbestimmung), Stalking-Fälle, die in ihrer Schwere nicht ganz den Straftatbestand des § 107a StGB erreichen oder Schadenersatzklagen wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz nach § 6 iVm 12 Abs. 11 GlBG sein.

Der Rechtsmittelausschluss der Abs. 1 und 2 gegen die Entscheidung über die abgesonderte Vernehmung stellt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Das Fragerecht der Partei ist in ausreichender Weise gewahrt. Ein verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht auf persönliche Anwesenheit der Partei bei jeder Beweisaufnahme ist aus Artikel 6 MRK nicht abzuleiten. Falls jedoch der ausgeschlossenen Partei nicht ausreichend Gelegenheit geboten wird, ihr Fragerecht auszuüben, und deshalb die Einvernahme unvollständig geblieben ist, so kann dies im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht werden. Zur Vermeidung von Verzögerungen soll auch die Ablehnung der abgesonderten Einvernahme nicht anfechtbar sein.

Zu § 289b ZPO:

Diese Bestimmung will dem besonderen Schutzbedürfnis minderjähriger Personen in zweierlei Hinsicht Rechnung tragen. Einerseits soll bei minderjährigen Personen die Möglichkeit bestehen, von deren Vernehmung überhaupt abzusehen, wenn die Vernehmung an sich schon ihr Wohl gefährdete. Andererseits soll dann, wenn nicht die Vernehmung als solche, sondern nur die Vernehmung in Anwesenheit der Parteien oder ihrer Vertreter das Wohl gefährden könnte, eine schonende Vernehmung für Minderjährige auch im Zivilprozess vorgesehen werden. Während im Strafverfahren (§ 165 Abs. 3 und 4 StPO) und im Verfahren außer Streitsachen (§ 20 AußStrG) bereits nach geltendem Recht Vorkehrungen getroffen werden, die die besondere Belastung, die ein Gerichtsverfahren insbesondere für Kinder darstellen kann, durch die Möglichkeit einer schonenden Einvernahme abfedern sollen, fehlen derartige Regelungen im Zivilprozess.

Die vorliegende Bestimmung sieht ein abgestuftes Instrumentarium vor und knüpft dabei generell an das Kriterium des Kindeswohls an. Der prozessuale Schutz Minderjähriger vor belastenden Vernehmungssituationen soll demnach immer dann einsetzen, wenn sonst ihr Wohl gefährdet wäre. Bei Beurteilung der Frage, ob das Kindeswohl im Einzelfall bedroht sein könnte, sind ihre geistige Reife, der Gegenstand der Vernehmung und ihr Naheverhältnis zu den Prozessparteien als maßgebliche Kriterien heranzuziehen. Die Anordnung ist vom in der Hauptsache zuständigen Entscheidungsorgan auf Antrag oder von Amts wegen zu treffen.

Zum Schutz Minderjähriger vor einer ihr Wohl gefährdenden gerichtlichen Vernehmung sieht das Gesetz das teilweise oder gänzliche Absehen von der Vernehmung des Minderjährigen vor, wenn der Schutz des Kindeswohls anders nicht zu bewerkstelligen ist. Sonst besteht die Möglichkeit der abgesonderten Vernehmung in der Form des § 289a Abs. 1 – also mittels Einsatzes technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung – allenfalls auch durch einen geeigneten Sachverständigen.

Zum Schutze der Person des Minderjährigen – es steht hier das Wohl minderjähriger Kinder während ihrer Entwicklungsphase auf dem Spiel, deren Gestaltung ihr künftiges Leben prägend beeinflussen wird – sind von den Parteien des Verfahrens, soweit dies erforderlich ist, auch Eingriffe in die Stoffsammlung im Rahmen des Beweisverfahrens zu dulden, indem die Vernehmung des Minderjährigen und damit die Nutzung eines möglicher Weise für den Verfahrensausgang essentiellen Beweismittels vom Gericht verweigert wird. Gegen die Entscheidung ist kein abgesondertes Rechtsmittel zulässig.

Bei der abgesonderten (schonenden) Vernehmung stellt sich die Problematik nicht, weil den Parteien kein Beweismittel genommen wird, sondern lediglich die Beweisaufnahme ohne persönliche Anwesenheit erfolgt.

Die Bestimmung gilt grundsätzlich für jede Vernehmung einer minderjährigen Person. Ist ein Minderjähriger aber zudem auch Opfer in einem Strafverfahren im Sinn des § 65 Z 1 lit. a StPO und steht der Gegenstand des Zivilprozesses in sachlichem Zusammenhang mit diesem, so ist zunächst nach § 289b Abs. 1 die Entscheidung zu treffen, ob der Minderjährige - sei es als Partei oder als Zeuge - überhaupt vernommen werden soll. Erst wenn dies bejaht wird ist für die Frage nach der Art der Vernehmung des Minderjährigen § 289a Abs. 1 anzuwenden, wonach auf Antrag die Anordnung einer abgesonderten Vernehmung – bei Unmündigen, wenn diese zum Gegenstand des Strafverfahrens befragt werden sollen: durch einen geeigneten Sachverständigen – jedenfalls zu erfolgen hat, ohne dass es dazu einer Gefährdung des Kindeswohls bedürfte.

Abs. 3 sieht vor, dass bei der Vernehmung Minderjähriger immer dann, wenn es in ihrem Interesse gelegen ist, eine Vertrauensperson beizuziehen ist, unabhängig davon, ob die Öffentlichkeit im Verfahren ausgeschlossen ist und ob der Minderjährige als Partei oder als Zeuge befragt wird. Diese Bestimmung will dem Minderjährigen in der Vernehmungssituation eine psychologische Stütze verschaffen und auf diese Weise dazu beitragen, eine allenfalls dabei auftretende psychische Belastung zu reduzieren.

Zu Z 6 (§ 340 ZPO):

Siehe die Erläuterungen zu § 76.

Zu Z 7 (§ 417 ZPO):

Nach § 417 Abs. 1 Z 2 sind im Urteilskopf ua. die Parteien samt Wohnanschrift anzugeben. Die Angabe der Wohnanschrift kann unter der Voraussetzung des § 75a entfallen (siehe hiezu die Erläuterungen zu § 75a). Konsequent soll nun normiert werden, dass in den Fällen des § 75a die Angabe des Wohnorts derjenigen Partei, die der Richter für schutzwürdig erachtet, im Urteil entfallen kann. Diese Regelung gilt durch den Verweis des § 429 Abs. 2 auf § 417 Abs. 1 Z 2 auch für Beschlüsse.

Zu Art. III (Änderung des Außerstreitgesetzes):

Zu Z 1 (§ 7 AußStrG):

Die Regelungen der ZPO über die Prozessbegleitung (§ 73a ZPO) sollen kraft dieser Verweisungsbestimmung auch im Verfahren außer Streitsachen gelten. Somit soll auch in diesem juristische und psychosoziale Prozessbegleitung gewährt werden, wenn ein Kausalzusammenhang zwischen Straf- und Außerstreitverfahren gegeben ist und die übrigen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Z 2 (§ 10a AußStrG):

Die Bestimmungen über die Geheimhaltung der Wohnanschrift von Parteien und Zeugen, die in die Zivilprozessordnung aufgenommen werden sollen, sollen auch im Außerstreitverfahren sinngemäß angewendet werden.

Zu Z 3 (§ 35 AußStrG):

Die §§ 289a und 289b ZPO über die abgesonderte Vernehmung sollen auch im Außerstreitverfahren gelten. Entsprechend dem Einleitungssatz des § 35 gelten diese Bestimmungen nur soweit, als das Außerstreitgesetz keine eigene Regelung enthält. Im Anwendungsbereich des § 20 geht dieser daher vor.

Zu Art. IV (Änderung des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962):

Die Einbringung des vom Gericht gemäß § 73a Abs. 2 und 3 ZPO bestimmten Betrags zur (partiellen) Erstattung der Kosten der juristischen oder psychosozialen Prozessbegleitung erfolgt nach den Mechanismen des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962. Dazu bedarf es einer entsprechenden Erwähnung in § 1 Z 5 dieses Gesetzes.

Zu Art. V (Änderung des Strafgesetzbuches):

Zu Z 1 (§ 11 StGB, § 92 Abs. 1 und § 205 Abs. 1 StGB):

Vorgeschlagen wird, den in den §§ 11, 92 Abs. 1 und 205 Abs. 1 StGB nach wie vor gebräuchlichen, jedoch in der medizinischen Fachsprache als veraltet geltenden Begriff „Schwachsinn“ durch die synonyme Umschreibung „geistige Behinderung“ zu ersetzen (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 257. Auflage,  S. 171). Wie auch nach bestehender Rechtslage wird die darin zum Ausdruck kommende geistig-seelische Störung als typische Erscheinung neben der Geisteskrankheit besonders genannt, weil ihr das Prozesshafte fehlt, das nach einer in der Medizin verbreiteten Auffassung für den Krankheitsbegriff wesentlich ist (vgl. Höpfel in WK² § 11 Rz 5).

Zu Z 2 und 7 (§ 48 Abs. 1, § 53 Abs. 4 StGB):

Im Hinblick auf die engere Kontrolle während der Bewährungsaufsicht und die intensivere Betreuung und Überwachung soll der Beobachtungszeitraum für bedingt entlassene Sexualstraftäter, die zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt worden sind, fünf Jahre betragen.

Über diese generelle Verlängerung der Probezeit bei Sexualdelinquenten hinaus, soll bei dieser Tätergruppe auch die Möglichkeit einer weiteren Verlängerung der Probezeit und damit der Kontrolle im Einzelfall geschaffen werden, indem die mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2001 geschaffene Möglichkeit der erforderlichenfalls auch wiederholten Verlängerung der Probezeit bei aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher bedingt Entlassenen auf aus einer mehr als fünfjährigen Freiheitsstrafe bedingt entlassenen Sexualdelinquenten ausgeweitet wird. Eine solche Lösung erscheint sachgerechter als eine ohne Bedachtnahme auf die Erfordernisse des Einzelfalls vorzusehende noch weiter gehende allgemeine Probezeitverlängerung bei dieser Verurteiltengruppe.

Zu Z 3, 5 und 6 (§ 50 Abs. 2 Z 2a, § 52 Abs. 2 Z 4, § 52a StGB):

Im Bereich der sexuellen Gewalt soll auch bei bereits bekannt gewordenen Straftätern eine Verbesserung der Prävention durch Maßnahmen der Rückfallsvermeidung und damit die Resozialisierung Verurteilter zu einer geregelten, straffreien und sinnvollen Lebensführung erreicht werden. In diesem Sinne soll die Rolle des Vollzugsgerichts gestärkt werden, um im Rahmen eines neuen Instituts der gerichtlichen Aufsicht über bedingt entlassene Sexualstraftäter (Zehnter Abschnitt des Besonderen Teils des StGB) und sexuell motivierte Gewalttäter mithilfe eines Bündels von Instrumenten rückfallpräventiv wirken zu können. Dazu soll in diesen Fällen eine engere und intensivere Kontrolle durch die obligatorisch anzuordnende Bewährungshilfe sowie die Anordnung von Weisungen, wie insbesondere von Weisungen, sich einer psychotherapeutischen oder medizinischen Behandlung im Sinne des § 51 Abs. 3 StGB zu unterziehen, dienen. Mittels Weisungen kann zudem auf eine Distanzierung des Täters von potentiellen Opfern hingewirkt werden. Dabei kommen insbesondere auch  Gebote in Betracht, bestimmte Orte oder einen bestimmten Umgang zu meiden sowie Verbote, bestimmte Tätigkeiten auszuüben, die den Umständen nach zu weiteren strafbaren Handlungen missbraucht werden könnten. Dabei ist neben jenen Fällen, in denen bereits ein Tätigkeitsverbot gemäß § 220b StGB ausgesprochen wurde, an die Beschäftigung eines bedingt entlassenen Sexualstraftäters in Kindergärten, Schulen oder Betreuungseinrichtungen, aber auch an ehrenamtliche Tätigkeiten in Sport- oder Jugendvereinen zu denken. Um eine intensive Überwachung und Kontrolle gewährleisten zu können, kann das Gericht je nach Art der Weisung die Sicherheitsbehörden, die Jugendgerichtshilfe sowie andere geeignete Stellen mit der Überwachung der Einhaltung der im Rahmen der gerichtlichen Aufsicht angeordneten Maßnahmen betrauen.

Betraut das Gericht die Sicherheitsbehörden mit der Überwachung des Verhaltens des Rechtsbrechers und der Erfüllung der Weisungen, kann sich dabei die Notwendigkeit einer Identitätsfeststellung ergeben und bedarf es insofern auch einer gesetzlichen Ermächtigung hiezu. Gemäß § 52a Abs. 3 StGB soll daher eine Identitätsfeststellung zulässig sein, wenn dies für die Überwachung der Einhaltung der gemäß § 52a Abs. 2 StGB angeordneten Maßnahmen notwendig ist. Dadurch wird klargestellt, dass eine anlasslose Identitätsfeststellung keinesfalls zulässig ist, sondern diese nur bei Vorliegen bestimmter Tatsachen, die sich insbesondere aus konkreten Hinweisen, Erkenntnissen aus früheren Vorfällen oder des Verhaltens des Betreffenden ergeben können, die die Annahme rechtfertigen, er stehe unter gerichtlicher Aufsicht und befolge die ihm erteilten Weisungen nicht oder setze ein dem Zweck der gerichtlichen Aufsicht widersprechendes Verhalten, vorgenommen werden darf. Dabei ist nach den Vorschriften des Sicherheitspolizeigesetzes, insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die §§ 29, 35 Abs. 2 und 3 SPG vorzugehen. Nach § 88 SPG ist die Kognitionsbefugnis des Unabhängigen Verwaltungssenats gegeben.

Zu Z 4 (§ 51 Abs. 5 StGB):

Im Hinblick darauf, dass einerseits die grundsätzliche Kostentragungspflicht des Abgeurteilten bei Weisungen aus Anlass einer bedingten Nachsicht einer Anwendung des § 45 StGB häufig entgegensteht und es andererseits der Umstand, dass es sich bei dem betroffenen Personenkreis um psychisch Kranke handelt, gerechtfertigt erscheinen lässt, hier die Kosten (subsidiär) den Bund tragen zu lassen, wird vorgeschlagen, die (erweiterte) Kostentragungsmöglichkeit durch den Bund im Rahmen des § 179a StVG auch hier zur Anwendung gelangen zu lassen. Dies soll durch einen entsprechenden Verweis auf § 179a StVG bewerkstelligt werden.

Zu Z 8 (§ 58 Abs. 3 Z 2 und 3 StGB) und zu Art. XI Abs. 2:

Zu Abs. 3 Z 2:

Nach der geltenden Fassung des Abs. 3 Z 2 wird die Zeit zwischen der erstmaligen Vernehmung als Beschuldigter (§§ 164, 165 StPO), der Ergreifung von Fahndungsmaßnahmen durch die Staatsanwaltschaft (§ 168 Abs. 1 StPO) oder der erstmaligen Androhung oder Ausübung von Zwang gegen den Täter (§§ 93 Abs. 1, 105 Abs. 1 StPO) wegen der Tat und der rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nicht in die Verjährungsfrist eingerichtet. Damit sollte zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Strafprozessreform eine mit der Systematik des neuen Ermittlungsverfahren, insbesondere der neuen Rollenverteilung im Einklang stehende und im Verhältnis zum ehemaligen Kriterium der Gerichtsanhängigkeit eines Strafverfahrens äquivalente Regelung geschaffen werden. Im Grundsatz wurde damit eine „parallele“ Regelung von Verjährungshemmung und „formloser“ Wiederaufnahme vorgenommen, wodurch dem geltenden Grundsatz entsprochen werden soll, wonach das Strafverfahren nur dann unabhängig von den Bedingungen und Förmlichkeiten der Wiederaufnahme nach den allgemeinen Vorschriften eingeleitet oder fortgesetzt werden kann, wenn die Vorerhebungen eingestellt worden sind, ehe eine bestimme Person als Beschuldigter behandelt wurde, und der bekannte Verdächtige dann als Beschuldigter behandelt gilt, wenn er nach § 38 Abs. 3 StPO aF vernommen, zur Vernehmung vorgeladen oder in Verwahrungshaft genommen wurde.

In den ersten Monaten der praktischen Anwendung der Bestimmungen des Strafprozessreformgesetzes zeigte sich jedoch, dass die geltende Regelung letztlich nicht alle Fälle erfassen kann, in welchen die Hemmung des Fortlaufs der Verjährungsfrist rechtspolitisch geboten ist. So kann die Staatsanwaltschaft etwa dann, wenn sie erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist Kenntnis von einer Straftat erlangt, der Beschuldigte nicht rechtzeitig für eine Vernehmung zur Verfügung steht bzw. nicht rechtzeitig unter Androhung von Zwang geladen werden kann und die Anwendung von Zwangsmittel nicht angebracht bzw. unverhältnismäßig wäre, den Eintritt der Verjährung nicht verhindern.

Ohne bereits rein auf den materiellen Begriff des Beschuldigten und den damit in Zusammenhang stehenden Beginn des Strafverfahrens abzustellen, soll nunmehr die Zeit zwischen der erstmaligen Vernehmung als Beschuldigter, der erstmaligen Androhung oder Ausübung von Zwang gegen den Täter wegen der Tat (§§ 93 Abs. 1, 105 Abs. 1 StPO), der ersten staatsanwaltlichen Anordnung oder Antragstellung auf Durchführung oder Bewilligung von im 8. Hauptstück der StPO geregelten Ermittlungsmaßnahmen und Beweisaufnahmen zur Aufklärung des gegen den Täter gerichteten Verdachts, der Anordnung der Fahndung oder Festnahme, des Antrags auf Verhängung der Untersuchungshaft oder der Einbringung der Anklage und der rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens den Fortlauf der Verjährungsfrist hemmen.

Zu Abs. 3 Z 3:

Erfahrungen zeigen, dass Personen, die als Kinder oder Jugendliche Opfer einer Straftat wurden, oft sehr lange Zeit benötigen, um über das Geschehene hinwegzukommen. In dieser Zeit sind sie meist außer Stande, über das Erlebte zu sprechen oder gar Strafanzeige zu erstatten; oft werden solche Erlebnisse über Jahre verdrängt und tauchen erst wieder im Erwachsenenalter aus dem Unterbewusstsein auf. Um dieser Erkenntnis gebührend Rechnung zu tragen, soll die Zeit von der Tat bis zur Erreichung des 28. Lebensjahres des Opfers nicht in die Verjährung eingerechnet werden; zudem soll die Verjährungshemmung des § 58 Abs. 3 Z 3 StGB nicht auf taxativ aufgezählte Delikte beschränkt sein, sondern allgemein bei strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben, gegen die Freiheit oder gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung zur Anwendung gelangen.

Die Übergangsbestimmung des Art. XI Abs. 2 soll sicher stellen, dass die neu formulierten Tatbestände der Hemmung der Verjährung nur dann anzuwenden sind, wenn zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des 2. Gewaltschutzgesetzes noch keine Verjährung eingetreten ist.

Diese Übergangsbestimmung bedarf als Ausnahme von der allgemeinen Regelung der (einfachgesetz­lichen) Bestimmungen der §§ 1 und 61 StGB einer ausdrücklichen Normierung. Ein Widerspruch zum (verfassungsgesetzlichen) Rückwirkungsverbot des Art. 7 EMRK, der (lediglich) die Verurteilung wegen einer Handlung oder Unterlassung, die zur Zeit ihrer Begehung nicht strafbar war, sowie die Verhängung einer höheren als der zur Tatzeit angedrohten Strafe untersagt, besteht nicht. Die vorgeschlagene Regelung entspricht im übrigen der seinerzeit bei der erstmaligen derartigen Änderung des § 58 Abs. 3 Z 3 StGB mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1998 gewählten Vorgangsweise sowie Artikel 2 des 30. deutschen Strafrechtsänderungsgesetzes, BGBl. I 1994, 1310, mit dem die Verjährungsverlängerung bei Sexualstraftaten an Kindern und Jugendlichen in Deutschland eingeführt wurde (vgl. § 78b Abs. 1 Z 1 dStGB).

Zu Z 9 (§ 107b StGB):

Durch Schaffung eines eigenen Tatbestandes zum Schutz gegen länger andauernde Gewaltbeziehungen in § 107b StGB soll das durch wiederkehrende Gewaltakte eines Täters aus dem sozialen Umfeld des Opfers verwirklichte Unrecht angemessenen gesetzlichen Niederschlag finden. Geschütztes Rechtsgut ist somit die Freiheit des Einzelnen, ein Leben ohne Gewalt führen zu können, weshalb vorgeschlagen wird, die neue Bestimmung in den dritten Abschnitt des Strafgesetzbuches aufzunehmen.

Eine in ihrer Konzeption dem § 107b StGB ähnliche Regelung, die allerdings nur den Teilbereich der Körperverletzungen erfasst und - mangels zur Tatbestandsverwirklichung notwendiger Beziehung zwischen Täter und Opfer - ihren Hauptanwendungsbereich bei wiederholten Aggressionshandlungen von Fußball-Hooligans sowie Wirtshausraufereien hat, wurde im Zuge des Strafrechtsänderungsgesetzes 1987 durch die Sonderqualifikation des § 84 Abs. 3 ins Strafgesetzbuch eingeführt.

Die Tathandlungen, die eine Strafbarkeit nach § 107b StGB nach sich ziehen sollen, sind vergleichsweise weit gefasst: Demnach übt fortgesetzt Gewalt gegen eine andere Person aus, wer diese am Körper misshandelt oder vorsätzliche mit Strafe bedrohte Handlungen gegen Leib und Leben oder gegen die Freiheit setzt. § 107b Abs. 1 StGB ist somit als schlichtes Tätigkeitsdelikt ausgestaltet; die fortgesetzte Ausübung von Gewalt durch Begehung bestimmter Delikte soll unter Strafe gestellt werden, ohne dass der Eintritt eines wie auch immer gearteten darüber hinaus gehenden Erfolges, wie etwa die Beeinträchtigung der Integrität des Opfers, zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich wäre. Wird durch die fortgesetzte Gewaltausübung hingegen eine umfassende Kontrolle des Verhaltens der verletzten Person hergestellt oder eine erhebliche Einschränkung der autonomen Lebensführung der verletzten Person bewirkt, so liegt eine nach § 107 Abs. 3 Z 2 StGB qualifizierte fortgesetzte Gewaltausübung vor. Die Abgrenzung zwischen der Verwirklichung des Grundtatbestandes nach Abs. 1 und der Erfolgsqualifikation nach Abs. 3 Z 2 wird auf der Ebene der subjektiven Tatseite zu treffen sein.

Auch wer eine andere Person längere Zeit hindurch fortgesetzt am Körper misshandelt, kann sich nach § 107b Abs. 1 StGB strafbar machen. Eine explizite Nennung der „körperlichen Misshandlung“ als mögliche Variante der Tatbegehung ist erforderlich, zumal es sich bei derartigem Verhaltensweisen andernfalls zumeist mangels Öffentlichkeit um eine nach § 115 StGB straflose Beleidigung handeln würde.

Unter „vorsätzlichen mit Strafe bedrohten Handlungen gegen Leib und Leben oder gegen die Freiheit“ sollen Tathandlungen nach dem ersten und dritten Abschnitt des Strafgesetzbuches zusammengefasst werden, wobei den Ergebnissen des Begutachtungsverfahrens folgend einerseits zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten zur beharrlichen Verfolgung, andrerseits um eine unerwünschte Ausweitung der Strafbarkeit auf die Vergehen der Täuschung und der eigenmächtigen Heilbehandlung zu vermeiden, die §§ 107a, 108 und 110 StGB als mögliche Tatbegehungsvarianten nach § 107b StGB auszunehmen waren.

Als „Ausübung von Gewalt“ im Sinne des § 107b Abs. 1 StGB soll aufgrund der spezifischen Legaldefinition des § 107b Abs. 2 StGB die Verwirklichung von körperlichen Misshandlungen sowie von vorsätzlichen mit Strafe bedrohten Handlungen gegen Leib und Leben und gegen die Freiheit gelten. Der bestehende materiell-strafrechtliche Gewaltbegriff bleibt im Übrigen unverändert.

Dass zwischen Täter und Opfer eine Beziehung besteht, ist aus dem Erfordernis der „längere Zeit hindurch fortgesetzten“ Gewaltausübung ableitbar; es kann sich die Beziehung aber auch ausschließlich aus dieser Gewaltausübung ergeben, sie muss also nicht schon vor Beginn der Gewalttätigkeiten bestanden haben und kann insofern auch einseitig sein.

Im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung des Entwurfes des § 107b StGB („Beharrliche Gewaltausübung“) soll es nicht darauf ankommen, ob das unerwünschte Verhalten beharrlich gesetzt wurde. Es ist lediglich darauf abzustellen, dass die Gewaltausübung eine längere Zeit hindurch fortgesetzt erfolgt ist. Von der Einführung des Begriffes „beharrlich“ war nach Auswertung der Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren Abstand zu nehmen, weil nach § 107b StGB - anders als im Falle der Tatbegehung nach § 107a StGB - kein Verhalten, das trotz Rückschlägen und Misserfolgen fortgesetzt wird, sondern die zeitliche Komponente von zentraler Bedeutung ist. Ähnlich wie bei § 107a StGB lässt sich der Begriff „eine längere Zeit hindurch“ jedoch nicht exakt zeitlich bestimmen, sondern nur in Relation zur Tathandlung festlegen und ist jeweils nach den Besonderheiten des Einzelfalles zu deuten (vgl. ErläutRV 1316 Blg NR 22. GP, hier: 5; Eder-Rieder in WK² § 145 Rz 11; Fabrizy StGB9 § 145 Rz 3).

Da der Tatbestand so lange weiter verwirklicht ist, wie einzelne Tathandlungen fortgesetzt werden und der rechtswidrige Zustand andauert, handelt es sich bei § 107b StGB um ein Dauerdelikt (vgl. Schwaighofer in WK² § 107a Rz 34).

Der Zeitfaktor impliziert aber auch ein Element der Intensität, das der vorgeschlagene Gesetzestext durch die Notwendigkeit der Begehung einer Mehrzahl von körperlichen Misshandlungen oder vorsätzlichen mit Strafe bedrohten Handlungen gegen Leib und Leben oder gegen die Freiheit zum Ausdruck bringen möchte. Wiederholte Tatbegehung ist daher erforderlich.

Auch nach Entfall der Verankerung des Erfordernisses der „Beharrlichkeit“ im Tatbestand soll nicht jeder wiederholte Angriff gegen das Opfer, insbesondere im Bereich der „bloßen“ körperlichen Misshandlungen (zumal die folgenlose körperliche Misshandlung abgesehen von den Fällen der §§ 115 und 270 StGB weiterhin straflos bleiben soll) unter diesen Tatbestand subsumiert werden müssen. Zu denken wäre hier insbesondere an mehrmaliges Anspucken oder Übergießen mit Wasser. Besonderes Gewicht bei der Beurteilung der Strafwürdigkeit von Verhaltensweisen nach § 107b StGB wird neben der Eingriffsintensität den sonstigen Tatbegehungsmodalitäten mit Blick auf die konkrete Situation des Opfers zukommen.

Das Verhalten muss eine gewisse Dichte erreichen, was dazu führen wird, dass in Fällen, in denen nicht a priori zwischen Täter und Opfer eine Beziehung – etwa durch Familienzugehörigkeit oder Partnerschaft – bestanden hat, diese durch Setzung der inkriminierten Straftaten entstehen wird. So können letztendlich auch wiederholte Gewaltakte eines Pflegers gegen die von ihm zu betreuende Person oder eines Mitschülers gegen einen bestimmten Klassenkameraden zur Anwendung des Beziehungsdeliktes des § 107b StGB führen.

Durch das Erfordernis der eine längere Zeit hindurch fortgesetzten Begehung bestimmter mit Strafe bedrohter Handlungen derselben oder verschiedener Art ist der Tatbestand dogmatisch als alternatives Mischdelikt einzuordnen. Die einzelnen Tathandlungen können aber auch kumulativ gesetzt werden.

In ihrer Wirkung kann die vorgeschlagene Bestimmung hingegen als eine Art Zusammenrechnungsvorschrift ähnlich dem § 29 StGB gesehen werden (vgl. Burgstaller in WK² § 84 Rz 80; Fabrizy, StGB9 § 84 Rz 29).

Auf der subjektiven Tatseite soll bedingter Vorsatz genügen, der sich auf die fortgesetzte Ausübung von Gewalt bezieht. Dass der Täter mit dolus eventualis Gewalt ausübt, wird regelmäßig bereits aus der Tatsache, dass die einzelnen Tathandlungen eine längere Zeit hindurch fortgesetzt werden, abgeleitet werden können. Der Täter muss den Vorsatz auf die notwendige Dauer, Zahl und Regelmäßigkeit der Handlungen haben (vgl. Schwaighofer in WK² § 107a Rz 31). Nur vorsätzliche Gewaltausübung soll nach § 107b StGB geahndet werden können; wiederholte fahrlässige Körperverletzungen wären hingegen nicht der neuen Bestimmung zu unterstellen.

Der Entwurf schlägt eine Abstufung der Sanktionen vor, indem in den Abs. 3 und 4 entsprechende Qualifikationen vorgesehen werden.

Aus Anlass der in Abs. 3 Z 1 vorgeschlagenen Einführung eines Qualifikationstatbestandes bei fortgesetzter Gewaltausübung gegen eine unmündige oder aus bestimmten physischen und psychischen Gründen wehrlose Person soll der bis dahin in den §§ 11, 92 und 205 StGB Verwendung findende, jedoch in der medizinischen Fachsprache als veraltet anerkannte Begriff „Schwachsinn“ durch die synonyme Umschreibung „geistige Behinderung“ ersetzt werden (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 257. Auflage,  S. 171).

Um klarzustellen, dass mit strengerer Strafe bedrohte Einzeltaten, wie etwa die Verwirklichung des § 99 Abs. 2 StGB nicht durch die speziellere Norm des § 107b StGB verdrängt werden sollen, wurde in Abs. 5 eine entsprechende Subsidiaritätsklausel eingeführt. Demnach wäre beispielsweise in Fällen, in denen dem Opfer im Zuge einer Gewaltbeziehung neben sonstigen Eingriffen in seine körperliche Integrität länger als einen Monat hindurch die Freiheit entzogen wurde, der Täter nach § 99 Abs. 2 StGB sowie nach den darüber hinaus verwirklichten Einzeltaten unter Anwendung des § 28 StGB zu bestrafen. § 107b StGB würde diesfalls hingegen nicht zur Anwendung gelangen.

Den im Begutachtungsverfahren artikulierten Bedenken, dass die vorgeschlagene Bestimmung im Konflikt zu dem in Art. 4 des 7. ZP zur EMRK verankerten Doppelbestrafungsverbot stehen könnte, ist zu entgegnen, dass bereits abgeurteilte Einzeltaten gegen Leib und Leben oder die Freiheit, aber auch Verurteilungen nach § 107b StGB bei der rechtlichen Qualifikation erneuter Gewaltausübung außer Betracht zu bleiben haben. Das einschlägige Vorleben des Beschuldigten wäre lediglich als Erschwerungsgrund nach § 33 Z 1 StGB bei der Bemessung der Strafe zu berücksichtigen, wobei hier insbesondere eine Prüfung der Strafbarkeit der nach der Verurteilung gesetzten Gewalthandlung(en) in Richtung §§ 15, 107b StGB vorzunehmen sein wird.

Diversionelle Erledigungen sind bei Tatbegehung nach §107b Abs. 1 StGB grundsätzlich möglich, wobei auch die Durchführung eines außergerichtlichen Tatausgleichs nach § 204 StPO nicht generell auszuschließen sein wird. Allerdings ist die Diversionsform des außergerichtlichen Tatausgleichs insbesondere nicht geeignet bei Gewaltdelikten in Partnerschaften, wenn das Verhalten des Verdächtigen auf für lange Zeit verfestigten und nicht hinterfragbaren Verhaltensweisen beruht, sodass eine Veränderung der Gewaltsituation mit mediatorischen Mitteln im  Rahmen des außergerichtlichen Tatausgleichs nicht erreichbar erscheint. In der Regel sind das Fälle, bei denen die Männergewalt Mittel der Herrschaftsausübung ist, wobei Gewalt vom Verdächtigen als „Privatsache“ definiert wird und die Beziehung vielfach von ökonomischer, emotioneller oder sonstiger Abhängigkeit der Frau vom Mann geprägt ist (vgl. Diversion, Indikationsgrundlagen für die Diversionsentscheidungen, herausgegeben vom Verein für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit). Bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen erscheint demgegenüber die Erteilung von Weisungen nach § 51 StGB (insbesondere Kontaktverbot, Absolvierung eines Anti-Aggressionstrainings oder einer psychotherapeutischen Behandlung bei Kostentragung durch den Täter) im Rahmen eines diversionellen Vorgehens nach § 203 StPO besser geeignet, eine längerfristige Änderung des Verhaltens des Täters herbeizuführen.

Zu Z 10 (§ 202 Abs. 1 StGB):

Durch Einführung der Strafuntergrenze von 6 Monaten soll dem durch die Tat verwirklichten Unrecht angemessen Rechnung getragen werden.

Zu Z 11 (§ 205 StGB):

Das strafbaren Handlungen nach Abs. 1 zu Grunde liegende Unrecht soll durch die Einführung einer Strafuntergrenze von 6 Monaten entsprechenden Niederschlag finden. Ähnliche Überlegungen rechtfertigen auch eine Erweiterung der Strafrahmen in Abs. 2 für all jene Fälle, in denen die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) oder den Tod der unmündigen Person zur Folge gehabt hat.

Zu Z 12 (§ 207 Abs. 3 StGB):

Durch Ausweitung des Strafrahmens in Abs. 3 soll - wie schon durch Änderung des § 205 Abs. 2 StGB - der Unrechtsgehalt der entsprechend qualifizierten Tat durch das Gericht bei der Strafbemessung in adäquater Weise berücksichtigt werden können.

Zu Z 13 (§ 207a Abs. 1 und 2 StGB):

Durch Erweiterung des § 207a Abs. 2 StGB um die Tathandlungen des Herstellens, Einführens, Beförderns oder Ausführens von pornographischen Darstellungen einer minderjährigen Person (Abs. 4) zum Zweck der Verbreitung wird die bisher geltende Strafdrohung von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe auf einen Strafrahmen von 6 Monaten bis zu fünf Jahren ausgedehnt. Damit wird der nunmehr mögliche Strafsatz jenem der gewerbsmäßigen Tatbegehung angeglichen.

Zu Z 14 (§ 214 Abs. 2 StGB):

Die Anhebung der Strafdrohung in § 214 Abs. 2 StGB von zwei auf drei Jahre Freiheitsstrafe soll das in dieser Bestimmung vertypte Unrecht angemessen widerspiegeln.

Zu Z 15 (§ 220b StGB):

Mit dieser Bestimmung soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass das Strafgericht Tätern, die eine die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger einschließende berufliche, gewerbliche oder in einem Verein oder einer anderen Einrichtung ehrenamtlich geleistete Tätigkeit ausüben oder auszuüben beabsichtigen und die ein Sexualdelikt zum Nachteil eines Minderjährigen begangen haben, die Ausübung dieser Tätigkeit oder eines Teilbereichs derselben untersagen kann. Diese Voraussetzungen sind einerseits gegeben, wenn der Täter zur Begehung der Tat seine Stellung ausnützt (z. B. als Lehrer gegenüber einem Schüler), andererseits aber auch, wenn die Tat selbst in keinem direkten Zusammenhang mit der Tätigkeit steht (z.B. Tatbegehung zum Nachteil der eigenen Kinder) oder der Täter sich erst in einer Ausbildung zu dieser Tätigkeit befindet oder sonst beabsichtigt, diese auszuüben (z. B. als Student an einer Pädagogischen Hochschule).

Die Anordnung durch das erkennende Gericht scheint die sinnvollste Lösung zu sein, zumal das Gericht Kenntnis über Tat und Täter hat und erforderlichenfalls aufgrund eines Sachverständigengutachtens beurteilen kann, ob die Gefahr besteht, dass der Täter unter Ausnutzung seiner Tätigkeit ein weiteres derartiges Delikt begehen wird. Dabei soll es dem Gericht auch möglich sein, bei der Umschreibung der verbotenen Tätigkeit eine gewisse Flexibilität walten zu lassen. Missbraucht etwa ein pädophiler Täter seine berufliche Stellung als Verkäufer in einem Spielzeug- oder Naschwarengeschäft dazu, sich an einem minderjährigen Kunden zu vergehen, dann wäre es unsachlich, ihm jede Tätigkeit im Einzelhandel zu untersagen, selbst wenn diese ihn nicht in Kontakt mit Kindern bringt. Ähnliches gilt etwa für einen pädophilen Lehrer, der gefahrlos in der Erwachsenenbildung eingesetzt werden könnte.

Anders als etwa der Amtsverlust nach § 27 StGB soll es sich beim Tätigkeitsverbot nicht um eine Nebenfolge, sondern um eine personenbezogene vorbeugende Maßnahme handeln. Im Verhältnis zu Weisungen im Rahmen von § 52a StGB hat das Tätigkeitsverbot, das nicht nur bei bedingten Entlassungen zur Anwendung kommen kann, den weitergehenden personellen Anwendungsbereich und bedeutet auch den schwerwiegenderen Eingriff (gerichtliche Strafbarkeit bei Verstoß gegen das Tätigkeitsverbot) für den Betroffenen.

Eben wegen dieses schweren Eingriffs in die Rechte des Betroffenen ist das Tätigkeitsverbot grundsätzlich nur befristet auf ein bis fünf Jahre auszusprechen. Nur in besonders schweren Fällen, bei denen eine besonders hohe Gefahr besteht, kommt auch ein Verbot auf unbestimmte Zeit in Frage. Das ist einerseits dann der Fall, wenn die Gefahr weiterer einschlägiger mit Strafe bedrohter Handlungen mit schweren Folgen besteht, oder aber, wenn ein Betroffener trotz aufrechten Tätigkeitsverbotes neuerlich unter Ausnutzung seiner Erwerbstätigkeit oder seiner ehrenamtlichen Funktion delinquiert.

Aufgrund einer Reihe von Umständen kann es dazu kommen, dass ein aufrechtes Tätigkeitsverbot nicht mehr sachgerecht ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Betroffene sich erfolgreich einer Therapie unterzogen hat. In diesem Fall hat das Gericht das Tätigkeitsverbot aufzuheben, wenn in Kenntnis der neuen Umstände das Tätigkeitsverbot nicht ausgesprochen worden wäre.

Bei auf unbestimmte Zeit ausgesprochenen Tätigkeitsverboten hat das Gericht mindestens alle fünf Jahre von Amts wegen zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für ein derartiges unbefristetes Verbot weiterhin vorliegen. Vor Ablauf dieser fünf Jahre und bei befristeten Tätigkeitsverboten allgemein wird die Entscheidung über die Aufhebung des Tätigkeitsverbotes vor allem auf Antrag des Betroffenen erfolgen oder wenn dem Gericht sonst Umstände bekannt werden, die das Tätigkeitsverbot als nicht mehr gerechtfertigt erscheinen lassen.

Abs. 6 soll der Sanktionierung von Verstößen gegen ein Tätigkeitsverbot dienen. Die Bestimmung  soll nicht nur denjenigen pönalisieren, der gegen ein bestehendes Tätigkeitsverbot verstößt, sondern auch den, der sich als Bestimmungs- oder Beitragstäter an der Tat beteiligt (§ 12 StGB) – also etwa auch den Arbeitgeber oder einen Vermittler. Hinsichtlich des Tatvorsatzes ist Wissentlichkeit erforderlich. Dieser Grad des Vorsatzes wird beim unmittelbaren Täter in aller Regel gegeben sein. Bei potentiellen Tatbeteiligten soll durch diese Schwelle ein nicht zu rechtfertigender Kriminalisierungsschub vermieden werden, der daraus resultieren würde, dass sich z. B. Arbeitgeber, Jobvermittler, aber etwa auch derjenige, der den Betroffenen mit dem Auto zur Arbeit bringt, schon bei bloßem Eventualvorsatz strafbar machen würden. Die Strafbarkeit nach § 220b StGB steht in echter Konkurrenz zur Strafbarkeit wegen eines während aufrechtem Tätigkeitsverbot im Rahmen der Tätigkeit begangenen Sexualdelikts.

Zu Z 16 (§ 323 Abs. 4 StGB):

Mit der Bestimmung des § 323 Abs. 4 StGB soll sichergestellt werden, dass Straftaten, bei welchen vor dem In-Kraft-Treten des Strafprozessreformgesetzes der Fortlauf der Verjährungsfrist durch Gerichtsanhängigkeit nach Einbringen der Anklage oder durch aufrechte gerichtliche Fahndungsmaßnahmen gegen den Beschuldigten gehemmt war, nicht bei grundsätzlich unveränderter Verfahrens- und Sachlage verjähren, weil – z. B. bei gemäß § 412 StPO aF vorläufig abgebrochenen Strafverfahren - nicht rechtzeitig neue, verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen werden.

Somit soll bei einer Tat, wegen der zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Strafprozessreformgesetzes, BGBl. I Nr. 19/2004, bereits gerichtliche Fahndungsmaßnahmen gegen den Beschuldigten eingeleitet waren oder Anklage eingebracht worden ist, die Zeit, während der wegen dieser Tat Fahndungsmaßnahmen aufrecht sind oder ein Hauptverfahren anhängig ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet werden.

Zu Art. VI (Änderung der Strafprozessordnung):

Zu Z 1 (§ 26 Abs 2 StPO):

Mit dieser Regelung soll klar gestellt werden, dass sich die staatsanwaltschaftliche Zuständigkeit im Ermittlungsverfahren im Fall der Konnexität - gleich wie nach der für die Zuständigkeit der Gerichte geltenden Bestimmung des § 37 Abs. 2 StPO - an der Zuständigkeit für jene Straftat orientiert, für die im Hauptverfahren ein Gericht höherer Ordnung zuständig wäre.

Zu Z 2, 3, 4, 5, 6 und 10 (§§ 28a Abs. 1, 32 Abs. 3, 43 Abs. 2, 45 Abs. 1, 47 Abs. 3 und 183 Abs. 2 und 3 StPO):

Es handelt es sich bei diesen Änderungen um die Korrektur von Redaktionsversehen, die im Zuge der Begleitgesetzgebung zur Strafprozessreform entstanden sind, bzw. um eine Klarstellung der Entscheidungsbefugnis über die Ausschließung von Mitglieder des Obersten Gerichtshofs.

Zu Z 7 und Z 8 (§ 66 Abs. 3 und § 67 Abs. 7 StPO):

Bereits durch die StPO-Novelle BGBl I Nr. 119/2005 wurde das Institut der psychosozialen und juristischen Prozessbegleitung, das vom Bundesministerium für Justiz bis zu diesem Zeitpunkt auf Basis des Art. VI der Strafprozessnovelle 1999, BGBl I Nr. 55/1999, gefördert worden war, gesetzlich in der Strafprozessordnung verankert. Die Bestimmungen sind mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten (§ 47a Abs. 1 Z 2, § 49a, 162 Abs. 2 zweiter Satz StPO idF BGBl I Nr. 119/2005). Mit der Schaffung eines gesetzlichen Anspruchs auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung von Personen, die durch die dem Beschuldigten zur Last gelegte, vorsätzlich begangene Tat Gewalt oder gefährlicher Drohung ausgesetzt oder in ihrer sexuellen Integrität beeinträchtigt worden sein könnten, sowie von nahen Angehörigen einer Person, deren Tod durch eine Straftat herbeigeführt worden sein könnte, oder anderen Angehörigen, die Zeugen der Tat waren (§ 66 Abs. 2 iVm § 65 Z 1 lit. a und b StPO idF BGBl. I Nr. 19/2004), wurde ein wesentliches Anliegen im Bereich der Verbesserung der Opferrechte umgesetzt.

Die Einschränkung des Personenkreises erweist sich jedoch nach Erfahrung der Opferschutzeinrichtungen zu eng gefasst, weil es auch Opfer anderer Taten gibt, die durch die Auswirkungen der Tat derart beeinträchtigt wurden, dass ihnen eine Beteiligung am Verfahren ohne Unterstützung nicht zugemutet werden kann. So können auch ohne mit unmittelbarer gegen das Opfer gerichtete Gewalt begangene Delikte zu schweren Traumatisierungen von Opfern führen. Beispielsweise fallen Opfer von Einbruchsdiebstählen in Wohnstätten nicht unter den Anwendungsbereich des § 66 Abs. 2 StPO. Opfer derartiger Straftaten sind jedoch - selbst wenn es zu keiner Begegnung mit dem Täter kommt - durch das Eindringen eines unbekannten fremden Täters in ihren geschützten Bereich häufig psychisch schwer beeinträchtigt. Durch die Erweiterung der Prozessbegleitung soll daher Opfern eines Verbrechens, durch das deren privater Lebensbereich verletzt worden sein könnte, auch außerhalb der Voraussetzungen des Abs. 2 auf Antrag einer anerkannten Opferschutzeinrichtung durch das Gericht (auch und gerade im Ermittlungsverfahren) Prozessbegleitung gewährt werden. Dabei ist glaubhaft zu machen, dass das Opfer durch die Tat solchen emotionalen Belastungen ausgesetzt wurde, die es an einer seinen Interessen entsprechenden Beteiligung am Verfahren hindern.

Im ersten Satz des § 67 Abs. 7 StPO ist auf Grund der Erweiterung der – psychosozialen und juristischen - Prozessbegleitung im Sinne des § 66 Abs. 3 StPO das Klammerzitat um den neuen Abs. 3 des § 66 zu erweitern.

Zu Z 9 (§ 77 Abs. 2 StPO):

Gleich wie vor dem In-Kraft-Treten der Strafprozessreform soll durch das Abstellen auf die „Vorsteher der Gerichte“ auch für den Bereich der Gerichte klargestellt werden, dass die Entscheidung, ob Akteneinsicht nach § 77 Abs. 2 StPO erteilt wird, einen Akt der Justizverwaltung darstellt.

Zu Z 11 (§ 195 Abs. 2 StPO):

Nach geltender Rechtslage ist ein Antrag auf Fortführung des Strafverfahrens gemäß § 195 Abs. 1 StPO binnen vierzehn Tagen nach Verständigung von der Einstellung (§ 194 StPO), jedenfalls aber innerhalb von sechs Monaten ab der Einstellung des Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft einzubringen.

Während der ersten Monate der Geltung der durch die Strafprozessreform geänderten Verfahrensbestimmungen wurde – wie etwa auch im Bereich des Schriftverkehrs der Finanzverwaltung üblich - die Verständigung von der Einstellung des Ermittlungsverfahren ohne Rückschein durchgeführt.

In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass eine verlässliche Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrags mangels Vorliegens eines als öffentliche Urkunde zu qualifizierenden Rückscheins einen hohen Verfahrensaufwand erzeugt. Durch Einsicht in den Ermittlungsakt kann zwar der Umstand der Abfertigung der Verständigung, nicht aber die Tatsache der Zustellung nachgewiesen werden. Aus diesem Grund sind Oberlandesgerichte dazu über gegangen, Anträge, die vermutlich knapp nach Ablauf der vierzehntägigen Frist nach Verständigung eingebracht worden sind, als rechtzeitig eingebracht zu behandeln.

Um einerseits unverhältnismäßige Kosten zu vermeiden, die durch eine Zustellung sämtlicher Einstellungsverständigungen mit Rückschein entstehen würden, und andererseits frustrierten Prüfungsaufwand bei den Oberlandesgerichten zu verringern, soll nun die Frist von 14 Tagen ab Verständigung von der Einstellung entfallen und im Gegenzug jedoch die absolute Frist von sechs Monaten ab Einstellung des Strafverfahrens auf die Dauer von drei Monaten verkürzt werden.

Damit wird einerseits dem Recht des Opfers auf Einbringung eines Fortführungsantrages binnen angemessener Frist andererseits aber auch dem Recht des Beschuldigten, nach einem vertretbaren Zeitablauf nach Einstellung des Strafverfahrens keinem Antrag auf Fortführung mehr „ausgesetzt“ zu sein Rechnung getragen. Selbstverständlich ist es weiterhin unbedingte Pflicht der Staatsanwaltschaft, das Opfer von der Einstellung des Verfahrens zu verständigen.

Zu Z 12 (§ 197 StPO):

Im Text der Bestimmung soll zum Ausdruck gebracht werden, dass so wie nach alter Rechtslage eine Abbrechung des Ermittlungsverfahrens auch wegen Verfahrenshindernissen angeordnet werden kann, etwa wenn eine Person auf Grund von Immunität (z. B. Immunität von Abgeordneten; Art. 57, 58, 96 B-VG oder auf Grund völkerrechtlicher Verträge) nicht verfolgt werden kann.

Zu Z 13 (§ 221 Abs. 4 StPO):

Die geltende Bestimmung, dass für den Fall einer anzunehmenden Hauptverhandlung von mehr als zehn Verhandlungstagen die erforderliche Anzahl von Ersatzrichtern und Ersatzschöffen, und zwar nach der in der Geschäftsverteilung beziehungsweise Dienstliste (§§ 13 und 14 des Geschworenen- und Schöffengesetzes – GSchG, BGBl. Nr. 256/1990) zu bestimmenden Reihenfolge zu laden ist, hat insbesondere bei kleinen Landesgerichten zu personellen Engpässen und längerer Verfahrensdauer geführt, sodass nun durch den Ersatz der Wendung „mehr als zehn Verhandlungstage in Anspruch nehmen“ durch die Wendung „von längerer Dauer sein“ ein etwas größerer Ermessenspielraum und somit ein Eingehen auf die Umstände des Einzellfalls ohne Verzicht auf das – ohnedies durch Nichtigkeitssanktion geschützte (siehe OGH 22.1. 2007, 15 Os 48/06g) – Recht auf den gesetzlichen Richter und Vorhersehbarkeit der rechtsprechenden Organe ermöglicht werden soll.

Zu Z 14 bis Z 19 (§ 410, Überschrift des II. Abschnittes des 21. Hauptstückes, §§ 435, § 437, 439 Abs. 1 und 441 Abs. 1 StPO):

In diesen Bestimmungen sollen die verfahrensrechtlichen Anschlussstücke zur Anordnung eines Tätigkeitsverbotes geregelt werden.

So soll klargestellt werden, dass sich das Verfahren zur Überprüfung des Tätigkeitsverbotes (§ 220b Abs. 3 und 4 StGB) an jenem orientiert, das für die nachträgliche Strafmilderung und die Änderung vermögensrechtlicher Anordnungen vorgesehen ist (§ 410 StPO). Wie bei anderen personenbezogenen vorbeugenden Maßnahmen soll das Tätigkeitsverbot im Strafurteil ausgesprochen werden und einen Teil des Ausspruchs über die Strafe bilden (§ 435 StPO), wobei der Staatsanwaltschaft ein Antragsrecht zukommen, das Gericht jedoch auch ohne einen solchen Antrag ein Tätigkeitsverbot anordnen können soll (§ 437 StPO). Um in einem solchen Fall eine Überraschung des Betroffenen zu vermeiden und zur Sicherung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs soll die im § 439 Abs. 1 StPO angedrohte Nichtigkeitssanktion auch dann gelten, wenn die Voraussetzungen der Anordnung in der Hauptverhandlung nicht erörtert wurden. Die Bestimmung des § 441 Abs. 1 StPO, die der Anordnung von vorbeugenden Maßnahmen gegen einen Österreicher dient, der aus den in § 65 Abs. 4 StGB genannten Gründen wegen der Tat im Inland nicht bestraft werden kann (§ 65 Abs. 5 StGB), soll um den Fall der Anordnung des Tätigkeitsverbotes ergänzt werden.

Zu Z 20 (§ 485 StPO):

Durch die Bestimmung des neuen Abs. 1a soll insbesondere im Hinblick auf Strafverfahren, bei welchen sich ein oder mehrere Angeklagte in Untersuchungshaft befinden, klargestellt werden, dass der Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen einen Beschluss, mit dem das Gericht seine Unzuständigkeit ausspricht oder den Strafantrag wegen behaupteten Vorliegens der Fälle des § 212 Z 3 und 4 StPO mit Beschluss zurückweist, aufschiebende Wirkung zukommt. Die „Anklage“ soll somit bis zur Rechtskraft des gerichtlichen Beschlusses weiterhin mit der Wirkung als eingebracht gelten, dass das Ermittlungsverfahren erst mit Rechtskraft der Zurückweisung wieder eröffnet wird.

Im Abs. 2 soll klar zum Ausdruck gebracht werden, dass auch bloße Anordnungen zur Fortführung des Verfahrens (z. B. die Beauftragung eines Sachverständigen mit der Einholung von Befund und Erstellung eines Gutachtens) das Verfolgungsrecht der Staatsanwaltschaft erhalten.

Zu Z 21 (§ 498 Abs. 2 StPO):

Mit der neuen Regelung, wonach im Fall der mündlichen Verkündung § 86 Abs. 2 und 3 StPO mit der Maßgabe gelten soll, dass die Ausfertigung und Zustellung des Beschlusses auch unterbleiben können, wenn der Rechtsmittelwerber binnen drei Tagen nach mündlicher Verkündung des Beschlusses keine Beschwerde anmeldet und die Frist zur Erstattung des Rechtsmittels bei mündlicher Verkündung und Anmeldung einer Beschwerde erst ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung läuft, soll die Divergenz bereinigt werden, dass in jenen Fällen, bei welchen ein Beschuldigter nach einer Verurteilung samt Widerruf einer bedingten Strafnachsicht jeweils keine Rechtsmittelerklärung abgibt, auch nach ungenütztem Verstreichen der dreitägigen Frist zur Anmeldung eines Rechtsmittels, der Beschluss gemäß § 494a StPO jedenfalls schriftlich ausgefertigt und dem Beschuldigten zugestellt werden muss, wohingegen im Übrigen im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts mit einem Protokollsvermerk und einem Urteil in gekürzter Form das Auslangen gefunden werden kann. Auch in Verfahren vor dem Landesgericht als Schöffengericht soll mit dieser Bestimmung bei Rechtsmitteln gegen Urteil und Widerrufsbeschluss ein unterschiedlicher Fristenlauf für die Anmeldung bzw. Ausführung vermieden werden.

Zu Z 22 und 23 (§§ 514 und 516 StPO):

Die hier getroffenen Regelungen dienen der Berichtigung von Redaktionsversehen im Zuge des Strafrechtsänderungsgesetzes 2008, BGBl. I Nr. 109/2007, wodurch die Regelungen über das In-Kraft-Treten in die Übergangsbestimmungen eingeordnet wurden (§ 516 Abs. 1a und 1b StPO). Zudem sollen Zitatfehler und fehlerhafte Satzstellungen berichtigt werden.

Zu Art. VII (Änderung des Strafvollzugsgesetzes):

Zu den Z 1 und 2 (§ 179a StVG):

1. Da die Erteilung einer Weisung, in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen (§ 51 Abs. 2 StGB), im Maßnahmenvollzug häufig anzutreffen ist, soll diese in den Katalog der anspruchsbegründenden Voraussetzungen aufgenommen werden. Durch die Fokussierung auf spezielle forensische Behandlungsinstitutionen (Forensische Ambulanzen, betreute Wohngemeinschaften udgl.) wird auch eine Qualitätssicherung und Seriosität auf diesem gesellschaftlich nicht unkritischen und ungefährlichen Behandlungssektor sichergestellt. Mittlerweile haben sich bereits genügend Behandlungsinstitutionen in ganz Österreich gefunden, mit welchen derartige Vereinbarungen über die Nachbetreuungen abgeschlossen wurden und auch weiterhin abgeschlossen werden. Diese Institutionen unterliegen einer permanenten Aufsicht und Qualitätskontrolle durch die Srafvollzugsverwaltung. Im letzten Satz des § 179a Abs. 1 StVG soll der Verweis auf das Ärztegesetz an die aktuelle Gesetzeslage angepasst werden.

2. Durch den Entfall des Wortes „anderen“ im Einleitungssatz des § 179a Abs. 2 StVG soll zunächst – in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 51 Abs. 3 StGB – klargestellt werden, dass es sich bei der von der potenziellen Kostenersatzpflicht des Bundes umfassten psychotherapeutischen Behandlung nicht um eine medizinische Behandlung handeln muss, sondern dass grundsätzlich alle anerkannten Therapieformen herangezogen und auch ersetzt werden können.

3. Des weiteren soll einem dringenden Bedürfnis der Praxis folgend der Gesetzeswortlaut im Sinne der Entscheidung des OGH vom 23.11.2005, 13 Os 87/05, klargestellt werden.

Wie der OGH in dieser Entscheidung ausgeführt hat, stellt das Gesetz im Einleitungssatz des § 179a Abs. 2 StVG im grundsätzlichen Bereich der Kostenübernahme ohne weitere Determination ausschließlich auf die Notwendigkeit der im Einzelfall zu ergreifenden Maßnahmen ärztlicher Behandlung und auf das Fehlen anderweitiger Kostendeckung ab (vgl. 15 Os 96/89 SSt 60/57; 14 Os 24/89 SSt 60/24; 14 Os 101/89 jeweils zur vergleichbaren Regelung des § 21 SGG). Lediglich zur Begrenzung des Ausmaßes der vom Bund zu ersetzenden Kosten verweist § 179a Abs. 2 StVG im Folgenden auf die Gebührenansätze für Behandlungen, für welche die BVA aufkäme, wenn der Entlassene in der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter versichert wäre. Dieses Limit bezieht sich nur auf die ziffernmäßige Höhe der Gebührensätze der BVA für jene Leistungen der Krankenbehandlung oder Anstaltspflege aus dem Versicherungsfall der Krankheit (§ 52 Z 2 B-KUVG), welche der als für die bedingte Entlassung als notwendig erkannten Behandlung entsprechen oder mit ihr zumindest vergleichbar sind. Dass als Voraussetzung der Kostentragung durch den Bund für die vom Gericht als notwendig erachteten Behandlungen entsprechende Kostenansätze in den Bestimmungen des B-KUVG bestehen müssen, lässt sich aus dieser Einschränkung allerdings nicht ableiten, zumal die im Einleitungssatz des § 179a Abs. 2 StVG genannten Behandlungen nicht krankheitsbedingt notwendig sein müssen (vgl. die weitgehend ähnlichen Regelungen in § 46 Abs. 1 JGG und § 41 Abs. 1 und 2 SMG und die zu § 21 SGG ergangenen Entscheidungen 15 Os 96/89 SSt 60/57; 14 Os 24/89 SSt 60/24; 14 Os 101/89; siehe auch Jesionek JGG3 § 46 Anm 7; Foregger/Litzka/Matzka SMG § 41 Anm V; Kodek/Fabrizy SMG § 41 Anm 3.1). Auch die Gesetzesmaterialien zur Einführung des § 179a Abs. 3 StVG durch das StRÄG 2002 verdeutlichen, dass der Bund gerade mit jenen gemeinnützigen Therapieeinrichtungen Vereinbarungen zur Kostenübernahme abschließen und dazu Pauschalierungen vorsehen können soll, die Leistungen erbringen, für welche die Krankenversicherung iSd §§ 66 ff B-KUVG keine Leistungsübernahme vorsieht (vgl ErläutRV, StRÄG 2002, 1166 BlgNR 21. GP 55). Dies unterstreicht geradezu, dass die grundsätzliche Kostentragungspflicht des Bundes nicht davon abhängt, ob für die durchzuführende Behandlung entsprechende Leistungsansätze der BVA existieren.

Für eine Auslegung dieser Gesetzesbestimmung dahin, dass eine solche subsidiäre Kostentragungspflicht nur für jene Leistungen bestehe, welche die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter ihren Versicherungsnehmern nach den Bestimmungen des B-KUVG zu erbringen hat, würde daher schon bei wörtlicher und historischer Auslegung kein Raum bleiben (vgl. wiederum 15 Os 96/89 SSt 60/57; 14 Os 24/89 SSt 60/24; 14 Os 101/89 zu § 21 SGG). Eine solche Interpretation würde vielmehr die Gesetzesintentionen einer Entlassung - insbesondere aus dem Maßnahmenvollzug – bei adäquater Behandlungsmöglichkeit außerhalb einer Vollzugsanstalt (ebenso wie jene der Entwöhnungsbehandlung in Freiheit im Anwendungsbereich des § 41 Abs. 1 SMG) unterlaufen. Denn für derartige medizinische oder therapeutische Behandlungen in den dafür in Frage kommenden Krankenanstalten, wie etwa in Heimen für Genesende, die ärztlicher Behandlung und besonderer Pflege bedürfen (§ 2 Abs. 1 Z 3 KAKuG), oder in Pflegeanstalten für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen (§ 2 Abs. 1 Z 4 KAKuG), käme aufgrund der Ausschlussklausel des § 66 Abs. 4 B-KUVG (ebenso wie bei den im Fall einer entsprechenden Versicherung zu erbringenden Leistungen anderer Sozialversicherungsträger; vgl. § 144 Abs. 4 ASVG, § 95 Abs. 2 GSVG) eine Kostentragung durch die Krankenversicherung nicht in Frage.

Infolge dessen kam im Anlassfall dem Umstand, dass eine Gebietskrankenkasse auf der Basis des dem § 66 Abs. 4 B-KUVG vergleichbaren § 144 Abs. 4 ASVG im vorliegenden Fall eine Leistungsverpflichtung für die (stationäre) Behandlung des bei ihr Versicherten zufolge ihres Standpunktes ablehnte, dass insoweit ein Leistungsfall des gesetzlichen Krankenversicherungsträgers nicht eingetreten sei, für die Übernahme der Kosten einer notwendigen Behandlung durch den Bund keine Bedeutung zu.

Da in der Praxis häufig dennoch Unklarheiten über die Ersatzfähigkeit von Behandlungskosten bzw. deren Grenzen zu herrschen scheinen, soll im Sinne der Entscheidung des OGH eine ausdrückliche gesetzliche Klarstellung erfolgen.

Die Novellierung soll zum Zweck der Rückfallsvermeidung (Prävention) und nachhaltigen Gesundheitsstabilisierung sicherstellen, dass für die von Sachverständigen und behandelnden Ärzten als Voraussetzung für eine bedingte Entlassung und Rückfallsvermeidung vorgeschlagenen Nachbetreuungs- bzw. Behandlungsmaßnahmen ein garantierter (zumindest subsidiärer) Kostenträger vorhanden ist. Die derzeitige Situation, bei der Betroffene, die zu 99 % mittellos oder (Mindest)Rentenempfänger sind, von einer Behörde an die andere verwiesen werden, wobei sich jeweils eine auf die Kostentragungspflicht der anderen beruft, um am Ende keine Zusage für eine Übernahme der Kosten zur Erfüllung der ihnen gerichtlich aufgetragenen Weisungen zu erhalten, ist nicht nur unbefriedigend, sondern insbesondere dem Resozialisierungsauftrag entgegenlaufend, zumal aus diesem Grunde auch Weisungen widerrufen werden und es zu Rückfällen gekommen ist.

Von der geschilderten Problematik sind insbesondere folgende Maßnahmen betroffen:

-       die über Weisung aufgetragene ärztlich/psychotherapeutische Versorgung (ambulant und/oder stationär);

-       die über Weisung aufgetragene Unterbringung in einer forensisch - sozialtherapeutischen Wohneinrichtung nach der bedingten Entlassung bzw. Nachsicht der Einweisung mit dem Ziel der Stabilisierung und Kontrolle des Gesundheitszustandes (durch Überwachung der Weisungen) sowie sozialtherapeutischer, langfristig stabilisierender Behandlungsmaßnahmen.

Seitens der Strafvollzugsverwaltung wurden schon seit 1994 - teilweise praeter legem - zur Sicherstellung der erforderlichen Nachbetreuung als Voraussetzung für eine bedingte Entlassung Vereinbarungen über die Kostentragung von ambulanten bzw. stationären Behandlungen und Betreuungen mit Ambulanzen und Wohneinrichtungen in sämtlichen österreichischen Bundesländern (mit Ausnahme des Burgenlandes) abgeschlossen. Diese Vereinbarungen wurden bisher (Stichtag 1.6.2008) von insgesamt 665 Entlassenen ambulant in Forensischen Ambulanzen und 162 stationär in Wohnheimen mit einem Kostenaufwand von insgesamt 6 Millionen Euro jährlich in Anspruch genommen. Unabhängig voneinander geführte Evaluierungen des Behandlungserfolges durch diese Einrichtungen haben gezeigt, dass sich deren Rückfallsquote zwischen 3 bis 5 % bewegt.

4. Schließlich soll sich das Vollzugsgericht nach Möglichkeit schon bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung in geeigneter Form mit der Frage der Kostendeckung auseinandersetzen. Der (exakten) Höhe nach wird dies ex ante häufig nicht möglich sein. Zumindest dem Grunde nach sollte aber schon im Zeitpunkt der Entscheidung über die bedingte Entlassung klar sein, ob bei einer bestimmten Weisung eine (spätere) Kostentragung durch den Bund aus der Sicht des Gerichts vorstellbar ist. Damit sollen Fälle hintangehalten werden, in denen sich erst nachträglich die Unfinanzierbarkeit einer Therapie bei weiterhin aufrechter Therapiebedürftigkeit herausstellt.

Zu Art. VIII (Änderung des Tilgungsgesetzes 1972):

Zu Z 1 (§ 4a TilgG):

Mit dieser Bestimmung soll eine Verlängerung der Tilgungsfrist für Sexualstraftäter nach Maßgabe deren Gefährlichkeit angeordnet werden. Die Verlängerung der Tilgungsfristen im spezifischen Bereich der Sexualstraftaten und der Ausschluss der Tilgung für besonders schwere Delikte sind eine wichtige Hilfestellung, um derartige Straftaten zukünftig nach Möglichkeit zu verhindern. Damit soll auch der Entschließung des Nationalrates vom 07. Mai 2008 (71/E XXIII. GP) betreffend Maßnahmen zur Gewaltprävention Rechnung getragen werden.

Insbesondere im Bereich der Sexualstraftaten ist aus kriminalpolitischen Gründen die Kenntnis früherer Verurteilungen für die richtige Beurteilung der Wesensart des Täters außerordentlich wichtig. Das Wissen um derartige Verurteilungen soll zumindest so lange zur Verfügung stehen, als nach der kriminologischen Erfahrung mit der Wahrscheinlichkeit gerechnet werden muss, dass sich in neuerlichen strafbaren Handlungen desselben Täters die bereits den früheren Handlungen zugrunde liegenden schädlichen Neigungen verwirklichen (s. Eder-Rieder, Strafregister- und Tilgungsgesetz, 128).

Die Verlängerung soll nach Gefährlichkeit des Täters gestaffelt werden, wobei sie bei als gefährlich angesehenen Verurteilten um die Hälfte erfolgen soll, während sich bei als besonders gefährlich angesehenen Verurteilten die Tilgungsfrist verdoppeln soll. Als Grundlage für die Entscheidung des Vollzugsgerichts über die Einstufung der Gefährlichkeit soll vor allem die Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) dienen, wobei der Beschluss des Vollzugsgerichts, welcher gemäß § 17 Abs. 3 StVG iVm § 88 Abs. 1 StPO durch Beschwerde angefochten werden kann, die für die Einstufung maßgeblichen Gründe festzustellen und zu begründen haben soll.

Zu Z 2 (§ 5 TilgG):

Die Tilgung soll bei Sexualdelikten ausgeschlossen werden, bei denen das Gericht schon in der Strafbemessung ein besonders schweres Unwerturteil zum Ausdruck gebracht hat. Ein Ausspruch der Tilgung durch das erkennende Gericht kann in diesen Fällen frühestens fünfzehn Jahre nach Beginn der Tilgungsfrist auf Antrag des Verurteilten nach Überprüfung aller Umstände, insbesondere der Persönlichkeit und der Entwicklung des Täters erfolgen. Im Falle eines abweisenden Beschlusses soll im Hinblick auf den in diesen Fällen notwendigen zeitlichen Rahmen für eine Änderung der genannten Umstände eine neuerliche Antragstellung nicht vor Ablauf von fünf Jahren ab Rechtskraft der Entscheidung zulässig sein.

Zu Art. IX (Änderung des Staatsanwaltschaftsgesetzes):

Zu den Z 1 bis 4 (§§ 2a Abs. 3, 34, 34c und 42 StAG):

Die Änderung im Bereich der Korruptionsstaatsanwaltschaft ist auf die mittlerweile erfolgte Integration des staatsanwaltschaftlichen Dienstrechts in jenes der Richter und Staatsanwälte zurückzuführen.

Die Änderungen im Bereich der Führung des Tagebuchs (§ 34 StAG) bzw. des Ermittlungsakts (§ 34c StAG) sollen unnotwendige Bürokratie vermeiden und eine Erleichterung des Dienstbetriebs in den Kanzleien bewirken. Im Verfahren wegen Straftaten, für die das Bezirksgericht zuständig wäre, sollen Bezirksanwälte grundsätzlich von der arbeitsaufwändigen Führung der Ermittlungsakte entlastet werden.

Zu Art. X (Änderung des Verbrechensopfergesetzes):

Zu den Z 1 bis 4 (§§ 2 Z 9 und 10, 6a samt Überschrift, 10 Abs. 1 letzter Satz und 16 Abs. 9 VOG):

Die aus einem Körperschaden resultierenden materiellen Entschädigungsansprüche werden durch die zahlreichen Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz bereits seit Jahrzehnten weitgehend abgedeckt. Durch die vorgeschlagene Änderung soll der Leistungskatalog nach dem Verbrechensopfergesetz um immaterielle Schäden ergänzt werden. Schmerzengeld soll in Form eines einmaligen Pauschalbetrages abgegolten werden, sofern die Tathandlung des § 1 Abs. 1 VOG zumindest eine schwere Körperverletzung nach dem StGB verursacht hat (eine Abgeltung von Seelenschmerz von Angehörigen ohne Gesundheitsschädigung ist daher nicht möglich). Diese Regelung, die eine weitere staatliche Vorleistung auf den Schadenersatzanspruch gegen den Täter darstellt, kommt Opfern von Gewalttaten und von Sittlichkeitsdelikten zu gute.

Die Pauschalabgeltung soll 1 000 € für schwere Körperverletzungen und 5 000 € für Körperverletzungen mit schweren Dauerfolgen betragen.

Die Geltendmachung der pauschalen Abgeltung des Schmerzengeldes ist an keine Frist gebunden.

Die Leistung ist für die ab dem 1. Jänner 2009 begangenen Delikte zu gewähren.

Zu Artikel XI (Änderung des Strafregistergesetzes):

Zu Z 1 und 9 (§ 2 Abs. 1 Z 7 und 8 und § 12 StRegG):

Durch Anfügung von zwei neuen Ziffern in § 2 über die Aufnahme ins Strafregister wird sichergestellt, dass zu in- und ausländischen Verurteilungen wegen einer Straftat gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung (einschließlich mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen), die schon bisher nach den Z 1 bis 3 aufzunehmen waren, Beschlüsse über die Gefährlichkeit samt Begründung gemäß § 4a Tilgungsgesetz, die Verfügung der gerichtlichen Aufsicht gemäß § 52a StGB sowie Weisungen gemäß § 51 StGB erfasst werden.

Tätigkeitsverbote gemäß § 220b StGB werden gemeinsam mit Daten gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 bis 3 - das sind die erforderlichen Identifikationsdaten - so erfasst, dass sie unabhängig von den der Tilgungsfrist unterliegenden Verurteilungen (inkl. Daten nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 7 und Abs. 3) geführt werden. Ihre Speicherdauer wird gemäß § 220b vom zuständigen Gericht unabhängig von der Tilgungsfrist festgelegt.

Zu Z 2 (§ 2 Abs. 1a StRegG):

Daten aller verurteilten oder untergebrachten Sexualstraftäter, das sind Menschen, die nach dem 10. Abschnitt des Strafgesetzbuches verurteilt sind, werden bei ihrer Aufnahme ins Strafregister besonders gekennzeichnet (etwa durch Unterlegung des einschlägigen Paragrafen des Strafgesetzbuchs), sodass eine gesondert abfragbare Teilmenge an Einträgen im Strafregister entsteht. Näheres zur Sonderauskunft unter Z 6.

Zu Z 3 (§ 3 Abs. 2a StRegG):

Im Hinblick darauf, dass insbesondere bei der Überwachung der Einhaltung gerichtlicher Auflagen und Weisungen der Aufenthaltsort des Betroffenen eine maßgebliche Rolle spielt, soll eine automationsunterstützte Abfrage  im ZMR gewährleisten, dass im Strafregister stets die aktuelle Wohnanschrift beauskunftet wird und bei einem Wohnsitzwechsel die zuständigen Sicherheitsbehörden verständigt werden.

Zu Z 4 (§ 4 Abs. 5 StRegG):

Die Gerichte haben der Bundespolizeidirektion Wien die aufzunehmenden Daten mit allen zu speichernden Informationen zu übermitteln.

Zu Z 5, 6 und 7 (§§ 9, 9a und 10 StRegG):

Der Umfang der derzeit vorgesehenen Beauskunftungen im Wege von Strafregisterauskünften (§ 9 iVm § 6 Tilgungsgesetz beschränkt oder unbeschränkt) und von Strafregisterbescheinigungen (§ 10) soll unverändert bleiben.

Darüber hinaus ist eine Sonderauskunft zu Sexualstraftätern zu den in § 9a Abs. 1  angeführten Zwecken vorgesehen, damit bei Bedarf die Informationen rasch zur Verfügung stehen. Insbesondere dort erscheint dies notwendig, wo eine Mitwirkung der Sicherheitsbehörden an der Überwachung von gerichtlich verfügten Maßnahmen (im Rahmen der gerichtlichen Aufsicht nach § 52a StGB) vorgesehen ist.

Die Bestimmung des Abs. 2 ist als eine Ermächtigung der Vollzugsbehörden des Strafregistergesetzes zur Datenbeauskunftung nach Maßgabe materienspezifischer Regelungen zu verstehen. Die Regelung der Zuständigkeit von Behörden der Länder und Gemeinden (etwa Jugendwohlfahrtsbehörden), entsprechende Auskunftsbegehren an die Vollzugsbehörde des Strafregistergesetzes zu stellen, obliegt  der Landesgesetzgebung.

Z 8 und 10 (§§ 11 und 13a StRegG):

Die Anpassungen sind wegen der neu vorgeschlagenen Sonderauskunft des § 9a notwendig.

Zu Z 11 und 12 (§ 14 Abs. 5, 6 und 14a StRegG):

Die Bestimmungen des 2. Gewaltschutzgesetzes sowie einige Änderungen des Strafregistergesetzes (insb. die Übermittlung der rechtskräftigen Beschlüsse über die Gefährlichkeit samt Begründung gemäß § 4a Tilgungsgesetz, der Anordnungen gerichtlicher Aufsicht gemäß § 52a StGB, der Weisungen gemäß § 51 StGB und der rechtskräftigen Tätigkeitsverbote gemäß § 220b StGB durch die Gerichte an die BPD Wien für die Aufnahme in das Strafregister) treten am 1. Jänner 2009 in Kraft. Die Kennzeichnung der einschlägigen Verurteilungen, die Anbindung an das Zentrale Melderegister und die Erteilung von Sonderauskünften gemäß § 9a sind aufgrund technischer Anpassungen erst mit  1. Juli 2009 möglich. Darüber hinaus ist eine Übergangsbestimmung zur nachträglichen Erfassung der von den Gerichten übermittelten, aber aufgrund der Systemänderungen noch nicht speicherbaren Daten nötig.

Zu Artikel XII (Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes):

Im Sicherheitspolizeigesetz werden die Dauer des Betretungsverbotes und damit die Frist zur Antragstellung einer einstweiligen Verfügung sowie die Entscheidungsfrist der Gerichte verlängert. Es hat sich in der Praxis gezeigt, dass trotz der Unterstützung und Beratung durch Interventionsstallen für Opfer von Gewalt im häuslichen Bereich eine Frist von zehn Tagen in vielen Fällen nicht ausreicht, um einen Antrag auf einstweilige Verfügung beim Familiengericht einzubringen. Deshalb wird eine Ausdehnung der Antragfrist auf zwei Wochen vorgeschlagen. Um einen lückenlosen Schutz des Opfers zu gewährleisten, wird auch der Zeitraum für die gerichtliche Entscheidung über die einstweilige Verfügung entsprechend erweitert.

Zu Art. XIII (Änderung des ABGB)

Die Änderung dient der Anpassung an die Neugestaltung der einstweiligen Verfügung wegen Gewalt in der Familie in der Exekutionsordnung.

Zu Art. XIV (In-Kraft-Treten und Übergangsbestimmung):

Das Gesetz soll mit Ausnahme der Übergangsbestimmung des § 323 Abs. 4 StGB zum 1. Jänner 2009 in Kraft treten. Da ein dringendes Bedürfnis für die Klarstellung besteht, dass in Verfahren wegen Taten, deren Verjährung bis zum 31. Dezember 2007 rechtmäßig gehemmt war, auch dann keine Verjährung eintritt, wenn eine aufrechte Fahndungsmaßnahme noch nicht erneuert oder ein anderer Hemmungsgrund verwirklicht wurde, soll jedoch diese Bestimmung bereits mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft treten (Art. 49 Abs. 2 B-VG).

Zu Abs. 2 siehe oben bei § 58 Abs. 3 Z 3 StGB.

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag unter Verzicht auf eine Erste Lesung dem Justizausschuss zuzuweisen.