382/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 21.01.2009
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Brunner, Kogler, Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Vorlage eines Energieplans für Österreich bis 2030

 

 

„Die derzeitigen Trends von Energieversorgung und –verbrauch sind eindeutig nicht zukunftsfähig, in ökologischer ebenso wie in wirtschaftlicher oder sozialer Hinsicht. Das kann jedoch – und muss auch – geändert werden. [..]

„Dazu bedarf es nichts Geringerem als einer Energierevolution.“

 

Internationale Energieagentur (IEA), World Energy Outlook 2008

 

Die Erdgas-Versorgungskrise hat die fatale Energie-Abhängigkeit Österreichs und der EU gezeigt: Österreich ist zu mehr als 70 Prozent von Energieimporten abhängig und deckt seinen Energiebedarf zu knapp 80 Prozent aus fossilen, nicht erneuerbaren Energiequellen (Öl, Gas, Kohle, Atomstrom). Die Importabhängigkeit steigt ebenso seit Jahren wie die Energieimporte selbst.

 

Bei Erdgas ist Österreich zu mehr als 80% von Importen abhängig, weniger 20% können aus eigener Förderung gedeckt werden. Die Importabhängigkeit konzentriert sich dabei stark auf Russland. 60% des österreichischen Erdgasverbrauchs kommen aus Russland. Bei Erdöl (93%) und Kohle (84%) ist die Importabhängigkeit sogar noch deutlich höher als bei Erdgas. Auch Atomstrom bedeutet eine Abhängigkeit von Rohstoffquellen außerhalb Europas. Die EU ist bei Uran zu 95% von Importen abhängig, Hauptlieferland: Russland.

 

Geschieht nichts, wird der österreichische Energiebedarf bis 2020 insgesamt um fast 20 Prozent steigen, der Gasbedarf sogar um 50 Prozent. Die gefährliche Abhängigkeit würde sich weiter dramatisch erhöhen.

 

In Österreich wird der Bau von neuen Gaskraftwerken von 6.200 MW diskutiert, die alleine drei Viertel des derzeitigen Jahresgasbedarfs verbrauchen würden. Das bedeutet elf Gaskraftwerke mit Investitionskosten von 4 Milliarden Euro. Der gleichzeitig nötige Ausbau von Gaspipelines in Österreich würde weitere 1,5 Milliarden Euro verschlingen. Selbst wenn nicht alle geplanten Gaskraftwerke realisiert werden geht die Gaswirtschaft von einem Verbrauchswachstum bei Erdgas von 50 Prozent bis 2020 aus. Dadurch würde weiter in die steigende Energieabhängigkeit investiert werden.

 

Insgesamt haben die beiden großen Energiekrisen der vergangenen Jahre – die aktuelle Gaskrise und die extrem hohen Ölpreise in den Jahren 2006 bis 2008 – die große Verletzlichkeit Europas und Österreichs durch die massive Abhängigkeit von Energieimporten gezeigt. Letztlich sind es die BürgerInnen, die unter hohen Preisen oder Lieferstops zu leiden haben. Niemand, schon gar nicht die Bundesregierung, kann eine Garantie abgeben, dass  solche Krisen in der Zukunft nicht wieder auftreten und sich verschärfen. Es darf daher nicht im Verwalten der Krise steckengeblieben werden. Es müssen jetzt die Weichen für einen großangelegten, radikalen Umbau unserer Energieversorgung gestellt werden. Ein Beenden der teuren und gefährlichen Abhängigkeit von Öl-, Gas- und Atomstromimporten ist machbar. Was fehlt ist ein koordinierter Energieplan für Österreich.

 

Beispiele aus anderen Ländern zeigen, wie eine langfristige Energiekonzeption aussehen kann:

 

Eines muss klar sein: Österreich darf nach Ende dieser Krise nicht zur Tagesordnung übergehen. Die Bundesregierung darf sich nicht auf die Verwaltung der aktuellen Krise beschränken, sondern muss die nötigen Lehren aus der Krise ziehen und einen großangelegten Strukturwandel in der österreichischen Energieversorgung einleiten  mit dem Ziel, Österreich unabhängig von gefährlichen und teuren Öl-, Gas- und Atomstrom-Importen zu machen.

 

Dazu braucht es einen gesamthaften Energieplan. Zwar existieren seitens der Bundesregierung bereits eine Vielzahl von Plänen und Konzepten im Energiebereich, sie wurden aber in der Regel anlassbezogen oder nur aus Verpflichtungen der EU gegenüber erstellt. Sie sind völlig unkoordiniert und werden meist nicht einmal umgesetzt. Diese punktuellen Konzepte sind bei weitem zu wenig und ökologisch wie ökonomisch suboptimal.

 

Ein neuer, umfassender „Energieplan für Österreich“ soll eine langfristige Strategie sowohl für die Angebots- als auch für die Nachfrageseite von Energie als auch für die Raumentwicklung und Infrastrukturplanung vorgeben. Mit diesem Energieplan ist es möglich, den Energiesektor nachhaltig umzubauen.

 

Auch der vom Ministerrat angekündigte Masterplan für erneuerbare Energie läuft Gefahr, Stückwerk zu bleiben und ein ähnliches Schicksal zu erleiden wie alle Pläne bisher: Das Ziel der 34% erneuerbare Energien bis 2020 sind eine Vorgabe der EU, ebenso die Notwendigkeit der Erstellung eines Aktionsplans zur Erreichung dieses Ziels. Im Bereich Energieeffizienz werden vom Ministerrat keinerlei Ziele erwähnt.

 

Die Krisen in der Energieversorgung zeigen, dass eine Energiewende notwendig ist. Sie hätte zahlreiche unbestreitbare Vorteile für die österreichische Bevölkerung und die Volkswirtschaft:

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sowie die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie werden aufgefordert, einen Energieplan für Österreich bis 2030 mit einem Ausblick auf 2050 mit folgenden Eckpunkten zu erarbeiten:

 

Der Energieplan soll unter Einbindung aller relevanten Akteure erarbeitet werden und einen Paradigmenwechsel in der Energiepolitik einleiten. Grundlage darf nicht mehr allein der aus der Vergangenheit fortgeschriebene Energieverbrauch sein. Stattdessen sollen die Bedürfnisse nach Energiedienstleistungen durch eine ökologisch, sozial und ökonomisch optimale Versorgung sichergestellt werden. Durch ein langfristiges Energieszenario und einen verbindlichen Pfad für Reduktion von Treibhausgasen sollen für Industrie und E-Wirtschaft Planungssicherheit und für die KonsumentInnen eine stabile, leistbare und sichere Energieversorgung gewährleistet werden. Raumplanung und Infrastrukturplanung sollen integrierte Teile des Energieplans.

 

Der Energieplan soll folgenden Zielen und Leitlinien folgen:

·              Ausstieg aus fossilen Energieträgern und Atomstromimporten

·        Senkung des Energieverbrauchs, drastische Steigerung der Energieeffizienz

·        Ausbau erneuerbarer Energieträger

·        Gas nur als Übergangsbrennstoff für die Industrie

·        Im Strombereich 100% erneuerbare Energien bis 2020

·        Im Wärmebereich (Haushalte, Gewerbe) 100% erneuerbare Energien bis 2030

 

 

Für die Bereiche Strom, Wärme und Verkehr muss ein langfristiges Szenario bis 2030 erarbeitet und mit konkreten Maßnahmen hinterlegt werden. Wesentliche Maßnahmenbereiche sind:

a)      Anhebung der Energieeffizienz durch technische Effizienzvorgaben und gezielte Förderung: Vom Bereich der Gebäude (Passivhausstandard im Neubau verpflichtend) bis zu den Elektrogeräten und zu den Fahrzeugen: Die Vorschriften für Energieeffizienz müssen angehoben, Energiefresser verboten werden. Energieeffiziente Produkte müssen besser gekennzeichnet werden. Erstellung und Gesetzesbeschluss über einen nationalen Energieeffizienzplan. Einrichtung eines Energieeffizienzfonds, der u.a. eine flächendeckende Energiesparberatung in allen österreichischen Haushalten und Betrieben anbietet.

b)      Massive Investitionen in die Gebäudesanierung: Die Sanierungsrate muss umgehend angehoben werden, langfristig auf 3 Prozent. Zusammen mit einer Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien – Stichwort Kesseltausch – kann damit die Raumwärmeversorgung bis 2030 vollständig erneuerbar gestaltet werden. Laut WIFO entstehen alleine damit 36.000 Arbeitsplätze. Die Mittel für die Sanierung müssen einerseits durch Umschichtungen in der Wohnbauförderung werden, zusätzlich müssen aber massiv zusätzlich öffentliche Gelder zur Verfügung gestellt und Anreize für Investitionen von Privaten gesetzt werden, etwa auf steuerlicher Seite. Es braucht eine öffentlichen Anreizfinanzierung von min. 1 Mrd. Euro jährlich.

c)      Umstellung auf ein erneuerbares Wärmeversorgungssystem. Für Neubauten darf generell keine fossile Wärmeerzeugung mehr gefördert werden, zusätzlich eine Solaranlagenpflicht für alle Neubauten, bei denen kein Nah- oder Fernwärmeanschluss möglich ist. Heizungs-Umstellung von 800.000 Haushalten auf erneuerbare Energieträger (Holz / Pellets und Solaranlagen) bis 2020. Heizungstauschprogramme nach Art eines Contracting-Modells.

d)      Neues Ökostromgesetz: Beispielgebend ist das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz. Mit seinen langfristigen Zielen, keinem Förderdeckel, garantierten aber voraussehbar sinkenden Tarifen führt es erneuerbare Energie sukzessive in den Markt ein und ist zu einem Jobmotor in Deutschland geworden.

e)      Ein bedarfsgerechter Gesamtverkehrsplan, der mit dem Energieplan korrespondiert, Nachfrageänderungen aufgrund der Ölpreisentwicklung berücksichtigt, Verkehrsvermeidung und Verlagerung auf energieeffizientere Verkehrsträger in den Mittelpunkt stellt und ebenfalls einer Strategischen Umweltprüfung zu unterziehen ist.

f)        Kostenwahrheit für Energie durch eine ökologisch soziale Steuerreform herstellen: Belastung nicht erneuerbarer, treibhausgasrelevanter Energieträger (Kohle, Öl, Gas), aufkommensneutral, gleichzeitig Senkung der Steuern auf Faktor Arbeit.“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie vorgeschlagen.