443/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 17.02.2009
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Schatz, Brunner, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Verstärkte Nutzung von Biogas in Gasnetzen

 

Die Erdgasversorgungskrise im Jänner 2009 hat die fatale Abhängigkeit Österreichs von diesem Energieträger vor Augen geführt. Österreich verbraucht jährlich rund 8,5 Mrd. m³ Erdgas, wobei der überwiegende Teil davon – rund 80 Prozent importiert wird, mehrheitlich aus Russland.

 

Durch mangelnde energiepolitische Vorgaben und Strategien ist der Erdgasverbrauch weiter im Steigen begriffen. In der langfristigen Planung der Gaswirtschaft wird von einem Anstieg von ca. 50 Prozent auf über 12 Mrd. m³ im Jahr 2020 ausgegangen. Den hauptsächlichen Anteil daran tragen zahlreiche geplante Gaskraftwerke. Diese Fehlinvestitionen in steigenden Gasverbrauch und damit eine höhere Importabhängigkeit finden derzeit europaweit statt und ziehen auch einen erhöhten Bedarf an Gaspipelines – wie etwa der Tauerngasleitung – nach sich.

 

Die rasche Reduktion des Erdgasbedarfs ist daher das Gebot der Stunde. Insbesondere bei der Nutzung im Raumwärmebereich bestehen hier durch thermische Sanierung hohe Reduktionspotenziale. Investitionen in den massiven Ausbau von zentralen Gaskraftwerken sind fehl am Platz.

 

Eine Alternative zu Erdgas können auch biogene Gase darstellen, die aufbereitet und eingespeist in bestehende Erdgasnetze direkt Erdgas ersetzen können. Alternativ können sie auch in dezentralen Biogasnetzen genutzt werden. Die biogenen Gase können dabei klassisches Biogas aus der landwirtschaftlichen Produktion sein, künftig sind durch die Weiterentwicklung von innovativen Biomasse-Vergasungstechnologien (z.B. Holzvergasung) aber auch viele andere Rohstoffe einsetzbar.

 

Für die Aufbereitung von biogenen Gasen auf Erdgasqualität stehen verschiedene Technologien zur Verfügung, einige Pilotanlagen sind bereits in Betrieb. Eine weitere Möglichkeit könnte künftig im Betrieb von lokalen Biogasnetzen bestehen, für die das Gas nur auf eine niedrigere als Erdgasqualität aufbereitet werden müsste. Dies würde den Aufwand für die Aufbereitung vermindern und die Nutzung des biogenen Gases unabhängig machen vom Vorhandensein eines Erdgasnetzes. Erste Projekte dazu sind im entstehen.

 

Mit aufbereiteten und in das Erdgasnetz bzw. in eigene Biogasnetze eingespeisten biogenen Gasen könnte dieser erneuerbare Energieträger direkt Erdgas substituieren. Biogas stünde damit auch für neue Anwendungszecke – über die derzeit übliche Verstromung hinaus – zur Verfügung, insbesondere im Raum- und Prozesswärmebereich oder auch im Verkehr.

 

Zur Nutzung als Kraftstoff sind bereits Umsetzungsschritte im Gange, so hat das BMLFUW mit der OMV im Jahr 2005 ein 5-Punkte-Aktionsprogramm „zur Forcierung von Erdgas und Biogas als Kraftstoff im Verkehrssektor in Österreich“ abgeschlossen.

Hier muss stärker differenziert werden: Zwar bringt Erdgas als Kraftstoff eine Einsparung an Emissionen (CO2, Stickoxide, Feinstaub) gegenüber Benzin und Dieselkraftstoff, es schafft aber auch weitere Nachfrage nach diesem Energieträger, verfestigt damit die extreme Abhängigkeit von fossilen Energieträgern im Verkehrssektor ohne Fortschritt in der Energieeffizienz und ist daher kritisch zu sehen. Außerdem steht mit dem Elektroauto bereits eine neue, um Größenordnungen energieeffizientere Technologie am Horizont, die den „Zwischenschritt“ mit gasbetriebenen Autos in ein neues Licht stellt.

Die Nutzung von Gas als Kraftstoff als Brückentechnologie muss daher jedenfalls an die Einhaltung eines hohen Anteils von aufbereitetem Biogas – mindestens 25 Prozent – gekoppelt und von konsequenter steuerlicher Differenzierung zwischen Fossilgas und Biogas begleitet sein.

Eine andere Möglichkeit besteht, etwa für Flottenbetreiber, in lokalen Biogastankstellen, die aus einer mit einer Aufbereitungsanlage gekoppelten Biogasanlage gespeist werden, auch dazu existieren bereits Pilotprojekte. Dem starken Einsatz von Agrotreibstoffen (Biodiesel, Bioethanol) ist die Nutzung von Biogas als Kraftstoff aufgrund der wesentlich besseren Flächen- und ökologischen Effizienz und dem Schließen lokaler Stoffkreisläufe grundsätzlich aber vorzuziehen.

 

Studien sprechen von einem technisch nutzbaren Potenzial, mit dem einige Prozent des derzeitigen Erdgasverbrauchs durch biogene Gase abgedeckt werden könnten. Diese technischen Potenziale hängen jedoch stark von der Art der Substrate und der landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsweise ab.

 

Durch die derzeitige Nutzung von jährlich rd. 8,5 Mrd. m³ Erdgas entstehen rund 17 Mio. t CO2-Emissionen. Können Teile dieses Erdgases durch biogene Gase substituiert werden besteht auch ein erhebliches Reduktionspotenzial für Treibhausgasemissionen.

 

Österreich hat sich gegenüber der EU verpflichtet, seinen Anteil erneuerbarer Energie am gesamten Verbrauch auf 34 Prozent bis 2020 zu steigern[1] und hinkt nach wie vor seinen Klimazielen hinterher. Alleine diese Verpflichtungen machen es notwendig, gezielte Energieeffizienzmaßnahmen zu setzen und in die effiziente Nutzung erneuerbarer Energien zu investieren. Die Förderung biogener Gase kann aufgrund ihrer vielfachen Nutzungsmöglichkeiten einen Beitrag dazu leisten – dazu braucht es jedoch entsprechende Rahmenbedingungen. Beispielgebend kann dafür die Novelle zur Gas-Netzzugangsverordnung in Deutschland sein, die 2008 im Zuge der Umsetzung der Maßnahme 9 des Integrierten Energie- und Klimaprogramms der Bundesregierung in Kraft getreten ist.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft werden aufgefordert, umgehend einen Entwurf für ein Biogas-Fördergesetz vorzulegen.

 

Das Ökogasgesetz (Artikelgesetz) soll sich an der deutschen Gasnetzzugangsverordnung orientieren und folgende Eckpunkte umfassen:

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie vorgeschlagen.

 



[1] Der Entwurf der entsprechenden EU-Richtlinie fordert, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass „Gas aus erneuerbaren Energiequellen bei der Anlastung der Fernleitungs- und Verteilungstarife nicht benachteiligt wird“ (Quelle: Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 17. Dezember 2008 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2009/.../EG  des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen)