522/A(E) XXIV. GP
Eingebracht am 11.03.2009
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Schwentner, Freundinnen und Freunde
betreffend Ausdehnung des Diskriminierungsschutzes auf Medien und Werbung
Fast täglich wird von Unternehmen mit Sujets geworben, die sexistisch und diskriminierend wirken und Irritation und auch Protest hervorrufen. Diese Werbeinhalte lassen Geschlechterstereotype immer wieder neu aufleben. Das Geschlecht wird dabei oft als Blickfang für eine Produktpräsentation benutzt und damit als Sex-Symbol missbraucht. Sexuell anzügliche Darstellungen oder stereotypische Zuschreibungen führen jedoch dazu, dass durch Werbung Sexismus und Vorurteile gefördert werden. Darüber hinaus werden Menschen, insbesondere Frauen, immer wieder auf ihre Sexualität reduziert oder mit Konsumartikeln gleichgesetzt. Sexualisierte weibliche Körper, zunehmend aber auch männliche, dienen als „eye-catcher“. Durch diese Formen der sexualisierten oder klischeehaften Darstellung werden die bestehende gesellschaftliche Diskriminierung und eine Form von struktureller Gewalt gegen Frauen verstärkt.
Sowohl Frauen als auch Männer wird durch Werbung suggeriert, dass sie die oft überhöhten Erwartungen (z.B.: die perfekte Mutter, die Powerfrau mit Modelfigur, der technisch versierte Heimwerker, der erfolgreiche Geschäftsmann) zu erfüllen hätten. Eine verfälschte Wahrnehmung des eigenen Körpers sowie der eigenen privaten und beruflichen Leistungen kann eine Konsequenz dieser Werbung sein. Ein Beispiel für die indirekten negativen Auswirkungen von inadäquaten Ansprüchen und Erwartungshaltungen ist mitunter die große Zahl der Betroffenen von Essstörungen, die versuchen so auszusehen, wie es ihnen die Werbung ständig anhand von retouchierten Idealbildern präsentiert.
In Österreich ist sexistische und frauenfeindliche Werbung nicht gesetzlich verboten. Werbeinhalte, die Frauen in einer Weise darstellen, die als herabwürdigend, diskriminierend, sexistisch oder anstößig empfunden werden können, oder Werbeinhalte, die auf stereotype Darstellungen von Frauen und Männern zurückgreifen, können derzeit nur mittels einer Beschwerde beim Österreichischen Werberat beanstandet werden. Der Werberat hat die Aufgabe die „Selbstdisziplin der Werbung zu fördern“ (Artikel 2, Geschäftsordnung des ÖR). Im Falle einer Beschwerde beim Werberat kommt es zu einem Beschwerdeverfahren, das als schwerwiegendste Sanktion die „Aufforderung zum sofortigen Stopp der Werbekampagne oder des Werbesujets“ vorsieht. Die meisten Beanstandungen beim Werberat im Jahr 2008 betrafen Frauendiskriminierung (28 Fälle) und sexistische Darstellungen (25 Fälle). Im Jahr 2008 gingen es beim Werberat 227 Beschwerden ein, die sich auf 133 Sujets bezogen. Ein sofortiger Stopp der Werbekampagne wurde seitens des Werberates im Jahr 2008 lediglich in vier Fällen gefordert. Bei vielen Sujets, die als frauenfeindlich oder diskriminierend empfunden werden (zB der TV Spot „Fußball“ oder eine steirische Äpfelwerbung mit tiefem Dekolleté) gab es keinen Werbestopp.
Es stellt sich daher die Frage welcher Grad an Abwertung, Diskriminierung und Sexismus in der Werbung nötig ist, damit eine sofortige Absetzung einer Werbekampagne gefordert wird. Das macht ein Versagen des Selbstregulationsmechanismus offensichtlich. Eine unabhängige Stelle, die mit fundiertem ExpertInnenwissen zu Geschlecht, Geschlechterverhältnissen, Sexismus und Diskriminierung ausgestattet ist, gibt es derzeit nicht. Die nachträgliche „Selbstkontrolle“ durch den Werberat zeigt auch deshalb wenig Wirkung, weil sie nur tätig wird, wenn eine Werbekampagne bereits einer breiten Öffentlichkeit bekannt ist und somit keinen präventiven Charakter hat. In Norwegen und Dänemark sowie in einigen Schweizer Kantonen ist sexistische Werbung per Gesetz verboten. Schweden und die Schweiz haben außerdem Gesetze gegen frauenfeindliche Medieninhalte.
Österreich hat sich durch die UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau unter anderem verfassungsrechtlich dazu verpflichtet „alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau durch jedwede Personen, Organisationen oder Unternehmen zu ergreifen. (Art. 2 lit e). Im Rahmen der Empfehlungen des UNO Komitees zur Beseitigung der Diskriminierung von Frauen im Februar 2007 wird in Punkt 11 der abschließenden Bemerkungen folgendes angemerkt:
Das Komitee sei besorgt über das Bestehen tief verwurzelter traditioneller Einstellungen und Klischees in Bezug auf Rollen und Pflichten von Frauen und Männern in Familie und Gesellschaft in Österreich. Dies stelle signifikante Hindernisse für die praktische Umsetzung des Grundsatzes der Gleichheit von Frauen und Männern, wie in Art. 2(a) der CEDAW gefordert, dar. Daher empfiehlt das Komitee vor allem die Einbeziehung verschiedenster Medien, wie zum Beispiel Radio, Fernsehen und Druckmedien. Dies spricht für eine Verankerung des Bereichs der Werbung und Medien in den Diskriminierungsschutz im Rahmen des Gleichbehandlungsgesetzes.
Auch der Vertrag von Amsterdam sieht die Verpflichtung zur Berücksichtigung einer Gleichstellungsperspektive in allen Politikbereichen und Ebenen vor. Ein Schwerpunktbereich des Fahrplanes der Europäischen Kommission für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2006-2010) ist die Beseitigung der Geschlechterstereotype. Wenn es gelingen soll, dass Geschlechterklischees zurückgedrängt werden, dann muss auch der Bereich der Medien, insbesondere der Werbung, miteinbezogen werden. Eine Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. September 2008 zu den Auswirkungen von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern (2008/2038(INI)) bietet Ansatzpunkte für Maßnahmen zur Vermeidung von geschlechterdiskriminierender Werbung.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Bericht betreffend der Möglichkeiten eines gesetzlichen Diskriminierungsschutzes in den Bereichen Werbung und Medien entsprechend den oben genannten Zielsetzungen vorzulegen.
Dieser Bericht hat insbesondere folgende Punkte zu enthalten:
·
Erarbeitung von Richtlinien für die
Präsentation von Frauen und Männern in Werbung und Medien
·
eine Studie über die Möglichkeiten einer
gesetzlichen Verankerung eines Diskriminierungsverbotes in Werbung und Medien
im Gleichbehandlungsgesetz
· die Entwicklung von Sensibilisierungsaktionen gegen sexistische Beleidigungen oder entwürdigende Bilder von Frauen und Männern in der Werbung und im Marketing
· Maßnahmen zur Verhinderung von Geschlechterstereotypen in den Medien und in der Werbung, die von Bildungsstrategien und Maßnahmen flankiert werden sollten, um das Bewusstsein von frühester Kindheit an zu schärfen und die Kritikfähigkeit von Jugend an zu entwickeln
· Konzeption von Bildungsinitiativen, die im Geiste der Toleranz entwickelt wurden und die alle Formen von Stereotypisierung unterlassen, sowie die Kultur der Geschlechtergleichstellung mit Hilfe von geeigneten Bildungsprogrammen zu fördern
· Maßnahmen, wie Botschaften, die die menschliche Würde verletzen und Geschlechterstereotype vermitteln, in Lehrbüchern, Spielzeug, Video- und Computerspielen, dem Internet und neuen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie aus der Werbung über unterschiedliche Medien verhindert werden können
· Maßnahmen, die gewährleisten, dass Marketing und Werbung die Achtung der menschlichen Würde und der Unversehrtheit der Person garantieren, weder unmittelbar noch mittelbar diskriminierend sind noch irgendeine Aufstachelung zum Hass aus Gründen des Geschlechts, der rassischen oder ethnischen Herkunft, der Religion oder des Glaubens, der Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung aufweisen und auch kein Material enthalten, das, wenn es im jeweiligen Zusammenhang beurteilt wird, Gewalt gegen Frauen billigt, fördert oder verherrlicht
·
Eingehende Forschung und
wissenschaftliche Studien über den Zusammenhang zwischen Geschlechterstereotypen
in Werbung und Medien und der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts als
Basis für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der
Antidiskriminierungsgesetzgebung
· Aus- und Weiterbildungsangebote zur Sensibilisierung für eine sexismus- und diskriminierungsfreie Darstellung von in Werbung und Medien für Menschen, die professionell im Medienbereich oder in der Werbewirtschaft tätig sind
· Möglichkeiten für die breite Bekanntmachung und formelle Einführung einer Verleihung von Preisen für Werbung, die am besten mit den Geschlechterstereotypen bricht und die ein positives oder bejahendes Bild von Frauen und Männern und ihren Beziehungen vermittelt.
· Geeignete Maßnahmen seitens der Politik, die positiv auf die Erweiterung der ethischen Verhaltenskodizes der Werbewirtschaft in Bezug auf die Vermeidung von Geschlechterstereotypen hinwirken.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.