759/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 18.09.2009
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Klimaschutz in der Landwirtschaft

 

 

 

 

Die Landwirtschaft trägt unmittelbar 10 – 12 Prozent zu den globalen Treibhausgasen bei. Berücksichtigt man die Emissionen, die durch eine Veränderung der Landnutzung wie Entwaldung, Grünlandumbruch oder Entwässerung von Mooren freigesetzt werden und die Emissionen, die bei einer sehr energieintensiven Produktion entstehen, dann entfällt ein Anteil von bis zu 32 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen auf die Landwirtschaft. Vor allem bei Lachgasen (N2O) und Methan (CH4), zwei Gasen mit einem wesentlich höheren Treibhauspotential als Kohlendioxid (CO2), gehört die Landwirtschaft zu den Hauptemittenten. Aber auch am CO2-Ausstoss hat sie durch ihren Energieverbrauch einen relevanten Anteil.

 

Der Anteil der Landwirtschaft an den Treibhausgasemissionen in Österreich im Jahr 2005 wird vom Umweltbundesamt (2007) mit 8,4% beziffert. Wenn man die Vorleistungen der Landwirtschaft (u.a. Herstellung der Mineraldünger, Pflanzenschutzmittel) mit berücksichtigt, dann mach der Anteil der Landwirtschaft 13-15% aus (die CO2-Emissionen dieser Vorleistungen werden aus statistischen Gründen der Industrie zugezählt).

 

Die Landwirtschaft spielt aber nicht nur als Emittentin eine Rolle, sondern sie hat auch ein großes Potenzial, der Atmosphäre CO2 zu entziehen und dieses als Kohlenstoff in Pflanzen oder der Humusschicht des Bodens zu binden. Daher ist die Landwirtschaft in die Klimaschutzpolitik mit einzubeziehen und der Klimaschutz als zentrales Ziel in der Gemeinsamen Agrarpolitik zu verankern. Alle Förderansätze müssen auf ihre Klimaauswirkungen überprüft und gegebenenfalls im Sinne des Klimaschutzes umgestaltet werden.

 

Ein weiterer wichtiger Ansatz, die klimarelevanten Emissionen in der Landwirtschaft zu reduzieren, ist der Ausbau des Biolandbaues. Die Klimabilanz des ökologischen Landbaus ist wesentlich besser als die der konventionellen Landwirtschaft. Eine kürzlich veröffentlichte Studie im Auftrag der AMA[1] brachte folgende Ergebnisse:

 

Die Biologische Landwirtschaft leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. So sind - bezogen auf die Fläche - die CO2-Emissionen in der pflanzlichen und tierischen Produktion 30 bis 66 % geringer. Trotz der geringeren Erträge sind bei mitteleuropäischen Bioprodukten die CO2-Emissionen pro kg Produkt noch immer um rund 7 bis 25% geringer (bei tierischen Produkten zum Teil noch viel mehr). Dies ist auf das Einsatzverbot von leicht löslichen Stickstoffdüngern, auf das geringere Stickstoffniveau (dadurch geringere Lachgasemissionen) aber auch auf die wesentlich geringeren Futtermittelimporte, v.a. im Hinblick auf Soja zurückzuführen. Sojaimporte aus Brasilien und Argentinien spielen in der konventionellen Landwirtschaft Österreichs und der EU eine zentrale Rolle. Sojaanbau in Südamerika, v.a. in Brasilien, hat jedoch gravierende Auswirkungen auf das Klima, weniger aufgrund der Transportaufwendungen als vielmehr aufgrund der enormen CO2-Emissionen durch Zerstörung von Tropenwälder und Savannenland, genannt auch „Land Use Change“, was erst in allerjüngster Zeit in seiner Deutlichkeit quantifiziert wurde. Darüber hinaus bringt die Humusmehrung im Biolandbau einen weiteren Vorteil hinsichtlich des Klimaschutzes. Durch die Humusgehaltszunahmen auf den Bio-Ackerflächen kommt es zu CO2-Bindungen in Mitteluropa von ca. 400-500 kg CO2/ha und Jahr. Die Vorteile der ökologischen Landwirtschaft liegen vor allem in signifikant niedrigeren Lachgas-Emissionen und im besseren Humusaufbau.

 

Die Anpassung an den Klimawandel und die Sicherung der Welternährung stellen die Forschung vor völlig neue Aufgaben. Daher sind diesbezügliche Forschungsanstrengungen erheblich zu stärken. Auf europäischer Ebene ist die EU-Kommission gefordert, die Etablierung einer Technologieplattform für Ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft unterstützen und dem Ökolandbau in ihren Forschungsrahmenprogrammen mehr Gewicht geben. Ebenso muss der Wissenstransfer in Entwicklungs- und Schwellenländer deutlich verbessert werden.

 

Mit dem Anbau nachwachsender Rohstoffe und der Erzeugung von Pflanzentreibstoffen kann die Landwirtschaft unter bestimmten Bedingungen einen Beitrag zur Substitution fossiler Energien und damit zum Klimaschutz leisten. Die energetische Nutzung von Biomasse macht jedoch nur dann Sinn, wenn ihre Klimabilanz positiv ist, sie den Naturhaushalt nicht schädigt und die Ernährungssicherheit nicht gefährdet. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass diese Zielsetzungen in vielen Gebieten der Erde nicht erfüllt werden, sondern Energiemonokulturen in Konkurrenz zu Naturschutzflächen und zur Nahrungsmittelerzeugung getreten sind. Diese Fehlentwicklungen sind zu stoppen. Der Anbau von Energiepflanzen bedarf daher strenger ökologischer und sozialer Vorgaben: Vorrang für die Nahrungsmittelproduktion, eine deutlich positive Klimabilanz, Schutz natürlicher Flächen, Erhalt von Grünlandflächen, Vermeidung von Monokulturen sowie das Verbot von Gentechnik.

 

Für die industrielle Tierhaltung muss ein Großteil der Futtermittel importiert werden. Vor allem die Eiweißfuttermittel stammen zu einem Großteil aus Entwicklungs- und Schwellenländern, die die Flächen zur Versorgung der eigenen Bevölkerung dringend benötigen. Die Abholzung von Regenwäldern, um Sojaanbauflächen auszuweiten, ist aus Sicht des Klima- und Artenschutzes katastrophal. Dem Import der Futtermittel steht der Export der Endprodukte gegenüber, der angesichts von Übermengen oder niedriger Weltmarktpreise immer wieder mit Exportsubventionen gefördert wird. Die industrielle Tierhaltung ist daher zu beenden und eine artgerechte, flächengebundene Tierhaltung zu stärken. Eine Begrenzung der Tierzahl auf zwei Großvieheinheiten pro Hektar sollte Voraussetzung für jegliche Agrarförderung sein.

 

Verbraucherinnen und Verbraucher können über ihren Ernährungsstil einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und eine klimagerechte Landwirtschaft fördern. Fleisch und seine Produktion sind besonders kritisch für das Klima. Bis zu neun Kilogramm Getreide sind nötig, um ein Kilogramm Fleisch zu produzieren. Ein Großteil der Futter-Energie geht also verloren. Auf 30 Prozent der Weltagrarflächen werden Futtermittel angebaut, gleichzeitig hungern eine Milliarde Menschen. Der überzogene Fleischkonsum führt auch zu vielfältigen gesundheitlichen Folgeproblemen wie Herzkrankheiten oder einem erhöhten Krebsrisiko. Weniger Fleisch zu essen nützt also nicht nur dem Klima, sondern auch der eigenen Gesundheit. Wer häufiger ökologisch, saisonal und regional einkauft, entlastet die CO2-Bilanz. Ein neues Labelling- und Zertifizierungssystem (Nachhaltigkeits-Gütesiegel) soll dazu beitragen, eine besonders klimafreundliche Produktion zu kennzeichnen.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, dem Nationalrat Gesetzesentwürfe zuzuleiten, die folgende Maßnahmen beinhalten bzw. auf EU-Ebene für folgende Maßnahmen einzutreten:

 

  1. Die Landwirtschaft ist in die Klimaschutzpolitik mit einzubeziehen und der Klimaschutz als zentrales Ziel in der Agrarpolitik zu verankern. Alle Förderansätze müssen auf ihre Klimaauswirkungen überprüft und gegebenenfalls im Sinne des Klimaschutzes umgestaltet werden.

 

2.      Das Anbaumanagement im Ackerbau ist zu verbessern und nach den Prinzipien einer nachhaltigen Humuswirtschaft auszurichten. Grünland ist wieder wirtschaftlich attraktiv zu machen sowie dazu beizutragen, dass degradierte Flächen (wieder) begrünt werden.

 

  1. Der Biolandbau ist aufgrund seiner besseren Klimabilanz auf nationaler Ebene und im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik zu stärken und angemessen zu honorieren.

 

  1. Die EU-Kommission ist aufzufordern, dem Biolandbau in ihren Forschungsrahmenprogrammen mehr Gewicht zu geben.

 

  1. Der mit hohen klimarelevanten Emissionen verbunden Einsatz von Stickstoffdüngern ist zu optimieren (reduzierter und bedarfsgerechter Einsatz).

 

  1. Eine Nachhaltigkeitszertifizierung für die Biomasse-Herstellung (positive Klimabilanz, Schutz natürlicher Flächen, Erhalt von Grünlandflächen, Vermeidung von Monokulturen, Ausschluss gentechnisch veränderter Pflanzen) ist zu etablieren und eindeutig sicherzustellen, dass die Nahrungsmittelversorgung Vorrang hat.

 

  1. Es ist klarzustellen, dass die Agro-Gentechnik auch im Hinblick auf den Klimawandel keine zum Ziel führenden Ansätze bietet.

 

  1. Die Sojaimporte aus Südamerika sind schrittweise zu reduzieren und durch eine europäische Eiweißfuttermittelerzeugung zu substituieren. Eine kreislauforientierte, artgerechte und flächengebundene Tierhaltung ist zu forcieren. Eine Begrenzung der Tierzahl auf zwei Großvieheinheiten pro Hektar sollte Voraussetzung für jegliche Agrarförderung sein.

 

  1. Die Konsumenten und Konsumentinnen sind zu einer klimabewussten Ernährung anzuregen. Ein neues Labelling- und Zertifizierungssystem („ökologischer Fußabdruck“) soll dazu beitragen, eine besonders klimafreundliche Produktion zu kennzeichnen.

 

  1. Im Rahmen der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit ist eine klimaangepasste, regionale und die Biodiversität schonende Landwirtschaft in den Entwicklungsländern zu fördern.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft vorgeschlagen.



[1] Was leistet der Biologische Landbau für die Umwelt und das Klima“, Werner Müller, Thomas Lindenthal (FiBL Österreich)