845/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 05.11.2009
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Grünewald, Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend sofortigem Notbudget von 200 Mio. Euro für Universitäten

 

 

21. April 2009 (ots, Homepage www.bmwf.gv.at): „Wissenschaft und Forschung sind klare Schwerpunkte der Regierungsarbeit, die sich im Budget deutlich wiederfinden“, betont Wissenschafts- und Forschungsminister Hahn. „Bei allen Eckpfeilern des Budgets – bei den Universitäten, den Fachhochschulen sowie der Forschung – gibt es ein Plus.  Wissenschaft und Forschung brauchen eine stabile und verlässliche Finanzierung – dies wird mit dem vorliegenden Budget gewährleistet“, so der Minister. „Der Wachstumspfad wird fortgeführt - der Wissenschafts- und Forschungsstandort Österreich weiterhin gestärkt und ausgebaut.“ Johannes Hahn sieht im Wissenschafts- und Forschungsbudget "die erforderliche Basis gelegt, um die Krise zu meistern und den kommenden Aufschwung zu nutzen. Wir gehen mit Stärke durch die Krise."

Was vor wenigen Monaten seitens des Wissenschaftsministers noch als Vorwärtsstrategie für die Universitäten dargestellt wurde, entpuppt sich in Wirklichkeit als völlig unzureichend, um dem großen Handlungsbedarf und den krisenhaften Budgetsituationen auf den Universitäten auch nur annähernd gerecht zu werden. .

 

Der Ruf des Wissenschaftsministers nach der Wiedereinführung der Studiengebühren, die Gespräche um bzw. die Empfehlungen zur Anwendung des „Notfallparagraphen 124b“ zur Einführung von Zugangsbeschränkungen in „überlaufenen“ Studienrichtungen, die gravierenden Ressourcenmängel in Bezug auf Betreuungsverhältnisse, teilweise unvorstellbare und baupolizeilich untragbare Zustände an verschiedenen Instituten haben den Studierenden in Österreich gereicht:

 

Gebrochene Versprechen:

Alle Parlamentsparteien bekannten sich bereits 2007 einstimmig dazu, bis 2020 2% des BIP für Universitäten und Fachhochschulen aufzuwenden.  Am 24. September 2008 hat der Nationalrat neuerlich einen Beschluss über den dazu notwenigen Budgetpfad gefasst und die Regierung auffordert, eine ausreichende Finanzierung der Universitäten sicherzustellen. Neben der weitgehenden Abschaffung der Studiengebühren wurden  konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der universitären Ressourcen beschlossen. Diese Anträge warten immer noch auf die Umsetzung. Sämtliche Versprechungen und Ankündigungen betreffend einen Ausbau der Universitäten und die Beseitigung der massiven Unterfinanzierung der Hochschulen haben sich in Luft aufgelöst. Zwar findet sich im Koalitionspakt noch ein grundsätzliches Bekenntnis zum Budgetpfad, 2 Prozent des BIP für den tertiären Sektor aufzuwenden, ein Zeithorizont wurde bis vor kurzem allerdings im Unterschied zu den Zusagen vor der Wahl nicht mehr genannt:

 

APA477 03.Nov 09 Zieljahr für Steigerung der Hochschulausgaben fixiert 

 

„Was bei der Regierungsbildung noch nicht möglich war, ist nun offensichtlich unter dem Eindruck der Situation an den Unis gelungen: Die Regierung hat sich geeinigt, die Mittel für den Hochschulsektor bis 2020 auf zwei Prozent des BIP aufzustocken –im Regierungsprogramm fehlte das Zieljahr noch. Damit wurde auch einer Forderung des Präsidenten der Universitätenkonferenz (UNIKO), Christoph Badelt, entsprochen.“
 
Defizite und Mängel werden beschönigt oder negiert:
UNIKO Präsident Badelt wies mehrfach darauf hin, dass den Universitäten eine Milliarde Euro fehlt. Auch der Vorsitzende des Rates für Forschung und Technologieentwicklung (FTE), Knut Consemüller, weist auf die Unterdotierung der Universitäten und den Mangel an ForscherInnen in Österreich hin. Laut dem Rat für FTE liegt der Wachstumspfad des Budgets deutlich unter dem, der zur Zielerreichung (2 % am BIP) notwendig wäre.

 

Weitgehend fehlende hochschulpolitische Strategien und der Mangel an klaren Zielvorstellungen der Regierung machen Österreich weiter zum europäischen Nachzügler. Beschönigung und Leugnung internationaler Daten war die Reaktion des verantwortlichen Ministers, Zulassungsbeschränkungen und der Wunsch nach Wiedereinführung von Studiengebühren zeigen eine ausschließlich defensive Politik.

Das Hochschulbudget gemessen am BIP ist der wichtigste und aussagekräftigste Indikator für die Messung der Hochschulausgaben eines Landes. In Österreich stagniert es seit 2000 bei rund 1 %, sinkt tendenziell sogar, und liegt damit signifikant unter dem OECD Schnitt. Vorbildnationen wie Finnland und Schweden geben ca. 1,7 % am BIP  für ihre Hochschulen aus. Das ist das wesentliche Hemmnis in der Weiterentwicklung der österreichischen Bildungs- und Forschungspolitik: die im internationalen Vergleich offensichtliche Unterdotierung der Universitäten!

Österreich Nachzügler im OECD Ranking:

Neben der schulischen Bildung wird auch der  tertiäre Bildungsbereich von der österreichischen Regierung vernachlässigt: Seit Jahren kritisiert die OECD unsere schlechten Studierenden und AkademikerInnenquoten. Österreich hat zu wenig Studierende hat!

 

Dazu die OECD Indikatoren in „Bildung auf einen Blick 2009": Die Steigerungsraten der Abschlüsse im Tertiärbereich verfolgt über acht Jahre liegen in Österreich signifikant unter dem OECD Schnitt (3.7 versus 4.5 %). Irland, Polen, Portugal, Spanien und Türkei weisen Steigerungsraten über 7% auf. Studienanfängerquoten im Tertiärbereich A (Unis). Hier liegt Österreich mit knapp 40 % im untersten Viertel der OECD Staaten, die im Schnitt 15 % höher liegen. Rechnet man hier die ausländischen Studierenden heraus, verschlechtert sich die Position Österreichs nochmals.

 

Personalnot:

Aufgrund der restriktiven Budgets wurden weiters über Jahre wichtige Professuren nicht nach besetzt und ein Mangel an HochschullehrerInnen bedingt Betreuungsverhältnisse für Studierende, die nicht tragbar sind, deutlich unter dem EU Schnitt liegen und zu Studienverzögerungen führen. Geradezu skandalös ist die Beschönigung dieses Problems durch nachweislich falsche Studien, die noch dazu in Pressekonferenzen die Realität verschleiern sollen.

 

Das Betreuungsverhältnis (Anzahl der Studierenden je Lehrendem) in Österreich hat sich in den letzten Jahrzehnten an öffentlichen Universitäten sogar verschlechtert: Die Zahl der ProfessorInnen folgte nicht im selbem Ausmaß dem Anstieg der Studierendenzahlen. Im Wintersemester 2007 (Stichtag: 8. Februar 2008) waren an öffentlichen Universitäten mit 233.000 Studierenden rund 2.000 ProfessorInnen tätig. Auf eine Professur entfielen somit rund 115 Studierende. Im Studienjahr 1980/81 gab es rund 1.750 ProfessorInnen, wobei auf eine Professur nur 66 Studierende entfielen Österreich liegt somit mit einem Betreuungsverhältnis von 18,3 Studierenden pro Vollzeitäquivalent Lehrpersonal (WS 2007/2008) deutlich über dem OECD-Schnitt von 15,7 (Quellen: Statistisches Taschenbuch BMWF 2008; Bildung in Zahlen 2006/2007). Laut Universitätsbericht 2008 werden zwischen 2009 bis 2010 voraussichtlich 580 ProfessorInnenstellen aufgrund von Pensionierungen/Emeritierungen vakant – womit mehr als ein Viertel aller Stellen neu zu besetzen sind.

 

Raumnot:

Zahlreiche Universitätsstandorte klagen über Raumnot, Sanierungsbedarf  und die Nichterfüllung von ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen. Von Seiten der UNIKO wurden unter dem Titel „Großsanierungen“ die offenen Bau- und Sanierungsprojekte (Stand August 2009) mit einen Finanzierungsbedarf von 1,6 Milliarden Euro für die Errichtungskosten und zusätzlich 300 Millionen für Einrichtungskosten erhoben. Die Details hinsichtlich der Umsetzung werden mit den Universitäten im Rahmen der Leistungsvereinbarung verhandelt.

 

Mit der Autonomie der Universitäten wurde von den Rektoren auch die Übernahme universitärer Liegenschaften gefordert. Das ursprüngliche Versprechen, diesem Wunsch zu entsprechen, wurde von der Regierung nicht eingelöst.

Universitäten zahlen jährliche Mieten an die Bundesimmobilienverwaltung (BIG) in der Höhe von rund 200 Millionen Euro. Allein die Veterinärmedizinischen Universität Wien zahlt 50 % ihres Budgets an die BIG! Alle notwendigen Sanierungsmaßnahmen führen zudem zu weiteren Mieterhöhungen, die kaum mehr zu bewältigen sind.

 

Viele Studierende an Armutsgrenze:

Eine große Belastung für viele Studierende ist die Vereinbarkeit von Studium und Arbeit. Zuletzt lag die Erwerbstätigkeitsquote von Studierenden bei über 80 Prozent (Bericht über die soziale Lage der Studierenden BMWF). Nach der de facto Abschaffung der Studiengebühren wird diese Quote zwar hoffentlich wieder sinken, denn vor allem die Erwerbstätigkeit neben der Berufsausbildung führt oft zu Zeitverzögerungen im Studium und dadurch zum Verlust der wichtigen Beihilfen, trotzdem ist eine Reparatur unseres Stipendiensystems notwendig: Denn weniger als 20 % der Studierenden in Österreich beziehen Studienbeihilfe.


 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, sämtliche im Nationalrat am 24. September 2008 beschlossenen Forderungen betreffend die Finanzierung der Universitäten rasch umzusetzen.  Weiters soll den Universitäten noch heuer ein „Notbudget“ von 200 Mio. Euro zur Verfügung  zur Verfügung gestellt werden.

 

Dabei sollen 100 Millionen Euro aus dem Budget als Sondermittel zugewiesen werden, um 100 ProfessorInnenstellen nach zu besetzen, 100 neue wissenschaftliche MitarbeiterInnen zu finanzieren und einige der dringlichsten Bau- und Sanierungsprojekte vorzuziehen.

 

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, Maßnahmen zu treffen, die zu einer 50 %igen Mietreduktion durch die BIG führen und somit die universitären Budgets um weitere 100 Mio. Euro entlasten. Damit soll etwa die dringend notwendige Ausweitung von Stipendien bzw. der Zahl der StudienbeihilfebezieherInnen auf EU-Schnitt umgesetzt werden.

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Wissenschaftsausschuss vorgeschlagen.