86/A XXIV. GP
Eingebracht am 03.12.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Antrag
der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Dr. Haimbuchner und weiterer Abgeordneter
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof wegen Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit (Grundrechtsbeschwerde-Gesetz - GRBG), BGBl. Nr. 864/1992, geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof wegen Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit (Grundrechtsbeschwerde-Gesetz - GRBG), BGBl. Nr. 864/1992, geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundesgesetz über die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof wegen Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit (Grundrechtsbeschwerde-Gesetz GRBG), BGBl. Nr. 864/1992, wird wie folgt geändert:
Dem § 10 wird folgender Satz angefügt:
„Der Oberste Gerichtshof entscheidet über das Vorliegen von Tatverdacht und Haftgründe nach Maßgabe eigener Beweiswürdigung und eigener Tatsachenfeststellungen aufgrund der Aktenlage.“
Begründung
Die im Nationalrat vertretenen Parteien und Vertreter des Grundrechtskonvents einschließlich gewichtiger Vertreter der Justiz und der Rechtsanwaltschaft sowie des langjährigen Richters beim europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Univ.-Prof. DDr. Franz Matscher haben sich dazu bekannt, dass im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdegesetzes der Oberste Gerichtshof über das Vorliegen von Tatverdacht und Haftgründen nicht anhand von Nichtigkeitsgründen, sondern nach Maßgabe eigener Beweiswürdigung und eigener Tatsachenfeststellungen aufgrund der Aktenla-ge entscheiden sollte, weil nur dies dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie den damit seinerzeit verbundenen gesetzgeberischen Intentionen entsprächen. Eine Gesetzesinitiative wäre diesbezüglich dann erforderlich, wenn die Judikatur in verfestigter Weise in eine andere Richtung ginge und eine Selbstkorrektur sich nicht abzeichnete. Dies ist nach den Expertenberichten der Fall, wobei insbesondere auch von den Justizvertretern klargestellt wurde, dass die aktuelle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in diesem Punkt keinerlei Abgehen von ihrer zuletzt eingeschlagenen Richtung zeigt und eine solche im Zuge der Judikaturentwicklung nicht erwartet werden kann.
Somit bedarf es nunmehr des Einschreitens des Gesetzgebers. Da der Vertreter des Bundesministeriums für Justiz bereits im Vorfeld keine Bereitschaft zu einer vom BMJ ausgehenden Gesetzesinitiative zeigte, sondern die (von Expertenseite - einschließlich der hochrangigen Vertreter der Justiz selbst - beim Konvent einhellig kritisierte) jüngere Judikaturlinie befürwortete und beim Konvent nach seiner im Rahmen der Diskussion abgegebenen, die neu Judikatur verteidigenden Stellungnahme wegging, ohne die - durchwegs ablehnenden - Reaktionen anzuhören und sich mit ihnen argumentativ auseinanderzusetzen), wird dies realistischerweise nur in Form eines Initiativantrages möglich sein.
Angesichts des Umstandes, dass das Grundrechtsbeschwerdegesetz 1993 auf kurzem Wegen aus einem von allen Parlamentsparteien getragenen Initiativantrag heraus entstanden ist, sollte es nun auf ebenso kurzem Wege (sei es so wie damals durch einen Initiativantrag im Nationalrat, sei es im Wege einer entsprechenden Regierungsvorlage) ermöglicht werden, den ursprünglichen Zweck dieses Gesetzes wiederherzustellen und solcherart den (vom Gesetzgeber bereits damals intendierten) umfassenden Rechtsschutz durch den OGH als Tatsacheninstanz in diesem spezifischen Bereich der Provisiorialhaft wieder voll zu gewährleisten.
Dies entspricht auch den im juristischen Schrifttum erhobenen Forderungen an den Gesetzgeber (vgl. etwa den eindringlichen Aufruf des langjährigen Leiters der Sektion für Strafrechts- und Gnadensachen im Bundesministerium für Justiz Generalanwalt Prof. Dr. Christoph Mayerhofer in: Das österr. Strafrecht Dritter Teil - 1. Halbband, 5. Auflage, Nebenstrafrecht, Seite 478: ,,Ein zusätzlicher Satz im § 10 Grundrechtsbeschwerdegesetz könnte den ursprünglichen Sinn des Gesetztes wiederherstellen. Das Anliegen wäre eine solche Novelle wert".)
Angesichts der aufgezeigten Entwicklung in dem essenziellen Bereich des Schutzes des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention liegt insofern ein Einschreiten des Gesetzgebers im Interesse der Justiz, der Wissenschaft, der Rechtsanwaltschaft und der (übrigen) Bevölkerung.
In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Justizausschuss zuzuweisen.