889/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 19.11.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Keck, Eßl, Vock, Brunner, Spadiut

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend der Verbesserungen der EU-Tierschutzstandards im Allgemeinen und Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Transport im Besonderen

 

Österreich weist im europäischen Vergleich mit der Schaffung des Bundestierschutzgesetzes in vielen Bereichen einen vorbildhaften Tierschutzstandard auf.

 

Die Ergebnisse von Eurobarometer-Umfragen (u.a. zu den Themen Tiertransporte, EU Tierschutzaktionsplan, Klonen von Nutztieren) beweisen eindrucksvoll, dass den Bürger und Bürgerinnen Europas der Tierschutz ein wichtiges Anliegen ist. Es herrscht Übereinstimmung unter den Menschen, dass Tiere leidensfähige Lebewesen sind und unseren Respekt und Schutz verdienen. Tierschutz betrifft eine Vielzahl ethischer, sozialer und wirtschaftlicher Fragen und ist damit eine Herausforderung für die Politik und die europäische Zivilisation und Kultur.

 

Millionen von Versuchstieren werden sinnlos und ohne Berücksichtigung ethischer Belange gequält. Trotz der Einführung des 3R-Prinzips (Replacement, Reduction, Refinement), wodurch der Einsatz von Tieren in der Forschung und Produktzulassung vermindert werden soll, ist die Anzahl der Tierexperimente in einigen Bereichen (z.B. in der Biotechnologie), ansteigend. Bei der Entwicklung und Herstellung kosmetischer Inhaltsstoffe sind zwar ab 11. März 2009 keine Tierversuche mehr erlaubt, von diesem Verkaufsverbot sind jedoch bis zum Jahre 2013 drei Giftigkeitstests ausgenommen. So lange diese Tests nicht durch tierversuchsfreie Methoden ersetzt werden, gibt es für die europäischen Konsument und Konsumentinnen keine Sicherheit, endlich Kosmetika kaufen zu können, die ohne Tierleid produziert wurden.

 

1.      Entwicklung der Europäischen Tierschutzgesetzgebung

Die Europäische Kommission nimmt den Themenbereich Tierschutz zunehmend in die EU Gesetzgebung auf und tritt auf internationaler Ebene für höhere Tierschutzstandards ein. In der Rückschau ist die erste Rechtssetzung der Gemeinschaft zu landwirtschaftlichen Nutztieren bereits 1974 angenommen worden und betraf das Betäuben der Tiere vor dem Schlachten. Die Beachtung der Grundprinzipien des Tierschutzes, der sog. fünf Freiheiten (Freiheit von Unbehagen, von Hunger und Durst, von Angst und Leiden, von Schmerz, Verletzung und Krankheit, zum Ausleben normaler Verhaltensweisen), ist unverzichtbar und die EU hat bereits unterschiedliche praktische Schritte unternommen, um wirkliche Verbesserungen im Tierschutz sicherzustellen.

 

2.      Tierschutzaktionsplan 2006 bis 2010

In diesem Zusammenhang ist der Aktionsplan der Gemeinschaft zum Schutz und Wohlergehen von Tieren von der Europäischen Kommission am 23. Januar 2006 angenommen worden. Hierin kommt die Kommission ihrer gegenüber EU-Bürgern, Interessengruppen, Europäischem Parlament und Rat eingegangenen Verpflichtung nach, ihre Tierschutzinitiativen für die kommenden Jahre klar und umfassend darzulegen.

 

3.      Tierschutzkennzeichnung

Am 28. Oktober 2009 genehmigte die Europäische Kommission einen Bericht, in dem sie zur Einleitung einer intensiven Diskussion mit den anderen Institutionen  verschiedene Aspekte der Tierschutzkennzeichnung beleuchtet. Allgemein sollen Verbraucher die Möglichkeit bekommen, beim Kauf Produkte aus artgerechter Haltung einfacher erkennen und wählen zu können, wodurch die Produzenten einen wirtschaftlichen Anreiz für die Verbesserung des Tierschutzes hätten. Der Bericht enthält auch mehrere Szenarien für die Einrichtung eines europäischen Netzes von Referenzzentren für den Tierschutz. Ein solches Netz nach dem Vorbild der gemeinschaftlichen Referenzlaboratorien für Tiergesundheit könnte bei der Entwicklung und Durchführung tierschutzpolitischer Maßnahmen, auch bei der Bescheinigung und Kennzeichnung, fachliche Unterstützung bieten. Dem Bericht liegen eine externe Studie und eine umfassende Befragung von Betroffenen zugrunde; die Kommission reagiert damit auf die Schlussfolgerungen des Rates „Landwirtschaft“ vom Mai 2007, in denen sie zur Vorlage eines Berichts als Grundlage für eine intensive Auseinandersetzung mit der Tierschutzkennzeichnung aufgefordert wird. In dem Bericht wird keine der aufgezeigten Optionen favorisiert, aber es wird deutlich gemacht, welche am ehesten durchführbar sind. Eine solche Option für transparente Verbraucherinformationen sind beispielsweise vereinheitlichte Anforderungen für freiwillige Tierschutzangaben. Eine andere wäre ein freiwilliges Tierschutzlabel der Gemeinschaft, das unter bestimmten Bedingungen frei verwendbar ist.

 

4.      Tiertransporte in Europa

Im Artikel 32 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen wird festgeschrieben, dass innerhalb von vier Jahren – im Jänner 2011 - die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Auswirkungen dieser Verordnung auf das Wohlbefinden transportierter Tiere und auf die Handelsströme mit lebenden Tieren in der erweiterten Gemeinschaft unterbreitet. Insbesondere sind in dem Bericht die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Bedürfnisse der Tiere und der Bericht über die Anwendung des Navigationssystems sowie die sozioökonomischen Auswirkungen dieser Verordnung, einschließlich regionaler Aspekte, zu berücksichtigen. Diesem Bericht sind, falls erforderlich, geeignete legislative Vorschläge über lange Beförderungen, insbesondere die Beförderungsdauer, Ruhezeiten und das Raumangebot beizufügen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, auf EU-Ebene für folgende Maßnahmen zur Verbesserung der rechtlichen Bedingungen landwirtschaftliche Nutztiere, Heimtiere und Versuchstiere für nachfolgende Punkte einzutreten:

 

1.      Sofortige Umsetzung des EU-Tierschutz-Aktionsplans durch rechtliche Regelungen, Einbindung von neuesten wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnissen, verstärkte Kommunikation, marktbegünstigende Maßnahmen für Produkte aus artgerechter Haltung und Gewährleistung einer konsequenten Einbeziehung der Tierschutzbelange in gemeinschaftliche Politikbereiche.

 

2.      Weiterentwicklung des Tierschutz-Aktionsplans und Einbindung aller Interessensgruppen in den Entscheidungsprozeß.

 

3.      Entwicklung einer mit dem Vertrag von Amsterdam (Tierschutz-Protokoll) kohärenten Politik sowie Evaluierung der diesbezüglich gesetzten Maßnahmen.

 

4.      Konsequente Umsetzung des EU-Tierschutzrechtes in allen Mitgliedsstaaten und damit verbunden verstärkte Kontrollen.

 

5.      Sofortige Umsetzung eines generellen Importverbotes von Robbenfellen und Robbenprodukten in allen Mitgliedsstaaten.

 

6.      Betreffend Tiertransporte ist gemäß den folgenden drei Prinzipien so wenig als möglich, so kurz als möglich, so gut als möglich eine wesentliche Verbesserung anzustreben.  Dies wäre insofern zu erreichen, als im Bereich der Schlachttiertransporte die Regeltransportdauer von maximal 8 Stunden eingehalten und nur im begründeten Ausnahmefall eine Transportdauer von 12 Stunden nicht überschritten werden darf.

 

7.      Ein Verweis auf die IATA „Live Animal Regulations“ in der Tiertransportverordnung ist auch für andere als Lufttransporte wünschenswert, so dass auch für die Transportanforderungen anderer, nicht explizit in der Verordnung erwähnter Tierarten, eine einheitliche Orientierungshilfe für Kontrollorgane und Gutachter zur Verfügung steht.

 

8.      Im Sinne einer Vereinheitlichung sollte nicht zwischen Anforderungen für Transporte bis 50 km (Art1) und Transporte bis 65 km (Art6) unterschieden werden. Die Distanzen sind in Art. 1 und Art 6 der Tiertransportverordnung auf einen Radius von 100 km zu erweitern.

 

9.      In der Tiertransportverordnung ist eine detailliertere Definition von „wirtschaftlicher Tätigkeit“ zu treffen, um unterschiedliche Rechtsauslegungen und Rechtsunsicherheiten zu verhindern..

 

10.  Die Festlegung von Mindesthöhen im aufrechten Stand für alle Tierarten bei  der Zulassung von Tiertransportfahrzeugen wäre seitens der EU wünschenswert. Derzeit werden von den Mitgliedsstaaten diese national festgesetzt, was bei innergemeinschaftlichen Verbringungen zu einer mangelnden Rechtssicherheit führt. Damit könnte der signifikante Wettbewerbsvorteil jener Transporteure, die auf Grund der national unterschiedlichen Gesetzgebung bis zu doppelt so viele Tiere pro Transportmittel transportieren können (doppelstöckige Rindertransporte), ausgeschaltet werden.

 

11.  Die Implementierung eines internationalen oder europäischen Computersystems ist grundsätzlich innerhalb der nächsten drei Jahre zu begrüßen und die Standardisierung der technischen Vorgaben sollte vorangetrieben werden, damit diese Systeme die Voraussetzung zur Zulassung von Tiertransportfahrzeugen für Langstreckentransporte sind. Die Implementierung von sogenannten „On-Board-units“ ist ein wesentlicher Faktor, um die Kontrolle der Tierschutzbedingungen während des Transportes zu verbessern und könnte gleichzeitig ein Beitrag zur Reduktion der Verwaltungskosten für die Unternehmer sein.

 

12.  Die Einführung eines EU-weit verpflichtenden Prüf- und Zulassungsverfahrens für Stalleinrichtungen und Heimtierzubehör ist anzustreben, um so eine entsprechende Rechtssicherheit den Tierhaltern zu gewährleisten.

 

13.  Die Einführung einer EU-weiten transparenten, leicht verständlichen und zuverlässigen Kennzeichnung von tierischen Produkten nach der Art der Tierhaltung trägt zu einem besseren Verständnis für die Produktionsweisen bei den Verbrauchern bei. Durch eine Forschungsoffensive im Bereich des Tierschutzes (Forschung betreffend Wohlbefinden der Tiere, Entwicklung von leicht verständlichen und transparenten Tierschutzindikatoren, Zertifizierungs- und Etikettierungssystemen) und einer Abstimmung mit den Vorgaben zur Tierhaltung aus der biologischen Landwirtschaft soll ein Wildwuchs von Auslobungen unterbunden werden. Auch die Entwicklung von EU-Kriterien für privatrechtliche Tierschutzregelungen („Labels“), die Werbung mit Begriffen wie „tiergerecht“ oder „artgemäß“ beinhalten, ist voranzutreiben, damit der Schutz von Verbraucherhinweisen zu einem höheren Tierschutzstandard gegeben ist und eine Täuschung unterbunden wird. Eine EU-weite Liste aller „Labels“, die für einen echten Verbraucherhinweis und Produktkennzeichnungen für höhere Tierschutzstandards  in Frage kommen, sollen erstellt und darüber ebenfalls ein Bericht verfasst werden.

 

14.  Eine Überprüfung der EU-weiten gesetzlichen Regelungen im Bereich der Nutztierhaltung unter Anwendung der tierbezogenen Parameter/Indikatoren aus dem „Welfare Quality Projekt“, die zu einer Anhebung der Mindeststandards der Tierhaltungssysteme bzw. auch zur wesentlichen Verbesserung einzelner Haltungssysteme und Eingriffe an Tieren führen.

 

15.  Für eine  Herkunftskennzeichnung von europäischen und regionalen Produkten einzutreten, die den EU-weiten Mindesttierschutzstandards im Sinne eines europäischen hohen Mindeststandards entsprechen.

 

16.  Das Verbot der Aufzucht und Haltung von Legehennen in Käfigen in der EU. Ebenso ist eine eventuelle Verschiebung des Endes der konventionellen Käfige für die Haltung von Legehennen auf einen Zeitraum nach 2012 entschieden abzulehnen. Gleichzeitig ist durch eine eindeutige Kennzeichnung von Produkten sicherzustellen, dass der Verbraucher über die Haltungsform der Legehennen informiert ist.

 

  1. EU-weites Verbot von Hunde-, Stier- und Hahnenkämpfen.

 

18.  Die Haltung von Wildtieren in Zirkussen ist EU-weit zu verbieten.

 

19.  Betreffend die Anforderungen an gewerbliche Tierhaltungen (z.B. Hundehaltungen), insbesondere Vorschriften zur Grundausbildung zur Zucht in gewerblichen Einrichtungen, sind europaweit gültige Vorschriften zu erlassen, die den Bedürfnissen der Zuchttiere und deren Nachkommenschaft gerecht werden. Darüber hinaus wäre es wünschenswert und förderungswürdig, dass private Tierhalter im Rahmen der Zuchtorganisationen und anderer Einrichtungen ebenfalls ähnliche Ausbildungsmöglichkeiten angeboten bekommen. Entsprechende tierärztliche und tiergesundheitliche Vorschriften, die über die Tollwut-Bestimmungen hinausgehen, sind auf europäischer Ebene zu implementieren.

 

20.  Klare Zielvorgaben für die Reduzierung von Tierversuchen und Beschleunigung der Entwicklung, Validierung und Annahme nichttierischer Versuchsverfahren (z.B. durch finanzielle Mittel, Personal und administrative Unterstützung). EU weites Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen.

 

21.  Die Vermittlung von Wissen über die Bedürfnisse der Tiere ist der Schlüssel für mehr Verständnis bei den Verbrauchern für dieses Anliegen. Die Europäische Kommission hat in der Vergangenheit einige Anstrengungen unternommen mehr Informationen über Tierschutz auch Jugendlichen zugänglich zu machen und dies soll daher auch in die Lehrpläne der Schulen aufgenommen werden. Im Zuge der Errichtung eines europäischen Netzes von Referenzzentren für den Tierschutz ist die bereits in Österreich erarbeitete Expertise zum Tierschutzunterricht einzubringen. Die Bewerbung als Referenzzentrum für Tierschutzunterricht und die Kooperation mit der Europäischen Kommission in diesem Bereich ist weiter voranzutreiben.

 

22.  Umweltschutz ist ein gesellschaftlicher anerkannter Wert, der bereits heute im Programm der ländlichen Entwicklung einen breiten Niederschlag gefunden hat. Tierschutz, Ernährungssicherung mit gesunden und qualitativ hochwertigen Lebensmittel sind ebenfalls Ideen die von breitem gesellschaftlichen Interesse sind. In der zukünftigen gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach dem Jahr 2013 ist darauf Bedacht zu nehmen, dass Tierschutz und Tiergesundheit sowie die Ernährungssicherung mit qualitativ hochwertigen Produkten neben den Aspekten des Umwelt- und Klimaschutzes auf Europäischer Ebene in den Regulativen zur GAP Berücksichtigung finden.

 

23.  Mit der Verabschiedung der Richtlinie über die Vorschriften zur Haltung von Masthühnern wurde erstmals eine Verbindung zwischen Tiergesundheit und Fitness der Tiere mit Haltungsvorschriften im Zusammmenhang mit der Besatzdichte rechtlich verankert. In der Diskussion zur Ausgestaltung der gemeinsamen Tiergesundheitspolitik (AHP) ab 2013 ist Bedacht zu nehmen, dass dieser Ansatz auch für andere Tierarten stärkere Berücksichtigung findet.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht diesen Antrag dem Gesundheitsausschuss zuzuweisen.