10034/AB XXIV. GP
Eingelangt am 20.02.2012
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

|
Frau Präsidentin des Nationalrates Mag.a Barbara Prammer Parlament 1017 Wien |
Alois Stöger Bundesminister
|
GZ: BMG-11001/0358-I/A/15/2011
Wien, am 20. Februar 2012
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 10178/J des Abgeordneten Kurt Grünewald, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Einleitend ist festzuhalten, dass zur vorliegenden Anfrage auch eine Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger eingeholt wurde.
Fragen 1 bis 4 und 10:
Nach der Kompetenzverteilung der österreichischen Bundesverfassung sind die Angelegenheiten der „Heil- und Pflegeanstalten“ gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG nur hinsichtlich der sogenannten Grundsatzgesetzgebung Bundessache. Die Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung sind jedoch ausschließliche Landessache.
Die nachgefragten Informationen liegen meinem Ressort daher nicht vor.
Frage 5:
Die Beantwortung dieser Frage fällt in den Zuständigkeitsbereich der Frau Bundesministerin für Justiz.
Frage 6:
Die Patientenanwaltschaften in den Bundesländern sind durch Landesgesetz eingerichtete Institutionen der jeweiligen Bundesländer, die nachgefragte Information liegt meinem Ressort daher nicht vor.
Frage 7:
Soweit in dieser Frage der Spitalsbereich angesprochen wird, verweise ich auf meine Ausführungen zu den Fragen 1 bis 4 und 10.
Die durchschnittliche Dauer eines Patient/inn/enkontaktes im niedergelassenen Bereich kann nicht seriös angegeben werden.
Wie der Hauptverband zu dieser Frage festhält, sind die Krankenversicherungsträger jedoch bemüht, „Zuwendungsmedizin“ durch Schaffung spezifischer Leistungspositionen in den Honorarordnungen zu forcieren (z.B. „Ausführliche diagnostische therapeutische Aussprache“, „Psychosomatisch orientiertes Diagnose- und Behandlungsgespräch“ sowie Heilmittelberatungspositionen).
Zusätzlich darf darauf hingewiesen werden, dass bei der Dauer einer Patient/inn/enbehandlung insbesondere das individuelle Krankheitsbild von ausschlaggebender Bedeutung ist.
Frage 8:
Zu dieser Frage darf ich zunächst aus der entsprechenden Stellungnahme des Hauptverbandes zitieren:
„Wir sehen diese Gefahr nicht, genauso wenig wie sie für die Einbindung moderner technischer Methoden generell vorhanden ist (Labormedizin, bei der der Patient gar keinen Kontakt hat, usw.). „E-Health“ steht für den Einsatz von Informationstechnologien im Gesundheitswesen. Informiert werden Patient und Arzt. Ziel ist, die Zusammenarbeit der Einrichtungen zu fördern und die Versorgung der Patienten insbesondere auch die Qualität der Kommunikation zwischen Patienten und Ärzten zu verbessern. E-Health-Instrumente sind als technische Hilfsmittel geeignet die Arzt-Patientenbeziehung in Form eines elektronischen Dialoges intelligent zu unterstützen und die Nachhaltigkeit der getroffenen ärztlichen Intervention medizinisch zu unterstützen.
E-Health-Strategien sollen den Patientenkontakt nicht ersetzen, sondern ergänzen. Dadurch wird der Austausch von Gesundheitsdaten zwischen den Gesundheitsdiensteanbietern sichergestellt und eine umfassende Kenntnis über den Gesundheitszustand des Patienten erreicht. Doppeluntersuchungen bzw. unnötige Untersuchungen sowie zusätzliche Patientenwege können dadurch vermieden werden. Wichtige Informationen zum Zustand des Patienten können teilweise nur über die „Technik“ (Labor, bildgebende Untersuchung etc.) erhalten werden. Insgesamt ist mehr medizinische Information und Transparenz verfügbar (z. B. im Bereich der e-Medikation, e-Impfpass).
E-Health-Instrumente – intelligent verwendet – reduzieren Fehldiagnosen und erleichtern die medizinische Betreuung, sofern die Datenqualität (Befundherkunft) für die Interpretation und weitere diagnostische und therapeutische Maßnahmen gewährleistet ist.
Eine moderne Arzt-Patientenbeziehung kann ohne Nutzung neuer Technologien auf Dauer nicht ohne Qualitätsverlust existieren. Durch die Aufhebung von Raum- und Zeitbarrieren kann es zu einer Intensivierung des Arzt-Patientenkontaktes und durch
die elektronische Erfassung aller gesundheitsrelevanten Faktoren zu einer Qualitätssteigerung der ärztlichen Behandlungsentscheidungen kommen.
Das Beibehalten bisheriger Methoden (handgeschriebene Zettel, Karteien auf Karton) bietet – mindestens! – soviele Fehlerquellen als der Einsatz modernerer Mittel, noch abgesehen davon, dass durch Sicherheitskopien usw. der Datenverlust und seine Gefahren wesentlich eingeschränkt werden können.“
In Ergänzung zu diesen Ausführungen möchte ich betonen, dass die Technik durch E‑Health keineswegs wichtiger wird als der Mensch.
Vielmehr erachte ich E-Health als eine wichtige und in Zukunft unverzichtbare Unterstützung für die zielgerichtete Behandlung der Patientinnen und Patienten, die wesentlich dazu beitragen wird, Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen zu reduzieren bzw. zu vermeiden, weil der Informationstransfer und die Kommunikation zwischen Patient/inn/en und den jeweils behandelnden Ärzt/inn/en bzw. Gesundheitsberufen rascher, umfassender und fehlerloser erfolgen wird. Dabei ist für mich die rasche Umsetzung der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA), die vorhandene Befunde patientInnenbezogen bündelt und diese - unter Einhaltung des Datenschutzes - für behandelnde Ärztinnen und Ärzte einfach abrufbar macht, das aktuell wichtigste strategische Vorhaben im Bereich von e-Health.
So wie elektronische Instrumentarien in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen in vielfältiger Weise Unterstützung leisten und weitgehend bereits unverzichtbar sind, ohne dass die Technik deswegen wichtiger wäre als der Mensch, wird eine derartige Unterstützung auch im Gesundheitsbereich zunehmend unverzichtbar zur Erzielung möglichst optimaler Ergebnisse im Sinne der Patientinnen und Patienten.
Frage 9:
Hinsichtlich des wichtigen Themas Burnout-Prävention möchte ich grundsätzlich festhalten, dass der zu meiner Beratung in meinem Ressort eingerichtete „Beirat für Psychische Gesundheit“ in seiner Empfehlung vom 22. November 2009 für eine nationale Strategie zur psychischen Gesundheit als zentralen Aspekt die Förderung der psychischen Gesundheit und die Hervorhebung der überragenden Bedeutung von seelischem Wohlbefinden nennt.
Es ist demnach ersichtlich, dass in meinem Ressort ein Schwerpunkt auf die Prävention psychischer Erkrankungen im Arbeitsbereich und deren Früherkennung gelegt wird. In einem nächsten Schritt werden die strategischen Aspekte in nationalen Aktionsplänen konkretisiert.
Die Thematik Burnout wurde bei der 20. Sitzung des „Beirates für Psychische Gesundheit“ aufgegriffen. Es soll nun ein multiprofessionell erstelltes Gesamtkonzept entwickelt werden, das nicht nur die Ursachen, die in der betrieblichen Arbeitswelt gelegen sind, sondern auch chronisch Kranke, Angehörige, aber auch sogenanntes Beziehungsburnout mit einbeziehen wird.
Bei der nächsten Sitzung dieses Gremiums ist die Etablierung einer Arbeitsgruppe geplant, die sich der konkreten Ausarbeitung dieses Gesamtkonzepts zum Thema Burnout widmen wird. Ein Teil dieses Konzeptes wird sich mit der auch bei Ärztinnen und Ärzten zunehmend an Bedeutung gewinnenden Problematik auseinandersetzen.
Im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung wird dem Thema „Psychosoziale Gesundheit am Arbeitsplatz“ besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Der Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) unterstützt Burnout-Prävention durch gezielte Projektförderungen und Broschüren, wie z.B. den „Burnout-Leitfaden zur betrieblichen Gesundheitsförderung“, welcher durch eine Praxis-Studie zum Thema „Burnout-Gefährdung in Großbetrieben und die Rolle von Führung und Schicht“ entstanden ist. Eine aktualisierte Version wird ab Frühjahr 2012 wieder kostenlos zur Verfügung stehen.
Die Problematik der Überlastung sollte nicht isoliert betrachtet werden, sondern zur nachhaltigen Verbesserung der Gesamtsituation in ein umfangreiches betriebliches Gesundheitsförderungskonzept eingebettet sein. Generell haben Betriebe deshalb die Möglichkeit, eine Unterstützung und Förderung für die Realisierung von individuell angepassten betrieblichen Gesundheitsförderungsprojekten über den FGÖ, das Österreichische Netzwerk der BGF (Regionalstellen bei den bundesweiten GKK) sowie weitere Kooperationspartner zu erhalten: http://info.projektguide.fgoe.org/; www.netzwerk-bgf.at.
Für den Bereich der Krankenanstalten verweise ich abermals auf die Vollzugszuständigkeit der Länder und auf die Trägerverantwortung in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber. Das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, dem im vorliegenden Zusammenhang gleichfalls große Bedeutung zukommt, zählt zur Materie Arbeitsrecht und fällt nicht in meine Vollzugsverantwortung.
Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat darauf hingewiesen, dass im Sinne einer ausgewogenen Work-Life-Balance im Rahmen der Einzelverträge flexible Gestaltungsmöglichkeiten (z.B. erweiterte Stellvertretung, verschiedene Gruppenpraxenmodelle, diverse Projekte im Zusammenhang mit dem Bereitschaftsdienst an Wochenenden und Feiertagen) geboten werden.
Wie der Hauptverband in seiner Stellungnahme weiter ausführt, habe jede Vertragsärztin und jeder Vertragsarzt die Möglichkeit, sich aus gesundheitlichen Gründen von einer anderen Ärztin/einem anderen Arzt in ihrer/seiner eigenen Ordination vertreten zu lassen. Hier gäbe es grundsätzlich keine zeitlichen Grenzen, erst ab einer gewissen Dauer bestehe eine Meldeverpflichtung bzw. könne der Krankenversicherungsträger gegen die Vertretung Einspruch erheben.
Einer Überbeanspruchung durch Nachtbereitschaftsdienste werde durch die Möglichkeit der Einbindung von Wahlärzt/inn/en vorgebeugt. Durch die sukzessive Einführung des Bereitschaftsdienstes im niedergelassenen Bereich sollte sich zudem die Situation für Ärztinnen und Ärzte in öffentlichen Krankenhäusern im Bereitschaftsdienst entspannen.
Der Hauptverband verweist in diesem Zusammenhang auch auf Präventionsmaßnahmen, wie das kritische Hinterfragen aller bürokratischen Aufwände und deren Reduzierung auf das Notwendige (z.B. Zielvereinbarungen bzw. Verringerung der Chefarztpflicht im niedergelassenen Bereich; weiters unkomplizierte nachfolgende Kontrolle bestimmter Arzneispezialitäten, elektronische Arbeitsunfähigkeitsmeldung, usw.).
Frage 11:
Bei Änderungen im ärztlichen Berufsrecht sowie bei Reformen im Spitalsbereich lege ich stets auch ein großes Augenmerk auf allfällige Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen der betroffenen Gesundheitsberufe.
Zur konkreten Frage muss ich aber darauf hinweisen, dass mir hinsichtlich der Arbeitsbedingungen der Ärztinnen und Ärzte keine Zuständigkeit zukommt. Diese Angelegenheiten fallen in den Kompetenzbereich des Herrn Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz bzw., soweit die Medizinischen Universitäten betroffen sind, in den Kompetenzbereich des Herrn Bundesministers für Wissenschaft und Forschung.