1008/AB XXIV. GP
Eingelangt am 17.04.2009
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möglich.
BM für Unterricht, Kunst und Kultur
Anfragebeantwortung
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Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag. Barbara Prammer Parlament 1017 Wien
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Geschäftszahl: |
BMUKK-10.000/0061-III/4a/2009 |
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Wien, 15. April 2009
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 953/J-NR/2009 betreffend Suspendierung eines Islamlehrers, die die Abg. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen am 19. Februar 2009 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
Zu Fragen 1 bis 38:
Zunächst ist anzumerken, dass der gegenständliche Fall unmittelbar am Tag nach dem Ereignis durch die Erziehungsberechtigten der Schülerinnen und Schüler thematisiert wurde. In diesem als sehr positiv zu bewertenden Handeln, das nicht nur die Bereitschaft zur Kooperation mit der Schule unterstreicht, zeigt sich auch ein deutliches Problembewusstsein und dass das Ziel der Befähigung zu selbstständigem kritischem Urteilen erreicht wurde.
Unter Bezugnahme auf die im einleitenden Teil der Anfrage zitierte Presseaussendung des Bundesministeriums handelte es sich um eine an der Kooperativen Mittelschule Brüßlgasse in Wien-Ottakring eingesetzte Religionslehrkraft, der nach Bekanntwerden der erhobenen Vorwürfe am 21. Jänner 2009 seitens des zuständigen Bezirkschulinspektors eine entsprechende Weisung erteilt wurde und hinsichtlich der in Folge das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur den Stadtschulrat für Wien am 12. Februar 2009 angewiesen hat, ein sofortiges Unterrichtsverbot unter gleichzeitiger Mitteilung an die zuständige kirchliche Behörde auszusprechen und eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln.
Da in Übereinstimmung mit der medialen Berichterstattung der Vertrag mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft gelöst wurde, kann es sich somit nur um eine kirchlich/religionsgesellschaftlich bestellte Religionslehrkraft gehandelt haben, da nur bei diesen das Dienstverhältnis zur Glaubensgemeinschaft besteht. Da es sich um eine Pflichtschule in Wien handelt, wo dem Stadtschulrat für Wien auch die Aufgaben der Bezirksschulräte zukommen, erklären sich die weiteren schulbehördlichen Vorgehensweisen. Grundsätzlich ist weiters anzumerken, dass die Erklärung über Befähigung und Ermächtigung zum Religionsunterricht ausschließlich der jeweiligen Kirche oder Religionsgesellschaft zukommt, die Überprüfung fällt daher auch in vorliegendem Fall ebenfalls in die Zuständigkeit der Religionsgesellschaft. In Übereinstimmung mit der Strafprozessordnung besteht eine Verpflichtung zur Meldung von im dienstlichen Zusammenhang bekannt werdenden möglichen Straftatbeständen. Die Information über Tatsachen, die geeignet sind einen Sachverhalt zu verwirklichen, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, werden jeweils an die örtlich und sachlich zuständigen Behörden, in aller Regel die Staatsanwaltschaft, übermittelt.
Hinsichtlich der übrigen Fragestellungen sei darauf hingewiesen, dass zwischen den beiden Verfassungsnormen des Art. 52 B-VG und des § 1 DSG 2000 nach herrschender Auslegung kein absoluter Vorrang zugunsten einer der beiden Normen besteht. Es war daher zu prüfen, ob durch die Beantwortung unter Einräumung eines Vorranges zugunsten des Interpellationsrechtes die Grenze zulässiger Grundrechtseingriffe verletzt würde, zumal neben dem Interpellationsrecht auch das verfassungsrechtlich gesicherte Recht auf Datenschutz zu beachten ist. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist es im vorliegenden Fall nicht möglich weitere personenbezogene Daten der betroffenen Religionslehrkraft anzuführen. Dies scheint insbesondere vor dem Hintergrund des bereits erteilten Unterrichtsverbotes unverhältnismäßig, da eine damit verbundene Veröffentlichung eine das legitime Kontrollinteresse überschießende Datenverwendung darstellen würde. Es wird daher um Verständnis ersucht, dass keine weiteren Detailauskünfte erteilt werden können.
Zu Fragen 39, 50 und 51:
Vorweg ist festzuhalten, dass die Zuordnungen insbesondere zu Schulen und Standorten im Bereich des Lehrkräftepersonals bei allen Kirchen und Religionsgesellschaften nicht aussagekräftig sind. Dies liegt daran, dass der Religionsunterricht klassen-, schulstufen- und schulübergreifend stattfinden kann. Schülerinnen und Schüler, die am Religionsunterricht an einer Schule teilnehmen, müssen daher nicht unbedingt Schülerinnen und Schüler dieser Schule sein. Religionslehrkräfte scheinen daher an einer Schule auf, unterrichten aber tatsächlich Schülerinnen und Schüler mehrer Schulen. Weiters unterrichten Religionslehrkräfte oftmals an mehreren Schulen, teilweise an acht bis zehn Schulen. Personaltechnisch werden sie an einer Schule als Stammschule geführt und scheinen dann an dieser Schule auf; an anderen Schulen, an welchen sie unterrichten, sind sie in den Systemen nicht immer enthalten, da die Verwaltung und „Personalführung“ über die Stammschule erfolgt. Aufgliederungen und Darstellungen auf Schulstandortebene haben daher nur sehr begrenzte Aussagekraft, da die Schülerinnen und Schüler aus mehreren Schulstandorten stammen können und die Lehrkräfte unter Umständen an zahlreichen weiteren Schulen unterrichten.
Bundesschulen:
Die Verteilung der Religionslehrkräfte auf die Bundesländer ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen; da Kalenderjahre im Bundesschulbereich kein Darstellungskriterium sind, werden die Daten des letztverfügbaren Schuljahres 2008/09 dargestellt:
|
Zentrallehranstalten |
2 |
|
BGLD |
3 |
|
KTN |
3 |
|
NÖ |
23 |
|
OÖ |
9 |
|
SBG |
13 |
|
STMK |
10 |
|
TI |
9 |
|
VBG |
5 |
|
WI |
33 |
|
Gesamt |
110 |
Die Religionslehrkräfte verteilen sich derzeit auf insgesamt 243 Bundesschulen; diese Schulen verteilen sich auf die Bundesländer wie folgt:
|
Zentrallehranstalten |
2 |
|
BGLD |
7 |
|
KTN |
9 |
|
NÖ |
44 |
|
OÖ |
21 |
|
SBG |
29 |
|
STMK |
28 |
|
TI |
32 |
|
VBG |
14 |
|
WI |
57 |
|
Gesamt |
243 |
Vom Bund werden derzeit 48 Religionslehrkräfte angestellt, der Rest wird seitens der Glaubensgemeinschaft angestellt.
Pflichtschulen:
Auf Grund der Tatsache, dass die dienstrechtliche Vollziehung für an Pflichtschulen unterrichtende Lehrkräfte den Bundesländern obliegt, sind auch alle dienstrechtlichen Fragestellungen zu Religionslehrkräften aller Konfessionen grundsätzlich nur von den Bundesländern beantwortbar.
Eine Umfrage bei den Dienstbehörden der Länder über die Anzahl an islamischen Religionslehrkräften kann für das Jahr 2008 (die Abfrage hat sich aus Effizienzgründen nur auf ein Jahr bezogen) wie folgt zusammengefasst werden:
|
Anzahl APS |
|
|
Bundesland |
Köpfe |
|
Burgenland |
7 |
|
Kärnten |
10 |
|
Niederösterreich |
61 |
|
Oberösterreich |
44 |
|
Salzburg |
29 |
|
Steiermark |
29 |
|
Tirol |
27 |
|
Vorarlberg |
19 |
|
Wien |
143 |
|
Gesamt |
369 |
Die Anzahl an islamischen Religionslehrkräften deckt sich naturgemäß nicht mit der Anzahl der Standorte, an denen diese Lehrerinnen und Lehrer eingesetzt sind, da eine Person an mehreren Standorten zum Einsatz kommen kann:
|
Standorte APS |
|
|
Bundesland |
Standorte |
|
Burgenland |
7 |
|
Kärnten |
83 |
|
Niederösterreich |
60 |
|
Oberösterreich |
42 |
|
Salzburg |
29 |
|
Steiermark |
27 |
|
Tirol |
27 |
|
Vorarlberg |
18 |
|
Wien |
115 |
|
Gesamt |
408 |
Für den Bereich der berufsbildenden Pflichtschulen wurde bezüglich des Einsatzes von islamischen Religionslehrkräften eine Leermeldung von den Bundesländern abgegeben.
Nach den Meldungen der Bundesländer stellt sich die Aufteilung der Anstellung durch Glaubensgemeinschaft oder Land wie folgt dar:
|
Arbeitsrechtliches Verhältnis APS |
|||
|
Bundesland |
Glaubensgemeinschaft |
Land |
Gesamt |
|
Burgenland |
5 |
2 |
7 |
|
Kärnten |
3 |
7 |
10 |
|
Niederösterreich |
53 |
8 |
61 |
|
Oberösterreich |
42 |
2 |
44 |
|
Salzburg |
29 |
|
29 |
|
Steiermark |
24 |
5 |
29 |
|
Tirol |
27 |
|
27 |
|
Vorarlberg |
19 |
|
19 |
|
Wien |
132 |
11 |
143 |
|
Gesamt |
334 |
35 |
369 |
Zu Fragen 40 bis 49:
Bundesschulen:
Die Verteilung der Religionslehrkräfte auf die Bundesländer in ihrer historischen Dimension ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Da Kalenderjahre im Bundesschulbereich kein Darstellungskriterium sind, werden die Daten schuljahresweise dargestellt. Hingewiesen wird auf die Tatsache, dass für die Schuljahre vor 2001/02 keine statistisch aufbereiteten Daten vorhanden sind, die eine derartige Auswertung ermöglichen:
|
SJ 2007/08 |
|
|
Zentrallehranstalten |
3 |
|
BGLD |
3 |
|
KTN |
1 |
|
NÖ |
17 |
|
OÖ |
5 |
|
SBG |
13 |
|
STMK |
11 |
|
TI |
7 |
|
VBG |
5 |
|
WI |
60 |
|
Gesamt |
125 |
|
SJ 2006/07 |
|
|
Zentrallehranstalten |
3 |
|
BGLD |
4 |
|
KTN |
2 |
|
NÖ |
24 |
|
OÖ |
3 |
|
SBG |
12 |
|
STMK |
7 |
|
TI |
7 |
|
VBG |
2 |
|
WI |
26 |
|
Gesamt |
90 |
|
SJ 2005/06 |
|
|
Zentrallehranstalten |
2 |
|
BGLD |
3 |
|
NÖ |
14 |
|
OÖ |
3 |
|
SBG |
11 |
|
STMK |
6 |
|
TI |
6 |
|
VBG |
2 |
|
WI |
21 |
|
Gesamt |
68 |
|
SJ 2004/05 |
|
|
Zentrallehranstalten |
2 |
|
BGLD |
4 |
|
NÖ |
14 |
|
OÖ |
1 |
|
SBG |
8 |
|
STMK |
6 |
|
TI |
6 |
|
VBG |
1 |
|
WI |
17 |
|
Gesamt |
59 |
|
SJ 2003/04 |
|
|
Zentrallehranstalten |
1 |
|
BGLD |
3 |
|
NÖ |
13 |
|
OÖ |
1 |
|
SBG |
5 |
|
STMK |
4 |
|
TI |
6 |
|
VBG |
1 |
|
WI |
14 |
|
Gesamt |
48 |
|
SJ 2002/03 |
|
|
Zentrallehranstalten |
1 |
|
BGLD |
3 |
|
NÖ |
10 |
|
OÖ |
2 |
|
SBG |
6 |
|
STMK |
2 |
|
TI |
6 |
|
WI |
13 |
|
Gesamt |
43 |
|
SJ 2001/02 |
|
|
Zentrallehranstalten |
2 |
|
BGLD |
4 |
|
NÖ |
9 |
|
OÖ |
3 |
|
SBG |
3 |
|
STMK |
3 |
|
TI |
5 |
|
WI |
7 |
|
Gesamt |
36 |
Pflichtschulen:
Hinsichtlich des Bereichs der öffentlichen Pflichtschulen ist festzuhalten, dass die Vollziehung für an Pflichtschulen unterrichtende Lehrkräfte nicht in den Bereich des Bundes fällt. Dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur liegen diesbezüglich keine Informationen vor.
Zu Fragen 52 und 53:
Zumal zur exakten Beantwortung dieser Fragen die (händische) Sichtung jedes einzelnen Personalaktes erforderlich wäre, darf um Verständnis ersucht werden, dass aufgrund des damit verbundenen ungebührlich hohen Verwaltungsaufwandes von einer Beantwortung Abstand genommen wird. Für den Bereich der öffentlichen Pflichtschulen können diese Fragen nicht beantwortet werden, da der Dienstrechtsvollzug den Bundesländern obliegt.
Zu Fragen 54 bis 56:
Die Erklärung über Befähigung und Ermächtigung zum Religionsunterricht kommt ausschließlich der jeweiligen Kirche oder Religionsgesellschaft zu, die Überprüfung fällt daher ebenfalls in die Zuständigkeit der Religionsgesellschaft.
Zu Fragen 57 und 58:
Die „Deutschkenntnisse“ sind derzeit Gegenstand von Erhebungen, sodass die darauf bezugnehmenden Fragen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden können.
Zu Fragen 59 bis 62:
Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass es bei den Religionslehrkräften wie bei allen anderen Lehrkräften in Einzelfällen zu Sachverhalten kommen kann, die zu dienstaufsichtsrechtlichen Maßnahmen Anlass geben. Solche Maßnahmen werden aber nicht zentral erfasst und daher ist eine Zuordnung zur Frage, ob eine Behördenermittlung vorlag oder nicht, nicht ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich.
Zu Fragen 63 bis 66:
Vorweg ist zu bemerken, dass Schulbücher für den Religionsunterricht eine innere Angelegenheit der jeweiligen Kirche bzw. Religionsgemeinschaft darstellen und diese Lehrmittel keiner „staatlichen Approbation“ unterliegen (vgl. § 14 Abs. 8 des Schulunterrichtsgesetzes), was einer konsequenten Trennung von Staat und Kirche entspricht. Eine „Approbation“ von Lehrmitteln durch staatliche Organe käme einer zumindest partiellen Aufsicht des Staates über Glaubensinhalte und bzw. oder deren Vermittlung gleich und wäre daher im Widerspruch zur durch den Liberalismus geprägten Religionsfreiheit.
Entsprechend § 2 Abs. 3 des Religionsunterrichtsgesetzes dürfen für den Religionsunterricht nur Lehrbücher verwendet werden, die nicht im Widerspruch zur staatlichen Erziehung stehen. Dies ist in verschiedenen Rechtsnormen festgehalten, insbesondere im Rahmen der Grundwerte der österreichischen Schule gemäß Art. 14 Abs. 5a B-VG. Demokratie, Humanität, Solidarität, Friede und Gerechtigkeit sowie Offenheit und Toleranz gegenüber den Menschen sind Grundwerte der Schule. Weiters sollen die Jugendlichen dem politischen, religiösen und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossen sein, sowie befähigt werden, am Kultur- und Wirtschaftsleben Österreichs, Europas und der Welt teilzunehmen und in Freiheits- und Friedenliebe an den gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mitzuwirken. Aus dieser verfassungsrechtlichen Grundlage ergibt sich ein Ordnungsrahmen, den auch Lehrbücher für den Religionsunterricht nicht verletzen dürfen.
Im Fall der Verletzung dieses Ordnungsrahmens sind dagegen geeignete Schritte entsprechend § 2 Abs. 3 des Religionsunterrichtsgesetzes zu unternehmen.
Zur Frage der Schulbücher für den Religionsunterricht wird ferner darauf hingewiesen, dass die islamische Glaubensgemeinschaft im Februar 2009 eine Überprüfung der Lehrbücher auf Übereinstimmung mit den Zielen der staatsbürgerlichen Erziehung durch einen unabhängigen wissenschaftlichen Beirat bis Ende April zugesagt hat. In den informell bekannten vier Schulbüchern, die insgesamt die 1. bis 8. Schulstufe umfassen, wird die Unterrichtssprache Deutsch verwendet, wobei Koranzitate im arabischen Original wiedergegeben sind und einige Übungen zum Erlernen des Arabischen enthalten sind.
Die Bundesministerin:
Dr. Claudia Schmied eh