10084/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.02.2012
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

 

BMJ-Pr7000/0360-Pr 1/2011


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 10227/J-NR/2011

Der Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Verbotsgesetz 1947, Abzeichengesetz und Verhetzung – Anzeigen und strafgerichtliche Erledigungen 2011“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 17:

Wie zur Voranfrage wurden (inhaltsgleiche) Auswertungen für das Jahr 2011 erstellt, die den Beilagen entnommen werden mögen. Dabei ist Folgendes zu beachten:

Ob eine Straftat (z.B. ein Körperverletzungsdelikt) auf eine ausländerfeindliche Gesinnung zurückzuführen ist oder nicht, wird in den elektronischen Registern der Verfahrensautomation Justiz nicht vermerkt und entzieht sich daher einer automationsunterstützen Auswertung (Fragepunkt 1).


 

Die Gerichtliche Kriminalstatistik liegt für das Jahr 2011 noch nicht vor, sodass keine Verurteilungszahlen daraus zur Verfügung gestellt werden können (Fragepunkte 3, 8 und 16).

Zu den Fragepunkten 9 und 17 wurden alle zum Stichtag 23. Jänner 2012 noch offenen Verfahren ausgewertet.

Zu 18:

Ich darf grundsätzlich auf die Antwort meiner Amtsvorgängerin zur Voranfrage Zl. 7157/J-NR/2010 (Fragepunkt 27) verweisen. Die Meinungsfreiheit einerseits und der Schutz von Opfern des Nationalsozialismus und deren Nachkommen andererseits können im Einzelfall in ein Spannungsverhältnis geraten; die Straftatbestände des Verbotsgesetzes und deren Strafausmaß sind das Ergebnis einer Abwägung, die – als staats- wie gesellschaftspolitisch klares Signal – dem Schutz der Opfer den Vorrang einräumt. Auch ich sehe derzeit keine Notwendigkeit, die Strafdrohungen des Verbotsgesetzes zu ändern.

In strafprozessualer Hinsicht möchte ich noch hinzufügen, dass die Zuständigkeit des Geschworenengerichts bei politischen Delikten in Art. 91 Abs. 2 B-VG verankert ist. Diese Verfassungsbestimmung spiegelt sich auch im § 3j Verbotsgesetz wieder, sodass eine Änderung dieser Zuständigkeit einer Verfassungsänderung bedürfte. Einer breiten Diskussion über die Geschworenengerichtsbarkeit ganz generell und im Hinblick auf die politischen Delikte sollte man sich daher nicht verschließen, zumal die im Geschworenenverfahren beteiligten Laien oftmals überfordert sind, da sie alleine über die Schuld der/des Angeklagten zu entscheiden haben. In diesem Zusammenhang darf ich insbesondere auch auf die Ergebnisse der „Arbeitsgruppe zur Reform der Geschworenengerichtsbarkeit“ verweisen, die nach ihrer Einsetzung im September 2010 durch meine Amtsvorgängerin Bundesministerin a.D. Mag. Claudia Bandion-Ortner unter der Leitung von Sektionschef Mag. Christian Pilnacek wiederholt tagte. Der im Oktober 2010 vorgelegte Schlussbericht wurde im Februar 2011 auch allen Parlamentsklubs übermittelt. Die mit hochrangigen Experten aus den unterschiedlichen Bereichen besetzte Arbeitsgruppe stellte darin unter anderem ein Modell eines abgeänderten Geschworenenverfahrens dar, in dem durch eine Anpassung an das schöffengerichtliche  Verfahren (gemeinsame Entscheidung über die Schuld von zwei Berufsrichtern und sechs Geschworenen) und unter Beibehaltung eigenständiger Elemente (wie etwa Fragestellung, Auswahlverfahren der Laien) eine wirksame(re) Beteiligung der Laien sichergestellt werden könnte. Da eine Umsetzung des von der Arbeitsgruppe entworfenen Modells aufgrund der vorgeschlagenen gemeinsamen Entscheidung ebenfalls einer Änderung der Bundesverfassung bedürfte, ist zunächst abzuwarten, in welche Richtung die politische Willensbildung geht.


 

Ich sehe einer in alle Richtungen hin offenen, die Vor- und Nachteile abwägenden Diskussion mit Interesse entgegen. Klar zum Ausdruck kommen muss allerdings weiterhin, dass sich der Österreichische Gesetzgeber entschieden vom NS-Regime distanziert.

 

Wien,       . Februar 2012

 

 

 

Dr. Beatrix Karl

 

 

 

Anmerkung der Parlamentsdirektion:

 

Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image, siehe

Anfragebeantwortung (gescanntes Original)

zur Verfügung.