10087/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.02.2012
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                    Wien, am      Februar 2012

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0278-I/4/2011

 

 

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 10233/J vom 23. Dezember 2011 der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1. und 2.:

Vorausgeschickt wird, dass auch die beiden derzeit aktuellen Vereinbarungen auf Basis des Bundesverfassungsgesetzes über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998, angeführt werden, weil auch auf diese Art. 15a Abs. 1 B-VG grundsätzlich – mit einigen Abweichungen – anzuwenden ist.

 

Das Bundesministerium für Finanzen ist von folgenden Vereinbarungen betroffen:

 

Konkrete, über Art. 138a B-VG hinausgehende Rechtsfolgen im Falle einer Nichteinhaltung sind in der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus sowie im ÖStP 2011 vorgesehen. Neben den allgemeinen, bei der Frage 3 dargestellten verfassungsgesetzlichen Möglichkeiten sehen die Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus und der ÖStP 2011 folgende rechtliche Möglichkeiten vor:

 

Gemäß Art. 4 und 5 der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus entstehen automatische Kostentragungspflichten, die unmittelbar auf der Vereinbarung beruhen, wenn der Verpflichtung zur Begutachtung mit Mindestfristen nicht nachgekommen wurde. Weitere automatische Kostentragungspflichten, die allerdings nicht als Folge einer Nichterfüllung der Vereinbarung, sondern als Vereinbarung einer Kostentragung durch die gesetzgebende Gebietskörperschaft bezeichnet werden können, entstehen, wenn die Empfehlung des Konsultationsgremiums nicht abgewartet oder wenn ihr vom Gesetzgeber nicht Rechnung getragen wurde, und weiters dann, wenn Mehrausgaben durch Änderungen im Nationalrat bzw. Landtag oder durch Initiativanträge verursacht werden. Die Kostentragungspflichten entstehen aber nur dann, wenn die Mehrausgaben bestimmte Bagatellbeträge übersteigen, die derzeit bei Bundesvorhaben rd. 2,1 Mio. Euro, bei Vorhaben der Länder zw. rd. 0,05 Mio. Euro (Bgld.) und rd. 0,5 Mio. Euro (Wien) betragen. Die automatische Kostentragungsverpflichtung gilt nur bis zum Ende der jeweiligen Finanzausgleichsperiode (Art. 4 Abs. 3 KM-V). Im Streitfall entscheidet der Verfassungsgerichtshof nach
Art. 137 B-VG.


Der ÖStP 2011 enthält mehrere Bestimmungen betreffend Sanktionen für den Fall der Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen:

 

Gemäß Art. 9 Abs. 4 bis 6 ÖStP 2011 hat die Bundesanstalt Statistik Österreich Verletzungen des Informationssystems dem Schlichtungsgremium mitzuteilen. Bei schuldhafter Verletzung der Informationsverpflichtungen durch den Bund oder die Länder ist ein Beitrag der betreffenden Gebietskörperschaft in Höhe von 10 Cent, vervielfacht mit der Einwohnerzahl der Gebietskörperschaft, höchstens jedoch 100.000 € zu leisten. Bei Verletzung der Informationsverpflichtungen durch Gemeinden hat das Landeskoordinationskomitee angemessene Maßnahmen vorzusehen.

 

Mit Art. 12 ÖStP 2011 wird zur Absicherung der Stabilitätsverpflichtungen ein Sanktionsmechanismus eingerichtet. Demnach erstellt der Rechnungshof ein Gutachten, ob und in welcher Höhe nach den Bestimmungen dieser Vereinbarung vom Bund, einem Land oder von den Gemeinden eines Landes der vereinbarte Stabilitätsbeitrag verfehlt oder Haftungsobergrenzen überschritten wurden. Das Schlichtungsgremium entscheidet in weiterer Folge einvernehmlich, ob und in welcher Höhe ein Sanktionsbeitrag nach den Bestimmungen dieser Vereinbarung vom Bund, einem Land oder von den Gemeinden eines Landes zu leisten ist. Gemäß Art. 13 ÖStP 2011 beträgt der Sanktionsbeitrag bei Verletzung des Stabilitätsbeitrages 15 % der unstatthaften Unterschreitung des Stabilitätsbeitrages.

 

Zu 3.:

In Hinblick auf die unter Punkt 3 der Anfrage angeführten Fragen wird auf Art. 138a Abs. 1 und Art. 137 B-VG hingewiesen:

 

 

Für die darüber hinausgehenden konkreten Rechtsfolgen im Falle der Nichteinhaltung der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus und des ÖStP 2011 verweise ich auf die Beantwortung der Fragen 1 und 2.

 

Zu 4. und 5.:

Die in der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus vorgesehenen Mindestfristen für die Dauer des Begutachtungsverfahrens wurden in einzelnen Fällen bei Begutachtungsverfahren sowohl bei Rechtsetzungsvorhaben des Bundes als auch der Länder unterschritten. Soweit sich daraus automatische Kostentragungspflichten ergeben, ist es Sache der betroffenen Gebietskörperschaften, ihre Ansprüche anzumelden und gegebenenfalls beim VfGH gemäß Art. 137 B-VG durchzusetzen. Ersatzansprüche des Bundes aufgrund landesrechtlicher Regelungen sind von demjenigen Bundesministerium anzumelden, aus dessen Budget die zusätzlichen Ausgaben zu tragen sind, also vom (führend) zuständigen Bundesministerium. Weder sind derartige zusätzliche Ausgaben bisher im Budget des Bundesministeriums für Finanzen entstanden noch sind bisher von einem Bundesministerium Verfahren gemäß Art. 137 B-VG geführt worden.

 

Kritik an der Umsetzung der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus wird teilweise in Stellungnahmen zu Begutachtungsentwürfen insofern geübt, als die – in der Vereinbarung verpflichtend vorgesehene – Darstellung der finanziellen Auswirkungen des geplanten Gesetzes- bzw. Verordnungsvorhabens unzulänglich sei. Diesem Umstand soll aber nunmehr im Zuge der Umsetzung der zweiten Etappe der Haushaltsrechtsreform des Bundes durch neue Richtlinien und einem Handbuch und Hilfsmitteln für die Anwender Rechnung getragen werden. Ich verweise dazu auf den Entwurf der Verordnung der Bundesministerin für Finanzen für die Abschätzung der finanziellen Auswirkungen von Regelungsvorhaben und von sonstigen Vorhaben auf die öffentlichen Haushalte (FinA-Verordnung, FinAV).

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Maria Fekter eh.