10213/AB XXIV. GP
Eingelangt am 16.03.2012
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möglich.
BM für Justiz
Anfragebeantwortung
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BMJ-Pr7000/0009-Pr 1/2012 |
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Museumstraße 7 1070 Wien
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Tel.: +43 1 52152 0 E-Mail: team.pr@bmj.gv.at
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Frau
Präsidentin des Nationalrates
Zur Zahl 10301/J-NR/2012
Der Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Drohungen und Tätlichkeiten gegenüber Richtern, Staatsanwälten und sonstigen Mitarbeitern der Justizbehörden (nichtrichterliches Personal) im Jahr 2011“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Die Aufstellung basiert auf von den Präsidenten der Oberlandesgerichte und von den Oberstaatsanwaltschaften vorgelegten Berichten. Laufende zentrale Aufzeichnungen werden aus Gründen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nicht geführt. Daher mussten alle Dienststellen abgefragt werden, womit ein erheblicher Verwaltungsaufwand verbunden war. Die übermittelten Daten sind – tabellarisch zusammengefasst – dieser Anfragebeantwortung angeschlossen.
Zu 1:
Folgende Gerichte erstatteten Leermeldungen für ihren Sprengel:
Oberlandesgericht (OLG) Wien, Arbeits- und Sozialgericht (ASG) Wien, Landesgericht (LG) St. Pölten, LG Krems an der Donau, LG Eisenstadt, LG Ried im Innkreis, OLG Graz, LG Leoben, OLG Innsbruck, LG Innsbruck.
Beim Obersten Gerichtshof (OGH) wurden in einem Fall zahlreiche Richter und Richterinnen bedroht.
Im Sprengel des OLG Wien wurden insgesamt 22 mal Richter bzw. Richterinnen (8 beim LG für Strafsachen Wien, 10 im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Wien, 1 im Sprengel des Handelsgerichts Wien, 1 im Sprengel des LG Korneuburg, 2 im Sprengel des LG Wiener Neustadt) und insgesamt 13 mal Beamte bzw. Beamtinnen und/oder Vertragsbedienstete (1 beim LG für Strafsachen Wien, 9 im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Wien, 2 im Sprengel des LG Korneuburg, 1 im Sprengel des LG Wiener Neustadt) bedroht.
Im Sprengel des OLG Linz wurden 10 mal Richter bzw. Richterinnen (1 beim OLG Linz, 4 im Sprengel des LG Linz, 5 im Sprengel des LG Salzburg) und 13 mal Beamte bzw. Beamtinnen und/oder Vertragsbedienstete (1 beim OLG Linz, 3 im Sprengel des LG Linz, 1 im Sprengel des LG Steyr, 7 im Sprengel des LG Wels, 1 im Sprengel des LG Salzburg) bedroht.
Im Sprengel des OLG Graz wurden in 5 Fällen Richter bzw. Richterinnen (1 beim LG für Strafsachen Graz, 2 im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Graz, 2 im Sprengel des LG Klagenfurt) und in 6 Fällen Beamte bzw. Beamtinnen und/oder Vertragsbedienstete (4 im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Graz, 2 im Sprengel des LG Klagenfurt) bedroht.
Im Sprengel des OLG Innsbruck wurden 3 Richter bzw. Richterinnen (im Sprengel des LG Feldkirch) und in 4 Fällen Beamte bzw. Beamtinnen und/oder Vertragsbedienstete (im Sprengel des LG Feldkirch) bedroht.
Die Generalprokuratur sowie die meisten Staatsanwaltschaften (StA) erstatteten für ihre Sprengel Leermeldungen. Im Sprengel der StA Wien wurde 1 Staatsanwalt/Staatsanwältin und 2 Beamte oder Vertragsbedienstete, im Sprengel der StA Wr. Neustadt 1 Staatsanwalt/Staatsanwältin, im Sprengel der StA Innsbruck 2 Staatsanwälte/Staatsanwältinnen und 2 Beamte bzw Beamtinnen und/oder Vertragsbedienstete und im Sprengel der StA Salzburg ein/e Beamte/r oder Vertragsbedienstete/r bedroht.
Im Jahr 2011 wurden somit in insgesamt 86 Fällen Richter, Richterinnen, Staatsanwälte, Staatsanwältinnen oder sonstige MitarbeiterInnen der Justizbehörden (nichtrichterliches Personal) bedroht.
Zu 2:
Die Gründe für Drohungen sind ebenso vielfältig wie ihr Inhalt. Meist war der Auslöser Unzufriedenheit mit einer gerichtlichen Entscheidung. Die meisten Drohenden waren Betroffene eines Sachwalterschaftsverfahrens, Parteien eines Verfahrens mit familienrechtlichem Bezug oder Verpflichtete in Exekutionsverfahren.
Zu 3:
In 22 Fällen von Bedrohungen von Richtern bzw. Richterinnen wurde Strafanzeige erstattet (1 beim OGH, 7 im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Wien, 1 im Sprengel des LG Wiener Neustadt, 1 beim OLG Linz, 4 beim LG Linz, 1 im Sprengel des LG Wels, 2 im Sprengel des LG Salzburg, 1 beim LG für Strafsachen Graz, 1 im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Graz, 2 im Sprengel des LG Klagenfurt, 1 im Sprengel des LG Feldkirch).
In 20 Fällen von Bedrohungen von Beamten bzw. Beamtinnen und/oder Vertragsbediensteten wurde Strafanzeige erstattet (1 beim LG für Strafsachen Wien, 2 im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Wien, 1 im Sprengel des LG Korneuburg, 1 im Sprengel des LG Wiener Neustadt, 1 im Sprengel der StA Wien, 1 beim OLG Linz, 2 im Sprengel des LG Linz, 1 im Sprengel des LG Steyr, 1 im Sprengel der StA Salzburg, 3 im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Graz, 2 im Sprengel des LG Klagenfurt, 2 im Sprengel des LG Feldkirch, 2 im Sprengel der StA Innsbruck).
In vier Fällen von Bedrohungen eines Staatsanwalts oder einer Staatsanwältin wurde Strafanzeige erstattet (1 im Sprengel der StA Wien, 1 im Sprengel der StA Wr. Neustadt und 2 im Sprengel der StA Innsbruck).
Aufgrund von Bedrohungen von Richtern bzw. Richterinnen oder sonstigen Mitarbeitern bzw. Mitarbeiterinnen der Justizbehörden kam es in 8 Fällen zu Verurteilungen (2 im Sprengel des LG Linz, 1 im Sprengel des LG Salzburg, 1 beim LG für Strafsachen Graz, 1 im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Graz, 1 im Sprengel des LG Klagenfurt, 2 im Sprengel der StA Innsbruck), die übrigen Verfahren wurden eingestellt oder sind noch offen.
Zu 4:
Die meisten Gerichte, die Generalprokuratur, der Oberste Gerichtshof und die meisten Oberstaatsanwaltschaften erstatteten Leermeldungen.
Im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Wien wurden 2 Richter bzw. Richterinnen und 2 Beamte bzw. Beamtinnen oder Vertragsbedienstete tätlich angegriffen, wobei ein Gerichtsvollzieher eine Schürfwunde erlitt. Im Sprengel der StA Wien wurde ein Staatsanwalt geohrfeigt. Im Sprengel der StA Wiener Neustadt wurde ein/e Staatsanwalt/Staatsanwältin tätlich angegriffen. Im Sprengel des LG Feldkirch wurden die Autos von zwei Richtern von bislang unbekannten Tätern angezündet. Im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Graz wurden ein/e Richter/in und ein/e Beamter/in oder ein/e Vertragsbedienstete/r tätlich angegriffen.
Zu 5:
Auf die Beantwortung der Frage 3 wird verwiesen.
Zu 6:
Strafanzeigen wurden in den Sprengeln der StA Wien und der StA Wr. Neustadt sowie in den Sprengeln des LG für Zivilrechtssachen Wien und des LG für Zivilrechtssachen Graz erstattet, die jeweiligen Verfahren wurden eingestellt oder sind noch offen.
Zu 7:
Die meisten Gerichte und Staatsanwaltschaften erstatteten Leermeldungen.
Lediglich in 2 Fällen wurde versucht, Beamte bzw. Beamtinnen oder Vertragsbedienstete zu bestechen (1 im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Wien, 1 im Sprengel des LG Salzburg).
Zu 8:
Im Jahr 2011 wurden aufgrund von Bedrohungen oder Tätlichkeiten gegen Richter bzw. Richterinnen, Staatsanwälte bzw. Staatsanwältinnen oder sonstige Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen der Justizbehörden (nichtrichterliches Personal) 6 Personen in (Untersuchungs-)Haft genommen (1 im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Wien, 1 beim OLG Linz, 2 im Sprengel des LG Linz, 1 im Sprengel der StA Salzburg, 1 im Sprengel der StA Innsbruck).
Zu 9:
Anzeige wegen versuchter Bestechung wurden in 2 Fällen erstattet. Im Sprengel des LG für Zivilrechtssachen Wien wurde das Verfahren eingestellt, im Sprengel des LG Salzburg ist das Verfahren noch offen.
Zu 10:
Das Justizressort hat im angesprochenen Kontext folgende Maßnahmen getroffen:
Dienstaufsicht
Das Bundesministerium für Justiz (BMJ) unternimmt insbesondere auch im Rahmen der Dienstaufsicht und Revision alle Anstrengungen, um allfälligen Malversationen – wie insbesondere auch im Zusammenhang mit etwaigen Bestechungsversuchen – nachhaltig entgegenzuwirken.
Im Zusammenhang mit den Änderungen des Korruptionsstrafrechts hat das BMJ in einem an die nachgeordneten Dienstbehörden gerichteten Erlass vom 7. Juli 2009 die besondere Stellung der Justiz im Allgemeinen betont und die Bestimmungen über das Verbot der Geschenkannahme im Besonderen in Erinnerung gerufen. Auf diesen Erlass wurde in der Vorweihnachtszeit (zuletzt im Dezember 2011) neuerlich im Intranet des BMJ aufmerksam gemacht.
Darüber hinaus hat das BMJ mit Erlass vom 20. Mai 2010 nochmalig das Verbot der Geschenkannahme für die nachgeordneten Dienststellen näher dargestellt.
Ausbildung
Die Justiz wendet im Interesse einer Stärkung des Vertrauens der Bevölkerung auch intern konsequent in allen Ausbildungsvorschriften sowohl für richterliche wie auch nichtrichterliche Justizbedienstete gerade der Korruptionsprävention großes Augenmerk zu, ebenso in der berufsbegleitenden Fortbildung.
Insbesondere wird in praktisch allen ausbildungsbezogenen justizinternen Regelungen bereits am Beginn der jeweiligen Dienstverhältnisse ein Ausbildungsschwerpunkt hinsichtlich der Korruptionsbekämpfung (einschließlich des Integritätsmanagements und des ‚Code of Conduct’) gesetzt. Diese Schwerpunkte bestehen auch im Rahmen der dienstlichen Weiterbildung.
Ein weiterer Schritt in diese Richtung ist die mit 1. November 2011 in Kraft getretene neue Grundausbildung für Bezirksanwält/innen, BGBl. II Nr. 354/2011.
Dienst- und Disziplinarrecht
Mit der Dienstrechts-Novelle 2011, BGBl. I Nr. 140/2011, wurden im Dienst- und Disziplinarrecht der Richter und Staatsanwälte Modernisierungen und effizienzsteigernde Maßnahmen berücksichtigt (wie z.B. ein gestraffter und praxisbezogener Strafenkatalog, verkleinerte Senate, höhere Verfahrenstransparenz, Durchlässigkeit zwischen Disziplinar- und Dienstgerichtsverfahren).
Planstellen und Personal
Trotz der schwierigen Wirtschaftslage konnte im Laufe der letzten Jahre die Anzahl der Planstellen für Staatsanwält/innen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) von zunächst 5 bzw. 7 (2009 bzw. 2010) im Jahr 2011 auf 21 erhöht werden. Im Herbst 2011 waren – mit steigender Tendenz – rund 15 Staatsanwält/innen bei der WKStA im Einsatz. Weitere Aufstockungen sind nach Maßgabe der Geschäftsanfallsentwicklung geplant. Noch im ersten Halbjahr 2012 sind Neuernennungen vorgesehen.
Dazu kommt eine entsprechende fachliche Unterstützung durch Experten aus dem Wirtschafts- und Finanzbereich sowie eine Unterstützung im infrastrukturellen Bereich durch die seit 1. September 2011 eingerichtete moderne Team-Assistenz.
Zu 11 und 12:
Ich verweise auf die der Anfragebeantwortung angeschlossene Liste. Insgesamt gab es zum Stichtag an 27 Gerichten keine Sicherheitskontrollen (OLG-Sprengel Graz 10, OLG-Sprengel Linz 0, OLG-Sprengel Innsbruck 17, OLG-Sprengel Wien 0).
Zu 13:
Die Organisation der Personenkontrollen richtet sich nach der hier angeschlossenen Allgemeinen Richtlinie für Sicherheitsstandards in Gerichtsgebäuden (Beilage 2) und den §§ 3 bis 5 Gerichtsorganisationsgesetz (GOG).
Insgesamt wurde – soweit Aufzeichnungen vorhanden sind – 40 Personen der Zutritt verwehrt (12 Personen im Sprengel des OLG Wien, 23 Personen im Sprengel des OLG Linz, 5 Personen im Sprengel des OLG Graz, 0 Personen im Sprengel des OLG Innsbruck).
Zu 14:
Eine detaillierte Aufstellung über abgenommene Gegenstände liegt nicht vor. Soweit Aufzeichnungen zur Verfügung stehen, wurden sie ausgewertet. Die nachstehende Auflistung kann somit keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
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Gesamtauswertung |
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Schusswaffen |
403 |
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Hieb- und Stichwaffen |
50.352 |
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Sonstiges |
134.772 |
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Summe |
185.527 |
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Auswertung nach OLG-Sprengel |
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OLG Graz |
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Schusswaffen |
9 |
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Hieb- und Stichwaffen |
5.628 |
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Sonstiges |
5.237 |
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Summe |
10.874 |
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OLG Innsbruck |
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Schusswaffen |
36 |
|
Hieb- und Stichwaffen |
3.945 |
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Sonstiges |
3.586 |
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Summe |
7.567 |
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OLG Linz |
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|
Schusswaffen |
10 |
|
Hieb- und Stichwaffen |
9.170 |
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Sonstiges |
11.545 |
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Summe |
20.725 |
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OLG Wien |
|
|
Schusswaffen |
348 |
|
Hieb- und Stichwaffen |
31.609 |
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Sonstiges |
114.404 |
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Summe |
146.361 |
Zu 15:
Die Sicherheitskontrollen wurden ausgeweitet.
Zu 16:
Nein. Aufgrund der Vielzahl der Personen, die täglich die Gerichte aufsuchen, würde die geschilderte Vorgehensweise einen unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand mit sich bringen, ohne die Sicherheit in den Gerichtsgebäuden in entsprechendem Maß zu steigern.
Wien, . März 2012
Dr. Beatrix Karl
Anmerkung der Parlamentsdirektion:
Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image, siehe
Anfragebeantwortung (gescanntes Original)
zur Verfügung.