10217/AB XXIV. GP
Eingelangt am 16.03.2012
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möglich.
BM für Justiz
Anfragebeantwortung
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BMJ-Pr7000/0013-Pr 1/2012 |
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Museumstraße 7 1070 Wien
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Tel.: +43 1 52152 0 E-Mail: team.pr@bmj.gv.at
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Frau
Präsidentin des Nationalrates
Zur Zahl 10339/J-NR/2012
Der Abgeordnete zum Nationalrat Werner Neubauer und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Ersatzansprüche Holzinger“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Vorbemerkung:
Die „Causa Holzinger“ war bereits in den Jahren 1990 (Anfrage der Abgeordneten Dr. Pilz, Fux und Freunde, 6042/J-NR/1990), 1997 (Anfrage der Abgeordneten Großruck, Auer, Freund, Schuster und Kollegen, 1644/J-NR/1996) und 2009 (Anfrage der Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen, 985/J-NR/2009) Gegenstand von an den Bundesminister bzw. die Bundesministerin für Justiz gerichteten Parlamentarischen Anfragen. Nicht zuletzt deshalb ist die Angelegenheit in meinem Haus hinlänglich bekannt. Die seinerzeit im jeweiligen Kontext gegebenen Antworten bleiben jedenfalls auch weiterhin vollinhaltlich aufrecht.
Zu 1 bis 3:
Die Aufgaben und Befugnisse der Finanzprokuratur im Rahmen des administrativen Aufforderungsverfahrens nach § 8 AHG ergeben sich – neben dem Finanzprokuraturgesetz – insbesondere aus der Verordnung der Bundesregierung vom 1. Februar 1949, BGBl. Nr. 45, betreffend die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Bund auf Grund des Amtshaftungsgesetzes. Danach ist – soweit Amtshaftungsansprüche gegen den Bund geltend gemacht werden – das Aufforderungsschreiben an die Finanzprokuratur zu richten. Dieser kommt es – nach einer inhaltlichen Prüfung des Sachverhalts durch die Finanzprokuratur und den zuständigen Rechtsträger – nach § 2 der genannten Verordnung auch zu, den potenziell Geschädigten davon zu verständigen, ob sein Ersatzanspruch anerkannt oder (ganz oder zum Teil) verweigert wird.
Zu 4 bis 6 und 13 bis 16:
Die erste Anspruchstellung des Josef Holzinger nach dem AHG datiert aus dem Jahr 1981. Konkret hat er sich seinerzeit mit Schreiben vom 28. April 1981 an die Finanzprokuratur gewandt und einen Ersatzanspruch im Betrag von 50.000 S mit der Begründung geltend gemacht, dass er im Strafverfahren zu U 552/78 des Bezirksgerichts Frankenmarkt zu Unrecht verurteilt worden sei; ferner gab er an, dass er das Zivilverfahren zu C 129/77 des Bezirksgerichts Frankenmarkt, in dem er schuldig erkannt wurde, einen aufgestellten Holzzaun zu entfernen, auf Grund rechtswidriger Entscheidungen verloren habe. Im Zuge der Erhebung des Sachverhalts wurden seinerzeit die Akten U 341/76, U 552/78, U 625/80, U 611/76, U 376/77, Z 12/78, C 120/75, C 79/76, C 129/77 und C 283/80 jeweils des Bezirksgerichts Frankenmarkt beigeschafft und von der Finanzprokuratur und dem Bundesministerium für Justiz eingesehen. Die anhand dieser Akten und der eingeholten Stellungnahmen vorgenommene Prüfung des Ersatzbegehrens hat keine Anhaltspunkte für ein rechtswidriges und schuldhaftes Organverhalten ergeben. Demgemäß hat die Finanzprokuratur dem Ersatzwerber über ausdrücklichen Auftrag des Bundesministeriums für Justiz die Ablehnung des Ersatzbegehrens mitgeteilt.
In der Folge trat Josef Holzinger mit weiterem Aufforderungsschreiben vom 17. Februar 1986 (anwaltlich vertreten) an die Finanzprokuratur heran. Darin wurde sowohl die Unvertretbarkeit der Entscheidungen im Verfahren C 129/77 des Bezirksgerichts Frankenmarkt als auch in dem dieses Verfahren betreffenden Wiederaufnahmeverfahren zu C 283/80 des Bezirksgerichts Frankenmarkt geltend gemacht und die Zahlung von 125.447,78 S begehrt. Im Zuge des außergerichtlichen Aufforderungsverfahrens hat die Finanzprokuratur (wiederum) Einsicht in die Akten C 129/77 und C 283/80 des Bezirksgerichts Frankenmarkt sowie den Akt R 12/85 des Kreisgerichts Wels genommen. Ergebnis der Inhaltsprüfung war, dass die Entscheidungen in den Anlassverfahren nicht nur vertretbar, sondern auch rechtsrichtig waren. Zudem war von Josef Holzinger die behauptete unrichtige Grundstücksbezeichnung im
Verfahren gar nicht releviert worden, weshalb ein Amtshaftungsanspruch auch formal auf Grund der Bestimmung des § 2 Abs. 2 AHG ausgeschlossen war.
Das Bundesministerium für Justiz, dem die genannten Gerichtsakten gleichfalls zur Verfügung standen, schloss sich der seinerzeitigen Empfehlung der Finanzprokuratur auf Ablehnung des Ersatzbegehrens vollinhaltlich an und ermächtigte die Finanzprokuratur, ein entsprechendes Erledigungsschreiben an den Ersatzwerber bzw. dessen Rechtsvertreter zu richten.
In einem weiteren, mit 15. November 1992 datierten (bei der Finanzprokuratur erst am 21. Jänner 1993 eingelangten) Schreiben behauptete Josef Holzinger, 18 Jahre lang durch „mehr als 500 gesetzlich unvertretbare, rechtsbeugende, rechtsverweigernde und realitätsfremde Willkürakte staatlicher Organe“ in Nachbarstreitigkeiten geschädigt worden zu sein, ohne ein rechtswidriges Organverhalten zu konkretisieren. Auf Grund dieses Aufforderungsschreibens konnten keine Sachverhaltserhebungen durchgeführt werden, weil sich der geltend gemachte „Teilschadensbetrag“ in Höhe von 25 Millionen S nicht einmal annähernd aus den Behauptungen des Ersatzwerbers ableiten ließ. Das Bundesministerium für Justiz, dem die Eingabe mit Schreiben der Finanzprokuratur vom 19. Februar 1993 weitergeleitet wurde, vertrat in Übereinstimmung mit der Finanzprokuratur die Rechtsauffassung, dass es den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit widerspricht, diffuse und nicht nachvollziehbare Vorwürfe zum Gegenstand von Sachverhaltserhebungen zu machen, was nach dem Akteninhalt Herrn Holzinger aus Anlass eines Telefonats mitgeteilt wurde.
Am 8. März 1993 trat Josef Holzinger neuerlich an die Finanzprokuratur heran und begehrte die Finanzierung der Forderungen seines Prozessgegners, seines Nachbarn, die dieser auf den Grundstücken des Josef Holzinger mit Pfandrechten gesichert hatte, durch die Republik Österreich. Mit Schreiben vom 27. März 1993 übermittelte Josef Holzinger eine „ergänzende Sachverhaltsmitteilung“, mit der er sich neuerlich über die Eintragung von Pfandrechten durch seinen Prozessgegner auf seinen Liegenschaften beschwerte, ohne allerdings ein konkretes rechtswidriges und schuldhaftes Organverhalten aufzuzeigen. Mit weiterem Schreiben vom 10. Juni 1993 stellte Josef Holzinger eine Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz an die Finanzprokuratur, die – nach vorhergehender Abklärung mit dem Bundesministerium für Justiz – durch den Präsidenten der Finanzprokuratur umfangreich beantwortet wurde.
Inzwischen hatte der Ersatzwerber mit Schreiben vom 8. März 1993 sowie 27. März 1993 weitere „ergänzende Sachverhaltsmitteilungen“ übermittelt, denen allerdings keine konkreten Vorwürfe entnommen werden konnten, sodass sie zur Einleitung von Sachverhaltserhebungen nach dem Amtshaftungsgesetz nicht geeignet waren.
Am 20. Jänner 1995 sprach Josef Holzinger persönlich beim Sachbearbeiter in der Finanzprokuratur vor und begehrte eine Einflussnahme durch die Finanzprokuratur auf verschiedene von ihm anhängig gemachte Gerichtsverfahren. Herrn Holzinger wurde ausführlich die Rechtslage erklärt, dass nämlich weder die Finanzprokuratur noch das Bundesministerium für Justiz Einfluss auf anhängige Gerichtsverfahren nehmen können und auch nicht nehmen, und es wurden ihm weiters die Voraussetzungen zur Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen dargelegt.
Als Reaktion auf dieses Gespräch übermittelte Josef Holzinger im Jänner 1996 zwei Hefte von insgesamt 82 Seiten an die Finanzprokuratur, die neuerlich ausschließlich Nachbarschaftsstreitigkeiten zum Inhalt hatten und mit denen Josef Holzinger von der Republik Österreich nicht nachvollziehbar Kosten in Höhe von 11 Millionen S begehrte. Am 2. Dezember 1997 fand neuerlich eine Besprechung mit Josef Holzinger in der Finanzprokuratur statt, bei dem ihm in einem einstündigen Gespräch neuerlich die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs dargelegt wurden.
Als Reaktion brachte Josef Holzinger beim Landesgericht für ZRS Wien zu 32 Cg 14/97g eine Klage gegen die Republik Österreich ein, für die ihm seitens des Prozessgerichts die Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen Aussichtslosigkeit verwehrt wurde. Die von Josef Holzinger dagegen erhobenen Rechtsmittel wurden vom Oberlandesgericht Wien ab- und vom Obersten Gerichtshof zu 6 Ob 75/99v zurückgewiesen. Daraufhin lehnte Josef Holzinger die für die Rekursentscheidung zuständigen Richter des Oberlandesgerichts Wien ab und beschuldigte sie „dringender straftatverdächtigender Gründe“. Der Oberste Gerichtshof wies mit Beschluss vom 15. Juli 1999, 6 Ob 159/99x, auch diesen Rekurs des Klägers zurück.
Mit weiterem Aufforderungsschreiben vom 16. Juli 2007, in dem sich Josef Holzinger als Dr. hc und „Präsident“ bezeichnete, begehrte er von der Republik Österreich einen Betrag von 10,780.015 Euro zuzüglich 4 % Zinsen und Zahlung einer monatlichen Pension in Höhe von 2.000 Euro, wiederum aus den schon bisher bekannten Nachbarschaftsstreitigkeiten, neuerlich mit allgemein gehaltenen Vorwürfen, die keine konkrete Überprüfung zuließen. Die Finanzprokuratur hat Herrn Holzinger daraufhin mit Antwortschreiben vom 17. Juli 2007 neuerlich die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs nach dem AHG gem. § 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesregierung vom 1. Februar 1949, BGBl. Nr. 45, dargelegt. Josef Holzinger hat auf dieses Schreiben nicht reagiert. Seit diesem Zeitpunkt ist kein weiteres Aufforderungsschreiben bei der Finanzprokuratur oder dem Bundesministerium für Justiz mehr eingelangt.
Zu 7:
Wie bereits dargestellt, hat die Finanzprokuratur die beiden einzigen konkreten Aufforderungsschreiben des Ersatzwerbers an Hand der jeweiligen Prozessakten des
Bezirksgerichts Frankenmarkt bzw. des (seinerzeitigen) Kreisgerichts Wels überprüft und – entsprechend den Entscheidungen und Ermächtigungen des Bundesministeriums für Justiz – die Ergebnisse dem Ersatzwerber mitgeteilt. Von der Möglichkeit der Einbringung einer Amtshaftungsklage hat Josef Holzinger seinerzeit keinen Gebrauch gemacht.
Zu 8 und 9:
Da das jüngste Anspruchschreiben des Josef Holzinger vom 16. Juli 2007 zahlreiche allgemeine Vorwürfe, aber keine konkreten überprüfbaren Vorwürfe enthielt und sich überdies der behauptete Schaden von 10,780.015 Euro sowie die begehrte Rente von 2.000 Euro monatlich auch nicht annähernd aus den Beschuldigungen ableiten ließen, konnte eine Überprüfung nicht stattfinden. Allerdings wurden Josef Holzinger noch am Tag des Einlangens dieses Schreibens bei der Finanzprokuratur nochmals jene Voraussetzungen mitgeteilt, die eine Überprüfung eines allfälligen Amtshaftungsanspruchs ermöglichen. Herr Holzinger hat darauf – wie dargelegt – nicht reagiert.
Zu 10 bis 12:
Das erste Anspruchschreiben des Josef Holzinger vom 28. April 1981 ist am 30. April 1981 bei der Finanzprokuratur und – in der Folge – am 7. Mai 1981 beim Bundesministerium für Justiz eingelangt. Die Ablehnung des Ersatzbegehrens wurde dem Ersatzwerber mit Schreiben der Finanzprokuratur vom 13. Juli 1981 mitgeteilt.
Sein weiteres Schreiben vom 17. Februar 1986 traf bei der Finanzprokuratur am 19. Februar 1986 bzw. in weiterer Folge beim Bundesministerium für Justiz am 21. Februar 1986 ein. Die Beantwortung dieses Aufforderungsschreibens durch die Finanzprokuratur erfolgte mit Schreiben an den Rechtsvertreter des Josef Holzinger vom 21. Mai 1986.
Das letzte Schreiben des Josef Holzinger langte am 17. Juli 2007 bei der Finanzprokuratur ein; da dieses nicht den sich aus der Verordnung der Bundesregierung vom 1. Februar 1949, BGBl. Nr. 45, ergebenden Anforderungen an ein Aufforderungsschreiben nach § 8 AHG entsprach, hat die Finanzprokuratur den Einschreiter mit Schreiben vom selben Tag (nochmals) auf die nötigen Erfordernisse einer konkreten Anspruchstellung hingewiesen.
Zu 17 bis 19:
Wie angeführt gab es zwei Besprechungen mit Josef Holzinger in der Finanzprokuratur.
Zu 20 bis 23:
Zusätzlich zu den seinerzeit für die Ablehnung des Ersatzbegehrens maßgeblichen Gründen wären allfällige Ersatzansprüche nach dem AHG zwischenzeitig wohl jedenfalls allesamt verjährt. Da außergerichtliche Entschädigungszahlungen somit nach dem Stand der Dinge jedenfalls nicht in Betracht kommen, erübrigen sich auch dahingehende Gespräche und Verhandlungen.
Zu 24:
Ich persönlich habe von der „Causa Holzinger“ erstmals aus Anlass der vorliegenden Anfrage erfahren.
Wien, . März 2012
Dr. Beatrix Karl