10329/AB XXIV. GP
Eingelangt am 27.03.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 10592/J der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde wie folgt:
Das Mikrokreditprogramm des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) wurde am 1.05.2010 als wichtiger Mosaikstein im Bestreben der Bundesregierung, nachhaltig Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern, gestartet. Zu den Zielgruppen zählen beschäftigungslose oder von Beschäftigungslosigkeit bedrohte Personen sowie am Beschäftigungsmarkt benachteiligte Menschen, von Armut betroffene oder bedrohte Personen und Personen mit erschwertem bzw. ausgeschlossenem Zugang zum klassischen Kreditmarkt.
Frage 1:
Seit seinem Start haben insgesamt 4.395 Personen telefonisch, per Email oder durch persönliche Vorsprache für das Mikrokreditprogramm Interesse gezeigt. Der überwiegende Teil der Kontaktnahmen erfolgte mit 2.635 Anfragen über die Mikrokredithotline. Zusätzlich wurden 1.726 E-Mail-Anfragen beantwortet. Insgesamt 34 Personen haben auch persönlich vorgesprochen.
Auf der Website www.dermikrokredit.at haben sich bislang insgesamt 1.051 Personen registriert. Bislang wurden 122 Kredite genehmigt und davon 110 Kredite bereits ausbezahlt. Bisher kam es nur zu einem Kreditausfall.
Die Zusammenstellung der Inanspruchnahme der Mikrokredits nach Zielgruppen ergibt folgendes Bild (Status: 29.02.2012):

Frage 2
Die folgende Tabelle zeigt die höchste abgeschlossene Ausbildung der KreditnehmerInnen nach Bundesländern geordnet (Status: 29.02.2012):

Frage 3:
Die nachfolgende Tabelle zeigt in welchen Branchen gegründet wurde, ebenfalls nach Bundesländern geordnet (Status: 29.02.2012):

Frage 4:
Für die umfassende Beratung zum Mikrokreditprogramm setzt die ÖSB Consulting GmbH vier MitarbeiterInnen ein. Diese übernehmen auch die telefonische bzw. E-Mail-Beratung.
Die Inhalte der Beratung sind auf die Bedürfnisse der KundInnen abgestimmt und können von einfachen Informationen über das Antragsprozedere bis hin zu fundierter Unterstützung bei der Erstellung eines Geschäftskonzepts reichen. Die InteressentInnen werden sowohl vor, als auch nach der Kreditvergabe begleitet. Wenn es zu einer Kreditvergabe kommt, finden regelmäßige KundenInnenfeedbacks statt. Der Know how- Transfer erfolgt entweder direkt von den BeraterInnen der ÖSB Consulting, oder es wird auf Einrichtungen und Projekte, die bei den spezifischen Problemen gezielt unterstützen können, verwiesen.
Alle BeraterInnen der ÖSB Consulting sind FörderexpertInnen im Unternehmensgründungsbereich und fungieren als Drehscheibe für KundInnen, die zusätzliche kostenfreie persönliche Beratung benötigen und zwar für:
Das Unternehmensgründungsprogramm (UGP) des Arbeitsmarktservice (AMS) im gesamten Bundesgebiet, das Gründungs- und Finanzierungscoaching MINGO der Wirtschaftsagentur Wien, RIZ Niederösterreichs Gründeragentur GmbH, die Wirtschaftskammer in allen Bundesländern und weitere regionale Beratungseinrichtungen (GRÜZE - GründerInnenzentrum für Menschen mit Handicap in Wien, CHANCE B in der Oststeiermark, Business Creation Center Salzburg GmbH, etc.). Im Bedarfsfall führt die ÖSB Consulting persönliche Beratungen selbst durch.
Schließlich werden auch Kriseninterventionen von der ÖSB Consulting in Kooperation mit den Senior Experts von ASEP durchgeführt. ASEP (Austrian Senior Experts Pool) ist ein unabhängiger Non-Profit-Verein, dem ehemalige Manager angehören. Diese bringen Expertise und Erfahrung in der Unternehmensführung mit und können daher die KreditnehmerInnen besonders gut unterstützen.
Frage 5:
Bei der Umsetzung des Mikrokreditprogramms ist das AMS nicht eingebunden, ein Konnex kann aber hinsichtlich seines Unternehmensgründungsprogramms bestehen. Von den 122 KreditnehmerInnen befinden sich 69 (rund 57%) gleichzeitig im Unternehmensgründungsprogramm des AMS.
Das Mikrokreditprogramm des BMASK „Der Mikrokredit – Das Sozialministerium fördert Ihre Selbstständigkeit“ wird über verschiedene Kanäle bekannt gemacht. Am intensivsten wird die Vernetzungsarbeit mit Institutionen in der Gründerlandschaft betrieben. Außerdem werden klassische Medienschaltungen, redaktionelle Beiträge in Printmedien sowie im Radio und Fernsehen durchgeführt.
Frage 6:
Das Unternehmenskonzept sowie die Kreditwürdigkeit werden deshalb sehr genau geprüft, um nur erfolgversprechende Gründungsvorhaben finanziell zu unterstützen und zu verhindern, dass KreditnehmerInnen durch das Mikrokreditprogramm in finanzielle Schwierigkeiten kommen.
Im Fall der Mikrokreditgewährung sieht der weitere Ablaufprozess zwei Reaktionsweisen bei Zahlungsschwierigkeiten vor:
Sollten die KreditnehmerInnen über der Armutsgrenze leben und nur vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten haben und/oder den Kredit zumindest teilweise zurückzahlen können, wird der Tilgungsplan überarbeitet und durch das Aussetzen von Raten bzw. Laufzeitverlängerung die jeweilige individuelle Situation berücksichtigt. Sollten die KreditnehmerInnen hingegen unter der Armutsgrenze leben und/oder voraussichtlich auf Dauer zahlungsunfähig sein, ist ein Schuldenerlass möglich.
Frage 7:
Für jenes Drittel der Mikrokredite, das aus Fördermitteln des BMASK bestritten und von der Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) gestioniert wird, ist keine Kreditausfallhaftung vorgesehen. Im Fall der Uneinbringlichkeit von solchen Mikrokreditrückständen trägt das BMASK den Ausfall.
Für jene zwei Drittel der Mikrokredite, die im Rahmen des Mikrokreditprogramms des BMASK von der Erste Bank resp. von den Sparkassen gewährt werden, übernehmen maßgebliche österreichische Stiftungen die Kreditausfallhaftung (die Schweighofer, die Humer, die Martin und Gerda Essl gemeinnützige, die Katharina Turnauer gemeinnützige und die Unruhe Privatstiftung sowie die Erste Stiftung).
Frage 8:
Die Kreditkonditionen (Zinssatz, maximale Kredithöhe, Laufzeit, tilgungsfreie Zeiten) sind in jedem Fall die gleichen, unabhängig davon, ob die Mikrokredite von der AWS, der Erste Bank oder den Sparkassen gewährt werden.
Auf der Grundlage einer Schätzung bezüglich der möglichen Inanspruchnahme der Mikrokredite in Österreich, der damit verbundenen Kosten sowie der Budgetmöglichkeiten des BMASK wurde eine Aufteilung der Mikrokreditfälle im Verhältnis 1/3 (BMASK) zu 2/3 (Erste Bank und Sparkassen) vereinbart.
Die Wiener Städtische Versicherung AG vergibt keine Mikrokredite. Die AWS gestioniert die Mikrokreditmittel des BMASK treuhändisch und gewährt ebenfalls keine Mikrokredite aus eigenen Mitteln. Nach Maßgabe der Ergebnisse der geplanten Evaluierung des Programms im Frühjahr 2013 sowie der für eine allfällige Weiterführung des Programms zur Verfügung stehenden Fördermittel ist eine Veränderung der Kreditfallverteilung durchaus denkbar.
Die Kosten bei Zahlungsunfähigkeit übernehmen im Fall von AWS-gestionierten Krediten das BMASK, im Fall von Mikrokrediten, die von der Erste Bank resp. den Sparkassen gewährt werden, die in der Beantwortung der Frage 7 genannten Stiftungen.
Frage 9:
Bislang ist es nicht möglich, die Mikrokreditinstrumente des Europäischen Investitionsfonds (Darlehen oder Haftungen) für unser Mikrokreditprogramm in Anspruch zu nehmen. Die derzeit gültigen Regelungen erfordern die Akkreditierung der Kredit gestionierenden Stelle (in unserem Fall die AWS) beim Europäischen Investitionsfonds als „Mikrofinanzinstitut“. Die auf unser Ersuchen von der AWS unternommenen Bemühungen um Akkreditierung haben bislang noch zu keinem Ergebnis geführt.
Ich bemühe mich aber im Rahmen der derzeit tagenden Ratsarbeitsgruppen für Sozialfragen, die Zugangsmöglichkeiten für Österreich zum geplanten neuen „Programm für sozialen Wandel und soziale Innovation“, in welches auch die Mikrokreditfazilität integriert werden wird, zu verbessern.
Frage 10:
Das Programm wurde aus den Erfahrungen im Zusammenhang mit dem vom AMS umgesetzten Unternehmensgründungsprogramm entwickelt. Daher fokussieren die mit dem Bundesministerium für Finanzen abgestimmten Anknüpfungspunkte der Richtlinie für die Gewährung eines Mikrokredits auf die für die Neugründung, Fortführung, Erweiterung und Übernahme von wirtschaftlich selbständigen kleinen Unternehmen in Österreich erforderlichen betrieblichen Investitionen.
Frage 11:
Als Rechtsgrundlage für die Gewährung von Förderungen dient die „Allgemeine Rahmenrichtlinie für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln“ (ARR 2004). Die ARR 2004 regelt in § 1, wofür Förderungen gewährt werden können, unter anderem auch für verzinste Darlehen (§1 Abs.1, 1).
Frage 12:
Das Programm unterliegt einem laufenden Monitoring (Programmnachfrage, Inanspruchnahme nach regionalen und personenbezogenen Indikatoren, Treuhandkontoentwicklung etc.). Darüber hinaus ist eine Evaluierung des Programms insbesondere hinsichtlich seiner arbeitsmarktpolitischen Effekte und seiner Effizienz nach Vorliegen hinreichend vieler für eine aussagekräftige statistische Analyse erforderlicher empirischer Daten für das Frühjahr 2013 geplant.
Die Frage bezüglich der Kreditausfallhaftung ist bereits im Rahmen der Frage 7 beantwortet worden.
Frage 13 bis 15:
Es gibt keine AMS-Pilotprogramme, in denen Kredite gewährt werden. Das vom AMS umgesetzte Unternehmensgründungsprogramm sieht keine Mikrokreditgewährung vor.