1035/AB XXIV. GP

Eingelangt am 17.04.2009
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0050-Pr 1/2009

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 985/J-NR/2009

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Werner Neubauer und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Causa Holzinger“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Vorbemerkung:

Einleitend möchte ich anmerken, dass die Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen generell nur im Rahmen des jeweils dafür vorgesehenen Rechtsmittelverfahrens erfolgen kann. Eine darüber hinausgehende bzw. parallel verlaufende Überprüfung durch Strafverfolgungsbehörden ist nur dann durchzuführen, wenn gegen die betreffenden Organe strafrechtlich relevante Vorwürfe erhoben werden. Dies setzt jedoch voraus, dass im Rahmen der Anzeige konkrete Umstände dargetan werden, die einen Rückschluss auf die Begehung eines strafrechtlichen Deliktstatbestandes zulassen. Dies gilt im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Herbeiführung unvertretbarer Entscheidungen insbesondere auch für die Erfüllung der subjektiven Tatseite, weil nur anhand dieser Umstände beurteilt werden kann, ob es sich bei dem angezeigten Sachverhalt um die Geltendmachung strafrechtlich irrelevanter Fehlentscheidungen oder um vorsätzlich gesetzte Verhaltensweisen handelt. Der Hinweis auf die Fehlerhaftigkeit gerichtlicher Entscheidungen alleine oder die globale Behauptung der Rechtsbeugung im Rahmen eines Verfahrens ohne Spezifizierung der konkreten Tat und Anführung der jeweils dafür vorliegenden konkreten Verdachtsmomente kann daher nicht Anlass für eine eingehende Prüfung gerichtlicher Entscheidungen sein.

Zu 1:

Der Anlassbericht des Büros für Interne Angelegenheiten vom 4. April 2008 langte laut Eingangsstampiglie am 7. April 2008 bei der Staatsanwaltschaft Wien ein.

Zu 2:

Die Staatsanwaltschaft Wien legte den Akt am 26. April 2008 der Oberstaatsanwaltschaft Wien gemäß § 28 StPO vor, die diesen am 14. Mai 2008 der Staatsanwaltschaft Korneuburg übertrug. Am 16. Juni 2008 stellte die Staatsanwaltschaft Korneuburg das Verfahren gegen unbekannte Täter wegen § 302 Abs. 1 StGB gemäß § 190 Z 2 StPO ein und erstattete der Oberstaatsanwaltschaft Wien darüber Bericht. Aufgrund eines von Josef Holzinger gestellten und bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg am 4. Juli 2008 eingebrachten Antrages auf Fortführung des Verfahrens gab die Staatsanwaltschaft Korneuburg, die von einer Anordnung der Fortsetzung des Verfahrens absah, am 7. Juli 2008 eine Stellungnahme nach § 195 Abs. 3 StPO ab. Das Oberlandesgericht Wien wies den Antrag des Josef Holzinger auf Fortführung des Verfahrens mit Beschluss vom 27. August 2008 ab.

Zu 3:

Dem erwähnten Anlassbericht des Büros für Interne Angelegenheiten waren die von Josef Holzinger zur Verfügung gestellten und ca. 1840 Seiten umfassenden Unterlagen angeschlossen. Aufgrund dieses Umfanges konnte die Staatsanwaltschaft Korneuburg davon ausgehen, dass das von Josef Holzinger für maßgeblich erachtete Tatsachensubstrat darin vollständig enthalten war, weshalb darüber hinausgehende Aktenbeischaffungen nicht erfolgten.

Zu 4:

Josef Holzinger wurde bereits am 5. März 2008 durch Beamte des Büros für Interne Angelegenheiten als Zeuge einvernommen und hatte daher die Gelegenheit, seinen Standpunkt auch mündlich darzulegen. Aufgrund der zu erwartenden Vollständigkeit der vorgelegten Unterlagen ergab sich im Hinblick auf die bereits erfolgte Einvernahme des Josef Holzinger für die Staatsanwaltschaft Korneuburg kein Grund, dies ein weiteres Mal zu befragen.

Zu 5:

Die vorliegende Strafsache wurde von den nach der Geschäftsverteilung jeweils zuständigen Staatsanwälten bearbeitet.

Zu 6:

Hintergrund dieses gegenständlichen Verfahrens ist die im Zuge seiner Einvernahme am 5. März 2008 selbst dargelegte Ansicht des Josef Holzinger, dass sich die Justizbehörden in Österreich gegen ihn verschworen hätten, wodurch ihm seit 1982 laufend unrechtmäßig verschiedene Liegenschaften entzogen bzw. „geschmälert“ würden. Seiner Ansicht nach würden die Justizorgane seit 1995 beabsichtigen, seinen „rechtlichen Besitz ohne Rechtstitel zu versteigern“. Die Durchsicht der von Josef Holzinger übergebenen Unterlagen ergab, dass der Auslöser dieser Überzeugung in Nachbarschaftsstreitigkeiten um Grundstücke im Sprengel des Bezirksgerichtes Frankenmarkt/OÖ zu suchen ist.

Zu 7:

Da der Anzeige – mit einer Ausnahme – keine konkreten, gegen bestimmte namentlich bezeichnete Personen gerichteten Vorwürfe zu entnehmen waren, wurde das Verfahren gegen unbekannte Täter geführt. Ein konkreter Vorwurf bezog sich nur auf eine bestimmte Mitarbeiterin des Bundesministeriums für Justiz, wonach diese ein an Josef Holzinger gerichtetes wahrheitswidriges Schreiben verfasst haben und einen Justizskandal gedeckt haben sollte. Da nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Korneuburg dieses Schreiben eine der Sach- und Rechtslage entsprechende Darstellung enthielt und ein Anfangsverdacht somit auszuschließen war, bot die bloße Erwähnung der Mitarbeiterin des Bundesministeriums für Justiz in der Anzeige keinen Anlass, die Genannte als Beschuldigte zu erfassen.

Zu 8 und 9:

Die Staatsanwaltschaft Korneuburg verweigerte zu keinem Zeitpunkt die Annahme weiterer, von wem auch immer vorgelegter Unterlagen. Losgelöst vom konkreten Einzelfall ist festzuhalten, dass eine Möglichkeit, die Annahme von Unterlagen zu verweigern, die einer Staatsanwaltschaft gemäß § 100 Abs. 4 StPO übermittelt wurden, gesetzlich gar nicht vorgesehen ist.

Zu 10 und 11:

Die „Causa“ wurde dem Bundesministerium für Justiz anlässlich eines Berichtes der Oberstaatsanwaltschaft Wien am 28. Mai 2008 erstmals zur Kenntnis gebracht.

Zu 12 bis 25:

Gemäß Artikel 94 B-VG ist die Justiz von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt. Gemäß Artikel 87 Abs. 1 B-VG sind die Richter in Ausübung ihres Amtes unabhängig. Ich bitte daher um Verständnis, dass es mir im Hinblick auf diese in der Verfassung verankerten Grundsätze der Gewaltentrennung und der Garantie der Unabhängigkeit der Rechtsprechung verwehrt ist, Entscheidungen der Gerichte auch nur zu kommentieren.

Die in der Anfrage angeführten Zivilverfahren sind im Übrigen alle rechtskräftig erledigt.

Das – im vorliegenden Fall durchaus intensiv genützte – System gegenseitiger Kontrolle, das in Bezug auf gerichtliche Entscheidungen durch den Rechtsmittelzug und in Bezug auf Entscheidungen von Staatsanwaltschaften einerseits durch dienst- und fachaufsichtliche Überprüfung durch die Oberstaatsanwaltschaften und das Bundesministerium für Justiz und andererseits im Wege eines Fortführungsantrages gem. § 195 StPO (bzw. eines Subsidiarantrages nach § 49 StPO aF) durch unabhängige Gerichte gewährleistet ist, und in das auch oberste Organe der Republik eingebunden sind, bietet ausreichende Sicherheit für das Bemühen um die sachliche und rechtliche Richtigkeit getroffener Entscheidungen.

Im konkreten Fall befasste Josef Holzinger – soweit überblickbar – folgende Behörden mit seinen Angelegenheiten:


 

a)       die Bezirksgerichte Frankenmarkt, Vöcklabruck, Ried im Innkreis, Wels, Peuerbach und Schwanenstadt;

b)       die Landesgerichte Wels, Linz, Ried im Innkreis, St. Pölten, Graz, das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien sowie das Handelsgericht Wien;

c)        die Staatsanwaltschaften Wels und Linz sowie die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck;

d)       den Obersten Gerichtshof;

e)       das Bundesministerium für Justiz;

f)          die Finanzprokuratur sowie

g)       die Parlamentsdirektion.

Die Gefahr bewusster Rechtsbeugung zum Nachteil des Josef Holzinger, die aufgrund der Befassung so vieler Behörden und Dienststellen ein über Jahrzehnte konzertiertes Handeln einer Vielzahl von Organwaltern voraussetzen würde, ist nach menschlichem Ermessen somit auszuschließen.

Zu 26:

Grundsätzlich besteht für die Staatsanwaltschaft nach § 193 Abs. 2 StPO die Möglichkeit, die Fortführung eines nach den §§ 190f StPO eingestellten Ermittlungsverfahrens anzuordnen, solange die Strafbarkeit der Tat nicht verjährt ist und wenn der Beschuldigte wegen dieser Tat nicht vernommen und kein Zwang gegen ihn ausgeübt wurde oder wenn neue Tatsachen oder Beweismittel entstehen oder bekannt werden, die für sich allein oder im Zusammenhalt mit den übrigen Verfahrensergebnissen geeignet erscheinen, die Bestrafung des Beschuldigten oder ein Vorgehen nach dem 11. Hauptstück der StPO zu begründen.

Zu 27 und 28:

Die Beischaffung aller Bezug habenden Akten wurde im Anlassbericht des Büros für Interne Angelegenheiten nicht vorgeschlagen. Im Hinblick auf den Umfang der bereits erwähnten und dem Büro für Interne Angelegenheiten bzw. der Staatsanwaltschaft vorgelegten Unterlagen wurde nach deren Prüfung – unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Josef Holzinger keine konkreten Verdachtsmomente anführte – von der Beischaffung weiterer Akten abgesehen.

Zu 29 und 30:

Ob Josef Holzinger nach Anzeigenerstattung einem Beamten des Büros für Interne Angelegenheiten zusätzliche Unterlagen übergab, ist weder der Staatsanwaltschaft Korneuburg noch mir bekannt, weil der Staatsanwaltschaft Korneuburg keine weiteren Akten übermittelt wurden.

Zu 31 und 32:

Aufgrund der oben dargelegten Umstände und im Hinblick auf den Umstand, dass die Einstellung auch vom Oberlandesgericht Wien geprüft und nicht beanstandet wurde, gibt es keinen Hinweis darauf, dass das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Korneuburg nicht der Sach- und Rechtslage entsprochen hätte. Ausgehend von der derzeitigen Aktenlage ist eine Fortführung des Verfahrens daher nicht beabsichtigt.

. April 2009

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)