10362/AB XXIV. GP

Eingelangt am 30.03.2012
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

BMJ-Pr7000/0032-Pr 1/2012


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 10502/J-NR/2012

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Daniela Musiol, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 7:

Die berufliche Tätigkeit von Beschuldigten eines Strafverfahrens (Priester, Ordensperson) wird in den elektronischen Registern der Verfahrensautomation Justiz (VJ) nicht erfasst. Statistische Abfragen nach diesem Kriterium sind daher nicht möglich; eine bundesweite händische Recherche durch die Strafverfolgungsbehörden würde einen unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand auslösen, weshalb ich von der Erteilung eines derartigen Auftrags Abstand nehmen musste.


Zu 8 bis 10:

Soweit überblickbar gibt es im Bereich des Bundesministeriums für Justiz keine eigenen Erlässe bzw. Durchführungsbestimmungen für die Festnahme und Anhaltung von Geistlichen und Ordenspersonen. Die im Konkordat BGBl. II Nr. 2/1934 angesprochenen Rechte von Geistlichen (Ordenspersonen) sind Teil der österreichischen Rechtsordnung und gelten unmittelbar; diese Rechte ergeben sich aber auch aus der erst im Jahr 1958 in Kraft getretenen und im Verfassungsrang stehen­den Europäischen Menschenrechtskonvention (in der Folge kurz: EMRK). Insbesondere aus dem Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Art. 9 EMRK) sowie dem Verbot der Benachteiligung (Art. 14 EMRK) gelten diese Rechte für alle Menschen, und zwar unab­hängig davon, ob sich diese in Haft oder in Freiheit befinden.

Im Übrigen finden sich in den §§ 38 und 85 Strafvollzugsgesetz (StVG) Bestimmungen, die den Umgang mit Strafgefangenen im Hinblick auf das Glaubensbekenntnis näher regeln. Es ist dabei insbesondere auf Speisegebote sowie auf die Ausübung der jeweiligen Religion in der Anstalt Bedacht zu nehmen und auch der Besuch von nicht für die Anstalt bestellten oder zugelassenen Seelsorgern zu gestatten.

Zu 11:

Wie zu den Fragepunkten 8 bis 11 erläutert, handelt es sich dabei nicht mehr um ein nur der katholischen Kirche zustehendes Recht, sondern es sind im Sinne der im Verfassungsrang stehenden EMRK die darin festgelegten Rechte allen Menschen unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger An­schauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, Vermögen, Geburt oder im sonstigen Status begründeter Eigenschaften zu gewähren (Art. 14 EMRK).

Zu 12:

Derzeit gibt es keine Überlegungen, dieses – letztlich wohl nur scheinbare – Privileg abzu­schaffen. Im Übrigen darf darauf verwiesen werden, dass sich in zahlreichen Nebengesetzen Verständigungspflichten für Gerichte und Staatsanwaltschaften gegenüber den beruflichen Interessensvertretern (Kammern, Gewerbebehörde, u.a.) finden. Diese und auch die im Art. XX Konkordat festgelegten Verständigungspflichten sind im Verständigungserlass vom 1. Dezember 2003 (490.001/111-II 3/2003), der derzeit im Bundesministerium für Justiz überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht wird, angeführt.


Zu 13 bis 17:

Die einzige gerichtliche Strafbestimmung, die das Tragen von Uniformen verbietet, ist § 1 Uniform-Verbotsgesetz, die in Verbindung mit § 2 Uniform-Verbotsgesetz das Tragen von Uniformen der deutschen Wehrmacht unter gerichtliche Strafe stellt. Damit sollte nach Ende des zweiten Weltkrieges das Wiederaufleben nationalsozialistischen Gedankenguts unter­bunden werden, andere militärische Uniformen werden nicht erfasst.

Das Konkordat 1933 spricht dagegen allgemein vom „Missbrauch der militärischen Uniform“. Eine Strafbestimmung, die das Tragen von „herkömmlichen“ militärischen Uniformen per se untersagt, gibt es nicht.

Für verwaltungsrechtliche Strafbestimmungen (z.B. § 53 Wehrgesetz 2001) ist das Bundes­ministerium für Justiz nicht zuständig.

Zu 18 bis 20:

§ 10 des Gesetzes über die äußeren Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche regelt den Schutz geistlicher Amtskleider und Insignien der evangelischen Kirche. Eine Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz liegt diesbezüglich nicht vor.

Zu 21:

Da es zur Gehaltsexekution von "Angestellten des Bundes" im Sinn des Art. XVII des Konkordats aus dem Jahr 1934 (BGBl. II Nr. 2/1934) keine Sonderbestimmungen gibt, hat diese Bestimmung auch für Priester und Ordenspersonen keinerlei Auswirkungen. Die Gehaltsexekution richtet sich nach den für alle Arbeitnehmer geltenden Regelungen.

 

 

Wien,      . März 2012

 

 

 

Dr. Beatrix Karl