10438/AB XXIV. GP

Eingelangt am 13.04.2012
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0026-I/A/15/2012

Wien, am 12. April 2012    

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 10582/J der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Ing. Hofer und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Eingangs möchte ich festhalten, dass Enzyme Proteine sind, die auf verschiedene Weisen gewonnen werden können. Sie können aus vorhandenen Rohstoffen isoliert, chemisch-synthetisch oder biotechnologisch (d.h. mit lebenden Organismen wie z.B. Hefen oder Bakterien) erzeugt werden. Demzufolge können Enzyme auch aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO) gewonnen (z.B. isoliert aus gentechnisch veränderten Pflanzen) bzw. biotechnologisch mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen erzeugt werden. Letztere sind jene, die mengenmäßig relevant sind. Die Herstellung erfolgt in geschlossenen Systemen (in Fermentern im Labor), es erfolgt dabei keine Freisetzung von GVO. Ein so produziertes Protein (Enzym) ist selbst nicht gentechnisch verändert bzw. enthält in der Regel auch keine manipulierte DNA. Neben dem GVM und dem Nährsubstrat, das auch andere Mikroorganismen enthalten kann, sind oft weitere Enzyme am Erzeugungsprozess beteiligt. Das Endprodukt – also ein gewünschtes Enzym für die Weiterverwendung in Lebensmitteln – wird am Schluss des Erzeugungsprozesses gereinigt d.h. Reste von Nährsubstrat, Mikroorganismen, Hilfsstoffen etc. werden entfernt. Dieses Enzym unterscheidet sich nicht von einem Enzym, das auf andere Weise hergestellt wurde (z.B. isoliert aus natürlichen Materialien wie Tiermägen).

Ob Enzyme, die aus oder mit gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden, in einem Endprodukt gekennzeichnet werden müssen, ist fallspezifisch zu beurteilen (siehe Frage 4).

 

Fragen 1 bis 3:

Dazu darf ich aus dem Forschungsbericht „Zusatzstoffe, Aromen und Enzyme in der Lebensmittelindustrie. Abschätzung der Auswirkungen des 'Food Improvement Package' auf Forschung, Entwicklung und Anwendung“ (August 2010), zitieren:

„Weltweit sind ca. vierzig bis fünfzig Prozent aller in der Lebensmittelindustrie verwendeten Enzyme mit genetisch veränderten Mikroorganismen (GVM) hergestellt. Im Bereich Stärkeverzuckerung werden mehr als die Hälfte der eingesetzten Enzyme mit Hilfe von GVM hergestellt. Im Gegensatz zur Situation in der EU dominieren diese Enzyme bereits den Markt in den USA auch in den Bereichen Käse und Backwaren. Es ist davon auszugehen, dass der Großteil der Lebensmittelenzyme in wenigen Jahren mit Hilfe von GVM hergestellt wird. Gründe hierfür sind die höhere Reinheit und die höhere Ausbeute der gewonnenen Enzyme, die Kostensenkung und die Ressourcenschonung.“

Detaillierte Daten betreffend Österreich liegen nicht vor.

 

Frage 4:

Enzyme, die aus GVO gewonnen werden, sind gemäß der EU-Verordnung 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel zu kennzeichnen, sofern sie als Zutaten gelten. Enzyme, die mittels Fermentation mit GVM erzeugt werden, fallen nicht in den Geltungsbereich der o.g. Verordnung, sofern sie wie Verarbeitungshilfs-stoffe verwendet werden. Das gilt z.B. dann, wenn die GVM nach der Fermentation vollständig entfernt und die Produkte im Herstellungsprozess weiter aufgereinigt werden, oder wenn die Mikroorganismen an einer festen Matrix angebracht sind und nicht in das Lebensmittel übergehen. Wenn die GVM nicht entfernt werden, sind sie nicht als Verarbeitungshilfsstoffe anzusehen. Dann fallen die Produkte in den Geltungsbereich der o.g. Verordnung. Für eine Vermarktung sind eine EU-Zulassung des GVM und eine entsprechende Kennzeichnung des Lebensmittels erforderlich.

 

Frage 5:

Unabhängig von der Herstellungsweise sind alle Enzyme Gegenstand der EU-Verordnung 1332/2008 über Lebensmittelenzyme. Die Bewertung und Zulassung regelt die EU-Verordnung 1331/2008 über ein einheitliches Zulassungsverfahren von Lebensmittelzusatzstoffen, -enzymen und -aromen. Das einheitliche Verfahren legt die Modalitäten für die Aktualisierung der Liste von Stoffen fest, deren Inverkehr-bringen nach den sektoralen lebensmittelrechtlichen Vorschriften zulässig ist. Die Gemeinschaftsliste wird von der EU-Kommission aktualisiert.

Für die Durchführung dieser Verordnung hat die EU-Kommission eine eigene Verordnung 234/2011 herausgegeben. Die Frist für die Vorlage entsprechender Anträge für Enzyme ist der 11. September 2013.

 

Enzyme, die als technologische Hilfsstoffe verwendet werden, sind gemäß der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG (umgesetzt durch die Lebensmittel-kennzeichnungsverordnung 1993-LMKV, BGBl. Nr. 72 idgF) von der Angabe im Zutatenverzeichnis ausgenommen. Für die übrigen gelten insbesondere die Bestimmungen zur Gentechnik-Kennzeichnung der EU-Verordnung 1829/2003.

Eine Änderung dieser Verordnung ist in naher Zukunft nicht geplant.