10457/AB XXIV. GP

Eingelangt am 13.04.2012
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

GZ. BMVIT-10.000/0003-I/PR3/2012    

DVR:0000175

 
 


An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 

Wien, am     . April 2012

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Lausch und weitere Abgeordnete haben am 14. Februar 2012  unter der Nr. 10580/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Bahnstrecke Wien – St. Pölten gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 9:

Ø  Gelten die Regelungen für die Aufgaben des Schienenpersonenverkehrs in §§ 7, 8 und 9 ÖPNRV-G 1999 auch für die Bahnstrecke Wien – St. Pölten?

Ø  Welche Dienststellen wurden durch das BMVIT zur Vollziehung der in Frage 1 zitierten Rechtsvorschriften betraut?

Ø  Gilt insbesondere die Aufgabe der „Sicherstellung eines Grundangebotes im öffentlichen Schienenpersonennah- und Regionalverkehr im Umfang der im Fahrplan 1999/2000 bestellten oder erbrachten Leistungen“ lt. § 7 ÖPNRV-G 1999 auch für die Bestandsstrecke Wien – St. Pölten?

Ø  Wer genau z.B. ÖBB Holding AG bzw. welche der nachgeordneten Gesellschaften des ÖBB-Konzerns, ist zur Erbringung der Leistungen aus Frage 3 verpflichtet bzw. damit betraut?

Ø  Wie ist geplant dem gesetzlichen Auftrag für das Grundangebot für den öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr ab 2013 zwischen Wien und St. Pölten zu entsprechen?

Ø  Durch wen und aus welchen Gründen wird/wurde veranlasst, wieder gesetzeskonforme Zustände hinsichtlich der Grundversorgung herzustellen und die Anzahl der Halte im Umfang des Fahrplans 1999/2000 im öffentlichen Schienenpersonennah- und Regionalverkehr zu gewährleisten?

Ø  Entspricht aus Sicht des BMVIT die Tatsache, dass in Maria Anzbach – abweichend vom Fahrplan 1999 – weniger beschleunigte Züge halten als 1999, dem Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs?

Ø  Durch welche Stelle und durch welche Maßnahmen wurde veranlasst, die Anzahl der Halte der beschleunigten Regionalzüge in Maria Anzbach zu reduzieren und damit die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr zu verschlechtern und wie rechtfertigen Sie diese Maßnahmen?

Ø  Durch wen und durch welche Maßnahmen können wieder gesetzeskonforme Zustände hinsichtlich der Grundversorgung hinsichtlich der Halte der beschleunigten Regionalzüge hergestellt werden und die Anzahl der Halte im Umfang des Fahrplans 1999/2000 im öffentlichen Schienenpersonennah- und Regionalverkehr gewährleistet werden?

 

 

Der Bund hat gem. § 7 ÖPNRV-G 1999 ein Grundangebot im öffentlichen Schienenpersonennah- und –regionalverkehr sicher zu stellen. Das Ausmaß des zu erbringenden Grundangebots entspricht dem im Fahrplanjahr 1999/2000 österreichweit bestellten Umfang. Im Fahrplanjahr wurden vom bmvit im Wesentlichen Tarifbestellungen vorgenommen. Bei den ÖBB wurden dafür 1999 rd. 463 Mio. € aufgewendet. Diese Mittel wurden in den Jahren 2000 bis 2006 seitens des bmvit leider „eingefroren“, die Bahn erhielt für ihre Leistungen trotz Inflation und steigender Preise de facto immer weniger Geld. Erst ab 2008 ist es gelungen, die entsprechenden Finanzierungen wieder sicher zu stellen bzw. kontinuierlich anzuheben und damit die für das notwendige Angebot gem. ÖPNRV-G benötigten Mittel bereitzustellen.

 

Mit dem Jahr 2010 wurde aufgrund geänderter unionsrechtlicher Rahmenbedingungen die bisherige Tarifbestellung auf eine Leistungsbestellung umgestellt. Das bmvit sichert nunmehr im Bereich der ÖBB rd. 58,4 Mio. Fahrplan-km im Nah- und Regionalverkehr und ergänzend dazu auf den gemeinwirtschaftlichen Fernverkehrsstrecken rd. 12,8 Mio. Fahrplan-km. Es wurden im Jahr 2011 seitens meines Ressorts dafür rd. 589 Mio. € aufgewendet. Damit wird die Verpflichtung des Bundes zur Sicherstellung eines Grundangebotes mehr als erfüllt. 

 

Gemäß § 8 ÖPNRV-G können Verkehrsdienstleistungen zur Optimierung des Gesamtsystems umgeschichtet werden. Die Sicherstellung des Grundangebots durch den Bund bedeutet somit nicht, dass das im Fahrplanjahr 1999/2000 erbrachte Fahrplanangebot unverändert aufrecht erhalten wird, dass somit auf allen Strecken dieselbe Anzahl von Zügen zur gleichen Zeit mit denselben Haltepunkten verkehren. Vielmehr soll durch § 8 ÖPNRV-G die Möglichkeit geschaffen werden auf geänderte Rahmenbedingungen, Bevölkerungsstrukturen und Verkehrsbedürfnisse zu reagieren. Die Adaptierung des Angebots und der Haltemuster auf einzelnen Strecken erfolgt somit nicht entgegen dem ÖPNRV-G 1999 sondern im Gegenteil im Vollzug desselben.


Weiters möchte ich noch anmerken, dass die Aussage, in Maria Anzbach würden im Vergleich zum Fahrplan 1999 weniger beschleunigte Züge halten als im Fahrplan 2011/2012 in dieser Form nicht zutreffend ist. Ein Vergleich ergibt folgendes Bild:

 

Vergleich der Eilzüge (1999/2000) mit den REX (aktuell)

·         Fahrplan 1999/2000:

o   Zwei Eilzüge im beschleunigten Haltemuster Richtung St. Pölten

o   Kein Halt von Eilzügen im beschleunigten Haltemuster Richtung Wien

 

·         Fahrplan 2011/2012:

o   Zwei REX im beschleunigten Haltemuster Richtung St. Pölten

o   Zwei REX im beschleunigten Haltemuster Richtung Wien

 

Vergleich der Regionalzüge 1999/2000 mit 2011/2012

 

·         Fahrplan 1999/2000:

o   Annähernd stündlich Regionalzughalt, tagsüber „beschleunigtes“ Haltemuster bis Wien

 

·         Fahrplan 2011/ 2012:

o   Stündlicher Regionalzughalt (in der Regel alle Halte bis Wien)

 

Der Planungsprozess für den neuen Fahrplan ab Dezember 2012 ist noch nicht abgeschlossen, dabei ist der Verkehrsverbund Ostregion im Auftrag der Länder Wien und Niederösterreich federführend. Ziel ist es, wie sie auch richtig ausführen, ein bedarfsgerechtes/anforderungsgerechtes Angebot zu erstellen, wo die Bahn als Massenverkehrsmittel voll ihre Stärken ausspielen kann.

 

 

Zu Frage 10:

Ø  Wie ist geplant die Halte in den Bahnhöfen der Nachfrage und Kundenorientierung entsprechend § 10 (3) des ÖPNRV-G 1999 idgF anzupassen?

 

 

Die in § 10 Abs. 3 ÖPNRV-G 1999 angeführte – anhand von Frequenzzahlen nachzuweisende -  Nachfrage und Kundenorientierung bezieht sich jedenfalls auf Kraftfahrlinienverkehrsunternehmen, die seitens des Bundes auf Grund von bestellten Verkehrsdienstleistungen Verlustabdeckungen im Sinne des § 10 Abs. 1 iVm  Abs. 2 ÖPNRV-G 1999 im Wege der betreffenden Verkehrsverbundorganisationsgesellschaften erhalten haben.

 

In diesem Zusammenhang wurden die betreffenden Verkehrsverbundorganisationsgesellschaften verpflichtet, dem bmvit als Nachweis für die zur Verfügung gestellten Mittel einen jährlichen Bericht zu übermitteln, der anhand von Frequenzzahlen eine entsprechende Nachfrage sowie eine Kundenorientierung der betreffenden (bestellten) Verkehrsdienstleistungen dokumentieren sollte.


Da gemäß gesetzlicher Vorgabe die Zahlungen des Bundes ab 2001 um ein Fünftel reduziert wurden und der letzte Bundesbetrag somit im Kalenderjahr 2004 schlagend wurde, waren die betreffenden Verkehrsverbundorganisationsgesellschaften ab diesem Kalenderjahr auch nicht mehr verpflichtet, entsprechende Nachweise der Nachfrage und Kundenorientierung der allfällig weiter aufrechten Verkehrsdienstbestellungen zu erbringen.

 

Darüber hinaus möchte ich noch anmerken, dass sich die Bestimmungen des § 10 ÖPNRV-G 1999 nur auf Kraftfahrlinienverkehre bezogen haben, sodass schon aus diesem Grund die darin genannten gesetzlichen Vorgaben nicht für Schienenpersonenverkehre ins Treffen geführt hätten werden können.

 

 

Zu den Fragen 11 und 12:

Ø  Wie wird die Kundenfrequenz genau gemessen?

Ø  Wann und mit welchem Ergebnis wurden von Ihnen Kundenfrequenzmessungen durchgeführt? (Bitte um genaue Aufschlüsselung nach Datum, Kundenfrequenz und Ort)

 

 

Die Messung der Kundenfrequenz ist im Verkehrsdienstevertrag geregelt und wird gemäß den dort festgehaltenen Modalitäten durchgeführt.

 

Im Rahmen des Verkehrsdienstevertrages mit dem Bund werden dreimal jährlich zugbezogene Fahrgastzählungen durchgeführt und die dabei ermittelten Ein- und Aussteiger an die SCHIG übermittelt.

 

Die ÖBB-Personenverkehr AG steht im Zuge der Liberalisierung des schienengebundenen Personennahverkehrs seit Dezember 2009 im Wettbewerb mit Drittanbietern. Die Erfahrungswerte und internen Daten der ÖBB-Personenverkehr AG stellen in diesem Zusammenhang einen hohen Wert dar. Die Weitergabe interner Firmendaten ist daher sowohl aus rechtlicher als auch aus wirtschaftlicher Sicht dann nicht möglich, wenn diese Daten zum Nutzen Dritter und somit zum Nachteil der ÖBB-Personenverkehr AG verwendet werden könnten.

 

Da die Weitergabe der gegenständlichen Informationen an das Parlament eine Veröffentlichung im oben ausgeführten Sinn darstellen und die Nutzung derselben einen Nachteil für die ÖBB-Personenverkehr AG bewirken können ersuche ich um Verständnis, dass Details zu den Fahrgastzählungen nicht übermittelt werden können.

 

 

Zu den Fragen 13 bis 18:

Ø  Ist die Wiederherstellung der Anzahl der Halte in Maria Anzbach im Umfang des Fahrplans 1999/2000 im öffentlichen Schienenpersonennah- und Regionalverkehr geplant?

Ø  Wenn ja, wann genau und in welchem Umfang?

Ø  Wenn nein, warum nicht?

Ø  Ist die Erhöhung der Anzahl von beschleunigten Regionalzügen im öffentlichen Schienenpersonennah- und Regionalverkehr in Maria Anzbach auf der Strecke St. Pölten – Wien geplant?

Ø  Wenn ja, wann genau und in welchem Umfang?

Ø  Wenn nein, warum nicht?

 

Die Aufnahme von Halten geht mit der Bestellung von Trassen einher. Dieser Bestellung gehen Abstimmungsgespräche des Verkehrsverbundes Ostregion mit der ÖBB-Personenverkehr AG und mit der SCHIG und eventuellen weiteren Bestellern voraus. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen und es können daher zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussagen getroffen werden.

 

Zu Frage 19:

Ø  Wie hoch ist derzeit die Schienenmaut für den Güterverkehr bzw. den Personenverkehr und wie hoch wird die Schienenmaut in den kommenden Jahren sein?

 

Das Infrastrukturbenützungsentgelt (abgekürzt IBE) oder umgangssprachlich Schienenmaut, setzt sich im Wesentlichen aus dem Zugkilometer-Preis (Grundpreis/Streckenkategorie) und dem Gesamt-Bruttotonnenkilometer-Preis (Gbtkm einheitlich für alle Strecken) zusammen.

 

Gemäß § 59 Abs. 2 Eisenbahngesetz sind die IBE-Preise mindestens 12 Monate vor Fahrplanwechsel im sogenannten Produktkatalog Netzzugang zu veröffentlichen. Daher sind derzeit nicht nur die Preise für das laufende Jahr, sondern bereits auch für 2013 veröffentlicht (der Produktkatalog Netzzugang ist auf der Website der ÖBB-Infrastruktur AG publiziert).

Die Preise für das Fahrplanjahr 2014 werden im Dezember 2012 veröffentlicht werden.

 

Zu den Fragen 20 und 21:

Ø  Entsprechen Medienberichte, wonach der Güterverkehr hinsichtlich der Schienenmaut auf Kosten des Personenverkehrs bevorzugt wird, den Tatsachen?

Ø  Wie begründen Sie diese Vorgehensweise?

 

Mit dem Fahrplanwechsel 2010/2011 hat die ÖBB-Infrastruktur AG das IBE für den Schienengüterverkehr um durchschnittlich 12% abgesenkt. Mit Fahrplanwechsel 2010/2011 erfolgte eine weitere Absenkung um 2%.

Was das Verhältnis von Schienengüterverkehr und Schienenpersonenverkehr betrifft, so hat eine Studie, die für die Strecke Wien-St. Pölten durchgeführt wurde, gezeigt, dass im Jahr 2008 der Schienengüterverkehr für 35% der durchgeführten Zug-Kilometer 49% des IBE erbrachte und somit vor der IBE-Umstellung der Schienengüterverkehr unter Betrachtung der Kostenverursachung ein wesentlich höheres Entgelt trug als der Schienenpersonenverkehr.

Von einer Bevorzugung des Güterverkehrs auf Kosten des Personenverkehrs kann daher keine Rede sein.