10491/AB XXIV. GP
Eingelangt am 18.04.2012
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

Alois Stöger
Bundesminister
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMG-11001/0054-I/A/15/2012
Wien, am 17. April 2012
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 10826/J des Abgeordneten Wolfgang Zanger und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Eingangs wird festgehalten, dass es sich bei den in Rede stehenden Untersuchungen („Vor kurzem wurde bekannt, dass in beinahe jedem zweiten Supermarkt-Huhn Antibiotika-Reste gefunden wurden“) nicht um „Antibiotika-Reste“ im Sinne von Rückständen von Tierarzneimitteln handelte, sondern um Keime (Bakterien), die bei diesen Produkten gefunden wurden, die Resistenzgene gegenüber bestimmten Antibiotika-Klassen aufweisen. Lebende Keime auf/in Lebensmitteln können zu Infektionen beim Menschen führen, wenn eine kritische Menge dieser Keime im Lebensmittel vorkommt. Lösen antibiotikaresistente Keime Infektionen beim Menschen aus, sind derartige Infektionen mit bestimmten Antibiotika (jene mit dem Wirkstoff, gegen welchen die Keime resistent sind) nicht behandelbar. Mit neuen Analysemethoden können selbst kleinste Mengen von resistenten Keimen detektiert werden. Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass derartige Infektionen mit anderen Antibiotika-Klassen sehr wohl behandelt werden können.
Konsequenterweise sind im Bezug auf die Behandelbarkeit von menschlichen Infektionen, die durch den Konsum von solchen Lebensmitteln ausgelöst werden könnten, zwei Themen wichtig:
1) Die Keimbelastung generell in der Produktion von Lebensmitteln so niedrig wie möglich zu halten (Hygiene, gute landwirtschaftliche Praxis, gute Herstellungspraxis; eventuell keimreduzierende Behandlung des Lebensmittels wie Bestrahlung oder Chlorierung – in Österreich/EU nicht zulässig)
2) Resistenzbildungen bei Keimen hintanzuhalten durch einen bedachten, auf das notwendige Maß beschränkten, Einsatz von Medikamenten im Tier- und Humanbereich
Es wird festgehalten, dass sich die Fragen in dieser Anfrage auf Rückstände von Antibiotika („Antibiotika-Reste“) beziehen. Rückstände von Antibiotika in Lebensmitteln lösen keine Infektionen beim Menschen aus.
Frage 1:
Diese Frage bezieht sich auf „Antibiotika-Reste“ und damit auf Rückstände von Arzneimitteln in Lebensmitteln.
In Österreich werden gemäß den Vorgaben der Richtlinie 96/23/EG und darauf basierender Entscheidungen, umgesetzt durch das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG), BGBl. I Nr. 13/2006 idgF und die Rückstands-kontrollverordnung 2006, BGBl. II Nr. 110/2006 idgF, lebende Tiere (Rinder, Schweine und Geflügel), Frischfleisch der Spezies Rind, Schwein, Schaf und Ziege, Geflügel, Pferd, Farmwild, Wild aus freier Wildbahn und Erzeugnisse der Aquakultur sowie Milch, Eier und Honig auf Rückstände untersucht.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) legt jährlich mittels Durchführungs-erlass (Durchführungserlass zu Untersuchungen im Rahmen der Rückstandskontrolle) die Vorgangsweise bei der Planung, Vorbereitung und Durchführung der Probenahme zur Gewährleistung einer einheitlichen Durchführung der Rückstandskontrolle von lebenden Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, Erzeugnissen der Aquakultur und von Fleisch gemäß § 56 des LMSVG in Verbindung mit der Rückstandskontrollverordnung 2006 durch den Landeshauptmann fest (Nationaler Rückstandskontrollplan). Dieser Plan ist der Europäischen Kommission vorzulegen und von dieser zu genehmigen. Der Durchführungserlass beschreibt auch die Probenahme im Verdachtsfall im Rahmen der Schlachttier- und Fleischuntersuchung.
Weiters ist zu beachten, dass bereits die Abgabe bzw. Anwendung von Tierarznei-mitteln rechtlich geregelt ist und behördlich kontrolliert wird.
Die rechtlichen Grundlagen für diese Kontrollen sind u.a.:
· Tierarzneimittelkontrollgesetz (TAKG), BGBl. I Nr. 28/2002 idgF
· Rückstandskontrollverordnung 2006, BGBl. II Nr. 110/2006 idgF
· Tiergesundheitsdienst-Verordnung 2009, BGBl. II Nr. 434/2009 idgF
· Veterinär-Arzneispezialitäten-Anwendungsverordnung 2010, BGBl. II
Nr. 259/2010
Die Kontrollen gemäß Rückstandskontrollverordnung und Tierarzneimittel-kontrollgesetz werden vom Bundesministerium für Gesundheit jährlich in einem Durchführungserlass (Durchführungserlass zu Kontrollen gemäß § 13 Rückstands-kontrollverordnung und § 9 Abs. 1 Tierarzneimittelkontrollgesetz) vorgegeben, um eine bundeseinheitliche Vorgangsweise bei der Kontrolle sicherzustellen.
Fragen 2 und 3:
Auch diese Fragen beziehen sich auf „Antibiotika-Reste“. Ja, es gibt Rückstandskontrollen. Siehe Beantwortung der Fragen 1 und 4.
Frage 4:
Auch diese Frage bezieht sich auf „Antibiotika-Reste“. Die Kontrolle von Fleisch, Erzeugnissen der Aquakultur, Milch, Eiern und Honig auf Rückstände von Tierarzneimitteln und Hormonen erfolgt in Osterreich auf Basis des in der Beantwortung der Frage 1 genannten Rückstandskontrollplans.
Laut Untersuchungsprogramm werden gemäß Anhang I der Rückstandskontroll-verordnung 2006 Stoffe der Gruppe A (Stoffe mit anaboler Wirkung und nicht zugelassene Stoffe) und der Gruppe B (Tierarzneimittel, dazu zählen auch Antibiotika, und Kontaminanten) untersucht.
Im Jahr 2010 wurden in Österreich 3373 Proben auf Stoffe mit antibakterieller Wirkung, einschließlich Sulfonamide und Chinolone (Stoffe der Gruppe B1), untersucht; darunter 212 Geflügelfleischproben. In keiner Geflügelfleischprobe wurden Antibiotika nachgewiesen.
Außerdem wurden 2010 in Österreich 219 Eierproben auf Rückstände der Gruppe B1 untersucht, wobei ebenfalls keine Rückstände von Stoffen mit antimikrobieller Wirkung (Antibiotika) gefunden wurden.
Frage 5:
Die gesetzlichen Grundlagen der tierärztlichen Behandlung, die natürlich auch auf den Einsatz von Antibiotika anzuwenden sind, sind in § 12 des Tierärztegesetzes festgelegt:
Die Untersuchung und Behandlung von Tieren sowie die Verordnung und Verschreibung von Arzneimitteln für Tiere sind der Tierärztin/dem Tierarzt vorbehaltene Tätigkeiten.
Vor jedem Einsatz bzw. jeder Abgabe von Tierarzneimitteln ist eine Diagnose durch die/den behandelnde/n Tierärztin/Tierarzt zu stellen.
In § 4 Tierarzneimittelkontrollgesetz ist verankert, dass im Normalfall nur in Österreich zugelassene Tierarzneimittel (also auch Antibiotika) verwendet werden dürfen. In der jeweiligen Fachinformation ist genau festgelegt, unter welchen Bedingungen der Einsatz eines Arzneimittels (Antibiotikums) zu erfolgen hat (Indikationsstellung, Erregerspektrum, Kontraindikationen, Antibiogramm etc.).
Konkrete Regelungen für den Einsatz von Tierarzneimitteln einschließlich Antibiotika durch Tierärztinnen/Tierärzte und Tierhalter/innen, die Teilnehmer/innen in einem Tiergesundheitsdienst (TGD) sind, sind im 4. Abschnitt der Tiergesundheitsdienst-verordnung 2009, BGBl. II Nr. 434/2009 definiert. Darin ist festgelegt, wann, unter welchen Voraussetzungen, in welcher Menge, zu welchem Zweck nach Maßgabe der Veterinär-Arzneispezialitäten-Anwendungsverordnung, BGBl. II Nr. 266/2006, Tierarzneimittel abgegeben und angewendet werden dürfen und wie dies zu dokumentieren ist.
Der Einsatz und die Verwendung von Tierarzneimitteln einschließlich Antibiotika im TGD werden jährlich einerseits durch die TGD intern und andererseits im Auftrag und auf Kosten des BMG durch akkreditierte Firmen extern stichprobenartig kontrolliert. Dafür wurde eine umfangreiche Kontrollvorschrift mit Checklistenfragen und zugehörigem Handbuch jeweils für die Kontrolle von TGD-Geschäftsstellen, TGD-Tierärztinnen/Tierärzten und TGD-Tierhalter/inne/n ausgearbeitet. Die Aufgaben der Tiergesundheitsdienste, wie sie in der TGD-VO im Anhang 1 formuliert sind, sehen auch Korrektur- und Sanktionsmaßnahmen für TGD-Teilnehmer/innen vor.
Frage 6:
Siehe auch die Beantwortung der Frage 5.
Antibiotika werden – falls erforderlich – im Rahmen der Therapie eingesetzt.
Die Gabe von antibiotischen Leistungsförderern ist in der Europäischen Union und daher auch in Österreich verboten.
Den TGD-Tierhalter/innen dürfen gemäß § 12 Abs. 5 der TGD-VO 2009 Tierarzneimittel zur Weiterführung der Therapie (Nachbehandlung) höchstens in einer für den Therapieerfolg erforderlichen Menge und höchstens in jener Menge überlassen werden, die dem voraussichtlichen Monatsbedarf der zu behandelnden Tiere entspricht.
Frage 7:
Die Krankheitsvorsorge und tierärztliche Behandlung in der biologischen Produktion folgt folgenden grundsätzlichen Vorschriften für die tierische Erzeugung:
· Die Krankheitsvorsorge muss auf einer Haltung der Tiere unter optimalen Bedingungen durch eine angemessene Standortwahl, eine optimale Gestaltung des Betriebs, die Anwendung guter Haltungs- und Bewirtschaftungspraktiken, einschließlich regelmäßiger Reinigung und Desinfektion der Anlagen, hochwertige Futtermittel, eine angemessene Besatzdichte und die Wahl geeigneter Rassen und Linien beruhen.
· Krankheiten sind unverzüglich zu behandeln, um ein Leiden der Tiere zu vermeiden; chemisch-synthetische allopathische Tierarzneimittel einschließlich Antibiotika dürfen erforderlichenfalls unter strengen Bedingungen verwendet werden, wenn die Behandlung mit phytotherapeutischen, homöopathischen und anderen Erzeugnissen ungeeignet ist. Insbesondere sind Beschränkungen in Bezug auf die Zahl der Behandlungen und Bestimmungen über die Wartezeiten festzulegen.
· Die Verwendung immunologischer Tierarzneimittel ist gestattet.
Die Vorgaben für die tierärztliche Behandlung im Detail lauten:
(1) Sollten Tiere trotz der Vorsorgemaßnahmen krank werden oder sich verletzen,
so sind sie unverzüglich zu behandeln, erforderlichenfalls abgesondert und in geeigneten Räumlichkeiten.
(2) Phytotherapeutische und homöopathische Präparate, Spurenelemente und für die biologische Produktion zugelassene ernährungsphysiologische Zusatzstoffe sind gegenüber chemisch-synthetischen allopathischen Tierarzneimitteln oder Antibiotika bevorzugt zu verwenden, sofern ihre therapeutische Wirkung bei der betreffenden Tierart und der zu behandelnden Krankheit gewährleistet ist.
(3) Lassen sich die Krankheit oder die Verletzung mit den Maßnahmen gemäß den Absätzen 1 und 2 nicht bekämpfen und erweist sich eine Behandlung als unbedingt erforderlich, um dem Tier Leiden und Schmerzen zu ersparen, so können unter der Verantwortung einer Tierärztin/eines Tierarztes chemisch-synthetische allopathische Tierarzneimittel oder Antibiotika verabreicht werden.
(4) Erhält ein Tier oder eine Tiergruppe innerhalb von zwölf Monaten mehr als drei Mal oder - falls der produktive Lebenszyklus des Tieres oder der Gruppe weniger als ein Jahr beträgt - mehr als ein Mal eine tierärztliche Behandlung mit chemisch-synthetischen allopathischen Tierarzneimitteln oder Antibiotika, wobei Impfungen, Parasitenbehandlungen und obligatorische Tilgungsmaßnahmen ausgenommen sind, so dürfen die betreffenden Tiere und die von ihnen stammenden Erzeugnisse nicht als biologische Erzeugnisse verkauft werden, und diese Tiere müssen erneut in die biologische Produktion umgestellt werden.
(5) Die Wartezeit zwischen der letzten Verabreichung eines allopathischen Tierarzneimittels an ein Tier unter normalen Anwendungsbedingungen und der Gewinnung biologischer Lebensmittel von diesem Tier muss doppelt so lang sein wie die gesetzlich vorgeschriebene Wartezeit oder - falls keine Wartezeit vorgegeben
ist — 48 Stunden betragen.
Frage 8:
Die Verwendung von Antibiotika in der biologischen Produktion erfolgt nach den zu Frage 7 angeführten Bedingungen.