10493/AB XXIV. GP

Eingelangt am 19.04.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 10641/J der Abgeordneten Mag.a Helene Jarmer, Freundinnen und Freunde, wie folgt:

 

Frage 1:

 

Die Herstellung der Barrierefreiheit liegt im Verantwortungsbereich der Träger und Trägerinnen der (Beratungs-)Leistungen (FördernehmerInnen). Die Finanzierung zur Herstellung von Barrierefreiheit von geförderten Vereinen liegt im Einflussbereich der jeweils fördernden Stelle (FördergeberInnen).

 

Frage 2:

 

Der Begriff der „Barrierefreiheit“ ist im § 6 Abs. 5 des Bundes-Behinderten­gleichstellungsgesetzes definiert:

 

Diese Bestimmung lautet:

 

„Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.“

 

Gemäß § 10a Abs. 1 lit. j des Behinderteneinstellungsgesetzes kann das Bundessozialamt aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds nach Maßgabe von für solche Zwecke zur Verfügung stehenden Mitteln die Gewährung von Zuschüssen und Darlehen für von Betrieben durchgeführte investive Maßnahmen, die der Verbesserung der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen dienen, gewähren. Die Höhe der Förderung ist aufgrund budgetärer Gegebenheiten (absoluter Vorrang für Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung von Menschen mit Behinderung) mit max. € 25.000,-- begrenzt und an weitere Vorgaben gebunden.

 

Im Jahr 2011 wurden aus diesem Titel in insgesamt 49 Förderfällen ca. € 660.000,-- verausgabt. Darin nicht inkludiert sind investive Maßnahmen, die für behinderte MitarbeiterInnen von Betrieben oder Einrichtungen gefördert wurden. Eine statistische Differenzierung nach Art des Betriebes oder der Einrichtung ist nicht vorgesehen.

 

Allerdings sieht das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz in der Förderung der Verbesserung der Zugänglichkeit unabhängig von Mitarbeiter/inne/n mit Behinderungen - auch vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung mit ihrer Auswirkung auf den Arbeitsmarkt - keine Kernaufgabe der Verausgabung von Mitteln des Ausgleichstaxfonds, wie auch die gesetzliche Einschränkung „nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel“ ausdrückt.

 

Dies auch vor dem Hintergrund, dass Organe des Bundes gemäß § 8 des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes verpflichtet sind, bei der Vergabe von Förderungen die Beachtung des Diskriminierungsverbots einschließlich des Verbots der Diskriminierung durch Barrieren durch den/die Förderungswerber/in zu berücksichtigen.

 

Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass das geförderte Vorhaben den Grundsätzen des Gleichstellungsrechts nicht widerspricht.

 

Im Sinne des Mainstreamings sind Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit durch denjenigen sicherzustellen, der für eine Leistungserbringung bzw. deren Förderung insgesamt verantwortlich ist. Die barrierefreie Erbringung von Leistungen haben dabei jene zu verantworten, die die Beratungseinrichtung betreiben.

 

Ein Überwälzen aller Kosten zur Gewährleistung von Menschenrechten in das Sozialressort würde im Übrigen auch der durch die UN-Konvention gebotenen, umfassenden Verpflichtung aller staatlichen Stellen zur Barrierefreiheit zuwiderlaufen.

 

Frage 3:

 

Die Förderungsrichtlinien des Bundessozialamtes sehen für solche Infrastrukturmaßnahmen vor, dass nur 50% der Ausgaben durch Förderungen des Bundessozialamtes aufgebracht werden können. Für die übrigen Ausgaben muss der Träger in der Regel eine alternative Finanzierung vorsehen.

 

Darüber hinaus ist das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hinsichtlich der Förderungen an die Allgemeinen Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln (ARR 2004), BGBl. II Nr. 51/2004, gebunden. In § 34. (1) der ARR 2004 ist normiert:  „Überschreitet die Amortisationsdauer einer Sache (§ 285 ABGB), die zur Durchführung der Leistung angeschafft wird, den Zeitraum der Leistung, darf maximal jener Kostenanteil gefördert werden, der der Abschreibung nach dem Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400, für den Leistungszeitraum entspricht.“

 

Frage 4:

 

Grundlage für die im eigenen Wirkungsbereich des Arbeitsmarktservice (§ 41 AMSG) erbrachten Dienstleistungen sind die relevanten Bestimmungen des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes und des E-Governmentgesetzes. Im Bereich der Webapplikationen (Homepage, eAMS-Konto, eJobroom) erfolgt die Konkretisierung anhand der Web Content Accassibility Guideleines 2.0 (mindestens Konformitätsstufe A) und im Bereich der baulichen Infrastruktur anhand der ÖNORM B 1600.

 

Im übertragenen Wirkungsbereich (§ 42 AMSG) erfolgt die Gewährung einer Förderung für arbeitsmarktbezogene Beratungs- und Betreuungsleistungen unter der Voraussetzung, dass die Beachtung des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes durch den Förderungswerber/die Förderungswerberin zu berücksichtigen ist (§ 8 Abs. 3 BGStG bzw. § 21 Abs. 2 Z 15 ARR 2004).

 

Frage 5:

 

Gibt es für die arbeitsmarktbezogenen Beratungs- und Betreuungsleistungen keine geeigneten Einrichtungen und zielt die Planung des Arbeitsmarktservice auf eine mehrjährige Nutzung ab, sind Investitionen gemäß § 34 Abs. 5 AMSG förderbar.

 

Gegenstand einer Investitionsbeihilfe sind jedoch ausschließlich bewegliche Wirtschaftsgüter zur Einrichtung und Ausstattung der Beratungsstelle.

 

Frage 6:

Es gibt einen laufenden Erfahrungsaustausch zwischen den Ministerien.

 

Frage 7:

 

Aus den Bestimmungen des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes ergibt sich, dass Leistungen diskriminierungsfrei anzubieten sind, wobei das Gesetz Barrieren ausdrücklich als eine mögliche Diskriminierung erwähnt.

 

Die UN-Behindertenrechtskonvention beinhaltet einen eigenen Artikel betreffend die Barrierefreiheit. Nach Art. 9 UNCRPD treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information, Kommunikation, …, sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, zu gewährleisten.“

 

Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz und das Bundessozialamt fördern in diesem Zusammenhang Projekte, die eine spezielle Beratung zum Thema Barrierefreiheit anbieten. Diese Dienstleistung kann auch von den angesprochenen Beratungseinrichtungen in Anspruch genommen werden.

 

In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass Barrierefreiheit nicht nur durch entsprechende - unter Umständen kostspielige - Adaptierungen, sondern auch durch Übersiedlung in barrierefreie Räumlichkeiten erreicht werden kann.

 

Was die Förderung der Herstellung von Barrierefreiheit betrifft, so handelt es sich dabei keineswegs um eine „soziale“ Agenda, die nur in der Kompetenz des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz bzw. des Bundessozialamts oder des Arbeitsmarktservice läge, sondern um eine Querschnittsmaterie, die alle Bundesministerien und alle Länder betrifft und die insgesamt eine gesellschaftliche Herausforderung darstellt. Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz bzw. das Bundessozialamt und das Arbeitsmarktservice können mit ihren Förderungen nur Anreize und Unterstützungen bieten.

 

Beabsichtigen mehrere Bundes-Förderstellen und/oder andere Rechtsträger demselben Förderungswerber/ derselben Förderungswerberin für dieselbe Leistung, wenn auch mit verschiedener Zweckbindung, gemeinsam Förderungen zu gewähren, so haben sie einander vor Gewährung der Förderung zu verständigen und auf eine abgestimmte Vorgangsweise hinzuwirken (§§ 9 und 10 ARR 2004).