10677/AB XXIV. GP
Eingelangt am 27.04.2012
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag.a Barbara Prammer Parlament 1017 Wien |
Alois Stöger Bundesminister
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GZ: BMG-11001/0052-I/A/15/2012
Wien, am 26. April 2012
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 10901/J der Abgeordneten Judith Schwentner, Kurt Grünewald, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Frage 1:
Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) wurde im März 2010 über die mangelhaften Implantate der Firma PIP informiert und hat eine entsprechende Sicherheitsinformation auf der Internetseite www.basg.gv.at veröffentlicht. Die Sicherheitsinformation stellt eine Warnung vor der weiteren Anwendung dieser Produkte dar. Gemäß den vorliegenden Informationen befanden sich zu diesem Zeitpunkt jedoch keine unverbrauchten Produkte am Markt. Daher war eine Rücknahme bzw. ein Rückruf der Produkte nicht angezeigt.
Frage 2:
Da gemäß § 49 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998, Ärztinnen/Ärzte ihre Patientinnen/Patienten nach bestem Wissen und Gewissen zu betreuen haben und diese Pflicht auch Inhalt des Behandlungsvertrages ist, kann es sich hierbei wohl nur um eine strafrechtliche Verantwortung handeln. Zur Anwendung kommen somit die Strafbestimmungen des Strafgesetzbuchs (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, insbesondere strafbare Handlungen gegen Leib und Leben.
Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass diese Sicherheitswarnung im Jahr 2010 und nicht, wie in der Frage angeführt, im Jahr 2011 erfolgte.
Frage 3:
§ 52d ÄrzteG 1998 normiert die verpflichtende Berufshaftpflichtversicherung, wonach eine freiberufliche ärztliche Tätigkeit erst nach Abschluss und Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung bei einem zum Geschäftsbetrieb in Österreich berechtigten Versicherer aufgenommen werden darf. Gemäß § 52 d Abs. 2 ÄrzteG 1998 hat die Mindestversicherungssumme für jeden Versicherungsfall zur Deckung der aus der ärztlichen Berufsausübung entstehenden Schadenersatzansprüche 2.000.000 Euro zu betragen. Diese Versicherung ist während der gesamten Dauer der ärztlichen Berufsausübung aufrecht zu erhalten und der Österreichischen Ärztekammer im Zuge der Eintragung in die Ärzteliste der Abschluss sowie jederzeit auf Verlangen das Bestehen eines entsprechenden Versicherungsvertrages nachzuweisen (vgl. § 52 d Abs. 4 ÄrzteG 1998).
Frage 4:
Gemäß § 70 Abs. 1 Medizinproduktegesetz - MPG, BGBl. Nr. 657/1996, idgF., sind Ärztinnen/Ärzte verpflichtet, schwerwiegende Qualitätsmängel, die ihnen auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit bekannt geworden sind, unverzüglich dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) zu melden (das BASG ist seit 1.1.2006 die zuständige Behörde). Das BASG hat vereinzelt Meldungen über Vorkommnisse mit Mamma-Implantaten erhalten - ein systematisches Problem mit diesen Produkten konnte jedoch bisher auf Basis der gemeldeten Informationen nicht festgestellt werden.
Frage 5:
Gemäß den aktuell verfügbaren Informationen wurden fünf Patientinnen von einer Ärztin in Österreich mit PIP-Implantaten versorgt.
Des Weiteren sind auch die Produkte „Tibreeze“ der Firma GfE in Deutschland von dieser Sicherheitswarnung betroffen. Mit diesen Produkten wurden insgesamt sieben Patientinnen durch vier österreichische Ärztinnen/Ärzte versorgt. Aus den uns vorliegenden Daten wurden auch Produkte des Niederländischen Herstellers „Rofil“ in Österreich ausgeliefert und zumindest in einer Krankenanstalt im Zeitraum bis März 2002 bei 16 Patientinnen verwendet. Eine diesbezügliche weitere Abklärung wurde bereits eingeleitet
Fragen 6, 27 und 28:
Die für die Implantation eines Medizinproduktes verantwortliche Einrichtung oder Person hat der Patientin/dem Patienten, der/dem ein Implantat eingesetzt wird, oder gegebenenfalls der/dem gesetzlichen Vertreter/in eine Information zu übergeben, in der alle für die Identifizierung des implantierten Medizinproduktes einschließlich des Zubehörs erforderlichen Informationen sowie die für die Sicherheit der Patientin/des Patienten nach der Implantation notwendigen Informationen und
Verhaltensanweisungen enthalten sind (vgl. § 81 Abs. 2 MPG).
Frage 7:
Es wurden alle betroffenen Ärztinnen/Ärzte vor der Anwendung dieser Implantate gewarnt, gemäß den vorliegenden Informationen waren diese Produkte bereits im März 2010 nicht mehr am österreichischen Markt erhältlich.
Frage 8:
Im Mai 2010 konnte abgeklärt werden, dass eine Ärztin in Österreich direkt mit Implantaten des Herstellers PIP (Frankreich) beliefert wurde und diese auch verwendet hat. Die vier weiteren Ärztinnen/Ärzte wurden nicht direkt mit PIP-Implantaten, sondern mit modifizierten Implantaten beliefert. Diese „Tibreeze“-Implantate wurden durch die deutsche Firma GfE Medizintechnik geliefert. Diese Produkte wurden von der Firma PIP hergestellt und von der Firma GfE weiterver-arbeitet. Dass auch diese Produkte von dem Rückruf betroffen sind, stellte sich erst im Lauf der Ermittlungen in Deutschland heraus.
Frage 9:
Das BASG wurde bisher von den bekannten Vertreibern informiert, dass diese Produkte in Österreich nicht in Verkehr gebracht wurden. Ende Februar 2012 wurde das BASG von einer Patientin informiert, dass diese Produkte bei ihr von einem Arzt in Tirol angewendet wurden. Bisher sind dem BASG insgesamt 16 betroffene Patientinnen bekannt geworden. Diese Patientinnen wurden bereits alle informiert.
Das BASG klärt gerade, ob weitere behandelnde Ärztinnen/Ärzte diese Implantate eingesetzt haben und wenn ja, wie viele weitere Patientinnen betroffen sind.
Frage 10:
Die unter dem Namen „Titanium“ vertriebenen Produkte werden von der Firma PIP unter eigenem Namen in Verkehr gebracht. Es handelt sich dabei also um eine bestimmte Art von PIP-Implantaten, diese sind durch die Sicherheitswarnung vom März 2010 bereits erfasst. Dem BASG liegen keine Hinweise vor, dass Implantate der Firma PIP von weiteren, als den bisher bekannten Ärztinnen/Ärzten in Österreich verwendet wurden.
Fragen 11, 12 und 14:
Das Bundesministerium für Gesundheit wurde 2004 nach den vorliegenden Informationen weder vom Hersteller noch von einer Behörde über eine Rücknahme oder einen Rückruf für die Implantate der Firma GfE Medizintechnik mit dem Namen „Tibreeze“ oder „Titanium“ informiert. Daher konnte auch keine Sicherheitswarnung erfolgen. Über andere mit Titan beschichtete Brustimplantate liegen meinem Ressort keine Informationen vor.
Frage 13:
Weder dem BASG noch anderen europäischen Behörden liegen Hinweise vor, dass PIP-Implantate noch von weiteren Herstellern in Verkehr gebracht wurden.
Frage 15:
Bei Brustimplantaten handelt es sich um Medizinprodukte, die ausschließlich dazu bestimmt sind, von Angehörigen der Heilberufe an Patientinnen angewendet zu werden. Verbraucher/innenwerbung für diese Medizinprodukte ist gemäß Medizinproduktegesetz überhaupt nicht zulässig.
Frage 16:
Dies wurde auf Grund der damals noch fehlenden internationalen Übereinkommen über den Informationsaustausch im Medizinprodukte-Vigilanzbereich weder der zuständigen französischen Behörde noch meinem Ressort bekannt gemacht.
Frage 17:
Nach den vorliegenden Informationen ist seinerzeit keine Einbindung erfolgt.
Frage 18:
Nein.
Fragen 19 und 20:
Diesbezüglich liegen dem Bundesministerium für Gesundheit keine entsprechenden Unterlagen der seinerzeit federführenden Mitgliedstaaten vor.
Fragen 21 und 24:
Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat dazu folgende Stellungnahme abgegeben:
„Ist minderwertiges Silikon im Körper vorhanden, so ist - unabhängig vom Vorliegen von Rissen - dieser Zustand als regelwidriger Körperzustand im sozialversicherungs-rechtlichen Sinn zu qualifizieren, der eine Krankenbehandlung notwendig macht. Durch die Entfernung der minderwertigen Implantate kann die Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung signifikant gesenkt werden. Es gilt - auf Grund des in der Krankenversicherung vorherrschenden Finalitätsprinzips unabhängig vom Grund für das Einsetzen der Brustimplantate - der Versicherungsfall der Krankheit als eingetreten. Es besteht daher eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für die Entfernung der mangelhaften Brustimplantate.
Demgemäß werden nach jeweiliger Einzelfallprüfung die im Rahmen der ärztlichen Hilfe bzw. der stationären Anstaltspflege entstehenden Kosten von den Krankenversicherungsträgern entsprechend den rechtlichen Bestimmungen bezahlt.
Ein medizinisch unbedenklicher Ersatz von Implantaten unterliegt jedoch nur dann der Leistungspflicht der Krankenversicherung, wenn die ursprüngliche Implantierung aufgrund einer medizinischen Notwendigkeit erfolgt ist, etwa aufgrund eines Mammakarcinoms.
Die Entfernung wird im Regelfall in einer Krankenanstalt stattfinden. Seitens der Krankenversicherungsträger werden Leistungen in Krankenanstalten durch Pauschal-zahlungen an die jeweiligen Landesgesundheitsfonds abgegolten (leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung). Die Einzelabrechnung mit den Spitalsträgern unter Berücksichtigung von Aufenthaltsdauer, Punktewert etc. erfolgt durch den jeweiligen Landesgesundheitsfonds. Die Kosten unterscheiden sich je nach Landesgesund-heitsfonds aufgrund der unterschiedlichen Punktewerte. Eine monetäre Bewertung ist daher nicht möglich.
Die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im Rahmen des gesetzlich vorgesehenen Regresses wird derzeit geprüft.“
Ein möglicher Regress stützt sich auf § 332 ASVG sowie die im Wesentlichen gleich-lautenden Parallelbestimmungen der sozialversicherungsrechtlichen Sondergesetze. Demnach geht der Anspruch auf den Versicherungsträger insoweit über, als dieser Leistungen zu erbringen hat, wenn Personen, denen sozialversicherungsrechtliche Leistungen zustehen oder für die als anspruchsberechtigte Angehörige Leistungen zu gewähren sind, den Ersatz des Schadens, der ihnen durch den Versicherungsfall erwachsen ist, auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften beanspruchen können. Der Anspruch umfasst auch die Aufwendungen des Landesgesundheitsfonds, die von der Krankenanstalt in Rechnung gestellt werden.
Frage 22:
Wird bei einem stationären Krankenhausaufenthalt nur eine Explantation vorgenommen, so ist dies als „sonstige Operation“ zu erfassen. Da „sonstigen Operationen“ keine eigenen Fallpauschalen zugeordnet sind, kann keine Schätzung der Kosten einer Explantation abgegeben werden.
Frage 23:
Der Wechsel eines Implantats ist bei stationären Aufenthalten unter der Leistung QE140 zu erfassen und wird im Rahmen der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) über die Fallpauschale MEL16.02 B mit 2.782 Punkten abgegolten. Im Jahr 2010 würde dies einem Wert von € 3.336 entsprechen.
Frage 25:
Alle betroffenen Frauen, die in Österreich mit solchen Produkten versorgt wurden, müssen über die behandelnden Ärztinnen/Ärzte über diesen Umstand und die Gesundheitsrisiken informiert werden. Dazu sind weiterführende Informationen auf den Internetseiten des BASG http://www.basg.gv.at/news-center/news/sicherheitsinformationen-details/article/aktualisierung-pip-implantate/ sowie des Bundesministeriums für Gesundheit http://www.bmg.gv.at/home/Startseite/aktuelle_Meldungen/Information_zu_PIP_Brustimplantaten für die Information betroffener Frauen veröffentlicht worden.
Es ist anzumerken, dass das Gesundheitsrisiko dieser Produkte durch ein europäisches Expertengremium - Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks (SCENIHR) - untersucht wurde. Der Untersuchungsbericht stellt fest, dass es keinen Hinweis gibt, dass von den Produkten eine akute Gesundheitsgefährdung ausgeht. Die Produkte weisen eine erhöhte Rate von Rupturen der Hülle auf. Bei einem ruptierten Implantat kann das innenliegende Silikongel austreten und zu zum Teil schmerzhaften Entzündungsreaktionen führen. Ein solches Implantat sollte zeitnah entfernt werden. Ein erhöhtes Auftreten von Tumoren konnte nicht festgestellt werden. Der Untersuchungsbericht kann im Internet eingesehen werden: http://ec.europa.eu/health/scientific_committees/emerging/docs/scenihr_o_034.pdf
Frage 26:
Die französische Marktaufsichtsbehörde hat im März 2010 Unregelmäßigkeiten bei den von PIP hergestellten Produkten festgestellt und darüber die anderen europäischen Behörden informiert. Das BASG hat umgehend darauf reagiert und im März 2010 eine Sicherheitswarnung veröffentlicht. Die Firma PIP hat nach derzeitigen Erkenntnissen mit verbrecherischer Absicht versucht, die zuständigen Aufsichtsorgane zu täuschen. Erst durch genaue Kontrolle aller Geschäftsbeziehungen durch die französische Behörde konnten weitere betroffene Unternehmen in Europa identifiziert werden, welche ebenfalls von PIP beliefert wurden. Diese weiteren betroffenen Unternehmen sind beide bereits in Konkurs. Erst durch die Masseverwalter bzw. Rechtsnachfolgerorganisationen konnte festgestellt werden, dass weitere Produkte betroffen sind und wohin diese geliefert wurden.
Frage 29:
Vor den Sicherheitsinformationen im März 2010 wurden zu PIP-Implantaten keine Informationen über Qualitätsmängel an das BASG gemeldet. Seit Veröffentlichung der Sicherheitsinformationen und Maßnahmenempfehlungen wurden teilweise die Revisionen der Implantate an das BASG gemeldet. Diese stellen jedoch gemäß den übermittelten Informationen keine Vorkommnisse oder Qualitätsmängel dar, da die explantierten PIP-Produkte gemäß den Meldungen intakt waren.
Frage 30:
Im Rahmen der Meldepflicht gem. § 70 MPG hat es vereinzelte Meldungen über Vorkommnisse mit anderen Brustimplantaten gegeben. Diesen Meldungen wurde durch die Gutachter/innen des BASG nachgegangen. Gemeinsam mit den betroffenen Herstellern wurde eruiert, ob die Vorkommnisse auf systematische Probleme mit den Produkten zurückzuführen sind und ob allfällige Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit von Patientinnen angezeigt sind. Die konkreten Fälle zeigten keine nicht tolerierbare Gefährdung der Sicherheit von Patientinnen, sodass keine Maßnahme zum Gesundheitsschutz angezeigt war. Über das BASG wird weiterhin die Auftretens-rate solcher Vorkommnisse genau beobachtet, um allfällige Probleme am Markt frühzeitig zu erkennen und Schutzmaßnahmen zeitgerecht einleiten zu können.
Frage 31:
Alle in Österreich ansässigen Hersteller von Medizinprodukten unterliegen der Über-wachung durch das BASG. Für Hoch-Risikoprodukte (Medizinprodukte der Klassen IIa, IIb oder III, wie zum Beispiel Implantate) erfolgt darüber hinaus die Überwachung durch „Benannte Stellen“ (in Österreich z.B. Prüfstelle Medizinprodukte Graz oder der TÜV Austria). Im Rahmen von Routineinspektionen wie auch von anlassbe-zogenen Inspektionen werden die Produktionsprozesse sowie die Qualitätssiche-rungssysteme überprüft. Wenn Unklarheiten über die Zusammensetzung von Implantaten bestehen, welche zu einer Gesundheitsgefährdung führen können, kann das BASG Untersuchungen durchführen oder anordnen. Da in Österreich kein Hersteller von Mamma-Implantaten ansässig ist, waren bisher solche Untersuchungen nicht angezeigt.
Frage 32:
Die europäische Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED), das österreichische Medizinproduktegesetz und die Medizinproduktemeldeverordnung (BGBl. II Nr. 261/2011) sehen eine Meldung von Vertreiber/inne/n und Händler/inne/n von Medizinprodukten nicht vor. Die Regelungen über den Handel und den Vertrieb von Medizinprodukten fallen in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend.
Frage 33:
Die angeführten Firmen waren und sind nicht im österreichischen Medizinprodukte-register registriert.
Frage 34:
Es gibt aus dem Medizinproduktegesetz keine explizite Verpflichtung, dass Vertreiber/innen bzw. Händler/innen Kundenlisten führen müssen. Es müssen jedoch in Abhängigkeit vom Produktrisiko vom Hersteller Verfahren eingerichtet werden, um Kund/inn/en über Probleme mit Medizinprodukten zu informieren bzw. Produkte vom Markt zurückzurufen. Die Ausgestaltung des Verfahrens ist jedoch abhängig vom Produktrisiko und muss durch das Risikomanagement des Herstellers begründet sein. Das Verfahren des Herstellers muss durch die Vertreiber/innen und Händler/innen umgesetzt werden. Es ergibt beispielsweise wenig Sinn, alle Bezieher/innen von Heftpflastern oder Lesebrillen (beides Medizinprodukte der Klasse I) in einer Kunden-liste zu erfassen.
Fragen 35 und 36:
Der Begriff „Implantationsliste“ ist in der Rechtsordnung nicht enthalten. Implantate sind freilich in der Arztdokumentation bzw. der Krankengeschichte zu dokumen-tieren. Im Übrigen verweise ich auf die Dokumentationspflicht gemäß der Medizin-produktebetreiberverordnung - MPBV, BGBl. II Nr. 70/2007 (s. unten) sowie auf das Einsichtsrecht von Patient/inn/en in die über sie geführten Aufzeichnungen.
Die Register nach der MPBV sind rechtlich verbindlich zu führen.
Gemäß § 10 MPBV haben Einrichtungen des Gesundheitswesens u.a. Brustimplantate in einem Implantatregister zu führen. Gemäß § 10 Abs. 3 dieser Verordnung hat das Implantatregister folgende Daten zu enthalten:
1. Bezeichnung, Art und Typ, Loscode oder Seriennummer des Implantats,
2. Name und Anschrift des Herstellers,
3. Name und Anschrift des Vertreibers,
4. Name und Sozialversicherungsnummer der Patientin/des Patienten,
5. Datum der Implantation,
6. Name der für die Implantation verantwortlichen Person, und
7. Intervalle der nachfolgenden Kontrolluntersuchungen unter Bedachtnahme auf die Herstellerangaben.
Die Implantatregister gemäß MPBV sind dezentral von den einzelnen Einrichtungen des Gesundheitswesens zu führen. Das Bundesministerium für Gesundheit hat keine Informationen über die in diesen Registern dezentral erfassten Daten und damit auch keine Informationen darüber, ob Implantate der Firma PIP dort registriert wurden.
Frage 37:
Die Implantatregister gemäß MPBV sind von den Einrichtungen des Gesundheits-wesens zu führen, das Implantatregister der Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie wird von der medizinischen Fachgesellschaft geführt.
Frage 38:
Alle dem BASG bekannten Ärztinnen und Ärzte haben bestätigt, dass die betroffenen Patientinnen kontaktiert wurden.
Frage 39:
Betroffene Frauen sollen mit ihrem behandelnden Arzt/Ärztin Kontakt aufnehmen. Gemäß § 81 Abs. 2 MPG hat jede/r behandelnde Arzt /Ärztin der Patientin einen Implantatpass zur Verfügung zu stellen. Dieser Implantatpass muss genau Auskunft über die verwendeten Produkte geben.
Frage 40:
Ich verweise auf den Entwurf eines Schönheitsoperationengesetzes, der am
28. März 2012 dem allgemeinen Begutachtungsverfahren zugeleitet wurde. Darin wird ausdrücklich normiert, dass ästhetische Behandlungen oder Operationen ohne medizinische Indikation an Personen, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ausnahmslos verboten sind (§ 7 Abs. 1).
In Anlehnung an die Bestimmungen über die Klinische Prüfung im Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983, sind zum Schutz von Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet und das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zusätzliche Einwilligungen vor Durchführung einer ästhetischen Behandlung oder Operation einzuholen und weitere Schutzmaßnahmen vorgesehen.
Gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 hat bei dieser Personengruppe eine verpflichtende psychologische Beratung zu erfolgen, um Eingriffe zu vermeiden, die beispielsweise aus einem gestörten Selbst- oder Körperbild der Patientin/des Patienten oder aus sonstigen falschen bzw. unrealistischen Erwartungen hinsichtlich der Ergebnisse des Eingriffs resultieren, die z.B. durch mediale Vorgaben suggeriert wurden. So ist im Rahmen der psychologischen Beratung die Motivation für die gewünschte Veränderung zu hinterfragen. In den Erläuterungen ist festgehalten, dass jedenfalls eine testdiagnostische Abklärung etwaiger psychischer Störungen nach ICD-10 in einem Rahmen von drei Terminen zu rund 1,5 Stunden vorgenommen werden soll und mindestens drei bis fünf Behandlungsgespräche zur Überprüfung des gewünschten Eingriffs geführt werden sollen. Zusätzlich sind ein oder mehrere Gespräche mit den Erziehungsberechtigten und allenfalls mit einer sonstigen Bezugsperson abzuhalten.
Teilweise abweichend von § 146c Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) ist vor der Durchführung von ästhetischen Eingriffen in jedem Fall sowohl die Einwilligung der noch nicht volljährigen Person als auch aller Erziehungsberechtigten einzuholen. Darüber hinaus sieht der Entwurf zusätzlich zur verpflichtenden Wartefrist von vier Wochen zwischen Aufklärung und Einwilligung noch eine Wartefrist von mindestens acht Wochen zwischen Einwilligung und Operation vor. Außerdem sollen Minderjährige zwischen 16 und 18 Jahren die erteilte Einwilligung bis eine Woche vor dem Operationstermin ohne finanzielle Nachteil widerrufen können.