10701/AB XXIV. GP

Eingelangt am 27.04.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 10906/J der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde, wie folgt:

 

Der Regelungskomplex zur Familienhospizkarenz bezieht sich auf arbeitsrechtliche, sozialversicherungsrechtliche und existenzsichernde Aspekte. Darüber hinaus sind auch Fragen der Pflege angesprochen.

 

Die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen finden sich im Arbeitslosenversicherungsgesetz und sehen im Falle der Reduzierung der Arbeitszeit oder einer Ka-renzierung aus dem Anlass der Begleitung einer/eines sterbenden Angehörigen oder eines schwerst erkrankten Kindes eine Absicherung in der Pensions- und/oder Krankenversicherung vor. Dieselbe sozialversicherungsrechtliche Absicherung besteht auch, wenn die Begleitung durch arbeitslose Personen erfolgt, wenn diese wegen der Begleitung für die Aufnahme einer Beschäftigung nicht verfügbar sind und deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe haben.

 

Statistische Daten können nur aus den für die Durchführung der Sozialversicherung erforderlichen Meldungen gewonnen werden. Eine Meldeverpflichtung ausschließlich zu statistischen Zwecken sehen die gesetzlichen Bestimmungen nicht vor.

 

Aus dem Konnex zur Arbeitslosenversicherung ergibt sich, dass die statistischen Daten nur jene Personen erfassen, die in einem der Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegenden Dienstverhältnis stehen oder als arbeitslose Personen einen Geldleistungsanspruch aus der Arbeitslosenversicherung haben. Das bedeutet insbesondere, dass Bundes- bzw. LandesbeamtInnen darin nicht enthalten sind, weil deren Versicherungsschutz nicht aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung finanziert wird.

 

Darüber hinaus liegen auch keine Angaben zur Zahl jener ArbeitnehmerInnen vor, die ihr Beschäftigungsausmaß bloß reduziert haben, daraus aber immer noch ein Entgelt über der für die Pensionsversicherung maßgeblichen Beitragsgrundlage erzielen, weil in diesem Fall – trotz Inanspruchnahme der im Arbeitsrecht vorgesehenen Möglichkeiten – aufgrund der bestehenden Vollversicherung keine sozialversicherungsrechtliche Absicherung im Wege der Arbeitslosenversicherung erfolgt.

 

Frage 1:

 

Die nachstehenden Tabellen geben eine Übersicht über die Inanspruchnahme der Familienhospizkarenz durch ArbeitnehmerInnen sowie BezieherInnen von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe in den Jahren 2009 und 2010:

 

Übersicht Familienhospizkarenz 2009

 

 

Bundesland

Dienstnehmer

Leistungsbezieher

Anzahl

durchschn. Bezugsdauer in Tagen

Anzahl

durchschn. Bezugsdauer in Tagen

Wien

62

101,1

17

114,4

Niederösterreich

74

109,4

21

126,8

Burgenland

11

89,0

10

130,0

Oberösterreich

87

71,0

21

123,0

Salzburg

25

49,0

11

100,5

Steiermark

79

107,3

35

136,9

Kärnten

32

94,0

15

73,0

Tirol

33

200,9

19

151,2

Vorarlberg

21

100,0

2

93,0

Sonstige SV-Träger

28

89,6

-

-

ÖSTERREICH

452

100,6

151

122,8

 


Übersicht Familienhospizkarenz 2010

 

 

Bundesland

Dienstnehmer

Leistungsbezieher

Anzahl

durchschn. Bezugsdauer in Tagen

Anzahl

durchschn. Bezugsdauer in Tagen

Wien

66

96,8

44

115,8

Niederösterreich

64

103,6

24

136,6

Burgenland

15

114,0

8

180,0

Oberösterreich

95

83,0

26

74,0

Salzburg

32

117,3

14

122,8

Steiermark

87

202,4

44

156,9

Kärnten

32

112,0

3

111,0

Tirol

43

161,2

20

167,6

Vorarlberg

20

137,3

2

135,0

Sonstige SV-Träger

46

97,3

-

-

ÖSTERREICH

500

123,4

185

131,4

 

Unter den sonstigen Sozialversicherungsträgern sind die bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB), der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), der Kranken- und Unfallfürsorge für oberösterreichische Landesbedienstete (KFL OÖ) und der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien (KFA Wien) versicherten, der Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegenden beschäftigten Personen, subsumiert.

 

Für das Jahr 2011 liegen noch keine Daten vor, weil die Abrechnungen mit den Sozialversicherungsträgern, aus denen die statistischen Daten gewonnen werden, jährlich im Nachhinein – in der Regel im 2. Quartal – erfolgen.

 

Frage 2:

 

Die zur Beantwortung dieser Frage erforderlichen Daten werden nicht erfasst, da sie – wie eingangs ausgeführt – für die Durchführung der Sozialversicherung nicht relevant sind.

 


Frage 3:

 

Im Jahr 2009 haben nach den Meldungen der Sozialversicherungsträger von den 452 DienstnehmerInnen, die die Familienhospizkarenzregelungen in Anspruch genommen haben, 4 Personen ihre Arbeitszeit verringert. Diese gliederten sich nach Bundesländern und Versicherungsträgern wie folgt:

 

VAEB:                        2 Personen                70 Tage durchschnittliche Dauer

KFA Wien:                 2 Personen                64 Tage durchschnittliche Dauer

 

Im Jahr 2010 haben von 500 DienstnehmerInnen, die die Familienhospizkarenzregelungen in Anspruch genommen haben, 13 Personen ihre Arbeitszeit verringert. Diese gliederten sich nach Bundesländern und Versicherungsträgern wie folgt:

 

Burgenland:              1 Person                    111 Tage durchschnittliche Dauer

Steiermark:              4 Personen

Kärnten:                    4 Personen

VAEB:                                  4 Personen                112,8 Tage durchschnittliche Dauer

 

Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse sowie die Kärntner Gebietskrankenkasse haben die durchschnittliche Bezugsdauer für Personen, die ihre Arbeitszeit verringert haben, nicht gesondert erhoben, sondern in die durchschnittliche Bezugsdauer der DienstnehmerInnen (siehe Antwort zu Frage 1) eingerechnet.

 

Frage 4:

 

Schon dem Wortlaut der Fragestellung ist eine Unterscheidung zu entnehmen:

 

Einerseits handelt es sich bei den 603 Menschen in Familienhospizkarenz um eine Begleitung durch Angehörige, welche die Familienhospizkarenz entweder aus einem Arbeitsverhältnis oder als Arbeitslose aus einem Leistungsanspruch aus der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen haben. Andererseits wurden die in der Anfrage angeführten 1.152 Personen von der Caritas in Niederösterreich und Wien betreut, wobei kein unmittelbarer Bezug zu einem bzw. einer in Familienhospizka-renz befindlichen Arbeitnehmer/in besteht. Insofern können beide Werte keinesfalls verglichen werden.

 

Darüber hinaus sind in den vorliegenden statistischen Daten nur jene Personen erfasst, die im Rahmen der Familienhospizkarenz auf eine sonst bestehende sozialversicherungsrechtliche Absicherung, entweder aus einem Arbeitsverhältnis oder aus dem Leistungsanspruch nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, zu Gunsten der Begleitung eines/r sterbenden Angehörigen oder eines schwerst erkrankten Kindes verzichtet haben. Eine Begleitung durch andere als die genannten Personen führt zu keiner sozialversicherungsrechtlichen Absicherung im Wege der Familienhospizka-renz und ist in den statistischen Daten auch nicht erfasst.

 

Daten über die Zusammenhänge zwischen Inanspruchnahmen der Familienhospiz-karenz und Betreuungsfällen liegen nicht vor, weil diese für die Vollziehung der Sozialversicherung aufgrund der Familienhospizkarenz nicht relevant sind und deshalb nicht erhoben werden. Darüber hinaus besteht – wie eingangs erwähnt – keine Meldeverpflichtung zu ausschließlich statistischen Zwecken.

 

Zu Frage 5:

 

Auch zu dieser Frage liegen mir keine Daten vor, da diese für die Sozialversicherung aufgrund der Familienhospizkarenz nicht relevant sind und deshalb nicht erhoben werden.

 

Zu Frage 6:

Dazu liegen mir keine Daten vor.

 

Zu Frage 7:

 

Die einzige Förderung, die im Bereich des Hospizwesens für die Jahre 2011/2012 gewährt wurde, betrifft die Erstellung einer Studie zum Thema „Statuserhebung der Hospiz- und Palliativversorgung in Alten- und Pflegeheimen“. Die Höhe der Förderung beträgt 35.000 €. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass das Thema Hospiz auch in der Arbeitsgruppe Strukturreform Pflege meines Hauses diskutiert wird.

 

Frage 8:

 

Eine solche Erhebung von Seiten meines Ministeriums gibt es nicht. Zwar existieren SILC-Erhebungen (Community Statistics on Income an Living Conditions), allerdings werden keine gesonderten Fragestellungen zur Familienhospizkarenz gestellt, außerdem wäre die betroffene Gruppe statistisch betrachtet zu wenig aussagekräftig. Soweit die Mindestsicherung betroffen ist, existieren Zahlen zu den BezieherInnen und die Gründe der Hilfsbedürftigkeit nur bei den Ländern. Ob die Inanspruchnahme von Familienhospizkarenz als Grund der Notlage erhoben wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Dem Bund liegen in diesem Zusammenhang mangels Kompetenz für Gesetzgebung und Vollziehung der Mindestsicherung jedenfalls keine Daten vor.

 

Festgehalten werden kann jedoch, dass sich mein Ministerium anlässlich der Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erfolgreich für einen verbesserten Leistungszugang einsetzen konnte.

 

In der Mindestsicherungs-Vereinbarung mit den Ländern konnte so eine ausdrückliche Befreiung vom Einsatz der eigenen Arbeitskraft für diese Personengruppe geschaffen werden, die die Länder in ihren Mindestsicherungsgesetzen auch vollzogen haben. Konkret bedeutet dies, dass Personen, die Sterbebegleitung oder Begleitung von schwerstkranken Kindern leisten, im Falle des Bezuges einer Mindestsicherung vom Sozialamt nicht gezwungen werden dürfen, sich in dieser für die Betroffenen ohnehin sehr schwierigen Lebenslage auch noch zusätzlich um eine Integration in den Arbeitsmarkt zu bemühen.

 

Darüber hinaus darf ich den Pflegegeldbereich ansprechen und auf die besondere Vorschussregelung gemäß § 18a Bundespflegegeldgesetz hinweisen:

 

Wenn eine Familienhospizkarenz in Anspruch genommen wird und ein Verfahren auf Gewährung oder Erhöhung des Pflegegeldes anhängig ist, sind auf formlosen Antrag beim jeweiligen Pflegegeldentscheidungsträger Vorschüsse auf das Pflegegeld zumindest in der Höhe der Stufe 3 zu gewähren. Sollte bereits ein Pflegegeld der Stufe 3 zuerkannt sein, sind Vorschüsse mindestens in Höhe des Pflegegeldes der Stufe 4 zu gewähren.

 

Diese Vorschüsse sind ab dem Monat zu gewähren, in dem der Antrag gestellt wurde, frühestens jedoch mit dem Monat, in dem die Familienhospizkarenz beginnt. Die Vorschüsse sind auf das gebührende Pflegegeld anzurechnen.

 

Dieser pauschalierte Vorschuss kann entweder an die pflegebedürftige Person selbst oder auf Antrag an jene Person ausbezahlt werden, welche die Familienhospizka-renz in Anspruch nimmt.

 

 

Frage 9:

 

Dazu liegen mir keine Daten vor.

 

Angelegenheiten der Psychotherapie sind dem Kompetenzbereich des Bundesministeriums für Gesundheit zuzuordnen. Psychotherapie kann bei niedergelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bzw. bei vertraglich gebundenen Einrichtungen der Krankenversicherungsträger in Anspruch genommen werden. Es besteht die Möglichkeit, bei entsprechender Indikation einen Kostenzuschuss durch die Krankenversicherung zu beantragen bzw. die Psychotherapie auf Krankenschein zu erhalten. Dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz liegen keine spezifischen Informationen zur Inanspruchnahme durch den genannten Personenkreis vor.

Das Bundessozialamt bietet in allen Landesstellen Beratung in Fragen betreffend Menschen mit Behinderung an. Zusätzlich zur Beratung im eigenen Wirkungsbereich wird auf regionale Betreuungs- und Unterstützungsangebote hingewiesen. Das Beratungsangebot richtet sich insbesondere an Betroffene und ihre Angehörigen.

 

 

Frage 10:

 

In Entsprechung des Regierungsprogramms der XXIV. Legislaturperiode werden weitere Möglichkeiten der Familienhospizkarenz im Bereich der Pflege in Abstimmung mit den Sozialpartnern geprüft.

 

 

Frage 11:

 

Die vom SOFFI-Institut in den Jahren 2002 bis 2004 im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit durchgeführte Studie zur Evaluierung der Familienhospizkarenz hat ergeben, dass sich die Dauer der Familienhospizkarenz (zunächst drei Monate mit einer Verlängerungsmöglichkeit auf insgesamt sechs Monate) als guter Kompromiss zwischen den Interessen der ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen hinsichtlich des Schutzes vor Überforderung und Rückkehr auf den Arbeitsplatz durchaus bewährt hat. Die durchschnittliche Dauer der Sterbebegleitung lag bei vier Monaten.

 

Bei der Begleitung von schwersterkrankten Kindern, die im Mittel etwas mehr Zeit (im Durchschnitt fünf Monate) beansprucht, zeigte die Evaluierung insofern einen Bedarf nach Verlängerung der Maßnahme, als bestimmte Therapieformen - insbesondere bei krebskranken Kindern - auch länger als ein halbes Jahr dauern. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 36/2006 wurde daher die zulässige Dauer der Inanspruchnahme der Begleitung von schwersterkrankten Kindern gemäß § 14b des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) auf fünf Monate mit einer Verlängerungsmöglichkeit auf insgesamt neun Monate ausgedehnt.

 

Da jene in Rahmen der Evaluierung der Familienhospizkarenz befragten Personen, die angaben, dass das Befristungsmodell der Familienhospizkarenz zu knapp bemessen sei, mehrheitlich selbst nicht direkt mit der zeitlichen Bemessung in Konflikt gekommen sind, wird derzeit von einer weiteren Ausdehnung der Dauer der Familienhospizkarenz abgesehen.

 

 

Frage 12:

 

Die Aufteilung der Zuständigkeiten für die gesetzliche Normierung der Rahmenbedingungen für die Inanspruchnahme der Familienhospizkarenz einerseits und für die finanzielle Absicherung der Familienhospizkarenz andererseits resultiert daraus, dass dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz die Gesetzgebung im Bereich des Arbeitsrechts - und damit die gesetzliche Regelung von im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis stehenden Rechtsfragen - obliegt, während die Gewährung von finanziellen Unterstützungen zur Abfederung finanzieller Notlagen von Familien in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend fällt. Die Teilung des Familienhospizkarenzregelungs­komplexes in mehrere Einzelbereiche (arbeitsrechtliche, sozialversicherungs­rechtliche und Existenz sichernde Regelungen sowie den Pflegeaspekt) folgt somit den jeweiligen Fachzuständigkeiten.

 

Der Familienhospizkarenz-Zuschuss wurde als Begleitmaßnahme zu der im Jahr 2002 geschaffenen Familienhospizkarenz eingeführt, um die Inanspruchnahme einer vollständigen Arbeitsfreistellung auch für Familien mit geringerem Einkommen, die einen vollständigen Einkommensausfall nicht verkraften würden, zu ermöglichen.

 

Eine „Bündelung“ der Zuständigkeit zur Familienhospizkarenz unter Beibehaltung der derzeitigen Aufteilung auf mehrere Materiengesetze erscheint nicht sinnvoll und würde auch zu Überschneidungen der Zuständigkeiten in den angesprochenen gesetzlichen Bestimmungen führen. Da durch eine allfällige Zusammenlegung der Zuständigkeitsbereiche keine Reduktion des Verwaltungsaufwandes zu erwarten ist, wird eine Verschiebung der bestehenden Zuständigkeiten für Angelegenheiten der Familienhospizkarenz nicht angedacht.

 

Frage 13:

 

Bisher ergaben sich keine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer neuerlichen Evaluierung der bestehenden Maßnahmen zur Inanspruchnahme der Familienhospiz­karenz. Die Vergabe einer diesbezüglichen Studie kommt daher vorerst aus Kostengründen nicht in Betracht.

 

Die vom seinerzeitigen Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit beauftragte Evaluierung der Familienhospizkarenz durch das SOFFI-Institut (2005) liegt dieser Anfragebeantwortung ungekürzt bei.

1 Beilage

 

Anmerkung der Parlamentsdirektion:

 

Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image, siehe

Anfragebeantwortung (gescanntes Original)

zur Verfügung.