10709/AB XXIV. GP

Eingelangt am 27.04.2012
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                       Wien, am         April 2012

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0060-I/4/2012

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 10800/J vom 29. Februar 2012 der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Die angesprochene Novellierung des Umsatzsteuergesetzes 1994 zur Umsetzung des
EuGH-Urteils vom 12. Mai 2011, C-441/09, ist mit dem Abgabenänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 76/2011, erfolgt. Auf Grund der Änderung der Ziffer 1 der Anlage zu § 10 Abs. 2 UStG 1994 unterliegen ab 1. Jänner 2012 dem ermäßigten Steuersatz von 10% nur mehr die Lieferung, der Eigenverbrauch und die Einfuhr von Pferden, die zur Schlachtung bestimmt sind, um für die Zubereitung von Nahrungs- und Futtermitteln verwendet zu werden bzw. von Arbeitspferden, die für den Einsatz in der landwirtschaft-lichen Erzeugung dienen.

 

Zu 2.:

Die zu erwartenden Budgeteinnahmen befinden sich – bedingt durch ihre Größenordnung – in einem volkswirtschaftlich nicht relevanten Bereich. Daher liegen diesbezüglich keine Zahlen bzw. Prognosen vor.


Zu 3.:

Nein, denn bei einem Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV (ex-Art. 226 EGV) wird seitens des EuGH durch das Urteil nur eine Feststellung getroffen, wie Unionsrecht – im vorliegenden Zusammenhang die Mehrwertsteuerrichtlinie (2006/211/EG) – auszulegen ist und ob durch die nationale steuerrechtliche Regelung gegen die betroffenen Richtlinien-bestimmungen verstoßen wurde. Der betroffene EU-Mitgliedstaat hat der Entscheidung und Auslegung des EuGH entsprechend die nationale Gesetzgebung anzupassen. Dies ist gegen-ständlich mit dem Abgabenänderungsgesetz 2011 erfolgt.

 

Zu 4.:

Durch die Urteile des EuGH zum Steuersatz für Pferde wird unionsweit jedenfalls klargestellt, dass nur der Erwerb von Tieren wie z.B. Rindern, die üblicherweise als Nahrungs- und Futtermittel dienen, für den Endverbraucher mehrwertsteuerlich begünstigt sein soll. Dem zu Folge sind auch alle anderen Mitgliedstaaten verpflichtet, Lieferungen von Pferden mit Ausnahme von Schlachtpferden dem Normalsteuersatz zu unterwerfen.

 

Auch ist es sachlich gerechtfertigt, einzelne Kategorien von Pferden hinsichtlich des Umsatzsteuersatzes unterschiedlich zu behandeln, denn dieser Unterschied bedeutet gleichzeitig, dass es sich um verschiedene wirtschaftliche Situationen handelt, in denen die betreffenden Pferde nicht miteinander in Wettbewerb stehen. So steht ein Turnier-, Renn- oder Freizeitpferd, wenn es für diesen Zweck bzw. diese Verwendung verkauft wird, nicht im Wettbewerb mit einem Schlachtpferd und umgekehrt.

 

Die zukünftigen preislichen Auswirkungen auf den österreichischen Pferdemarkt sind derzeit nicht konkret einschätzbar, da bei der Preisgestaltung verschiedenste Faktoren eine Rolle spielen.

 

Zu 5.:

Neben Österreich sind im Zusammenhang mit der generellen Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Lieferungen von Pferden noch die Niederlande, Frankreich und Deutschland verurteilt worden. Derzeit ist ein Verfahren gegen Irland anhängig (Mitteilung der EU-Kommission vom 24. November 2010, http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/
documents/common/infringements/factsheet/2010/11/2010-11-1576-ie-vat_en.pdf).

 


Zu 6.:

Im Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie (2006/112/EG) sind diejenigen Umsätze aufgeführt, bei denen eine Steuervergünstigung für die Verbraucher nach Auffassung des Unionsgesetzgebers gerechtfertigt ist.

 

In Umsetzung dieser unionsrechtlichen Mehrwertsteuerbestimmung sieht § 10 Abs. 2 UStG 1994 einen ermäßigten Steuersatz von 10% hinsichtlich jener Umsätze vor, die zum existenziellen Grundbedarf gehören. Darunter fallen beispielsweise neben der Lieferung von Nahrungsmitteln auch die Wohnungsvermietung, gesundheitliche und soziale Dienste sowie die Müllabfuhr und Abwasserbeseitigung.

 

Die Bestimmung des § 10 Abs. 2 UStG 1994 wird durch ein als „Anlage“ bezeichnetes Verzeichnis ergänzt. Dieses listet die dem 10%igen Steuersatz unterliegenden Gegenstände auf, wobei die Bestimmung der einzelnen Warengruppen an Hand der zolltarifarischen Einreihung in die Kombinierte Nomenklatur erfolgt. Die Anlage zu § 10 Abs. 2 UStG 1994 enthält Nahrungs- und Futtermittel, land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Druck-erzeugnisse, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke, Antiquitäten und Arzneimittel. Des Weiteren sind von der Steuerbegünstigung des § 10 Abs. 2 UStG 1994 Tätigkeiten im kulturellen Bereich, Leistungen der Rundfunkunternehmen sowie die Personenbeförderung erfasst, soweit für diese nicht eine Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 UStG 1994 zur Anwendung kommt.

 

§ 10 Abs. 3 und Abs. 4 UStG 1994 sieht für Umsätze von Wein im Erzeugungsbetrieb einen ermäßigten Steuersatz von 12% und für Umsätze in den Zollausschlussgebieten Jungholz und Mittelberg einen Steuersatz von 19% vor. Beide Regelungen wurden Österreich im Zuge des EU-Beitritts vertraglich zugestanden.

 

Zusammenfassend handelt es sich somit bei den von der Steuerermäßigung des § 10 UStG 1994 erfassten Produkten und Dienstleistungen um solche, die den grund-legenden, alltäglichen Bedarf des Konsumenten und Endverbrauchers decken. Daher erscheint diese auch zeitgemäß.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Maria Fekter eh.