10848/AB XXIV. GP
Eingelangt am 11.05.2012
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung

NIKOLAUS BERLAKOVICH
Bundesminister
An die Zl. LE.4.2.4/0063 -I 3/2012
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien Wien, am 10. MAI 2012
Gegenstand: Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen
und Kollegen vom 12. März 2012, Nr. 10994/J, betreffend Umsetzung
des Anti-Atom Aktionsplans der Bundesregierung
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen vom 12. März 2012, Nr. 10994/J, teile ich Folgendes mit:
Zu Frage 1:
Im Regierungsprogramm für die laufende Legislaturperiode ist festgehalten, dass die Bundesregierung in allen Fällen von kerntechnischen Anlagen, die negative Auswirkungen auf Österreich haben oder haben könnten, alle rechtlichen Möglichkeiten zur Wahrung österreichischer Sicherheitsinteressen nutzen wird. Die Bandbreite rechtlicher Instrumente reicht von Konsultationen im Rahmen der bilateralen „Nuklearinformationsabkommen“ (Sicherheitsdialoge) über die Beteiligung an grenzüberschreitenden UVP- und SUP-Verfahren bis hin zu Klagen vor europäischen oder internationalen Gerichten. Letztere stellen eine „Ultima Ratio“ dar und werden nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen. Bezüglich grenzüberschreitender UVP- und SUP-Verfahren darf auf die Internetseite des Umweltbundesamtes verwiesen werden, wo im Auftrag des BMLFUW alle verfahrensrelevanten Unterlagen zu allen Verfahren, an denen sich Österreich beteiligt, als umfassende Dienstleistung des BMLFUW veröffentlicht werden. Hinsichtlich der bilateralen „Nuklearinformationsabkommen“ wird auf die federführende Zuständigkeit des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten verwiesen. Exemplarisch seien hier jedoch die Sicherheitsdialoge zu den Blöcken 1 und 2 des KKW Temelín in der Tschechischen Republik, zu den Blöcken 3 und 4 des KKW Mochovce in der Slowakischen Republik und zum KKW Isar-1 in Deutschland angeführt.
Zu Frage 2:
Die Nachbarstaaten Österreichs sind entweder Mitglieder der Union oder mit dieser eng verbunden und daher angehalten, europäische Vorgaben hinsichtlich der Steigerung der Effizienz der Energienutzung sowie hinsichtlich des Einsatzes erneuerbarer Energieträger zu erfüllen. Darüber hinaus führen wir die seit vielen Jahren bestehenden „Energiepartnerschaften“ mit Reformstaaten Zentral- und Osteuropas sowie einigen Nachbarstaaten fort. Detailliertere Informationen hierzu können auf der Internetseite der österreichischen Energieagentur abgerufen werden.
Für Österreich selbst habe ich mit dem Erreichen der „Energieautarkie“ bis 2050 ein klares und ehrgeiziges Ziel formuliert. Das Ökostromgesetz 2012 stellt die Grundlage für eine deutliche Anhebung der für die Förderung von Ökostrom zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel und eine beträchtliche Ausweitung der in Österreich produzierten Ökostrommengen dar. Gemäß § 4 (1) 7 Ökostromgesetz 2012 ist es Ziel dieses Bundesgesetzes, im Interesse des Klima- und Umweltschutzes sowie der Versorgungssicherheit die Abhängigkeit von Atomstromimporten bis 2015 bilanziell zu beseitigen. Der Gipfel der Bundesregierung zu Atomstromimporten brachte wichtige Weichenstellungen. Die vollständige Stromkennzeichnung kommt, Energieversorgungsunternehmen verpflichten sich für die Endkundenversorgung auf den Bezug von Atomstrom zu verzichten und es wird ein Atomstromfrei-Gütesiegel geschaffen.
Grundsätzlich bleibt der generelle Ausstieg aus der energetischen Nutzung der Kernenergie unser erklärtes Ziel. Bis dahin gilt es, zum Schutz der österreichischen Bevölkerung und der Umwelt die Sicherheit von Kernkraftwerken, aber auch von anderen kerntechnischen Anlagen, ständig zu verbessern. Dass Österreich hier einen ganz wichtigen Beitrag leisten kann, hat die Einführung von Stresstests für europäische Kernkraftwerke gezeigt. Unser Ziel dabei: Entweder werden Kernkraftwerke auf aktuelle Sicherheitsstandards und den Ergebnissen der Stresstests entsprechend nachgerüstet oder sie sind abzuschalten.
Zu den Fragen 3 bis 9:
Auf politischer Ebene nütze ich meine zahlreichen Kontakte auf bilateraler, europäischer und internationaler Ebene, um Österreichs Ablehnung der friedlichen Nutzung der Kernenergie und die Gründe dafür darzulegen. Dies gilt auch für die in der vorliegenden Anfrage genannten Projekte. Es ist außerordentlich zu bedauern, dass es der Katastrophe von Fukushima bedurfte, um der österreichischen Ablehnung der energetischen Nutzung der Kernenergie wieder Gehör zu verschaffen.
Hinsichtlich der slowenischen Energiestrategie ist festzuhalten, dass diese bislang von der slowenischen Regierung noch nicht verabschiedet wurde. Österreich hat sich intensiv am diesbezüglichen grenzüberschreitenden strategischen Umweltprüfungsverfahren (SUP-Verfahren) beteiligt. Der Abschluss dieses Verfahrens steht noch aus.
Bezüglich der zwei neuen Reaktorblöcke im KKW Mochovce in der Slowakischen Republik ist zunächst festzuhalten, dass der Sicherheitseinschluss eines Kernkraftwerkes nach dessen Funktionalität – Verhinderung von Freisetzung von Radionukliden, Schutz gegen Einwirkungen von außen – zu beurteilen ist, und diese Sicherheitsziele auf unterschiedlichem Wege verwirklicht werden können.
Es ist als Erfolg unserer Hartnäckigkeit zu werten, dass die Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 des KKW Mochovce überhaupt einer UVP unterzogen wurde, auch wenn diese, wie die Vertragsstaatenkonferenz der Aarhus-Konvention festgestellt hat, zu spät erfolgte. Da die Vertragsstaatenkonferenz die Slowakische Republik lediglich pro futuro aufgefordert hat, ihre Rechtslage anzupassen, ist das UVP-Verfahren selbst nicht anfechtbar. Unbeschadet dessen habe ich die Europäische Kommission mit der Angelegenheit wiederholt befasst. Der aus dem UVP-Verfahren resultierende Sicherheitsdialog im Rahmen des bilateralen „Nuklearinformationsabkommens“ ist noch im Gange.
Auch bezüglich des Plans der Errichtung von zwei neuen Reaktorblöcken am Standort des KKW Temelín in der Tschechischen Republik beteiligt sich Österreich am grenzüberschreitenden UVP-Verfahren. Auch dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Offene Rechtsfragen betreffen die Rolle von ausländischen Umweltorganisationen in nachfolgenden Bewilligungsverfahren. Auch hier wurde die Europäische Kommission als Hüterin der Verträge befasst.
Zu den Fragen 10 bis 12:
Bezüglich dieser Fragen darf auf die Zuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend verwiesen werden.
Der Bundesminister: