10890/AB XXIV. GP

Eingelangt am 15.05.2012
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

BMJ-Pr7000/0084-Pr 1/2012


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 11006/J-NR/2012

Die Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Gisela Wurm und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „das Vorhaben, das Bezirksgericht Telfs zu schließen“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Die derzeitige Diskussion über Strukturoptimierungen in der österreichischen Gerichtsorganisation spiegelt die immer stärker in den Vordergrund tretende Notwendigkeit wider, die beschränkten öffentlichen Mittel bestmöglich zu nutzen und im Interesse der rechtsuchenden Bevölkerung und einer bürgernahen Justiz auf bestimmte Fachge­biete spezialisierte Richterinnen und Richter einzusetzen.

Die Gespräche mit dem Landeshauptmann von Tirol über die Strukturoptimierungen sind noch im Gang.

Zu 2:

Zu den Gründen der von mir angestrebten Strukturoptimierung weise ich allgemein darauf hin, dass die Gerichtsorganisation in ihren Grundzügen noch aus dem Jahr 1849 stammt und mit den damaligen Verhältnissen historisch begründet ist. Seither haben sich die allgemeinen Lebensumstände – etwa die Verkehrsverhältnisse – und vor allem das Rechtsleben grundlegend


geändert. Es ist daher laufend ein ausgewogenes Verhältnis zwischen regionaler Nähe, fachlicher Kompetenz und den aufzuwendenden öffentlichen Mitteln zu schaffen.

Um für die Bürgerinnen und Bürger

-       ein größtmögliches Maß an Sicherheit in öffentlichen Einrichtungen zu gewährleisten,

-       die erforderliche Spezialisierung und laufende Fortbildung der Richterinnen und Richter sowie Rechtspflegerinnen und Rechtspflegerin den jeweiligen Fachmaterien wie insbesondere auch im Familienrecht zu ermöglichen,

-       dank der gleichzeitig in Aussicht genommenen Wertgrenzenanhebung von 10.000 Euro auf letztlich 25.000 Euro, welche die Bedeutung der Bezirksgerichte klar heben wird, leistungsfähigere Einheiten in Zivilsachen zur Stärkung der Wirtschaftsstandorte zur Verfügung zu stellen,

-       mit verbesserter Erreichbarkeit der Rechtsprechungsorgane ein höheres Maß an Kundenfreundlichkeit und Service zu bieten und schließlich

-       infrastrukturelle Synergien und eine Optimierung der Kostenstruktur durch Leistungsbündelung sowie eine effizientere Administration zu erzielen,

müssen, um die künftigen Herausforderungen in fachlicher, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht bewältigen zu können, auch strukturelle Änderungen in die Wege geleitet werden.

Wie alle Untersuchungen zeigen und auch der Rechnungshof mehrfach empfohlen hat, können die beschränkt zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel an entsprechend vergrößerten Standorten und Einheiten besser und wirkungsvoller als bisher im Interesse einer bürgernahen Justiz eingesetzt werden.

Mein Ziel ist es daher, einen möglichst optimalen Ausgleich zwischen ökonomischen und organisatorischen Notwendigkeiten, der Erbringung der bestmöglichen Leistung durch die Justiz insgesamt und der unter diesen Voraussetzungen möglichen maximalen Nähe zur Bevölkerung zu erreichen.

Zu 3:

Wie ich bereits in meiner Beantwortung der Fragepunkte 1 und 2 dargelegt habe, verfolgt die angestrebte Strukturoptimierung der Gerichtsorganisation mehrere Ziele. Dazu gehört auch eine Erweiterung der Möglichkeiten zur Spezialisierung von Richtern und Richterinnen sowie Rechtspfleger und Rechtspflegerinnen.

Zu 4:

Dazu verweise ich auf meine Beantwortung des Fragepunktes 2. Die Anzahl der derzeit bei einem bestimmten Bezirksgericht tätigen Bediensteten und die Anzahl der dort bearbeiteten Geschäftsfälle sind nur eine der Beurteilungsgrundlagen für die in Abstimmung mit dem


Landeshauptmann bzw. der Landesregierung von Tirol anzustrebenden Maßnahmen. Im Rahmen eines Gesamtkonzepts soll vielmehr ein Ausgleich zwischen organisatorischen Notwendigkeiten, Sicherheitsinteressen, Qualitätssicherungsaspekten und der Nähe zur Bevölkerung herbeigeführt werden.

Zu 5 und 8:

Die angestrebte Strukturoptimierung wird nicht zu einer Verschlechterung der Versorgung der Bevölkerung mit Justizleistungen führen. Es ist im Gegenteil eines meiner erklärten Ziele, an zusammengelegten größeren Standorten die Qualität und die Verfügbarkeit der Leistungen der Justiz wie auch die Sicherheit auf ein Niveau anzuheben, das bei sehr kleinen Gerichten nicht erzielbar ist. Punktuell längere Anfahrtswege sind vor dem Hintergrund, dass jede Bürgerin und jeder Bürger in ihrem bzw. seinem Leben durchschnittlich nur ein- bis zweimal persönlich bei Gericht erscheinen muss, und im täglichen Leben wesentlich längere Anfahrtswege öfter in Kauf genommen werden, zu sehen. Im Detail verweise ich dazu auf meine Ausführungen zu den Fragepunkten 1 und 2.

Zu 6:

Das Gebäude, in dem das Bezirksgericht Telfs untergebracht ist, steht im Eigentum der Bundesimmobiliengesellschaft mbH. Eine Generalsanierung des Gerichtsgebäudes wurde im Jahre 1993 abgeschlossen. In den letzten Jahren wurden Investitionen ausschließlich im Rahmen der Instandhaltungspflichten der Vermieterin getätigt. Der Hauptmietvertrag kann vom Mieter unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr zum Ende eines jeden Monats gekündigt werden.

Zu 7:

Das Bezirksgericht Innsbruck wird voraussichtlich im ersten Quartal des Jahres 2013 in das von der Fa. PEMA neu errichtete Gebäude in der Bruneckerstraße 3 in Innsbruck übersiedeln. Das künftige Bezirksgericht Innsbruck bietet ausreichend Platz für eine Aufnahme des Bezirksgerichts Telfs.

Zu 9:

Die Nachfrage nach Dienstleistungen der freien Rechtsberufe kann an ehemaligen Bezirksgerichtsstandorten durchaus steigen (wie z.B. Grundbuch- oder Firmenbuchauszüge oder Beglaubigungen). Negative Auswirkungen auf die Anzahl der Arbeitsplätze in diesen Bereichen sind daher nicht zu erwarten. Darüber hinaus stärkt jede Qualitätsverbesserung der Justizleistungen insgesamt den Wirtschaftsstandort.

Zu 10:

Dazu verweise ich auf meine bisherigen Ausführungen.

Wien,       . Mai 2012

 

Dr. Beatrix Karl