10892/AB XXIV. GP

Eingelangt am 16.05.2012
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMI-LR2220/0418-III/5/a/2012

Wien, am        .  Mai 2012

 

Die Abgeordnete zum Nationalrat Korun, Freundinnen und Freunde haben am 16. März 2012 unter der Zahl 11024/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Dublin Verfahren“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Entsprechende Statistiken werden nicht geführt.

Es kann jedoch über die im Jahr 2010 und 2011 seitens Österreichs eingeleiteten Konsultationsverfahren informiert werden. Im Jahr 2010 wurden insgesamt 3.247 und im Jahr 2011 3.241 Konsultationsverfahren gemäß der Dublin II VO geführt.

 

Zu Frage 2:

Entsprechende Statistiken werden nicht geführt.

Es kann jedoch über die Anzahl der  Asylanträge und der eingeleiteten Dublin Out Verfahren für den fraglichen Zeitraum informiert werden.

Im Jahr 2010 wurden 11.012 Asylanträge gestellt und von Österreich 3.247 Dublin Out Verfahren geführt.

Im Jahr 2011 wurden 14.426 Asylanträge gestellt und von Österreich 3.241 Dublin Out Verfahren geführt.

 

Zu den Fragen 3, 4, 6, 8, 10, 11, 15, 15a, 16, 17, 18, 19, 20, 21: 

Entsprechende Statistiken werden nicht geführt.

 

Zu Frage 5:

Entsprechende Statistiken werden nicht geführt.

Es kann jedoch Auskunft darüber gegeben werden, wie viele Ersuchen gemäß der Dublin II VO insgesamt von anderen Mitgliedstaaten an Österreich gestellt wurden.

Im Jahr 2010 sind insgesamt 2.577 so genannte „Dublin-In“ Ersuchen an Österreich gestellt worden, im Jahr 2011 gesamt 2.142.

 

Zu Frage 7:

Entsprechende Statistiken werden nicht geführt.

Es kann jedoch Auskunft darüber gegeben werden, wie viele Ersuchen insgesamt gemäß der Dublin II VO von Österreich an andere Mitgliedstaaten gestellt wurden.

Im Jahr 2010 wurden insgesamt 3.247 so genannte „Dublin-Out“ Verfahren geführt, im Jahr 2011 insgesamt 3.241.

 

Zu Frage 9:

2010 wurden 3.247 Dublin Out Verfahren und 2.577 Dublin In-Verfahren geführt.

2011 wurden 3.241 Dublin Out Verfahren und 2.142 Dublin In-Verfahren geführt.

 

Zu Frage 12:

Im Kalenderjahr 2010 (Europäischer Flüchtlingsfonds 2009):

Organisation

EU-Beitrag

BM.I-Beitrag

European Homecare

€ 59.000,00

€ 59.000,00

Verein Menschenrechte Österreich

€ 60.000,00

€ 60.000,00

Summe

€ 119.000,00

€ 119.000,00

 

Im Kalenderjahr 2011 (Europäischer Flüchtlingsfonds 2010)

Organisation

EU-Beitrag

BM.I-Beitrag

European Homecare

€ 45.000,00

€ 59.000,00

Verein Menschenrechte Österreich

€ 49.130,00

€ 49.130,00

Summe

€ 94.130,00

€ 94.130,00

 

Es wird darauf hingewiesen, dass sich bei den angegebenen Werten um zugesprochene Werte handelt. Die Abrechnungen und die Bestimmung der tatsächlichen Höhe der Ko-finanzierung befinden sich derzeit in Überprüfung.

 

Zu Frage 13:

Derzeit sind der Verein Menschenrechte Österreich und die ARGE Rechtsberatung mit der Rechtsberatung im Zulassungsverfahren beauftragt. Die Qualifikationen für die Rechts-berater sind gesetzlich festgelegt und ergeben sich aus § 66a AsylG 2005. Die Beantwortung der Frage, wie viele Mitarbeiter die Organisationen bereithalten, fällt nicht in den Vollzugs-bereich des Bundesministeriums für Inneres.

 

Zu Frage 14:

In den Jahren 2009-2011 war die Organisation „European Homecare“ mit dem Projekt „DUBLIN-Projekt – Beratung von AsylwerberInnen zur Unterstützung der Durchführung von Überstellungen nach der Dublin-Verordnung in den Betreuungsstellen Ost und Süd“ in Niederösterreich beauftragt.

In den Jahren 2009-2012 war/ist die Organisation „Verein Menschenrechte Österreich“ mit dem Projekt „Go Dublin! Beratung“ in Oberösterreich und seit 2012 auch in Niederösterreich beauftragt.

 

Zu Frage 14a:

Die Organisation European Homecare hat in ihrem Projekt „DUBLIN Projekt – Beratung von AsylwerberInnen zur Unterstützung der Durchführung von Überstellungen nach der Dublin-Verordnung in den Betreuungsstellen Ost und Süd“ in Niederösterreich im Jahr 2009 5.556 Personen, im Jahr 2010 5.483 Personen und im Jahr 2011 1.232 Personen, beraten. Die Organisation Verein Menschenrechte Österreich hat in ihrem Projekt „Go Dublin! Beratung“ in Oberösterreich im Jahr 2009 1.050 Personen, im Jahr 2010 1.232 Personen und im Jahr 2011 2.312 Personen, beraten. Für das Jahr 2012 können betreffend die Organisation „Verein Menschenrechte Österreich“ noch keine Angaben gemacht werden.

 

Zu Frage 14b:

Für die Organisation European Homecare waren im Jahr 2009 2 Mitarbeiter, im Jahr 2010 5 Mitarbeiter und im Jahr 2011 6 Mitarbeiter in der Beratung tätig.

Für die Organisation Verein Menschenrechte Österreich waren im Jahr 2009 4 Mitarbeiter und im Jahr 2010 7 Mitarbeiter in der Beratung tätig. Für das Jahr 2011 können aufgrund noch nicht vorgelegter Abrechnungen keine Angaben gemacht werden. Für das laufende Jahr 2012 können betreffend die Organisation „Verein Menschenrechte Österreich“  über die Mitarbeiteranzahl noch keine Angaben gemacht werden. Das Personal der beratenden Organisationen wies entweder rechtliche Expertise oder Beratungserfahrung auf.

 

Zu Frage 15b:

6 Monate.

 

Zu den Frage 22 und 27:

Im Asylverfahren unterliegt jeder Dublin-Fall, ungeachtet des zuständigen Mitgliedstaats, dem Grundsatz der Einzelfallprüfung, in welchem auf die Situation, aber auch auf die Person und die Umstände des zurückzuweisenden Asylantragstellers im Konkreten eingegangen wird. Berücksichtigung finden in dieser Einzelfallprüfung selbstverständlich auch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowie die aktuelle Judikatur des Asylgerichtshofs. Auch wenn der EGMR in konkreten Einzelfällen einstweilige Verfügungen gemäß „Rule 39“ erlassen hat, kann aus dieser Entscheidung im Einzelfall nicht abgeleitet werden, dass Abschiebungen nach Ungarn generell nicht zulässig sind. Neben der Einzelfallprüfung im Asylverfahren wird auch im fremdenpolizeilichen Verfahren in jedem konkreten Einzelfall geprüft, ob einer der Tatbestände des § 50 Fremdenpolizeigesetz (Refoulementverbot) vorliegt und eine Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung des Fremden in dieses Land somit unzulässig ist.

 

Zu Frage 23:

Eine generelle Aussetzung der Rücküberstellungen bzw. Rückschiebungen nach Ungarn ist nicht beabsichtigt, doch wird jeder Fall individuell geprüft.

 

Zu Frage 24:

In den Jahren 2010 und 2011 wurden 545 bzw. 692 Konsultationsverfahren mit Ungarn geführt.

 

Zu Frage 24a:

In den Jahren 2010 und 2011 hat Ungarn einer Übernahme in 492 bzw. 509 Fällen zugestimmt. Da es sich hierbei um eine Jahresabfrage handelt und nicht um eine personenbezogene Fallabfrage, ist die Zahl der Zustimmungen nicht direkt auf die Zahl der Konsultationsverfahren zuordenbar.

 

Zu Frage 24b:

In den Jahren 2010 und 2011 wurden 195 bzw. 141 Überstellungen nach Ungarn vollzogen.


Zu Frage 25:

In den Jahren 2010 und 2011 wurden 490 bzw. 152 Konsultationsverfahren mit Griechenland geführt.

 

Zu Frage 25a:

In den Jahren 2010 und 2011 hat Griechenland einer Übernahme in 494 bzw. 124 Fällen zugestimmt. Da es sich hierbei um eine Jahresabfrage handelt und nicht um eine personenbezogene Fallabfrage, ist die Zahl der Zustimmungen nicht direkt auf die Zahl der Konsultationsverfahren zuordenbar.

 

Zu Frage 25b:

In den Jahren 2010 und 2011 wurden 178 bzw. 2 Überstellungen nach Griechenland vollzogen.

 

Zu Frage 26:

In den Jahren 2010 und 2011 wurden 520 bzw. 594 Konsultationsverfahren mit Italien geführt.

 

Zu Frage 26a:

In den Jahren 2010 und 2011 hat Italien einer Übernahme in 415 bzw. 447 Fällen zugestimmt. Da es sich hierbei um eine Jahresabfrage handelt und nicht um eine personenbezogene Fallabfrage, ist die Zahl der Zustimmungen nicht direkt auf die Zahl der Konsultationsverfahren zuordenbar.

 

Zu Frage 26b:

In den Jahren 2010 und 2011 wurden 298 bzw. 232 Überstellungen nach Italien vollzogen.

 

Zu Frage 28a:

Folgende Quellen wurden für die Erstellung der Feststellungen zu Ungarn vom Dezember

2012 herangezogen:

 

·         Act LXXX of 2007 on Asylum, geändert durch Gesetz XXXV, 24.12.2010

·         Anfragebeantwortung des ungarischen Refugee Affairs Directorate/Litigation Unit, 6.7.2011

·         Anfragebeantwortung von UNHCR Österreich an den Asylgerichtshof,

17.10.2011, 18.10.2011, 21.11.2011, 22.11.2011, 30.11.2011

·         Bericht des Polizeiattachés an der OB Budapest, 17.11.2011


·         Bericht des Office of Immigration and Nationality (ungar. Asylbehörde),

Email vom 11.11.2011 (Reaktion auf die Anfragebeantwortung von UNHCR Österreich

an den Asylgerichtshof vom 17.10.2011)

·         Telefonat mit dem Polizeiattaché an der ÖB Budapest, 23.11.2011

·         Cordelia Foundation for the Rehabilitation of Torture Victims: Report on Public Interest, 1 January 2009 – 31 December 2009, 31 May 2010, http://www.cordelia.hu/documents/PUBLIC%20INTEREST%20REPORT_CORDELIA_2009.pdf

·         EMN – European Migration Network: ANNUAL POLICY REPORT 2010. Developments in Hungarian Migration and Asylum Policy 1 January 2010 - 31 December 2010, http://emn.intrasoft-intl.com/Downloads/download.do;jsessionid...?fileID=1977

·         EMN – European Migration Network: The Organisation of Asylum and Migration Policies in Hungary, 2009, http://emn.intrasoft-intl.com/Downloads/download.do;jsessionid=E384E94D074B70986361520C69C424DD?fileID=722

·         HHC – Hungarian Helsinki Committee: Stuck in Jail. Immigration Detention in Hungary (2010), April 2011

·         Regierungserlass 290/2010 (XII.21.) zu Gesetz XXXV/2010

·         UBAS zu 268.445/3-X/47/06 vom 14.03.2006

·         United Nations General Assembly, Human Rights Council, 18th session: Report of the Working Group on the Universal Periodic Review*, Hungary, Addendum, Views on conclusions and/or recommendations, voluntary commitments and replies presented by the State under review, 14.September 2011

·         US DOS – US Department of State: 2010 Human Rights Reports: Hungary, 8.4.2011

·         VfGH 17.6.2005, B 336/05

·         VwGH, 31.5.2005, Zl. 2005/20/0095

·         offizielle Stellungnahmen BÁH (= ungarisches Asylamt) sowie des ungarischen Polizeipräsidiums (ORFK, u.a. Oberste für fremdenpolizeiliche Angelegenheiten zuständige Behörde)

 

Zu Frage 28b:

Es wurden zahlreiche Quellen herangezogen und nicht aufgrund etwaiger politischer Tendenzen welcher Art auch immer ausgeschlossen. Gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag ist es Aufgabe der Staatendokumentation, asylrelevante Tatsachen zur Situation in den Herkunftsstaaten mitsamt Quellen festzuhalten und nach objektiven Kriterien wissen-schaftlich aufzubereiten. Zur Sicherstellung der Qualität wurde ein Beirat für die Staaten-dokumentation eingerichtet, der sich aus Experten auf dem Gebiet Flüchtlingswesen, der Migration sowie der internationalen Beziehungen zusammensetzt, so z.B. aus Vertretern des UNHCR und des Roten Kreuzes. Die inhaltlichen und formalen Kriterien für die Produkte der Staatendokumentation wurden vom Beirat in Standards festgelegt. Diese beruhen u.a auf den Prinzipien der Neutralität, Objektivität und laufenden Aktualisierung. Überdies kommt offiziellen behördlichen Stellungnahmen und Auskünften eines EU-Mitgliedsstaates schon aus unionsrechtlichen Erwägungen in der Regel maßgebliches Gewicht zu, solange die inhaltliche Richtigkeit solcher Auskünfte nicht durch konkret dargelegte Fakten erschüttert wird.

 

Zu Frage 28c:

Der vom Bundesministerium für Inneres nach Ungarn entsandte Verbindungsbeamte wurde derart ausgewählt, dass er sowohl eine juristische Ausbildung als auch eine mehrjährige Tätigkeit im Dienste des Bundesasylamtes und somit eingehende Kenntnisse im Asylwesen vorweisen kann.

 

Zu Frage 28d:

Für die Erstellung von Länderfeststellungen wird eine breite Palette an Quellen herangezogen. So wird seitens der Staatendokumentation jeder relevante Bericht zur Lage in Ungarn, ob nun von staatlicher Seite, von internationalen Organisationen oder von Nichtregierungsorganisationen, analysiert und ausgewertet. Dabei werden selbstverständlich auch neu erschienene Berichte von UNHCR und NGOs entsprechend berücksichtigt. Aus dieser differenzierten Betrachtung konnten Informationen gewonnen werden, die in die Länderfeststellungen zu Ungarn einflossen. Diese werden, wie auch jene zu den anderen Ländern, gemäß den Standards der Staatendokumentation regelmäßig aktualisiert.

 

Zu Frage 29:

Das Bundesministerium für Inneres ist bestrebt bei den Verhandlungen auf europäischer Ebene im Asylbereich, so auch bei der Neufassung der Dublin Verordnung, auf eine Effizienzsteigerung der Asylverfahren und eine weitere Harmonisierung in der EU hinzuwirken. Die Änderungsvorschläge zur Dublin III Verordnung, die von der Europäischen Kommission im Dezember 2008 vorgelegt wurden, werden derzeit in den zuständigen Gremien wie etwa der Ratsarbeitsgruppe Asyl, dem „Strategic Committee on Immigration, Frontiers and Asylum“, dem Ausschuss der ständigen Vertreter oder dem Ministerrat verhandelt. Aufgrund der Tatsache, dass sich das Dublin System zur Klärung der Zuständigkeit für die Prüfung eines Asylantrages bewährt hat, tritt das Bundesministerium für Inneres bei den Verhandlungen für eine weitere Stärkung und Effizienzsteigerung des Dublin Systems, bei gleichzeitiger Harmonisierung der Asylsysteme in den Mitgliedstaaten ein.