11033/AB XXIV. GP

Eingelangt am 25.05.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 11472/J der Abgeordneten Kickl u.a. wie folgt:

 

Fragen 1 und 2:

Die Liste jener Staaten mit denen die Republik Österreich Abkommen im Bereich der sozialen Sicherheit abgeschlossen hat, ist auf der Webseite meines Ressorts unter folgendem Link abrufbar:

http://www.bmask.gv.at/site/Soziales/Sozialversicherung_allgemein/Internationales_/Internationale_Sozialversicherung_EU_Recht_und_bilaterale_Abkommen_

Die entsprechenden Dokumente „Übersicht über bestehende Abkommen“ und „Detailinformation zu Übersicht über bestehende Abkommen“ stehen beim Unterpunkt „Downloads“ zur Einsicht bereit. Die Liste umfasst auch eine Übersicht des sachlichen Geltungsbereichs dieser Abkommen (dort kann abgelesen werden, ob ein Abkommen das Gesamtpaket der österreichischen Sozialversicherung oder neben Regelungen über die anzuwendenden Rechtsvorschriften nur leistungsrechtliche Regelungen in der Pensionsversicherung umfasst). Einige Abkommen sind allerdings mittlerweile von EU-Recht überlagert, worauf in diesen Tabellen auch verwiesen wird.

Ergänzend möchte ich anmerken, dass Sozialversicherungsabkommen mit der Republik Indien und der Republik Moldau vor dem Abschluss bzw. vor dem Inkrafttreten stehen. Zusätzlich finden auf Expertenebene Gespräche mit Japan für den Abschluss eines Abkommens über soziale Sicherheit statt. Der sachliche Geltungsbereich dieser Abkommen umfasst die Pensionsversicherung und die anzuwendenden Rechtsvorschriften (Entsendungen). Daneben wird derzeit auch noch nach einer neuen Rechtslage im Verhältnis zu Serbien (notwendig aufgrund der völkerrechtlichen Entwicklungen) gesucht bzw. wird ausgelotet, ob mit dem Kosovo vertragliche Regelungen derzeit schon möglich sind.


Fragen 3, 4, 5 und 6:

Bevor ich mich der genaueren Behandlung Ihrer Fragen widme, möchte ich eingangs noch ein paar grundsätzliche Dinge erläutern.

In grenzüberschreitenden Fällen sind nationale rechtliche Bestimmungen oft nicht ausreichend, um die soziale Sicherheit von Personen vollständig zu gewährleisten. Es bedarf daher bilateraler Abkommen zur Regelung der sozialen Sicherheit in diesem Bereich.

Die internationalen Beziehungen Österreichs werden auf dem Gebiet der Sozialversicherung seit Beginn der 50er Jahre ständig ausgebaut. Es wurden zunächst  zahlreiche Abkommen geschlossen, um Personen, die grenzüberschreitend in beiden Vertragsstaaten erwerbstätig sind, bei der Wahrung ihrer sozialen Rechte zu helfen. Dadurch konnten Gastarbeiter, die einen wichtigen Beitrag zur Wertschöpfung der Republik leisten und von denen viele mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, sozial abgesichert werden. Sozialversicherungsabkommen haben daher einen positiven Einfluss auf die Beschäftigungsentwicklung Österreichs und seine Bedeutung als Wirtschaftsstandort. Darüber hinaus bieten sie einen Anreiz, Sozialversicherungsbeiträge zu leisten und können so der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung dienen. Durch ein Abkommen im Bereich der sozialen Sicherheit kommt es zu einer Gleichbehandlung der Staatsangehörigen der Vertragsstaaten im Bereich der sozialen Sicherheit. Zusätzlich werden im anderen Vertragsstaat zurückgelegte Versicherungszeiten für den Erwerb und die Aufrechthaltung von Leistungsansprüchen berücksichtigt und Geldleistungen an Anspruchsberechtigte im anderen Vertragsstaat exportiert. Dort, wo der sachliche Geltungsbereich eines Abkommens auch den Bereich der Kranken- und Unfallversicherung umfasst, kommt es zur Leistungsaushilfe der Versicherungsträger im anderen Vertragsstaat.

In den letzten Jahren wurden Abkommen aber immer mehr auch aufgrund von starken wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den Vertragsstaaten abgeschlossen. Dazu einige kurze Bemerkungen:

Die exportorientieren österreichischen Unternehmen setzen zum Teil auch intensiv österreichisches Personal in den jeweiligen ausländischen Märkten ein. Diese Personen bleiben zwar in der Regel in Österreich versichert (nationale Entsenderegelung); allerdings müssen sehr oft aufgrund des lokalen Rechts des jeweiligen Einsatzortens auch dort Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden.  Durch diese oft sehr teure Doppelbelastung verlieren die österreichischen Unternehmen an Konkurrenzfähigkeit auf den lokalen Märkten. Die Abkommen stellen sicher, dass nur ein Vertragsstaat für die Versicherung zuständig ist, wodurch diese Nachteile beseitigt werden können. Daneben helfen diese Regelungen auch den österreichischen Arbeitnehmern, da diese eine einheitliche österreichische Versicherungskarriere behalten und so auch zB in der Pension nicht schlechter gestellt werden, wie wenn sie immer nur in Österreich gearbeitet hätten.


Zu den an mich gestellten Fragen möchte ich ergänzend noch Folgendes ausführen:

Vor der Aufnahme von Verhandlungen zum Abschluss eines Abkommens im Bereich der sozialen Sicherheit werden verschiedenste Erhebungen durchgeführt, um die Zweckmäßigkeit eines solchen Abkommens zu prüfen. Es werden auch diverse Stellen wie beispielsweise Botschaften oder Außenwirtschaftszentren in diesen Prozess eingebunden. Eine exakte finanzielle Berechnung der Auswirkungen des Abkommens ist allerdings nicht möglich. Einerseits fehlt es an geeigneten Daten und andererseits sind gewisse Faktoren, wie beispielsweise finanzielle Mehreinnahmen über Umwegrentabilität, nicht messbar. Anhand der Beschäftigungsstatistik des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger wird jedenfalls geprüft, wie viele Staatsbürger des möglichen zukünftigen Vertragsstaates in Österreich beschäftigt sind. Diese Zahl findet sich in den Materialien jeder Regierungsvorlage im Zusammenhang mit den finanziellen Auswirkungen für die österreichische Pensionsversicherung. Die jeweiligen Regierungsvorlagen können unter http://www.parlinkom.at/PAKT/RGES/ eingesehen werden. Als Ausgangsbasis für die Kostenberechnung werden wegen der vergleichbaren Ausgangssituation jene finanziellen Auswirkungen herangezogen, die für das Abkommen mit der Slowakei (siehe 971 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI GP), das noch vor deren EU-Beitritt geschlossen wurde, berechnet wurden, da dort der Weg der Berechnung sehr genau erläutert wurde.

Zusätzlich muss bei der Berechnung des Mehraufwandes aufgrund eines Abkommens berücksichtigt werden, dass die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten im Rahmen eines Sozialversicherungsabkommens nur dann Auswirkungen hat, wenn die österreichische Mindestversicherungszeit für die jeweilige Leistung nicht erreicht wird. Da viele Gastarbeiter aber relativ lange Erwerbskarrieren in Österreich haben, würde mit Erreichen des normalen Pensionsalters ein Anspruch auch ohne Abkommen bestehen, wodurch der Republik Österreich bzw. der österreichischen Pensionsversicherung keine zusätzlichen Kosten aufgrund des Abkommens entstünden. Zu finanziellen Auswirkungen kommt es nur bei jenem Personenkreis, der erst auf Grund des Abkommens einen Pensionsanspruch geltend machen kann. Die Berechnung des österreichischen Leistungsanspruchs ist eine sogenannte „Direktberechnung“ und erfolgt nur mit den österreichischen Versicherungsmonaten. Ferner muss bei der Berechnung des Mehraufwandes berücksichtigt werden, dass aufgrund eines Abkommens auch nach Österreich Pensionen gezahlt werden. Durch die Überweisung dieser Leistungen nach Österreich reduzieren sich zum Teil die Ansprüche auf Ausgleichszulage bzw., soweit ohne Abkommen kein österreichischer Pensionsanspruch bestünde, auf entsprechende Leistungen aus der Sozialhilfe der Bundesländer.

Selbstverständlich wird auch die Zahl jener Österreicher erhoben, die in einem möglichen Vertragsstaat beschäftigt sind. Eine Berechnung der finanziellen Auswirkungen für den jeweils anderen Vertragsstaat ist aber kaum möglich und auch nicht vorgesehen. Tragendes Prinzip bei völkerrechtlichen Verträgen ist vielmehr die Gegenseitigkeit. Es ist essentiell, dass österreichische Staatsbürger im Bereich der sozialen Sicherheit, den Staatsangehörigen des Vertragsstaates gleichgestellt werden und dieselben Leistungen wie die jeweiligen Staatsangehörigen erhalten. Auf die Höhe der Leistungen kommt es letztendlich nicht an. Das Prinzip der Gegenseitigkeit darf daher nicht mit Ausgabengleichheit für beide Seiten gleichgestellt oder verwechselt werden.

Ist aber die Gegenseitigkeit nicht mehr gegeben, kann ein Sozialversicherungsabkommen auch nicht weiter angewendet werden. Dies wurde beispielsweise durch die jüngst angestrebte Teilsuspendierung des Abkommens zwischen Österreich und der Bundesrepublik Jugoslawien in Bezug auf den Kosovo deutlich. Aber auch in der Vergangenheit gab es ähnliche Fälle: Durch eine Kündigung und darauffolgende Neuverhandlung der Abkommen mit der Türkei, Tunesien und den Staaten des ehemaligen Jugoslawien wurde die Familienbeihilfe aus dem sachlichen Geltungsbereich der Abkommen herausgenommen, da die Erfahrungen gezeigt haben, dass im Verhältnis zu diesen Staaten gehäuft Missbrauchsfälle auftraten.

Fragen 7 und 8:

In Bezug auf den Bereich der Pensionsversicherung erfolgen die Zahlungen vom jeweiligen Vertragsstaat direkt an den Berechtigten, wodurch es zu keinen Einbußen Österreichs kommen kann. Bei denjenigen Staaten, bei denen auch Kranken- und Unfallversicherung vom sachlichen Geltungsbereich des Abkommens erfasst sind und beispielsweise Krankenbehandlung im anderen Vertragsstaat erfolgt, kommt es zur Kostenerstattung durch den Versicherungsträger. Da es sich dabei um ein eingespieltes Verfahren handelt, gibt es bei der Kostenerstattung keine Probleme.