11076/AB XXIV. GP
Eingelangt am 25.05.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Rechnungshof
Anfragebeantwortung
die Abgeordneten zum Nationalrat Sonja Steßl-Mühlbacher, Christine Lapp, Ge- nossinnen und Genossen haben am 28. März 2012 unter der Nr. 11237/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage „Auftragsarbeit des Rechnungshofes für FPÖ- Gemeindemandatare“ gerichtet.
Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang, eingangs auf meine in der Plenardebatte der 150. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 29. März 2012 gemachten Ausführungen zu verweisen. In dieser Debatte habe ich wie folgt ausgeführt:
„Im Bereich der Gemeinden – das wurde auch von den Abgeordneten angesprochen – führt der Rechnungshof derzeit eine Querschnittsprüfung unter Einbeziehung von acht Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern durch. Das Ergebnis wird im Herbst 2012 vorliegen.
Darüber hinaus hat der Rechnungshof auf Basis öffentlich zugänglicher Daten ein Ge- meinde-Monitoring für alle Gemeinden Österreichs entwickelt. Dieses beinhaltet acht thematische Schwerpunkte, wie zum Beispiel Risikopotenzial, Schulden/Haftungen, finanzielle Situation der Gemeinden, Transferintensität oder auch den Verwaltungs- aufwand. Das Ergebnis dieses Monitorings bewertet die Gemeinden in einem Bench- mark-Vergleich im Hinblick auf ihre Bedeutung.
Der Rechnungshof stellt natürlich – auch das wurde angekündigt – entsprechend seinem Beratungsansatz diese Informationen sämtlichen Gemeinden kostenlos zur Verfügung. Ein diesbezüglicher Termin, betreffend die Bekanntgabe, wurde auch mit dem Ge- meindebundpräsidenten Mödlhammer bereits vereinbart.
Der Rechnungshof setzt damit auch seine Tradition fort, nämlich sein Know-how beratend einzubringen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch erwähnen, dass der Rechnungshof etwa bei der Erstellung der neuen Richtlinie für Finanzgeschäfte der Gemeinden mitgewirkt hat und auch dort sein Know-how eingebracht hat.
Der Rechnungshof hat auch in mehreren Prüfungen - zum Beispiel Besteuerung der Gemeinden in Bezug auf den Finanzausgleich, Fiskalpolitik, Haushaltsstruktur der Länder - darauf hingewiesen, dass das derzeitige Rechnungswesen der Gebietskörper- schaften nicht ausreicht, um die wahre finanzielle Lage der Gebietskörperschaften dar- zustellen. Die tatsächlichen Schulden weichen massiv von den im Rechnungswesen und nach ESVG ausgewiesenen Schulden ab. Ein kurzes Beispiel: Die Gemeinden weisen Maastricht-Schulden von 7,9 Milliarden EUR aus. Die Schulden laut Rechnungsab- schlüsse sind 11,7 Milliarden EUR. Dazu kommen noch unbekannte Schulden, die in ausgelagerten Rechtsträgern gelagert sind. Das kamerale Rechnungswesen, nämlich das Cash Accounting, führt dazu, dass Geldflüsse aus Vermögensveräußerungen erfasst werden, die Vermögensverminderung hingegen nicht erfasst wird. Aus dem Grund gibt es eben immer wieder Finanzierungsmodelle im Bereich der Gemeinden, die die Transparenz beeinträchtigen.
Im Februar 2012 wurde der Rechnungshof von einem Rechnungshofsprecher dieses Hauses - nicht von Gemeindemandataren, sondern von einem Rechnungshofsprecher dieses Hauses - auf ein Modell der Finanzierung öffentlicher Körperschaften auf- merksam gemacht und mit der Frage konfrontiert, ob der Rechnungshof diesbezüglich schon Erkenntnisse und Einschätzungen habe und dass Zeltweg keinen Einzelfall darstelle. Der Rechnungshof hat gemäß seinem Beratungsansatz dieses Modell auf Basis seiner Prüfungsfeststellungen unter Bedachtnahme auf die Notwendigkeit der nach- haltigen Sicherung der Finanzen der Gemeinden einer Erstbegutachtung unterzogen. Dabei ist zu erwähnen, Frau Abgeordnete Lapp, dass dieses Modell unter anderem vom ehemaligen Kabinettschef von Bundesminister Schmid beziehungsweise vom ehemaligen Kabinettschef von der Frau Bundesminister Forstinger vertrieben und promotet wird. Mit diesem Hinweis soll man sehen, wer unter anderen hinter diesen Modellen steht beziehungsweise sein Interesse daran hat.
Unter Hinweis auf ESVG-Abgrenzungen, dass Schulden verlagert werden, Belastungen in die Zukunft verschoben werden, dass die Zielsetzung des Stabilitätspaktes hinsichtlich der Festlegung von Haftungsobergrenzen unterlaufen und gleichzeitig auch der wirt-
schaftliche Nutzen im Hinblick auf die Zinsen äußerst kritisch zu beurteilen ist, wurde vom Rechnungshof die Gemeindeaufsicht Steiermark befasst und ersucht, eine diesbe- zügliche Stellungnahme abzugeben.
Eine Kopie dieses Schreibens ist auch an den Bürgermeister der Gemeinde Zeltweg und an den Rechnungshofsprecher dieses Hauses gegangen, der sich bezüglich dieses Modells mit dem Ersuchen um Auskunftserteilung an den Rechnungshof gewandt hat.
Der Rechnungshof sieht es als seine verfassungsmäßige Verantwortung an, auf Basis seiner Prüfungsfeststellungen einen Beitrag zur nachhaltigen Sanierung des Staats- haushaltes aller Gebietskörperschaften, insbesondere zur Transparenz und Rechen- schaftspflicht zu leisten und vor diesem Hintergrund auch die Gebietskörperschaften zu beraten. Ein Aufgabenverständnis, wie ich aus Gesprächen mit Ihnen weiß, dem von Ihnen allen zugestimmt wird beziehungsweise das auch von Ihnen allen getragen wird.“
Zu den Fragen 1 bis 7:
Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Zeltweg ist mit Schreiben vom 16. Februar 2012 an den Rechnungshof in Zusammenhang mit einem Finanzierungsmodell für die Gemeinde Zeltweg herangetreten. Der Rechnungshof antwortete Herrn Bürgermeister Dullnig am 27. Februar 2012 unter der GZ 890.002/055-1B2/12 und übermittelte ihm in Kopie ein am selben Tag abgefertigtes Schreiben des Rechnungshofes an die Gemeinde- aufsicht Steiermark, in dem diese unter Bezugnahme auf Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofes (veröffentlicht in der Reihe Bund 2004/7) um Stellungnahme zu einem der Gemeinde Zeltweg angebotenen Finanzierungsmodell ersucht wurde. In diesem Schreiben an die Gemeindeaufsicht führte der Rechnungshof auf Basis seiner Prüfungs- feststellungen die Bedenken zu diesem Finanzierungsmodell aus und wies auch im Hinblick auf die Methodik der Maastricht-Berechnung sowie der Kameralistik auf die Risiken solcher Modelle hin. Dies insbesondere auch im Hinblick auf die im inner- österreichischen Stabilitätspakt festgelegten Zielsetzungen, die bei diesem Finanzie- rungsmodell umgangen werden sowie im Hinblick auf die mit diesem Modell ver- bundenen Verschiebung der Belastungen in die Zukunft. Dem Rechnungshof sind nachhaltig gesicherte Finanzen aller Gebietskörperschaften - auch im Hinblick auf seine Gutachterrolle im Stabilitätspakt - ein besonderes Anliegen. Er sieht es daher als seine Verantwortung, die Gebietskörperschaften - auf Basis seiner Prüfungsfeststellungen - zu beraten.
Zu den Fragen 8 bis 19, 25 und 26:
Sektionsleiterin Mag. Helga Berger zeichnet sich durch profunde Sachkenntnis, Objektivität und Unvoreingenommenheit aus, was ursächlich auch durch ihre Ausbildung zur Richterin im OLG Sprengel Wien zum Ausdruck kommt. Mag. Helga Berger leitet die Sektion 1 des Rechnungshofes „RH-Infrastruktur/Prüfungssupport“. Vor ihrer Tätigkeit im Rechnungshof und ihrer Ausbildung zur Richterin im OLG Sprengel Wien war Frau Mag. Berger als Mitarbeiterin im Büro des Kärntner Landeshauptmannes Dr. Jörg Haider sowie als Kabinettschefin der Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess tätig. In den Aufgabenbereich der Sektion 1 fallen unter anderem auch die Agenden der Abteilung 1B2 „Kommunikation und Parlamentarischer Verbindungsdienst“, die laut Geschäftsverteilung des Rechnungshofes vom 1. Jänner 2012 für die Beantwortung von Bürgeranfragen zuständig ist.
Im Rahmen dieser Zuständigkeit erfolgte die Beantwortung der Anfrage des Bürger- meisters der Gemeinde Zeltweg zum Finanzierungsmodell der Gemeinde Zeltweg sowie der Anfrage eines Abgeordneten des Nationalrates und das Ersuchen um Stellungnahme bei der Gemeindeaufsicht - wie geschäftsordnungsmäßig vorgesehen - aktenmäßig unter der GZ 890.002/055-1B2/12 durch die zuständige Abteilung. In die Erstellung des Aktes auf Basis der an den Rechnungshof übermittelten Unterlagen war vorab die fachlich zuständige Abteilung „Finanzausgleich und Finanzströme“ sowie der fachlich zuständige Sektionsleiter „Länder/Gemeinden/Daseinsvorsorge“ eingebunden. Als Grundlage für die Erledigung diente auch ein ergänzendes Schreiben des ehemaligen Kabinettschefs von Bundesminister Michael Schmid beziehungsweise von Frau Bundes- ministerin DI Dr. Monika Forstinger, von dem dieses Modell vertrieben wird. Er wies darauf hin, dass dieses Modell mit der Gemeindeaufsicht abgestimmt sei und weiteren Gemeinden angeboten werde.
Im aktenmäßigen Genehmigungsweg war dieser Akt vor Genehmigung durch die zu- ständige Sektionsleiterin 1 sowohl der zuständigen Abteilung „Finanzausgleich und Finanzströme" als auch dem zuständigen Sektionsleiter 3 vorgeschrieben und wurde von mir vor Abfertigung zur Kenntnis genommen. Die Erledigung auch dieses Schreibens erfolgte auf Basis der vorliegenden Fakten und Zahlen mit der gewohnten Objektivität und Sachlichkeit des Rechnungshofes.
Zu den Fragen 20 bis 24:
Wie bereits ausgeführt prüfte der Rechnungshof 2003/2004 Finanzierungsmodelle bei den Gemeinden, bei denen vorwiegend steuerliche Überlegungen im Vordergrund standen (Bund 2004/7). Überdies prüfte der Rechnungshof in seinem Bericht Fiskal- politik (Bund 2011/5) die Validität und Aussagekraft der für die mittelfristige Haus- haltsplanung verwendeten Daten und Planungsinstrumente der Gebietskörperschaften
und kritisierte die mangelnde Aussagekraft der Maastricht-Kriterien. Diese Prüfungen fanden auf eigene Initiative des Rechnungshofes statt, es lagen keine Prüfungsaufträge zugrunde.