11098/AB XXIV. GP

Eingelangt am 29.05.2012
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

BMJ-Pr7000/0114-Pr 1/2012


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 11278/J-NR/2012

Die Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Übersiedlung des Innsbrucker Bezirksgerichts in den „PEMA-Turm – Headline““ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Das Bezirksgericht (BG) Innsbruck ist seit 1993 in Innsbruck, Museumstraße 34 (Europa­haus), untergebracht. Die Gebäudestruktur genügt nicht (mehr) den Anforderungen an einen modernen, ressourcenschonenden, bürger/innen- und mitarbeiter/innenfreundlichen und den Sicherheitsanforderungen entsprechenden Gerichtsbetrieb und ist nicht mit vertretbarem Auf­wand entsprechend adaptierbar. Außerdem herrschen Raumnot und teilweise unzumutbare Arbeitsbedingungen.

Der Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) Innsbruck wurde daher im Jahr 2006 ermächtigt, Verhandlungen zur Vorbereitung einer allfälligen Neuunterbringung des BG Innsbruck zu führen. Gespräche mit der Bundesimmobiliengesellschaft mbH (BIG) blieben letztlich ebenso ergebnislos wie ein vom Präsidenten des OLG Innsbruck durchgeführtes Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich nach dem Bundesvergabegesetz (BVergG) 2006, weil keiner der ursprünglich sechs Bieter ein zulässiges Angebot legte. Insbesondere konnten Anbieter des "Postareals" ihre Verfügungsberechtigung über das Grundstück nicht nach­weisen.


Ende 2010 wurde der Justiz dann das Projekt "headline" unmittelbar gegenüber dem der­zeitigen Bezirksgerichtsstandort, zwischen Brunecker Straße und Bahnkörper, angeboten, wo die Voraussetzungen für eine zweckmäßige Unterbringung des BG Innsbruck gegeben sind.

Zu 2 und 22:

Für die Einrichtung und Ausstattung der über 120 Arbeitsplätze werden einschließlich der Aufwendungen für Informations-, Kommunikations- und Sicherheitstechnik einmalig Ausgaben von etwa 900.000 bis 990.000 Euro anfallen.

Zu 3:

Auf die Antworten zu den Fragen 9 und 19 darf verwiesen werden.

Zu 4:

In der Museumstraße 34 stehen dem BG Innsbruck 48 Personalbüros zur Verfügung.

Zu 5:

In der Museumstraße 34 stehen dem BG Innsbruck 10 Verhandlungssäle zur Verfügung.

Zu 6:

Derzeit sind am BG Innsbruck 23 Richterinnen und Richter und 82 sonstige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (davon 18 Rechtspfleger/innen, 4 Verwaltungsassistent/innen und 13 Gerichts­vollzieher/innen), 2 Richteramtsanwärter/innen und 18 Rechtspraktikant/innen beschäftigt.

Zu 7:

In der Museumstraße 34 stehen dem BG Innsbruck 4.803,99 m² Mietfläche zur Verfügung.

Zu 8:

Die Republik Österreich, vertreten durch den Präsidenten des OLG Innsbruck, schloss für den Standort Museumstraße 34 folgende Mietverträge ab:

·         Hauptmietvertrag vom 5.11.1993 (3.131,99 m² Büro- und 146,24 m² Lagerflächen),

·         Zusatzvereinbarung vom 9.5.1994 (212,71 m² Büroflächen),

·         Zusatzvereinbarung vom 5.9.1997 (1.127 m² Büroflächen),

·         Verträge vom 10.7.1998, 1.1.2002 und 1.1.2003 (insgesamt 186,05 m² Lagerflächen).

Zu 9:

Der Mietzins für die mit Vertrag vom 5.11.1993 angemieteten Räume betrug 356.218.10 S monatlich zuzüglich USt.

Nach der Zusatzvereinbarung vom 9.5.1995 betrug der Gesamtmietzins 379.556,80 S monatlich zuzüglich USt.


Nach der Zusatzvereinbarung vom 5.9.1997 betrug der Gesamtmietzins 503.526,80 S monatlich zuzüglich USt.

Der Mietzins für die 1998 bis 2003 angemieteten Lagerflächen betrug monatlich 2.092,23 S zuzüglich USt.

Derzeit beträgt der Mietzins für das BG Innsbruck monatlich insgesamt 55.408,89 Euro zuzüglich USt.

Zu 10:

Zu Beginn des Mietverhältnisses betrugen die Betriebskosten 136.464 S monatlich. Seit 1.1.2012 werden monatlich 12.555,60 Euro Betriebskosten vorgeschrieben.

Zu 11:

Der Präsident des OLG Innsbruck erstellte im Jänner 2008 ein Projekthandbuch mit den Anforderungen für eine zeitgemäße, funktionelle und sichere Unterbringung des BG Innsbruck und wurde vom Bundesministerium für Justiz (BMJ) mit Erlass vom 21. Juli 2008 zur Durchführung eines Verhandlungs­verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich nach dem BVergG 2006 ermächtigt. Das Vergabeverfahren wurde im November 2009 mangels eines entsprechenden Angebots ohne Zuschlageserteilung beendet. Zur Vermeidung von Wiederholungen darf im Übrigen auf die Antworten zu den Fragen 1 und 12 ff verwiesen werden.

Zu 12:

Die angebotenen Räume entsprechen in Ausmaß und Qualität den Anforderungen des vom Präsidenten des OLG Innsbruck erstellten Projekthandbuchs, nach mehreren Verhandlungs­runden wurde eine Einigung über den Mietpreis erzielt und das nach den haushaltsrechtlichen Bestimmungen befasste Bundesministerium für Finanzen erhob keinen Einwand gegen den Vertragsabschluss.

Zu 13 bis 15:

Die Vermieterin des Standorts Museumstraße 34 hat während des Verhandlungsverfahrens Interesse an einem umfangreichen Ausbau des Europahauses und der Vermietung zusätzlicher Flächen an die Justiz signalisiert. Die Bauabteilung des BMJ verwies sie auf das laufende Vergabeverfahren und stellte ihr die Teilnahme daran anheim. Die Vermieterin legte jedoch im Vergabeverfahren kein Angebot. Nach Ablauf der Angebotsfrist übermittelte die Vermieterin eine "Ausbaustudie", jedoch (trotz entsprechender Aufforderung) bis zum Miet­vertragsabschluss mit PEMA kein konkretes mit Preisen und Zeitplan versehenes Anbot.


Zu 16 bis 18:

Auf die Antworten zu den Fragen 1 und 11 wird verwiesen. Insbesondere wurde auch die Innsbrucker Hauptpost (Fallmereyerstraße/Maximilianstraße) geprüft. In dem denkmalge­schützten Gebäude, das für die Justiz ansonsten durchaus attraktiv gewesen wäre, hätten jedoch die räumlichen und funktionalen Erfordernisse des BG Innsbruck nicht mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand erfüllt werden können.

Zu 19:

Die Mietkosten bestehen aus Hauptmietzins, Nebenkosten samt Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben sowie Umsatzsteuer (USt.) in gesetzlicher Höhe. Als Haupt­mietzins wurde vereinbart:

 

€ netto/m2

€ brutto/ m2

€ gesamt netto

20% USt.

€ gesamt brutto

Lagerflächen in den Unterge­schoßen (522 m2)

7,00

8,40

3.650,00

730,00

4.380,00

Büroflächen (5.349,27 m2)

11,30

13,56

60.446,75

12.089,35

72.536,10

Gesamt

 

 

64.096,75

 

76.916,10

 

Zu 20:

Derzeit wird im Wege der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) ein geeignetes Unternehmen gesucht. Die Höhe der Übersiedlungskosten hängt von den Vereinbarungen mit diesem Unternehmen ab und kann derzeit noch nicht angegeben werden.

Zu 21:

Im Zuge der Übersiedlung werden die Verhandlungssäle, die Geschäftsabteilungen (Kanzleien), das Service Center und die Archivräume mit neuem Mobiliar ausgestattet, die Büros nur insoweit, als bestehende Möbel nicht weiterverwendet werden können. Darüber hinaus werden drei Sicherheitsschleusen, 200 Personal-Computer samt Monitoren, 200 Telefonapparate und 8 aktive Netzwerkkomponenten ausgetauscht. Im Hinblick auf die angestrebte Neuunterbringung waren in den letzten Jahren derartige Neuanschaffungen für das BG Innsbruck nur im unumgänglich notwendigen Ausmaß getätigt worden.

Zu 23, 30 und 31:

Die derzeitige Diskussion über Strukturoptimierungen in der österreichischen Gerichts­organisation spiegelt die immer stärker in den Vordergrund tretende Notwendigkeit wider, die beschränkten öffentlichen Mittel bestmöglich zu verwenden und im Interesse der recht­suchenden Bevölkerung und einer bürgernahen Justiz auf bestimmte Fachgebiete speziali­sierte Richterinnen und Richter einzusetzen.


Die Gerichtsorganisation stammt in ihren Grundzügen noch aus dem Jahr 1849 und ist mit den damaligen Verhältnissen historisch begründet. Seither haben sich die allgemeinen Lebensumstände – etwa die Verkehrsverhältnisse – und vor allem das Rechtsleben grund­legend geändert. Es ist daher laufend ein ausgewogenes Verhältnis zwischen regionaler Nähe, fachlicher Kompetenz und den aufzuwendenden öffentlichen Mitteln zu schaffen.

Gerade im Bau- und Sicherheitsbereich steht die Justiz in den nächsten Jahren vor kosten­intensiven Herausforderungen, denen mein Ressort aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht bis hin zu den kleinsten Dienststellen gewachsen sein kann.

Um für die Bürgerinnen und Bürger

-       ein größtmögliches Maß an Sicherheit in öffentlichen Einrichtungen zu gewährleisten,

-       die erforderliche Spezialisierung und laufende Fortbildung der Richter/innen und Rechtspfleger/innen in den jeweiligen Fachmaterien wie insbesondere auch im Familienrecht zu ermöglichen,

-       dank der gleichzeitig in Aussicht genommenen Wertgrenzenanhebung von 10.000 auf letztlich 25.000 Euro, welche die Bedeutung der Bezirksgerichte klar heben wird, leistungs­fähigere Einheiten in Zivilsachen zur Stärkung der Wirtschaftsstandorte zur Verfügung zu stellen,

-       mit verbesserter Erreichbarkeit der Rechtsprechungsorgane ein höheres Maß an Kundenfreundlichkeit und Service zu bieten und schließlich

-       infrastrukturelle Synergien und eine Optimierung der Kostenstruktur durch Leistungs­bündelung sowie eine effizientere Administration zu erzielen,

müssen, um die künftigen Herausforderungen in fachlicher, wirtschaftlicher und organisa­torischer Hinsicht bewältigen zu können, auch strukturelle Änderungen in die Wege geleitet werden.

Wie alle Untersuchungen zeigen und auch der Rechnungshof mehrfach empfohlen hat, können die beschränkt zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel an entsprechend ver­größerten Standorten und Einheiten besser und wirkungsvoller als bisher im Interesse einer bürgernahen Justiz eingesetzt werden.

Ich habe zu diesem wichtigen Reorganisationsvorhaben den Herrn Landeshauptmann von Tirol daher ersucht, in konkrete Gespräche über diesen Themenkomplex mit dem Ziel nach­haltiger und wirkungsorientierter Strukturoptimierungen in der Gerichtsorganisation einzu­treten, um in einem ersten Schritt insbesondere auch die erforderliche Konzentrierung der Justizstandorte in die Wege zu leiten. Die zur Vorbereitung dieser Gespräche von meinem Haus erstellten, dem Herrn Landeshauptmann bereits übermittelten Unterlagen, in denen die


näheren Argumente für dieses dringende Organisationsvorhaben dargelegt und rechnerisch aufbereitet sind, sehen vor, dass der Standort des BG Telfs, welches nur drei Richterkapazitäten auslasten kann und dessen Gebäude nur teilweise barrierefrei erschlossen ist, aufgelöst und mit jenem des (aufnehmenden) BG Innsbruck zusammengelegt werden soll. Demgegenüber ist das BG Hall, welches mehr als fünf Richterkapazitäten auslastet, sehr schön und großzügig untergebracht ist und über ein vorbildliches Service Center verfügt, nicht zu fusionieren.

Welche Bezirksgerichte in Tirol konkret geschlossen werden sollen und wann diese Schließungen erfolgen werden, kann ich auf Grund der mit dem Herrn Landeshauptmann von Tirol noch laufenden politischen Gespräche und seiner notwendigen Zustimmung zu Änderungen der Bezirksgerichtssprengel zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Mir ist es jedenfalls ein Anliegen, weiterhin eine optimale Versorgung der Bevölkerung mit Justizleistungen unter regionalen, aber auch ökonomischen Gesichtspunkten zu gewähr­leisten.

Zu 24:

Das der Anmietung zu Grunde gelegte Raum- und Funktionsprogramm enthält keine Vorsorge für die Aufnahme eines weiteren Bezirksgerichts.

Zu 25:

Die Räume sind bei Beendigung des Mietverhältnisses vertragsgemäß in einwandfreiem Zustand unter Berücksichtigung normaler Abnützung zurückzustellen. Die damit allenfalls verbundenen Kosten können derzeit noch nicht angegeben werden.

Zu 26 und 27:

Das Bundesministerium für Justiz plant derzeit keine Eröffnungsfeier, zumal noch kein konkreter Zeitpunkt für die Übersiedlung feststeht.

Zu 28:

Die genannte Agentur wurde von der Justiz nicht mit der Durchführung einer Eröffnungsfeier beauftragt.

Zu 29:

Nein.

 

Wien,      . Mai 2012

 

 

Dr. Beatrix Karl