11147/AB XXIV. GP
Eingelangt am 08.06.2012
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung
Alois Stöger
Bundesminister
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMG-11001/0090-I/A/15/2012
Wien, am 4. Juni 2012
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 11337/J der Abgeordneten Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Frage 1:
Die Festlegung und Beurteilung von Höchst- und Mindestmengen von Nährstoffen (Vitamine bzw. Mineralstoffe) in Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) hat aufgrund der Judikatur des EuGH immer im Einzelfall zu erfolgen. Spezifische Empfehlungen für NEM, die sich an bestimmte Personengruppen (Kinder, Schwangere, Stillende, Sportler/innen) richten, liegen nicht vor. Eine Festlegung von EU-weiten Höchst- und Mindestmengen in NEM ist aufgrund der Nahrungsergänzungsmittelrichtlinie vorgesehen und findet sich auch im Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission.
Fragen 2 und 3:
Es handelt sich bei den genannten Erlässen um akkordierte Vorschläge der Codex-Unterkommission NEM aus den Jahren 2005 und 2007. Diese sind als Empfehlungen zu qualifizieren, als Richtschnur für Lebensmittelgutachter/innen bzw. Orientierung für die Hersteller/innen bzw. Anbieter/innen. NEM müssen nach entsprechender EuGH-Rechtsprechung - wie in der Beantwortung zu Frage 1 ausgeführt - case by case beurteilt werden. Eine allfällige Beanstandung erfolgt für den konkreten Einzelfall.
Frage 4:
Da die Marktüberwachung von NEM stichprobenartig erfolgt und eine Meldung von NEM in Österreich nicht erforderlich ist, sind keine Aussagen über konkrete Vertriebszahlen möglich. Vorabprüfungen und Zulassungen von NEM sind EU-weit nicht vorgesehen und mit der entsprechenden Richtlinie auch nicht vereinbar. Im Falle eines fehlenden Hinweises bei einer amtlichen Probenziehung wird den Unternehmer/inne/n die Deklaration einer entsprechenden Information empfohlen. Da es sich lediglich um eine Empfehlung handelt, werden Proben mit fehlendem Hinweis nicht beanstandet und scheinen somit in der Probenziehungsstatistik nicht in der Kategorie „beanstandet“ auf. Nichtsdestotrotz zählt die Gruppe der NEM zu jenen Kategorien im Lebensmittelbereich, die die höchsten Beanstandungsraten aufweisen (siehe z.B. auch Lebensmittelsicherheitsbericht 2010).
Fragen 5 und 6:
Die Einnahme von NEM sollte grundsätzlich aus ernährungswissenschaftlicher Sicht immer erst nach einer individuellen, fachlich fundierten Beratung unter Berücksichtigung der persönlichen Ernährungsgewohnheiten und des Ernährungszustandes erfolgen.
Fragen 7 und 9:
Die früher nach dem Lebensmittelgesetz, LMG, vorgesehene Meldung für NEM wurde mit dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz - LMVSG abgeschafft, da das bisherige Meldesystem zwar viel Bürokratie aber keinen zusätzlichen Nutzen für die Konsumentinnen und Konsumenten gebracht hat. In § 31 Abs. 1 LMSVG wird jedoch in Bezug auf die Erstellung des Probenplans im Rahmen der amtlichen Kontrolle die Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen der Warengruppe der Nahrungsergänzungsmittel ausdrücklich hervorgehoben.
Frage 8:
Die Abgrenzung erfolgt unter Berücksichtigung der individuellen Tagesdosierung der wertbestimmenden Bestandteile und der Produktaufmachung im Einzelfall. Im Bedarfsfall wird der Abgrenzungsbeirat konsultiert.
Frage 10:
Nahrungsergänzungsmittel, die sich an bestimmte Subpopulationen wie z.B. Schwangere richten, werden in der Probenziehungsstatistik nicht gesondert erfasst. Die Marktüberwachung erfolgt gemeinsam mit allen anderen NEM.
Frage 11:
Erfahrungsgemäß weisen NEM für Schwangere geringere Deklarationsmängel - wie beispielsweise verbotene irreführende oder krankheitsbezogene Angaben - auf, als solche für die Allgemeinbevölkerung oder andere Zielgruppen mit konkreten Wirkversprechen, wie z.B. hinsichtlich Gewichtsabnahme oder spezifischer körperlicher Beschwerden. Konkrete Prozentzahlen liegen jedoch nicht vor.
Frage 12:
Grundsätzlich ist die Verwendung der chlorierten Kunststoffe PVC und PVDC für die Verpackung von Lebensmitteln und somit auch von NEM zulässig. Es gilt aber jedenfalls die Einschränkung, dass die chlorierten Ausgangsstoffe (Monomere) nicht in nachweisbaren Mengen in das Lebensmittel migrieren dürfen.
Lebensmittelkontaktmaterialien unterliegen EU-weit einheitlichen, harmonisierten Regelungen. Für Lebensmittelverpackungen gelten die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004, idgF, und, da es sich um Kunststoffe handelt, zusätzlich auch die Verordnung (EU) Nr. 10/2011, idgF, "über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen". Im Anhang I dieser Verordnung, der sogenannten Unionsliste, sind alle Monomere (Ausgangsstoffe), Zusatzstoffe und Hilfsstoffe angeführt, die bei der Herstellung von Kunststoffen verwendet werden dürfen. Ebenso finden sich in dieser Liste Verwendungseinschränkungen, die von den Hersteller/inne/n eingehalten werden müssen.
Für die Herstellung von PVC wird monomeres Vinylchlorid, für die Herstellung von PVDC das Monomer Vinylidenchlorid benötigt. Beide Stoffe sind in der Unionsliste mit folgenden Einschränkungen enthalten:
Vinylchlorid mit der CAS-Nr. 0000075-01-4 unter der FCM-Stoff-Nr. 127 darf nicht in nachweisbaren Mengen migrieren (siehe Spalte 8: NN) und zusätzlich dürfen im Enderzeugnis nicht mehr als 1 mg/kg enthalten sein (siehe Anmerkung in Spalte 10).
Vinylidenchlorid mit der CAS-Nr. 0000075-35-4 unter der FCM–Stoff-Nr. 130 darf nicht in nachweisbaren Mengen migrieren (siehe Spalte 8: NN) und zusätzlich findet sich in Spalte 11 ein Hinweis zur Durchführung der Konformitätsprüfung.