1116/AB XXIV. GP

Eingelangt am 28.04.2009
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                            Wien, am 27. April 2009

 

                                                                                            Geschäftszahl:

                                                                          BMWFJ-10.101/0080-IK/1a/2009

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 1150/J betreffend „Barrierefreiheit“, welche die Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen am 5. März 2009 an mich richteten, stelle ich einleitend fest:

 

Die Änderungen der Richtlinien zur Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit hinsichtlich Barrierefreiheit geschahen in Vollziehung des § 8 Abs. 3 Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes, der eine Anpassung der Förderrichtlinien des Bundes vorsieht.

 

Auch das mit 2001 in Kraft getretene Bundes-Jugendförderungsgesetz hält in § 3 als einen der Grundsätze der außerschulischen Jugendarbeit die Behindertenintegration dezidiert fest.

 

Barrierefreiheit ist nur dann erreichbar, wenn das entsprechende Bewusstsein dafür entwickelt ist. Jugendarbeit hat Vorbildwirkung gegenüber Jugendlichen und damit auch Einfluss auf deren Einstellung zu behinderten jungen Menschen.

 

Daher ist es mir ein besonderes Anliegen, dass sich die Initiative zur Herstellung von Barrierefreiheit zu einer Kernkompetenz der Jugendorganisationen entwickelt und die Jugendlichen zu Multiplikator/inn/en dieses Themas werden.

 

 

Antwort zu den Punkten 1, 4 und 5 der Anfrage:

 

Mit Schreiben vom 8. Mai 2008 wurden den Bundes-Jugendorganisationen Work-shops zur barrierefreien Webgestaltung angeboten. In einem weiteren Schreiben vom 2. Juli 2008 wurde mitgeteilt, dass gemäß Bundes-Behindertengleich-stellungsgesetz auch bauliche Anlagen von dem Erfordernis der Barrierefreiheit umfasst sind. Mit Schreiben vom 18. November 2008 wurden die Bundes-Jugendvertretung sowie jene Bundes-Jugendorganisationen, die Basisförderungen gemäß Bundes-Jugendförderungsgesetz erhalten, von der Änderung der Richtlinien zur Förderung der außerschulischen Jugendarbeit und Jugenderziehung bezüglich Barrierefreiheit in Kenntnis gesetzt und ihnen die geänderten Richtlinien sowie die entsprechenden Formblätter übermittelt.

 

Bezüglich barrierefreier Webgestaltung wurden den Bundes-Jugendorganisa-tionen im Jahr 2008 zwei Workshops angeboten, in denen organisatorische wie auch technische Rahmenbedingungen sowie Möglichkeiten der Umsetzung von barrierefreien Websites erläutert wurden. Weiters wurden dazu auch Informationsunterlagen für die Workshops erarbeitet und allen Bundes-Jugendorgani-sationen zur Verfügung gestellt. Zusätzlich erfolgt laufend eine individuelle Hilfestellung durch die zuständige Fachabteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend.

 

Die Barrierefreiheit des Bundesbüros ist von jeder Organisation mit dem Ansuchen um Basisförderung entsprechend zu bestätigen und durch eine fachliche Expertise nachzuweisen; die gesetzten Maßnahmen sind exemplarisch aufzulisten. Sofern die Räumlichkeiten des Bundesbüros vor dem 1. Jänner 2009 bezogen wurden und diese noch nicht barrierefrei sind, ist eine ausführliche, schriftliche Begründung sowie ein entsprechender Zeit- und Arbeitsplan vorzulegen, wie und bis zu welchem Zeitpunkt der Zugang und die Benützung des Bundesbüros mit dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz so bald wie möglich in Einklang gebracht werden sollen.

 

Zur Unterstützung wird seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend ein dreistufiges Evaluierungsprogramm angeboten:

1.     Entwicklung einer Checkliste mit den Bundes-Jugendorganisationen

2.     Prüfung der Büroräumlichkeiten durch die Bundes-Jugendorganisationen mittels der Checkliste

3.     Erstellung eines Umsetzungsplanes mit Expert/inn/en

 

Mit diesem Evaluierungsprogramm sollen die Bundes-Jugendorganisationen einerseits zu einer barrierefreien Lösung hingeführt und andererseits dafür sensibilisiert werden, dass sie die entsprechenden Checks auch in anderweitigen Räumlichkeiten der Organisation bzw. bei Veranstaltungen fortsetzen.

 

 

Antwort zu den Punkten 2 und 3 der Anfrage:

 

Bezüglich barrierefreier Webangebote sehen die Förderrichtlinien vor, dass deren Vorliegen nach dem Stand der technischen Entwicklung beurteilt wird. Dafür werden insbesondere die jeweils gültigen Leitlinien der Web Accessibility Initiative (WAI) des World Wide Web Consortiums (W3C) herangezogen. Das Ressort orientiert sich bei der Bewertung an den im Bereich der Bundesverwaltung herangezogenen Maßstäben und verlangt eine Umsetzung der Stufe AA der Web Content Accessibility Guidelines 2.0 der WAI.

 

Bezüglich barrierefreier Räumlichkeiten sind die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz zu erfüllen. Die konkreten Maßnahmen der Bundes-Jugendorganisationen haben gemäß den entsprechenden Landesgesetzen (Bauordnungen und gleichzuhaltende Gesetze) zu erfolgen. Zur Hilfestellung bietet das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Informationen, Seminare, Workshops und persönliche Betreuung durch Expert/inn/en an.

 

 

Antwort zu den Punkten 6 und 8 der Anfrage:

 

Überprüfungen von Gebäuden und Veranstaltungen werden stichprobenartig oder anlassbezogen durchgeführt. Bei Neubezug oder Umbauten müssen Räumlichkeiten jedenfalls den geltenden rechtlichen Bestimmungen entsprechen und entsprechende Bestätigungen der ausführenden Firmen/Behörden vorgelegt werden.

 

 

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

 

Diese Bestimmung kann zur Anwendung kommen, sobald im Zuge von Überprüfungen die Nichteinhaltung festgestellt wird.

 

 

Antwort zu den Punkten 9 bis 11 der Anfrage:

 

Es ist die Aufgabe der jeweiligen Organisation, den barrierefreien Zugang zu ihren Angeboten zu gewährleisten. Abhängig von der finanziellen Situation einer Organisation ist es durchaus zuzumuten, auch einen vollständigen Umzug des Bundesbüros durchzuführen; dies ist in Einzelfällen schon geschehen. Natürlich wird seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend die Frage von Kündigungsfristen etc. in die Beurteilung, ob eine unverhältnismäßige Belastung vorliegt, einfließen.

 

Eine unverhältnismäßige Belastung liegt insbesondere dann vor, wenn es nicht in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Organisation liegt, entsprechende Barrieren zu beseitigen. Aber auch dann halten die Förderrichtlinien fest, dass anzuführen ist, "welche Schritte für zumindest eine Verbesserung der Situation betroffener Personen - im Sinne einer größtmöglichen Annäherung an eine Gleichbehandlung - gesetzt werden". Insbesondere bei den Bundes-Jugendorganisationen, die entsprechend hohe Beträge an Basis- und Projektförderung enthalten, liegt es an den Organisationen, bei den Förderungsanträgen der nächsten Jahre entsprechende Posten für die barrierefreie Gestaltung von Websites, Bundesbüros oder anderweitigen Einrichtungen vorzusehen.

 

Es ist nicht anzunehmen, dass die Mehrheit der Bundes-Jugendorganisationen entsprechende Adaptionen als unverhältnismäßige Belastung ansehen könnte. So wurden z.B. seit Mitte 2008 viele der Websites der Bundes-Jugendorganisationen entsprechend adaptiert bzw. wurden in den bisherigen Anträgen für Basisförderung entsprechende Relaunchpläne vorgelegt. Etliche Jugendorganisationen nutzen dies auch für eine Modernisierung ihres Webauftritts und somit für eine Verbesserung ihres Informationsangebots.

 

 

Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:

 

Jede Maßnahme, die zu gemeinsamen Angeboten der Bundes-Jugendorgani-sationen oder zu einem besseren Zugang zu deren Leistungen führt, ist zu begrüßen. Ich darf jedoch festhalten, dass es bei der Frage der Zugänglichkeit zu den Bundesbüros nicht nur um gemeinsame Sitzungen geht. Es muss gewährleistet sein, dass alle in irgendeiner Weise öffentlich angebotenen Leistungen der Bundes-Organisation auch behinderten Menschen zugänglich gemacht werden.

 

So darf es z.B. nicht dazu kommen, dass nicht behinderte Jugendliche Zugang zu Informationsmaterialien, Beratungsgesprächen etc. zu den Öffnungszeiten eines Bundesbüros erhalten, behinderte Jugendliche hingegen nur zu ganz bestimmten Zeiten in einem zusätzlich angemieteten Büro. Damit würde dem Zweck der entsprechenden Bestimmungen des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes nicht entsprochen.

 

Mit der Vorgabe eines barrierefreien Zugangs zu Bundesbüros soll sichergestellt werden, dass behinderte Menschen auch als Funktionäre in der jeweiligen Organisation tätig werden können. Damit ist die Umsetzung der Förderrichtlinien auch ein Beitrag zu einer besseren Integration behinderter Menschen.


 

Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:

 

Es ist nicht zumutbar, dass alle derartigen Angebote vollkommen barrierefrei angeboten werden müssen. Im Sinne einer größtmöglichen Annäherung an eine Gleichbehandlung sind im Sinne des § 5 Abs. 10 Z 2 der Richtlinien zur Förderung der außerschulischen Jugendarbeit und Jugenderziehung aber durchaus entsprechende Maßnahmen möglich. So hat beispielsweise der Österreichische Alpenverein ein Positionspapier zur "Integration von behinderten Jugendlichen in der Freizeit- und Jugendarbeit" erarbeitet und bietet entsprechende integrative Feriencamps und erlebnispädagogische Maßnahmen an.

 

Durch die Änderung der Richtlinien soll das Angebot der außerschulischen Jugendarbeit nicht verringert, sondern – wo möglich – die Integration behinderter Jugendlicher erreicht und ihnen somit ein gleichberechtigter Zugang zu Freizeitaktivitäten ermöglicht werden.

 

 

Antwort zu Punkt 14 der Anfrage:

 

Nein. Bei Veranstaltungen mit genau definierten Zielgruppen (z.B. Klausur einer Bundesleitung) müssen jedoch die entsprechenden Räumlichkeiten nicht barrierefrei sein, sofern sicher gestellt ist, dass kein/e Teilnehmer/in behindert ist. Solche Ausnahmen sind aber nur im Einzelfall möglich, damit daraus nicht eine Ausschlussmöglichkeit für behinderte Jugendliche wird, die bei den entsprechenden Gremien oder Angeboten mitwirken wollen.

 

 

Antwort zu Punkt 15 der Anfrage:

 

Die Kosten sind vom Fördernehmer zu tragen, können aber bei der Förderabrechnung eingereicht werden.


 

Antwort zu Punkt 16 der Anfrage:

 

Ein Mitarbeiter der Sektion Familie und Jugend des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend ist ausgewiesener Experte für behindertengerechtes Planen und Bauen sowie allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, weshalb keine zusätzlichen Kosten anfallen.

 

Im Einzelfall werden – je nach Themenschwerpunkt – externe Expert/inn/en eingebunden. Bisher sind dafür Kosten von insgesamt € 1.963,56 angefallen.