11241/AB XXIV. GP

Eingelangt am 19.06.2012
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

Parlament

1017 Wien

 

                                                                                            Wien, am 18. Juni 2012

 

                                                                                            Geschäftszahl:

                                                                          BMWFJ-10.101/0184-IM/a/2012

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 11457/J betreffend „Probleme und Nutzen von Smart Meters“, welche die Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen am 25. April 2012 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu den Punkten 1 bis 5 der Anfrage:

 

Zunächst ist festzuhalten, dass im Folgenden nur auf im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend befindliche  Rechtsgrundlagen Bezug genommen werden kann. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Erhebung von Messdaten durch ein intelligentes Messgerät wie jede andere Datenanwendung den Rechtsvorschriften des Datenschutzge-setzes (DSG) unterliegt.

 

Die Übermittlung von Verbrauchsdaten des Netzbenutzers an den Netzbetreiber bzw. durch den Netzbetreiber an den Stromlieferanten darf nur insoweit erfolgen, als dies gesetzlich explizit zulässig ist, der Erfüllung von Verträgen dient oder auf einer Zustimmung des Kunden beruht. Auch in allen übrigen Punkten (Recht auf Löschung, Auskunftsrecht etc.) findet das DSG Anwendung. Da gemäß § 84 Abs. 1 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) zumindest eine tägliche Verbrauchserfassung und Datenverarbeitung vorzunehmen ist, besteht hinsichtlich dieser Daten kein Erfordernis einer Kundenzustimmung. Diesen täglichen Gesamtverbrauchswert hat der Netzbetreiber für den persönlichen Gebrauch des Kunden auszugeben. Die Auslesung der personalisierten Viertelstundenwerte aus den Messgeräten ist von einer Kundenzustimmung bzw. der Existenz eines bestehenden Vertrages abhängig. Einmal im Monat hat der Netzbetreiber auf Basis der gesetzlichen Verpflichtung von § 84 Abs. 2 ElWOG die Verbrauchswerte dem Energielieferanten zu übermitteln.

 

Zur Aufrechterhaltung eines sicheren und effizienten Netzbetriebes sowie der Energiestatistik können die 15-Minuten-Werte anonymisiert und aggregiert ausgelesen werden. Die technische Ausführung der Anonymisierung ist systemabhängig vom Netzbetreiber zu gewährleisten.

 

Bereits gemäß § 83 Abs. 2 ElWOG, wonach der Betrieb intelligenter Messgeräte unter Wahrung des Daten- und Konsumentenschutzes zu erfolgen hat, ist gewährleistet, dass bei der Einführung von intelligenten Messgeräten alle datenschutzrechtlichen Bestimmungen einzuhalten und die Konsumenten vor missbräuchlicher Verwendung zu schützen bzw.  Vertreter des Konsumenten-schutzes wie der Datenschutzschutzkommission einzubeziehen sind. Diesen Anforderungen wurde entsprochen.

 

Gleiche Anforderungsmaßstäbe an Smart Meter stellt die IMA-VO 2011 der E-Control, in dessen § 3 Z 12 einerseits ebenfalls normiert ist, dass intelligente Messgeräte den maß- und eichgesetzlichen sowie datenschutzrechtlichen Bestimmungen sowie dem anerkannten Stand der Technik zu entsprechen haben. Die Daten im intelligenten Messgerät werden für höchstens 60 Tage gespeichert. Andererseits verlangt § 3 Z 7 IMA-VO, dass intelligente Messgeräte sowie deren Kommunikation nach anerkanntem Stand der Technik abzusichern und zu verschlüsseln sind, um Unberechtigten den Zugriff nicht zu ermöglichen.

 

Ergänzend werden in einer derzeit in meinem Ressort in Ausarbeitung befindlichen Novelle zum ElWOG und zum GWG vertiefende Klarstellungen betreffend das schon nach derzeitiger Rechtslage gegebene hohe Datenschutzniveau bei Smart Metering normiert werden.

 

 

Antwort zu den Punkten 6, 7, 11 und 12 der Anfrage:

 

Es ist auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 11459/J durch den Herrn Bundesminister für Gesundheit zu verweisen.

 

 

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

 

Ja. Die IMA-VO 2011 lässt die Wahl des Übertragungsweges offen und enthält keine Einschränkung auf eine bestimmte Art der Kommunikationsinfrastruktur. Die gesetzliche Ermächtigung zur Festlegung von Anforderungen an intelligente Messgeräte umfasst die Messgeräte an sich, nicht die Kommunikationsstruktur.

 

Die mit 25. April 2012 in Kraft getretene IME-VO enthält zudem eine Pflicht zur Prüfung, ob eine leitungsgebundene Übertragung möglich und sinnvoll wäre.

 

 

Antwort zu den Punkten 9, 10 und 14 bis 16 der Anfrage:

 

Grundsätzlich ist es Sache der Netzbetreiber, über das System und die technischen Details in den Systemen nach Zweckmäßigkeit und technischer Machbarkeit zu entscheiden. Dass dabei eine leitungsgebundene Übertragung in Betracht zu ziehen ist, schreibt die IME-VO vor. Da der Netzbetreiber Eigentümer der Zählpunkte ist, die Ausrollung der Smart Meter (vor)finanziert und für deren Instandhaltung und Wartung verantwortlich ist, liegt die Entscheidung, welche Endverbraucher mit welchen intelligenten Messgeräten ausgestattet werden – nach Maßgabe der IME-VO – letztlich im Ermessen des jeweiligen Netzbetreibers.


Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:

 

Intelligente Messgeräte weisen einen gewissen Eigenverbrauch auf, doch verbrauchen diese Geräte weniger als herkömmliche analoge Ferraris-Zähler. Diese bestehenden analogen Zähler haben einen jährlichen Eigenverbrauch von rund 30 kWh. Laut einer von der Regulierungsbehörde E-Control in Auftrag gegebenen und von PricewaterhouseCoopers Österreich (PwC) durchgeführten Studie, veröffentlicht im Juni 2010, verfügen Smart Meter inkl. Kommunikationsmodul hingegen lediglich über einen Eigenverbrauch von etwa 16 kWh pro Jahr. Es ist somit eine deutliche Reduktion des Gesamtverbrauchs zu erwarten, wobei auch die für die zusätzlichen Datenübertragungs- und Abrechnungssysteme erforderliche elektrische Energie weit überkompensiert wird. Zudem werden gerade im Bereich der Kommunikation zwischen Zähler und Netzinfrastruktur derzeit weitere Effizienzverbesserungen implementiert.

 

Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass laut bestehenden EN-Normen für Elektrizitätszähler bestimmte Verbrauchsgrenzen für die Messfunktion nicht überschritten werden dürfen.

 

 

Antwort zu Punkt 17 der Anfrage:

 

Es ist gemäß § 45 ElWOG und den dazu ergangenen Ausführungsgesetzen der Länder die Verpflichtung des Netzbetreibers, die Messungen des Verbrauchs von elektrischer Energie vorzunehmen. Wie dies konkret geschieht, ist Sache der Netzbetreiber; diese haben dabei die jeweiligen Bestimmungen des Maß- und Eichgesetzes einzuhalten.

 

Laufende Pilotversuche basieren insoweit auf betriebswirtschaftlich vorgegebenen Rahmenbedingungen des Netzbetreibers, als sie noch vor Erlassung der IME-VO gestartet wurden. Es gibt jedoch generelle rechtliche Rahmenbedingungen, wie etwa datenschutzrechtliche Grundlagen, welche in jedem Fall einzuhalten sind.

 

Im Übrigen ist auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 11459/J durch den Herrn Bundesminister für Gesundheit zu verweisen.

 

 

Antwort zu den Punkten 18 bis 26 der Anfrage:

 

Der Austausch des Zählers ist bereits mit der geltenden rechtlichen Regelung über das Messentgelt abgedeckt. Die Kosten für die Infrastruktur und den Betrieb der Netze samt allen auferlegten Verpflichtungen sind in den Netzgebühren abzubilden. Dies erfolgt durch Kostenfeststellung der E-Control und die Festsetzung der Tarife durch die E-Control Kommission.

 

Auch die Kosten der Messgeräteumstellung sind durch Netz- bzw. Messentgelt abgedeckt. Diese Entgelte unterliegen im Übrigen einer regulatorischen Überwachung, auch auf Einhaltung einer effizienten Umsetzung, durch die von der E-Control jährlich zu erlassende Systemnutzungsentgelte-Verordnung, welche die zu erhebenden Netz- und Messentgelte für jeden Netzbereich genau festlegt.

 

Laut § 2 Abs. 1 IME-VO haben die Netzbetreiber dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend und der E-Control einen Bericht u.a. über die Kosten zu übermitteln. Die E-Control hat ein Monitoring der Einführung dieser Systeme durchzuführen und bei der Kostenermittlung zu berücksichtigen sowie gemäß § 2 Abs. 2 IME-VO die Einführung zu überwachen. § 83 Abs. 2 ElWOG 2010 besagt, dass Netzbetreiber nur jene Messgeräte kostenmäßig in Ansatz bringen dürfen, die den Anforderungen der IMA-VO entsprechen. Dies stellt in diesem Zusammenhang einen genau vorgegebenen Rahmen und eine entsprechende Überwachung der Kostenfrage bei der Einführung von intelligenten Messgeräten dar.

 

Besonders hervorzuheben ist zudem, dass es sich bei den Kosten der Messgeräteumstellung um Einmalkosten handelt, denen in den Folgejahren laufende Synergieeffekte gegenüberstehen. Smart Meter stellen langfristige Effizienzverbesserungen im Betrieb, aber auch direkte Kosteneinsparungen sicher. Diese Effizienzpotenziale kommen über die Netzkostenregulierung schlussendlich direkt dem Kunden zugute. Den gesamten Investitionskosten über die Laufzeit des Projekts, welche die Netzbetreiber zu tätigen haben, stehen somit erhebliche Einsparungen und Vorteile für den Endverbraucher gegenüber.

 

In der bereits genannten Studie von PwC wurden die österreichweite Einführung von intelligenten Messgeräten für Strom und Gas analysiert und bewertet und dazu eine volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse unter Einbeziehung aller relevanten Marktteilnehmer durchgeführt. Insgesamt wurden vier Szenarien, die sich in Flächenabdeckungsgrad und Einführungszeitraum unterscheiden, bewertet. Die Berechnungen haben gezeigt, dass der Gesamtnutzen bei allen vier untersuchten Szenarien die Kosten übersteigt. Laut PwC-Studie kann von einem positiven Gesamtnettoeffekt von ca. € 400 Mio. in den nächsten 15 Jahren ausgegangen werden. Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt der vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend in Auftrag gegebene Ergebnisbericht von A.T.Kearney vom Mai 2010, in welchem ebenfalls Kosten und Nutzen der Einführung von intelligenten Messgeräten in Österreich untersucht wurden.

 

Der für alle Marktteilnehmer, vor allem aber für den Endverbraucher erzielbare Nutzen überwiegt mittel- bis langfristig deutlich die zu tätigenden Investitionen. Die Hauptvorteile bei den Endkunden entstehen durch die Möglichkeit, ihren Energieverbrauch regelmäßig und vor allem zeitnah und aktiv zu kontrollieren, wobei auch der Stromverbrauch generell reduziert werden kann. Zusätzlich wird die Bewusstseinsbildung bei den Verbrauchern forciert. Dadurch kann laut  genannter PwC-Studie von einem Energieeinsparpotential von bis zu 3,5% im Strombereich ausgegangen werden. Diese Energieverbrauchsreduktionen können auch eine Verminderung der CO2-Emissionen bewirken, da sie zu verringerten Erzeugungsmengen bei kalorischen Kraftwerken führen. Dies hat letztendlich eine indirekte Emissionsreduktion zur Folge. Direkte Emissionsreduktionen sind zudem auch im Gasbereich durch Verbrauchsreduktionen zu erwarten. Je nach Szenario variieren die Einsparungen im Strom- und Gasbereich gemäß Studie in einem Intervall von 4,6 bis 6,2 Mio. Tonnen CO2.

 

Neben den Energieeffizienzaspekten sind insbesondere folgende positive Effekte für den Kunden, welche sofort nach dem Einbau der intelligenten Messgeräte und ohne aktives Handeln des Kunden vorhanden sind, zu erwähnen:

-          Wegfall der rechnerischen Ermittlung des Zählerstandes durch Abrechnungen auf Basis der konkreten Werte und daher stichtagsgenaue Abrechnung bei Energiepreisänderungen u. Ä.;

-          Wegfall der manuellen Ablesung durch Kunden oder Netzbetreiber;

-          daher verbesserte Rechnungsqualität und Service für den Kunden;

-          effizienteres Einschalten im Fall von Um- und Auszug;

-          transparente Information über aktuelle Energiekosten (verpflichtende monatliche Information des Lieferanten gemäß § 84 Abs. 2 ElWOG);

-          Transparenz bei PV-Anlagen (klare Abgrenzung und Visualisierung von Erzeugungszeiten, Eigenverbrauch, Einspeisung und Entnahme ins/aus dem öffentliche/n Netz).

 

Als Vorteile für die Netzbetreiber sind folgende Punkte zu erwähnen:

-          Effizienzsteigerungen im Netzbetrieb, besonders bei aufwandsintensiven Geschäftsprozessen wie Ablesung, Abrechnung, Übersiedlungen sowie bei der Abwicklung von Ein-/Abschaltung der Anlagen und der Netzüberwachung und -steuerung;

-          Verbesserung der Rechnungsqualität;

-          Ausfallsmanagement;

-          Unterstützung der Integration von dezentralen Erzeugungsanlagen;

-          Verlagerung von Verbrauchsspitzen und Vergleichmäßigung der Netzbelastung durch tarifliche Anreize für Kunden.

 

Für den Lieferanten können folgende Vorteile genannt werden:

-          individuelle Tarifangebote für Kunden;

-          Reduktion von fehlerhaften Rechnungen aufgrund verbesserter Informationslage;

-          Angebot neuer Dienstleistungen wie z.B. Energieberatungen aufgrund besserer Datenlage;

-          beschleunigter Wechselprozess aufgrund schnellerer Verfügbarkeit von Verrechnungsdaten;

-          bessere Prognosemöglichkeiten für den Energieeinkauf.

 

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass intelligente Messgeräte eine unabdingbare Schnittstelle für Intelligente Netze („Smart Grids“) sind, die anlässlich der Forcierung Erneuerbarer Energien für das künftige Netzlastmanagement erforderlich sein werden. Die Energieeffizienzziele, wonach die Treibhausgasemissionen gegenüber dem Niveau des Jahres 1990 um 20% verringert werden sollen, der Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch auf 20% steigen soll und eine Erhöhung der Energieeffizienz in Richtung 20% angestrebt wird („20-20-20 Gesamtziel“), können ohne intelligente Messgeräte nicht umgesetzt werden. In Anbetracht der ambitionierten Klimaschutzziele und der geforderten Senkung der europa- und weltweiten CO2-Emissionen stellen Smart Meter somit eine unverzichtbare Technologie dar.