11266/AB XXIV. GP

Eingelangt am 20.06.2012
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Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

 

An die

Präsidentin des Nationalrats

MagBarbara PRAMMER

Parlament

1017     W i e n

 

GZ: BKA-353.110/0113-I/4/2012

Wien, am 20. Juni 2012

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Schwentner, Freundinnen und Freunde ha­ben am 20. April 2012 unter der Nr. 11443/J an mich eine schriftliche parlamentari­sche Anfrage betreffend „Wettbewerbsnachteile bei öffentlichen Ausschreibungen aufgrund des geringen Frauenanteils in den Führungsebenen österreichischer Unter­nehmen“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen Frage 1, 3 und 4:

Ø  Ist Ihnen der Inhalt dieses internen Papieres des deutschen Auswärtigen Amts bekannt und teilen sie dessen Einschätzung, dass Unternehmen mit einem ge­ringen Frauenanteil in den Führungsebenen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen in Spanien und/oder Frankreich nicht zum Zug kommen könnten?

Ø  Wie hoch ist der Anteil an den Exporten österreichischer Unternehmen nach Spanien der im letzten Jahr aufgrund des Zuschlags bei einer öffentlichen Aus­schreibung zustande gekommen ist?

Ø  Wie hoch ist der Anteil an den Exporten österreichischer Unternehmen nach Frankreich der im letzten Jahr aufgrund des Zuschlags bei einer öffentlichen Aus­schreibung zustande gekommen ist?

 

Diese Fragen betreffen keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundeskanzleramts.


Zu Frage 2:

Ø  Gibt es seitens Ihres Ressorts eine Einschätzung darüber, ob der geringe Frau­enanteil in den Führungsebenen österreichischer Unternehmen zu Wettbewerbs­nachteilen für die Exportwirtschaft führen wird?

 

Da Studien belegen, dass jene Unternehmen, die geschlechterausgewogene Füh­rungsteams haben, höhere Renditen erzielen, ist es sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene ein Nachteil, auf Frauen in der Führungsebene zu verzich­ten.

 

Zu Frage 5:

Ø  Ist Ihnen die Erhöhung des Frauenanteils in den Führungsebenen der österrei­chischen Unternehmen angesichts der möglicherweise drohenden Nachteile bei den Exporten ein Anliegen? Falls ja, welche Maßnahme setzen Sie, zur Erhö­hung des Frauenanteils in Führungspositionen?

 

Die Bundesregierung bekennt sich dazu, den Anteil von Frauen in Spitzenpositionen zu erhöhen, wie sie dies auch in ihrem Regierungsprogramm für die 24. GP festge­legt hat. Dass insbesondere die Erhöhung des Frauenanteils in den Führungsebenen der österreichischen Unternehmen ein großes Anliegen ist, zeigt sich in den Entwick­lungen der letzten Jahre:

·      Seit 2010 sind börsennotierte Unternehmen per Gesetz verpflichtet ihre Frau­enfördermaßnahmen offen zu legen.

·      Durch eine Revision mit Jänner 2012 wurde im österreichischen Corporate-Governance-Kodex eine Regel eingeführt, die besagt, dass die Vertretung bei­der Geschlechter im Aufsichtsrat, die Internationalität und die Altersstruktur der Aufsichtsratsmitglieder angemessen berücksichtigt werden sollen.

·      Diese Regel wurde durch Änderung des Aktiengesetzes mit dem 2. Stabilitäts­gesetz 2012 für alle Kapitalgesellschaften übernommen und tritt mit 1. Juli 2012 in Kraft.

 

Neben der gesetzlichen Verankerung muss insbesondere auch ein generelles Um­denken bei den in der Gesellschaft verfestigten Rollenbildern stattfinden um den Zu­gang für Frauen zu Spitzenpositionen zu erleichtern bzw. überhaupt zu ermöglichen. Denn obwohl Frauen heute oft besser ausgebildet sind als Männer, mindestens gleichwertige Qualifikationen mitbringen und einen immer größer werdenden Anteil an Stakeholdern (Mitarbeiterinnen, Kundinnen, Lieferantinnen etc.) von Unternehmen und ihren Leistungen ausmachen, sind sie an der Unternehmensführung und in Ent­scheidungsprozessen über wesentliche wirtschaftliche Strategien nicht entsprechend beteiligt.

 

Deshalb hat die Bundesregierung auch im Rahmen begleitender Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen Initiativen gesetzt und wird dies weiter tun:

o   Der österreichische Bundesdienst geht hier wieder beispielhaft voran: durch Änderung mit dem Budgetbegleitgesetz 2010 sieht das Beamten­dienstrecht seit Jänner 2011 für alle männlichen öffentlichen Bediensteten vor, während des Mutterschutzes ein Monat unbezahlte Karenz in An­spruch zu nehmen. Bis März 2012 haben bereits 228 Väter diese Möglich­keit genutzt.

o   Auch die Einführung von zwei kurzen Varianten der Karenz, die mit höhe­rer Geldleistung verbunden sind (Bezugsdauer maximal 14 Monate, wenn jeder Elternteil mindestens 2 Monate in Anspruch nimmt; Pauschalleistung 1000 Euro monatlich oder einkommensabhängige Leistung; seit Jänner 2010), haben dazu geführt, dass Frauen schneller wieder in ihren Beruf einsteigen können und ihre Aufstiegschancen weniger beeinträchtigt wer­den. Es zeigt sich, dass die kurzen Varianten eine deutlich höhere Betei­ligung von Vätern als die längeren und vor allem die längste aufweisen.

o   Zusätzlich hat der Bund vorgesehen, jeweils 15 Millionen Euro für die Jah­re 2012-2014 in den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze zu investieren.


Zu Frage 6:

Ø  Welche Position vertritt Ihr Ressort gegenüber der Europäischen Kommission be­treffend die europaweite öffentliche Konsultation zur Frage, wie der Anteil von Frauen in wirtschaftlichen Entscheidungsfunktionen erhöht werden soll?

 

Das Bundeskanzleramt tritt für eine verpflichtende  Quote zur Erhöhung der Zahl von Frauen in den höchsten Entscheidungsgremien von Unternehmen ein. Unterstützt wird dabei der Vorschlag von EU-Kommissarin Reding, bis 2015 einen 30%- und bis 2020 40%-Anteil zu erreichen.

Darüber hinaus müssen Maßnahmen vorgesehen sein, um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis langfristig zu etablieren, denn Frauen machen 51% der Gesamtbevölkerung der EU, 45% der Beschäftigten europaweit und über 50% der Hochschulabschließenden aus. Daher ist es nur gerecht, wenn sie auch die Hälfte der Entscheidungspositionen einnehmen.

 

Da Empfehlungen nur langsame bis keine Fortschritte zeigen, sollte eine bindende EU-Regelung daher eine Verpflichtung zur Quote bis zum Erreichen der jeweils vorgesehenen Anteile von Frauen in Entscheidungsgremien vorschreiben.

Mit freundlichen Grüßen