11355/AB XXIV. GP

Eingelangt am 06.07.2012
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

Beschreibung: Logo-solo

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0149-III/4a/2012

 

Wien, 5. Juli 2012

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 11508/J-NR/2012 betreffend Benachteiligung im ländlichen Raum, zu wenige Plätze an AHS, die die Abg. Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen am 8. Mai 2012 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 bis 3:

Vorauszuschicken ist, dass Meinungen und Ansichten keinen Gegenstand der Vollziehung durch das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur darstellen. Zur sogenannten „freien Schulwahl“ ist festzuhalten, dass die allgemeine Zugänglichkeit der öffentlichen Schulen in Österreich unter Hinweis auf § 4 Abs. 2 des Schulorganisationsgesetzes gewährleistet ist. Unter dem Aspekt der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht ist diese – ungeachtet der in diesem Zusammenhang auszublendenden Teilnahme an einem gleichwertigem Unterricht – durch den Besuch von öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren und höheren Schulen zu erfüllen und es besteht – soweit es nach der Schulart und den Aufnahmsbedingungen für den Besuch des Kindes schulrechtlich in Betracht kommt – ein Rechtsanspruch auf Aufnahme in die öffentliche allgemein bildende Pflichtschule des jeweiligen Schulsprengels.

 

Darüber hinaus sind selbstverständlich entsprechende Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, wie diese im erwähnten § 4 Abs. 2 des Schulorganisationsgesetzes auch angesprochen werden, beispielsweise die räumlichen Voraussetzungen. Daher legt das Schulunterrichtsgesetz in Verbindung mit der Aufnahmsverfahrensverordnung eine klare Vorgangsweise fest, wie bei Platzmangel mit der Reihung der Bewerberinnen und Bewerber vorzugehen ist.

 


Auch bei dem in der Begründung bzw. im einleitenden Teil der gegenständlichen Parlamentarischen Anfrage angesprochenen namentlich genannten Schüler wurde diese Reihung angewendet. Der diesbezüglichen Stellungnahme des Landesschulrates für Vorarlberg ist zu entnehmen, dass entsprechend der Aufnahmsverfahrensverordnung und dem daraus abgeleiteten regionalen Konzept für Vorarlberg die Reihung, wenn wegen Platzmangels nicht alle Bewerberinnen und Bewerber aufgenommen werden können, nach den bisher erbrachten Leistungen erfolgt. Der namentlich genannte Schüler wohnt nicht im ländlichen Raum, sondern in der Landeshauptstadt Bregenz. Im städtischen Ballungsgebiet ist der Andrang an den Gymnasien groß, so dass sich die Chancen für eine Aufnahme auf Grund der beschränkten Raumsituation verringern können. So war es für das kommende Schuljahr nicht mehr möglich, allen Bewerberinnen und Bewerbern mit „Gut“ in Deutsch und Mathematik einen Schulplatz an einer allgemein bildenden höheren Schule zuzuweisen. Diese Schülerinnen und Schüler erhalten jedoch an der Neuen Mittelschule in Vorarlberg eine gleichwertige Ausbildung, mit besonderem Gewicht auf individuelle Förderung.

 

Zudem stehen allen Absolventinnen und Absolventen der Neuen Mittelschule in Vorarlberg, die im kommenden Schuljahr fast flächendeckend angeboten werden, dieselben Möglichkeiten offen wie den Absolventinnen und Absolventen der allgemein bildenden höheren Schulen. Jedenfalls sind die allgemein bildenden höheren Schulen als überregionales Bildungsangebot zu verstehen, das weder verpflichtend besucht werden muss, noch den Bewerberinnen und Bewerbern ein Schulplatz garantiert werden muss.

 

Außerdem erscheint eine Festlegung auf einen Schulbesuch in einem bestimmten politischen Bezirk ohne Berücksichtigung eines entsprechenden Einzugsgebiets alleine nicht ausreichend repräsentativ. Unter den üblichen Parametern der zumutbaren Erreichbarkeit einer Bundesschule innerhalb von 45 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. innerhalb von 30 Minuten im Individualverkehr – festgelegt im Schulentwicklungsprogramm der Bundesregierung – kann nahezu das gesamte Rheintal in Vorarlberg (nördlich von Bregenz bis Feldkirch) als gemeinsames Schuleinzugsgebiet gesehen werden. Somit ist es für Schülerinnen und Schüler aus diesem Bereich zumutbar, Schulen auch in benachbarten Bezirken zu besuchen. So stehen im benachbarten Dornbirn zwei weitere Unterstufenstandorte von allgemein bildenden höheren Schulen und in Lustenau ein weiteres Bundesgymnasium ebenfalls zur Verfügung. Selbst ein Schulbesuch in Feldkirch (zwei weitere Standorte von allgemein bildenden höheren Schulen in Feldkirch) könnte unter dieser Annahme zumutbar erscheinen.

 

Zu Frage 4:

Zur nachfolgenden Aufstellung bis 2010/11 auf Grundlage der Daten der Bildungsdokumentation ist anzumerken, dass die Zahl für das Schuljahr 2010/11 noch auf vorläufigen Daten basiert, da die Aufarbeitung der Bildungsdokumentationsdatenmeldungen 2011/12, in denen auch die Schulerfolgsdaten 2010/11 enthalten sind, bei der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ noch im Gange ist. Demnach sind auch Schulerfolgsdaten des laufenden Schuljahres 2011/12 aus dem Titel der Bildungsdokumentation nicht leistbar; Die Zahl für das Schuljahr 2011/12 beruht auf einer vom Landesschulrat für Vorarlberg zur Verfügung gestellten Information. Ferner sind die Schulerfolgsdaten für das Schuljahr 2005/06 in Teilbereichen der Bildungsdokumentation unvollständig; Dies trifft auch hinsichtlich der Volksschulen im Bezirk Bregenz zu.

 


Schulbezirk

Schuljahr

Anzahl der Schülerinnen und Schüler

Bregenz

2005/06 (unvollständig)

596

Bregenz

2006/07

751

Bregenz

2007/08

765

Bregenz

2008/09

732

Bregenz

2009/10

726

Bregenz

2010/11 (vorläufige Daten)

765

Bregenz

2011/12 (Information LSR Vorarlberg)

742

Quellen: Österreichische Schulstatistik – Bildungsdokumentation bis einschließlich Schuljahr 2010/11; Landesschulrat für Vorarlberg hinsichtlich Schuljahr 2011/12

 

Zu Frage 5:

Die Anzahl der ersten Klassen an öffentlichen allgemein bildenden höheren Schulen im Bezirk Bregenz sind folgender Aufstellung zu entnehmen:

 

Schuljahr

Anzahl erste Klassen

2005/06

9

2006/07

8

2007/08

12

2008/09

8

2009/10

10

2010/11

10

2011/12

10

2012/13

11

Quelle: Landesschulrat für Vorarlberg

 

An den Zahlen ist zu erkennen, dass Maßnahmen gesetzt wurden, um die Anzahl der Eröffnungsklassen zu erhöhen. Durch die räumlichen Gegebenheiten sind die Möglichkeiten an den beiden Schulstandorten BG Bregenz Gallusstraße und BG Bregenz Blumenstraße trotz Zubauten erschöpft.

 

Zu Frage 6:

Die Anzahl der Schülerinnen und Schülern der ersten Klassen an öffentlichen allgemein bildenden höheren Schulen im Bezirk Bregenz sind folgender Aufstellung zu entnehmen:

 

Schuljahr

Anzahl Schülerinnen und Schüler der ersten Klassen

2005/06

273

2006/07

243

2007/08

306

2008/09

209

2009/10

249

2010/11

249

2011/12

248

2012/13

278

Quelle: Landesschulrat für Vorarlberg

 


Zu Fragen 7 bis 9:

Dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur stehen zentral keine statistischen Daten über die Aufnahmeverfahren an den Schulen zur Verfügung. Es sind auch keine diesbezüglichen bundesweiten Erhebungen vorgesehen. Zur Beantwortung der konkreten Fragen wurde eine Auskunft des Landesschulrates für Vorarlberg eingeholt, dem nur die Daten für das Schuljahr 2011/12 zur Verfügung stehen.

 

Im Schuljahr 2011/12 haben sich 311 AHS-reife Schülerinnen und Schüler um die Aufnahme in eine öffentliche allgemein bildende höhere Schule im Bezirk Bregenz beworben. Davon konnten an den beiden öffentlichen allgemein bildenden höheren Schulen im Bezirk Bregenz 278 AHS-reife Schülerinnen und Schüler an ihrer Erstwunschschule aufgenommen werden, 33 Bewerberinnen und Bewerber mussten abgewiesen werden, denen jedoch die Aufnahme in die Neuen Mittelschule in Vorarlberg offen steht.

 

Zu Frage 10:

Das Vorarlberger Bewerbungsverfahren sieht vor, dass die Bewerberinnen und Bewerber bis zu sechs Wünsche, gereiht angeführt, nennen können. Diese Wünsche werden im EDV-unterstützten Erstverfahren alle geprüft. Am Ende des Erstverfahrens wird endgültig nur über den Erstwunsch entschieden. Im Schreiben an die Erziehungsberechtigten, das die Erstschule verfasst, wird den Bewerberinnen und Bewerbern jedoch auch mitgeteilt, wie voraussichtlich über die weiteren Wünsche entschieden wird. Da Bewerberinnen und Bewerber mit abgewiesenem Erstwunsch ihre Wünsche ändern können, kann diese Entscheidung zu diesem Zeitpunkt nicht endgültig getroffen werden.

 

Zu Frage 11:

Für die Analyse des Bildungswegs der verschiedenen Schülerinnen und Schüler sind entsprechend lange Zeitreihen an Individualdaten mit entsprechender Datenqualität und
-vollständigkeit erforderlich. Entsprechend den Analysen der
Bundesanstalt „Statistik Österreich“ können derzeit Bildungskarrieren jener Schülerinnen und Schüler analysiert werden, die sich im Schuljahr 2006/07 oder später in den entsprechenden Schulstufen befunden haben.

 

Da die Schülerinnen und Schüler, die im Schuljahr 2006/07 die Hauptschule abgeschlossen haben (Schülerinnen und Schüler in den Abschlussklassen der Neuen Mittelschulen gab es zu dieser Zeit noch nicht) frühestens per Ende des Schuljahres 2010/11 an allgemein bildenden höheren Schulen bzw. des Schuljahres 2011/12 an berufsbildenden höheren Schulen zur Reifeprüfung bzw. Reife- und Diplomprüfung antreten konnten bzw. können und auch ein allfälliger Laufbahnverlust durch Klassenwiederholungen berücksichtigt werden muss, können frühestens in etwa zwei Jahren diesbezügliche Datenauswertungen auf Basis der Bildungsdokumentation erstellt werden.

 

Zu Frage 12:

Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die in den Schuljahren 2005/06 bis 2010/11 jeweils österreichweit die Volksschule mit Berechtigung zum Besuch einer allgemein bildenden höheren Schulen abgeschlossen haben, ist der nachfolgenden Aufstellung zu entnehmen. Die Anmerkungen zur Frage 4 hinsichtlich der Schuljahre 2005/06 und 2010/11 gelten sinngemäß.

 

 


Schuljahr

Zahl der Schülerinnen und Schüler

2005/06 (unvollständig)

44.485

2006/07

44.980

2007/08

44.025

2008/09

41.727

2009/10

40.497

2010/11 (vorläufige Daten)

40.183

Quelle: Österreichische Schulstatistik - Bildungsdokumentation

 

Bezüglich der Fragestellung, ob die Maturantinnen und Maturanten eines Jahrgangs nach dem seinerzeitigen Besuch der Volksschule zum direkten Besuch einer allgemein bildenden höheren Schule berechtigt waren, wird auf die Beantwortung zur Frage 11 verwiesen, mit der Ergänzung, dass dafür eine noch um vier Jahre längere Zeitreihe von Daten erforderlich ist. Demnach können diesbezügliche Aussagen auf Basis der Bildungsdokumentation frühestens in etwa sechs Jahren gemacht werden.

 

Zu Frage 13:

Ja, es entspricht den Tatsachen, dass bezüglich des Bundesoberstufenrealgymnasiums Hermagor (BORG Hermagor) schon seit mehr als zwei Jahren Gespräche mit den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren laufen.

 

Unabhängig von der Sachlage des gegenständlichen Falles ist jedoch vorweg allgemein festzuhalten, dass in manchen ländlichen Regionen aufgrund der gut funktionierende Hauptschulen bzw. nunmehr künftig Neue Mittelschulen (NMS), für das Angebot einer „AHS-Matura“ nicht AHS-Unterstufen bzw. AHS-Langformen, sondern als Alternative in diesen Regionen Oberstufenrealgymnasien errichtet worden sind. Auch die Gründung des BORG Hermagor erfolgte nach diesen Voraussetzungen.

 

Zudem wird darauf hingewiesen, dass das BORG Hermagor seinerzeit die Möglichkeit, eine Neue Mittelschule (NMS)-Partnerschaft mit einer Hauptschule einzugehen, abgelehnt hat. Zu den Bestrebungen des BORG Hermagor selbst eine Unterstufe auch zum Zwecke der Gründung einer NMS zu erhalten, wurde die Schule bereits 2010 daran erinnert, dass dafür einerseits die räumlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind und andererseits auch im Hinblick auf die sinkenden Schülerinnen- und Schülerzahlen eine Bedarfserhebung notwendig wäre. Das BORG Hermagor konnte bis dato weder eine Bedarfsanalyse noch ein akzeptables Raumkonzept vorlegen. Seitens des Landesschulrates, der in erster Instanz in den Angelegenheiten der Bundes-Schulerhaltung zuständig ist, ist bis dato kein Errichtungsantrag im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur eingebracht worden. Eine grundsätzliche Stellungnahme des Landesschulrates ist aber unabdingbare Voraussetzung für die Beurteilung durch das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur.

 

Ein Eingriff in die sensible regionale Schulstruktur muss wohlüberlegt erfolgen, die Voraussetzungen und möglichen Folgen sind vorab zu analysieren, zumal es nach Auskunft des Landesschulrates bereits Schwierigkeiten gibt, im gesamten Bezirk Hermagor die bestehenden Klassen zu erhalten.

 

Die Bundesministerin:

 

 

Dr. Claudia Schmied eh.