11358/AB XXIV. GP
Eingelangt am 06.07.2012
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung
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BMJ-Pr7000/0142-Pr 1/2012 |
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Museumstraße 7 1070 Wien
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Tel.: +43 1 52152 0 E-Mail: team.pr@bmj.gv.at
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Frau
Präsidentin des Nationalrates
Zur Zahl 11511/J-NR/2012
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Besuchsverbot für Ordensmann“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 11:
Zum Verständnis der Ereignisse ist wesentlich, dass es sich bei der angesprochenen Justizanstalt um eine Anstalt für die Unterbringung geistig abnormer Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs. 2 StGB handelt. Alle Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den Insassen zu treffen sind, haben den spezifischen Vollzugszwecken des Maßnahmenvollzuges zu entsprechen; sie sollen in erster Linie der Verbesserung des Krankheitszustandes dienen und müssen sich gemäß § 166 Z 1 StVG unter anderem an psychiatrischen und psychotherapeutischen Maßstäben orientieren.
Das Strafvollzugsgesetz räumt Insassen ein subjektives Recht auf den Empfang von Besuch ein, nicht aber – umgekehrt – Außenstehenden ein Recht darauf, bestimmte Insassen zu besuchen. Die Insassen werden bereits bei ihrer Aufnahme in die Justizanstalt über das Besuchsrecht wie auch über andere Rechte und Beschwerdemöglichkeiten aufgeklärt.
Besuche sind im Allgemeinen auch durchaus erwünscht, weil sie unter anderem der Wahrung und Stärkung der Beziehungen der Außenwelt und Gesellschaft zu den Insassen des Straf- und Maßnahmenvollzuges dienen. Dabei haben sich Besucher so zu verhalten, dass die Zwecke des Strafvollzuges nicht gefährdet werden (§ 94 Abs. 3 StVG). In besonderer Weise gilt dies für den Maßnahmenvollzug, bei dem die Behandlung und der therapeutische Erfolg im Vordergrund stehen.
Der in der Anfrage angesprochene Besucher K.H. versucht, Sexualstraftäter und Maßnahmeninsassen nicht zu stigmatisieren, und bemüht sich um eine verständnisvolle Sichtweise von dieser Tätergruppe und ihren vielfältigen Motiven, Hintergründen und Typen. Diese an sich begrüßenswerte Grundhaltung hat aber – im Verhältnis zu den verurteilten Insassen – wiederholt zu verharmlosenden Positionen im Hinblick auf sexuell motivierte Straftaten geführt, die – mögen sie auch im gesellschaftlichen Diskurs so vorgebracht werden können – den Zwecken des Behandlungsvollzuges zuwiderlaufen können. Denn hier stehen die kritische Auseinandersetzung mit der Tat und die erzieherische Beeinflussung des Täters im Zentrum. Gerade dieser Insassengruppe fehlt es – krankheitsbedingt – oft an der Einsicht in die Rechtswidrigkeit ihrer Tat, in das Behandlungserfordernis bezüglich ihrer Störung und in die Rechtmäßigkeit ihrer Anhaltung. Der von K.H. gewählte Zugang zu dieser Insassengruppe hat sich somit als problematisch erwiesen. So haben die Gesprächsinhalte bei einigen Untergebrachten wiederholt Irritationen und Verunsicherungen ausgelöst, die sich mitunter in einer Verweigerung der Teilnahme am Behandlungsprogramm niederschlug. Es bedurfte eines erheblichen zusätzlichen Betreuungsaufwandes, die Insassen wieder zur Mitarbeit am Behandlungsplan zu motivieren. So hat etwa ein Untergebrachter einen lange vorbereiteten und geplanten therapeutischen Aufenthalt in einer externen Einrichtung abgelehnt, weil K.H. aus Eigenem dem Untergebrachten andere Möglichkeiten sowie eine Beschleunigung der bedingten Entlassung in Aussicht gestellt hat.
Die Anstaltsleitung hat erfolglos versucht, dem Besucher diese Problematik aufzuzeigen, sodass nur noch das Mittel des Besuchsverbots in Frage kam. Anlass für die Verhängung des Besuchsverbots war letztlich ein Hinweis der Anstaltspsychiaterin, dass durch die – trotz zahlreicher Ersuchen und Warnungen fortgesetzten – Interventionen des K.H. der Behandlungserfolg in Einzelfällen gefährdet werde, zumal der Besucher nun auch beabsichtige, seine Thesen in schriftlicher Form an die Insassen heranzutragen.
Das Besuchsverbot ist daher nicht als Sanktion zu sehen, sondern als eine therapeutisch bedingte Maßnahme. Nachdem alle Bemühungen um eine konstruktive Einbindung des K.H. aufgrund seines Beharrens über Jahre hinweg scheiterten, erschien auch eine Reaktion auf sein Schreiben vom 9. März 2012 nicht mehr erfolgversprechend.
Über das von der Anstaltsleiterin als Vollzugsbehörde 1. Instanz verhängte Besuchsverbot wurden die Insassen durch die Abteilungskommandanten der Justizanstalt mündlich in Kenntnis gesetzt. Kein Insasse hat bislang von der ihm offenstehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Entscheidung der Anstaltsleitung durch Beschwerde an die Vollzugskammer anzufechten. Für keinen der vom Genannten besuchten Insassen war dessen Besuch der einzige Außenkontakt.
Wien, . Juli 2012
Dr. Beatrix Karl