11441/AB XXIV. GP
Eingelangt am 13.07.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 11557/J des Abgeordneten Dr. Franz Joseph Huainigg wie folgt:
Vorbemerkung
Das Arbeitsmarktservice (AMS) hat die Zielvorgabe, sowohl Menschen mit (behördlich) festgestellten Behinderungen als auch Menschen mit vermittlungsrelevanten gesundheitlichen Einschränkungen mit der gesamten Palette an arbeitsmarktpolitischen Förderungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zur Beschäftigungsintegration zu unterstützen.
Die Schnittstellenbereinigung zwischen AMS und Bundessozialamt (BSB) verfolgt das Ziel, die Effektivität und Effizienz der eingesetzten Mittel zu optimieren, den technisch administrativen Aufwand zu reduzieren und die Beratung und Betreuung von Menschen mit Behinderungen zu verbessern.
Um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, wurde daher mit 1.1.2012 die Integrationsbeihilfe des BSB in die Lehrstellenförderung des AMS integriert. Die Weiterförderung der bis 31.12.2011 begonnen Förderfälle obliegt auslaufend dem BSB. Wurde das 1. Lehrjahr für die relevanten Zielgruppenpersonen bereits vom AMS gefördert, ist für die Weiterförderung das AMS zuständig und nicht – wie bisher üblich – ab dem 2. Lehrjahr das BSB.
Das AMS und das BSB bemühen sich um einen möglichst friktionslosen Übergang und darum, die in der Übergangsphase mitunter aufgetretenen Irritationen und Informationsdefizite zu beseitigen.
Frage 1:
Die Rahmenbedingungen für die ursprüngliche Zielgruppe haben sich durch die Umstellung von Clearing auf Jugendcoaching im Wesentlichen nicht verändert. Da die Stufe 3 im neuen Jugendcoaching als äquivalent zum ehemaligen Clearing interpretiert wird, kommt es zu keinen Vernachlässigungen der ehemaligen Clearing-Zielgruppe.
Mit dem Jugendcoaching wurde eine neue Strategie eingeschlagen, um generell alle Jugendlichen unter 19 Jahren so lange wie möglich im Bildungs- und Ausbildungssystem zu halten und systemferne Jugendliche in dieses System zu reintegrieren. Das neue Konzept des Jugendcoaching sieht im Vergleich zum Clearing eine enorme Ausweitung der Zielgruppe vor, aber es kommt zu keinen Beschneidungen der Leistungen für die ehemalige Clearing-Zielgruppe, die Jugendlichen mit Behinderung.
Frage 2:
Die Umstellung wird im Wesentlichen erst beginnend mit dem Lehrjahr 2012/13 relevant. Im Rahmen der Lehrstellenförderung des Arbeitsmarktservice gibt es an sich keine vorgegebenen budgetären Zweckbindungen. Die regionalen Planungen sind Bestandteil der Arbeitsprogramme der AMS-Landesorganisationen, welche von den sozialpartnerschaftlich besetzten AMS-Landesdirektorien festgelegt werden. Um aber im Zuge der Umstellung sicherzustellen, dass in allen AMS-Landesorganisatio-nen ausreichend Budgetmittel vorhanden sind, werden seitens der AMS-Bundesorganisation die im Arbeitsmarktservice entstehenden Mehrkosten in Form einer zweckgebundenen Dotierung überregional ausgeglichen.
Frage 3:
Nein. Die Weitergewährung der Förderung für Folgelehrjahre obliegt auslaufend dem Bundessozialamt. Der AMS-Verwaltungsrat hat mit 11.06.2012 die Bundesrichtlinie „Beihilfen zur Förderung von Ausbildungsverhältnissen nach den Berufsausbildungsgesetzen (LST)“ dahingehend angepasst, dass für TeilnehmerInnen an einer Integrativen Berufsausbildung die Beihilfe für die gesamte Dauer der Lehr- und Ausbildungszeit gewährt werden kann. Es obliegt nunmehr den AMS-Landesorganisationen, den Ausbildungsbetrieben eine mehrjährige Planungssicherheit zu bieten.
Frage 4:
Unter Bezugnahme auf die Anpassung der AMS-Bundesrichtlinie mit 11.06.2012 wird das AMS Steiermark künftig Teilqualifizierungen für die Dauer von drei Jahren fördern (entspricht der Höchstdauer einer Teilqualifizierung).
Frage 5:
Das AMS Steiermark hat in der Vergangenheit für Jugendliche mit einer Anerkennung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz eine einjährige Förderung ermöglicht. Entsprechend der bis 31.12.2011 geltenden Bundesrichtlinie erfolgte die Förderung b dem 2. Lehrjahr durch das Bundessozialamt. Seit 1.1.2012 beträgt die Förderdauer des AMS Steiermark zwei Jahre.
Frage 6:
Die Prüfung der Förderbarkeit erfolgt zu Beginn des Lehrverhältnisses. Wurde für die Begründung des Lehrvertrages bzw. Ausbildungsvertrages eine Förderung gewährt, so kann diese auch im Falle eines Wechsels von einer Lehrausbildung in eine Integrative Berufsausbildung oder von einer Integrativen Berufsausbildung in eine Lehrausbildung weitergewährt werden. Kam allerdings das Lehrverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis ohne Förderung zustande, so ist in der AMS-Bundesrichtlinie anlässlich des Wechsels in eine andere Ausbildungsform keine Förderungsmöglichkeit vorgesehen. Nach der arbeitsmarktpolitischen Einschätzung des AMS-Verwaltungsrates würden dadurch nur offensichtliche Mitnahmeeffekte finanziert werden. Mit dieser über den Einzelfall hinausgehenden Betrachtung sollen auch nicht erwünschte Effekte eines leichtfertigen Wechsels in eine Integrative Berufsausbildung vermieden werden.
Frage 7:
Unter Bezugnahme auf die Anpassung der AMS-Bundesrichtlinie mit 11.06.2012 wird das AMS Steiermark künftig eine verlängerte Lehrzeit für die Dauer von vier Jahren fördern.
Frage 8:
Bezüglich der in den Fragen 4, 5 und 7 genannten Veränderungen erfolgen auch in den übrigen AMS-Landesorganisationen entsprechende Anpassungsprozesse. Bezüglich der Frage 6 ist aus den dargestellten Gründen österreichweit keine Förderungsmöglichkeit vorgesehen.
Frage 9:
Eingebettet in das System der Arbeitsmarktförderung des AMS mit seinen dezentralen Entscheidungsstrukturen mit Ermächtigungen und regionalen Ermessensspielräumen werden die Höhe und die Dauer der Lehrstellenförderung - abhängig von den Förderungsnotwendigkeiten – flexibel festgelegt. Wenn es für das Einstell- und Ausbildungsverhalten der Betriebe als sinnvoll erachtet wird, die Lehrstellenförderung für die Dauer der gesamten Lehr- und Ausbildungszeit zu gewähren, werden die AMS-Landesorganisationen die diesbezüglichen Ermessensspielräume entsprechend nutzen.
Frage 10:
Die Strategie des Arbeitsmarktservice ist es, auch Jugendlichen mit Behinderung zunächst eine betriebliche Lehrausbildung gemäß § 2 Berufsausbildungsgesetz (BAG) zu ermöglichen. Sollte dies trotz eines Förderangebotes nicht möglich sein,
wird subsidiär eine (geförderte) Integrative Berufsausbildung gemäß § 8b BAG angestrebt. Die überbetrieblichen Ausbildungslehrgänge gemäß § 30b BAG zielen ausschließlich darauf ab, die Lehrstellenlücke zu schließen und Jugendlichen, die trotz intensiver Vermittlungsversuche keine betriebliche Lehrstelle finden, eine Ausbildungsmöglichkeit anzubieten.
Im Zuge der Umstellung habe ich das Arbeitsmarktservice auf Informationsbedarfe und notwendige Kommunikationsmaßnahmen hingewiesen. Von Seiten des Arbeitsmarktservice ist angedacht, die bisherigen Aktivitäten durch eine Schwerpunktaktion für Menschen mit Behinderung zu verstärken. Das Arbeitsmarktservice wird die Betriebe verstärkt über die Rahmenbedingungen der Einstellung und Ausbildung von Menschen mit Behinderung einschließlich der Förderangebote informieren. Die Kooperation mit den weiterhin vom Bundessozialamt finanzierten Einrichtungen der Berufsausbildungsassistenz wird flächendeckend intensiviert.
Frage 11:
Zur Gewährleistung einer besseren Transparenz der Ausbildungsinhalte und um den Betrieben einen besseren Überblick über die Fähigkeiten und Kenntnisse der Jugendlichen zu verschaffen, wurde durch die BAG-Novelle 2010 im § 8b Abs. 10 BAG die Bestimmung aufgenommen, dass im Abschlusszeugnis die festgestellten Fertigkeiten und Kenntnisse zu dokumentieren sind.
Fragen 12 bis 14:
Die vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz im Dezember 2010 an die Deloitte Consulting GmbH vergebene Studie betreffend die Prüfung der Möglichkeit der sozialversicherungsrechtlichen Absicherung von Menschen mit Behinderung in Einrichtungen der Beschäftigungstherapie, bei deren Erstellung die Länder intensiv eingebunden waren, wurde im Jänner 2012 vorgelegt und den Bundesländern im Wege der Verbindungsstelle zur Kenntnis gebracht.
Aus der Studie lassen sich sowohl kurzfristig umsetzbare Vorschläge wie z.B.:
· die gesetzliche Klarstellung, dass Transferleistungen wie Halb- und Waisenpensionen oder die erhöhte Familienbeihilfe bei Aufnahme eines Arbeitsversuches nur ruhend gestellt sind und daher nach dessen Scheitern wieder aufleben (Rückversicherung),
· die Sicherstellung der Rückkehrmöglichkeit in eine adäquate Einrichtung der Beschäftigungstherapie nach gescheitertem Arbeitsversuch
als auch längerfristig umsetzbare Vorschläge wie
· die Schaffung einer eigenständigen Krankenversicherung
· die Schaffung eines eigenen Pensionstatbestandes im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG)
ableiten, die zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderung in Einrichtungen der Beschäftigungstherapie führen würden.
Diese Vorschläge wurden im Rahmen der Landessozialreferentenkonferenz vom 13. und 14. Juni 2012 in Dornbirn diskutiert. Die Landessozialreferentenkonferenz begrüßte das Vorhaben des Bundes, zur Verbesserung der Situation der Menschen mit Behinderung ein Wiederaufleben von Transferleistungen (Familienbeihilfen, Waisenpension) im Fall einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses legistisch umzusetzen. Ich werde daher in Gespräche mit dem für die Familienbeihilfen zuständigen Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend eintreten. Wichtig erscheint mir aber auch, dass den Menschen mit Behinderung eine Rückkehrmöglichkeit in eine Einrichtung der Beschäftigungstherapie offen steht.