11443/AB XXIV. GP

Eingelangt am 13.07.2012
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

BMJ-Pr7000/0149-Pr 1/2012


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 11567/J-NR/2012

Der Abgeordnete zum Nationalrat Wolfgang Zanger und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „medizinische Versorgung im Strafvollzug“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Der Rechnungshof (RH) hat in seinem Bericht zu den Kosten der medizinischen Versorgung im Straf- und Maßnahmenvollzug festgestellt, dass bisher keine Kostenrechnung zur exakten, periodengerechten und vollständigen Ermittlung der effektiven Kosten der medizinischen Versorgung im Straf– und Maßnahmenvollzug bestand, die eine solche Analyse ermöglicht hätte. Der RH empfahl deshalb, eine Kostenrechnung einzuführen, die eine unmittelbare, eindeutige und periodengerechte Ermittlung der effektiven Kosten der medizinischen Versorgung insgesamt und detailliert (gegliedert nach Justizanstalten und wesentlichen Leistungspositionen) ermöglicht und auf deren Grundlage Kennzahlen ermittelt und zeitliche sowie innerorganisatorische Vergleiche angestellt werden können.


Ausgehend von der Einführung einer automationsunterstützten Erfassung der einzelnen Behandlungsschritte und Verschreibungen einerseits und einer ebensolchen Medikamentenverwaltung andererseits (siehe auch die Beantwortung zu Fragepunkt 6) ist eine detaillierte Kostenrechnung nunmehr im Aufbau begriffen, durch die das schon bisher in diesem Bereich bestehende Controlling auf eine neue Grundlage gestellt werden kann. Gemeinsam mit einer Reihe weiterer, vom RH in seinem Bericht empfohlener bzw. begrüßter Maßnahmen (Einrichtung eines Chefarztes, Controlling der Verschreibungspraxis, verbessertes Spitalsbettenmanagement etc.) wird sie Grundlage sein, die Kostenentwicklung in diesem Bereich besser zu überwachen und gezieltere Maßnahmen gegen ihre Beschleunigung zu ermöglichen.

Zu 2:

Mit Ausnahme eines Teils der nach § 21 Abs. 1 StGB untergebrachten Insassen (für sie sieht das Gesetz alternativ die Unterbringung in psychiatrischen Krankenhäusern oder in eigenen Justizanstalten vor) sind sämtliche Insassen des Maßnahmenvollzugs in Justizanstalten untergebracht. Für diese Gruppe wurden mit Errichtung und Inbetriebnahme des Forensischen Zentrums in Linz-Asten zusätzliche Unterbringungskapazitäten im Ausmaß von rund 90 Plätzen geschaffen. Ein weiterer Ausbau der justizeigenen Kapazitäten in diesem Bereich ist in Vorbereitung. Zu bewältigen ist in diesem Zusammenhang allerdings noch die Sicherstellung der erforderlichen psychiatrischen Versorgung sowie des mit dem Betrieb eigener Einrichtungen verbundenen Personalbedarfs. Darüber hinaus werden allerdings auch die bestehenden Kooperationen mit psychiatrischen Krankenhäusern für wertvoll erachtet, weil sie eine dezentrale Unterbringung womöglich in der angestammten Umgebung des Insassen ermöglichen und mit stationären/ambulanten Nachbetreuungseinrichtungen gut vernetzt sind, wodurch sie eine wesentliche Bedingung für die Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug schaffen.

Zu 3:

Der Markt für medizinische Leistungen wird stark durch regionale Gesichtspunkte geprägt, auf die bei den einzelnen, über ganz Österreich verteilten Justizanstalten Rücksicht genommen werden muss. Nachdem die medizinische Versorgung für jede einzelne Anstalt individuell gesichert werden muss und viele Vertragsbeziehungen mit Ärzten schon lange Zeit bestehen, sind die rechtlichen und finanziellen Bedingungen unterschiedlich. Insbesondere in Westösterreich ist hier eine starke Konkurrenz mit potentiellen Dienstgebern im benachbarten Ausland festzustellen. Es ist mitunter sehr schwierig, überhaupt geeignete Ärzte zu finden, die bereit sind, medizinische Leistungen in Justizanstalten zu erbringen. Darauf müssen die Vertragsbedingungen Rücksicht nehmen. Soweit dies in diesem Bereich möglich ist, strebt das Bundesministerium für Justiz eine Vereinheitlichung der Beschäftigungsverhältnisse der Ärzte unter Berücksichtigung sachlich erforderlicher Differenzierungen an.


Zu 4:

Der RH hat festgestellt, dass weder das Strafvollzugsgesetz noch das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz Regelungen über spezifische Anforderungen des Straf- und Maßnahmenvollzugs enthielten, was er im Sinne größerer Klarheit jedoch für wünschenswert erachtete. Dass keine spezifischen Regelungen getroffen wurden, bedeutet allerdings nicht, dass es keine rechtlichen Grundlagen gäbe; vielmehr unterscheidet der legislative Rahmen für pflegerische Aufgaben nicht zwischen einer in Freiheit befindlichen und einer inhaftierten Person.

Zu 5 und 6:

Nach Punkt 6.6.2.1 Abs. 3 der Vollzugsordnung für Justizanstalten ist der Soll- und Ist-Bestand der einzelnen Medikamente in regelmäßigen Abständen (mindestens monatlich) zu überprüfen.

Der RH hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass die zuständigen Mitarbeiter für jedes Medikament den Ein- bzw. Ausgang je Verpackungseinheit vermerkten, den geführten Lagerbestand regelmäßig überprüften und im Falle einer Abweichung den Lagerbestand korrigierten. Bemängelt wurde lediglich das Fehlen einer einheitlichen EDV-Lösung. Zwischenzeitig konnte innerhalb der für die Wirtschaftsverwaltung der Justizanstalten bestehenden EDV-Applikation mit dem Modul „MED“ (Medikamentenverwaltung) auch eine eigene Software-Lösung zur Verfügung gestellt werden. Sie enthält eine einfache Lagerverwaltung (im Sinne von Zu- und Abgangsbuchungen) mit den Funktionen „Medikamenteneingang, Medikamentenübergabe, Bestandskorrekturen und Inventurlisten“, sodass nun eine zentrale Datenbasis besteht, in der Lagervorgänge einheitlich und strukturiert erfasst und ausgewertet werden können. Den Empfehlungen wird damit entsprochen.

 

Wien,       . Juli 2012

 

 

 

Dr. Beatrix Karl