11451/AB XXIV. GP

Eingelangt am 13.07.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 11725/J der Abgeordneten Ursula Haubner, Dolinschek, Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen wie folgt:

 

Fragen 1 bis 3:

Meinem Ressort sind diesbezüglich weder konkrete Fälle noch statistische Daten bekannt.

Selbstverständlich gibt es im internationalen Vergleich unterschiedliche Ausprägungen der Pflegevorsorgesysteme und hieraus resultierend unterschiedliche Kostenniveaus. Österreich zeichnet sich insbesondere aufgrund seiner finanziellen Unterstützung aus. So haben beispielsweise 5,2 % der Bevölkerung aufgrund des niederschwelligen Zugangs Anspruch auf Pflegegeld (OECD-Spitzenwert) und auch im Bereich der 24-Stunden-Betreuung war Österreich Vorreiter und in Europa federführend.

Ein weiterer wichtiger Aspekt in der österreichischen Pflegevorsorge ist die Erhaltung der Selbstbestimmung und Autonomie jedes Pflegegeldbeziehers/jeder Pflegegeldbezieherin. Dies ist, wie auch zuletzt bei einem Symposium im Parlament am 29.05.2012 von internationalen Experten mehrfach betont wurde, von enormer Bedeutung.

In diesem Sinne liegt es im jeweiligen Ermessen der betroffenen Person, den Wohnort bzw. Behandlungsort frei zu wählen. Um auch in solchen Fällen finanzielle Unterstützung zu leisten, wird das Pflegegeld, sofern der Pflegegeldbezieher/die Pflegegeldbezieherin der österreichischen Krankenversicherung unterliegt, in einen EU- oder EWR-Mitgliedsstaat exportiert.

 

Fragen 4, 5 und 7:

Grundsätzlich ist dazu festzuhalten, dass die Agenden der Alten- und Pflegeheime in den Kompetenzbereich der Bundesländer fallen.


Von Seiten des Bundes werden die Länder jedoch im Rahmen des Pflegefonds u.a. im Bereich der stationären Betreuungs- und Pflegedienste unterstützt.

Mit 30. Juli 2011 ist das Bundesgesetz, mit dem ein Pflegefonds eingerichtet wird – Pflegefondsgesetz (PFG), BGBl. I Nr. 57/2011, in Kraft getreten und es konnte damit ein bedeutsamer Schritt im Rahmen der Pflegevorsorge in Österreich erzielt werden.

Als Ziel des Pflegefondsgesetzes gilt insbesondere die Weiterentwicklung der bedarfsgerechten Versorgung pflegebedürftiger Personen und ihrer Angehörigen mit bedürfnisorientierten und leistbaren Betreuungs- und Pflegedienstleistungen im Bereich der Langzeitpflege.

Unterstützt werden durch die Zweckzuschüsse aus dem Pflegefonds Sicherungs-, Aus- und Aufbaumaßnahmen zum laufenden Betrieb in folgenden Bereichen der Langzeitpflege:

§  mobile Betreuungs- und Pflegedienste;

§  teilstationäre Betreuungs- und Pflegedienste;

§  stationäre Betreuungs- und Pflegedienste;

§  Kurzzeitpflege in stationären Einrichtungen;

§  alternative Wohnformen;

§  Case- und Caremanagement

 

Für das Jahr 2012 stehen im Rahmen des Pflegefonds insgesamt 150 Mio. zur Verfügung.

Für das Jahr 2013 ist ein Betrag in Höhe von € 200 Mio. festgesetzt, für das Jahr 2014 stehen € 235 Mio. zur Verfügung und mit dem Stabilitätspakt wurden für 2015 300 Mio. und für 2016 350 Mio. vereinbart.

Die demografische Entwicklung stellt Österreich vor große Herausforderungen. Um diese meistern zu können und den älteren und pflegebedürftigen Personen in Österreich sowie deren Angehörigen Unterstützung bieten und ein Leben bzw. Altern in Würde gewährleisten zu können, ist die Erstellung eines Zukunftskonzeptes von hoher Priorität.

Aus diesem Grund wurde in meinem Ressort entsprechend eines Beschlusses der LandesfinanzreferentInnenkonferenz vom 16. März 2011 eine Arbeitsgruppe Strukturreform Pflege eingerichtet.

Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, Überlegungen zur Überleitung des Pflegefondsmodells in ein gesichertes Finanzierungsmodell anzustellen sowie Maßnahmen zur Optimierung in den Bereichen Dienstleistungen, Personal sowie betreffend die Situation pflegebedürftiger Personen und ihrer Angehörigen auszuarbeiten.

Im Rahmen der Arbeitsgruppe wurden ausgehend von der Kernarbeitsgruppe (Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerium für Finanzen, Städte- und Gemeindebund, Länder) bislang eine Vielzahl an ExpertInnengespräche mit Interessenvertretungen, Stakeholdern, etc. abgehalten sowie Workshops organisiert und eine Online-Abfrage eingerichtet.


Ein Positionspapier der Arbeitsgruppe mit Lösungsvorschlägen wird dem Parlament Ende 2012 vorgelegt werden.

Als erster Umsetzungsschritt wurden bereits Sozialpartnerverhandlungen mit dem Ziel aufgenommen, in dieser Legislaturperiode Lösungsvorschläge für eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu erarbeiten. Diese Verhandlungen finden unter der Leitung der Arbeitsrechtssektion meines Ministeriums mit Vertreter/inne/n der Sozialpartner und des Bundesministeriums für Gesundheit sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend statt.

Dies entspricht auch dem Regierungsprogramm für die laufende Gesetzgebungsperiode, in dem die Sozialpartner ersucht werden, Lösungsvorschläge hinsichtlich

 

·        eines Rechtsanspruchs auf Teilzeit im Fall der Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen (ab Pflegestufe 3) analog den Regelungen der Elternteilzeit sowie

·        einer Pflegekarenz bis zu sechs Monaten (inklusive Kündigungsschutz) zur Sicherstellung der Betreuung und Pflege von nahen Angehörigen ab Pflegestufe 3

 

zu prüfen bzw. zu erarbeiten.

 

Frage 6:

Im Jahr 2009 wurde die größte Erhöhung des Pflegegeldes (€ 120 Mio.) seit seinem Bestehen durchgeführt. Weiters wurde das Pflegegeld der Stufe 6, da die Erfahrungen gezeigt haben, dass der Aufwand bei diesen PflegegeldbezieherInnen besonders hoch ist, ab 1. Jänner 2011 von monatlich € 1.242 auf monatlich € 1.260 erhöht. Somit stehen diesem Betroffenenkreis durch die Erhöhung über € 200 pro Jahr zusätzlich zur Inanspruchnahme der erforderlichen Pflege zur Verfügung.

Ebenso wurden mit Inkrafttreten des Bundespflegegeldreformgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 58/2011, am 01.01.2012 sämtliche LandespflegegeldempfängerInnen in den Zuständigkeitsbereich des Bundes überführt.

Somit beziehen mit Stand April 2012 432.873 Personen Bundespflegegeld in folgender Verteilung:

 

Stufe

1

2

3

4

5

6

7

Gesamt

Betrag

154,20

284,30

442,90

664,30

902,30

1260

1655,80

 

Bezieher

96.317

134.373

74.257

60.599

41.048

17.395

8.884

432.873

 

Der Bund investiert somit jährlich rund € 2,4 Mrd. in das Pflegegeld.

Hinsichtlich einer laufenden Valorisierung des Pflegegeldes ist zu bemerken, dass diese vor dem Hintergrund der derzeitigen angespannten wirtschaftlichen und budgetären Situation zu sehen ist. Eine jährliche Valorisierung des Pflegegeldes ist im Hinblick auf die gesamte budgetäre Situation des Bundes derzeit nicht angedacht.


Frage 8:

Im Hinblick auf die Zielsetzung, den Bereich der Betreuungs- und Pflegedienstleistungen der Langzeitpflege schrittweise zu harmonisieren, konnte im Rahmen des Pflegefondsgesetzes bereits ein bedeutsamer Erfolg erzielt und einheitliche Leistungsdefinitionen der im Gesetz genannten Betreuungs- und Pflegedienstleistungen im Einvernehmen mit den Ländern sowie mit dem Gemeinde- und Städtebund verankert werden.

Die Harmonisierung der Kostenbeiträge und somit die Beseitigung der Ungleichbehandlung in den einzelnen Bundesländern hat für mein Ressort Priorität.

Aus diesem Grund ist dieses Thema ein zentraler Punkt in den Gesprächen der Arbeitsgruppe Strukturreform Pflege und eine Einigung mit den bzw. innerhalb der Länder – da es sich hierbei um eine ausschließliche Länderkompetenz handelt - erstrebens- und im Sinne der Betroffenen wünschenswert.

Auch war dieses Anliegen Thema im Rahmen der letzten LandessozialreferentInnenkonferenz am 13. und 14. Juni in Vorarlberg. Hierbei wurde folgender Beschluss gefasst:

„Die LandessozialreferentInnenkonferenz bekennt sich grundsätzlich zu Harmonisierungsmaßnahmen im Bereich der Pflegesachleistungen, soweit die Angebotsstruktur betroffen ist. Regionale Besonderheiten und historisch gewachsene Standards in den Ländern müssen respektiert werden. Die Bedürfnis- und Bedarfsorientierung der Angebote muss sichergestellt sein. Dabei gilt der Grundsatz: Vorrang ambulanter Leistungen.“

 

Frage 9:

Gemäß den Projektionen braucht es rund 13.000 Vollzeit-Beschäftigungsverhältnisse im Pflegebereich mehr, um den demographischen Anstieg der Kunden bis 2020 abdecken zu können. Die eine Hälfte des künftigen Bedarfs entfällt dabei auf den stationären Bereich, die andere Hälfte auf den mobilen. Derzeit sind rund die Hälfte aller im Mobilbereich Tätigen Teilzeitkräfte. Daraus ergibt sich, dass wahrscheinlich rund 16.000 bis 17.000 zusätzliche Personen bis 2020 im Pflegebereich benötigt werden, um allein den demographischen bedingten Anstieg abzudecken.

Aus diesem Grund werden die Themen „Ausbildung von Pflegepersonal“ sowie „Attraktivierung der Pflegeberufe“ auch im Rahmen der Arbeitsgruppe Strukturreform Pflege intensiv behandelt.

 

Fragen 10 und 11:

Eine genaue Aufstellung über einen Betreuungs- und Pflegepersonalbedarf differenziert nach Bundesländern und dessen zukünftige Entwicklung sowie differenziert nach diplomiertem und nicht diplomiertem Pflegepersonal liegt derzeit nicht vor.

 

 

 

 


Frage 12:

Hierzu ist festzuhalten, dass die Agenden der Alten– und Pflegeheime im Kompetenzbereich der Bundesländer liegen und meinem Ressort somit keine Daten in Bezug auf den Pflegepersonalmangel vorliegen.