11457/AB XXIV. GP
Eingelangt am 13.07.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 11671/J des Abgeordneten Tadler und weiterer Abgeordneter wie folgt:
Frage 1:
Das
ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) sieht bereits seit seiner Stammfassung
vor, dass Arbeitgeber/innen dazu verpflichtet sind, für Sicherheit und
Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer/innen in Bezug auf alle Aspekte, die die
Arbeit betreffen, zu sorgen. Davon sind auch Schutzmaßnahmen gegen
arbeitsbedingten Stress erfasst. Seit dem Arbeitnehmerschutz-Reformgesetz 2001
ist vorgesehen, dass
Arbeitgeber/innen bei der Präventivbetreuung neben
Sicherheitsfachkräften und
Arbeitsmediziner/inne/n je nach der in der Arbeitsstätte gegebenen
Gefährdungs- und Belastungssituation als sonstige geeignete Fachleute, die
erforderlichenfalls beizu-ziehen sind, insbesondere Arbeitspsycholog/inn/en zu
beschäftigen haben (§§ 82a und 82b ASchG).
Zur Weiterentwicklung
des Arbeitnehmer/innenschutzes und damit auch im Sinne der europäischen
Sozialpartnervereinbarung 2004 über die Reduzierung von
arbeitsbedingtem Stress wurde vor allem eine verstärkte Integration der
Arbeits- und Organisationspsychologie im Arbeitnehmer/innen/schutzrecht
angestrebt. Mein Res-
ort hat dazu seit dem Jahr 2010 mehrfach Sozialpartnerverhandlungen zu einer Novelle
des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) geführt, in denen verschiedene
Vorschläge für gesetzliche Regelungen, insbesondere die stärkere
Verankerung von Arbeits- und Organisationspsycholog/inn/en in der
Prävention sehr eingehend diskutiert wurden. Diese
Sozialpartnerverhandlungen wurden nunmehr im Mai 2012 positiv abgeschlossen.
Zwischen den Sozialpartnern wurde darüber Einigung erzielt, dass in den
Begutachtungsentwurf der ASchG-Novelle zum einen eine stärkere Betonung
der Prävention auch arbeitsbedingter psychischer Belastungen aufgenommen
werden soll, zum anderen auch die Arbeits- und Organisationspsycholog/inn/en
als bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren beizuziehende Fachleute
ausdrücklich genannt werden sollen. Weiters soll der Arbeits- und
Organisationspsychologie auch in der Grundausbildung der Arbeitsmediziner/innen
ein höherer Stellenwert zukommen, wobei aber diesbezüglich die
Zuständigkeit beim Bundesminister für Gesundheit liegt.
Fragen 2 und 3:
Zu den gesetzlichen
Maßnahmen verweise ich zunächst auf meine Antwort zur Frage 1. Nach
der Rechtslage sind psychische Fehlbelastungen wie Stress von den
Arbeitgeber/inne/n im Rahmen der Evaluierung zu ermitteln und entsprechende
Schutzmaßnahmen vorzusehen. Besonders wichtig ist daher eine
entsprechende Informationsarbeit meines Ressorts zur Bewusstseinsbildung.
Bereits im „Österreichischen Leitfaden für Sicherheits- und Gesundheitsmanagementsysteme (Ö-SGMS)“, der vom damaligen Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern und anderen Stellen ausgearbeitet und 2004 veröffentlicht wurde, wurde der Themenbereich „Prävention von psychosozialen Belastungen“ einbezogen.
In der gemeinsamen Resolution zur österreichischen Arbeitsschutzstrategie 2007-2012 unter der Leitung des Zentral-Arbeitsinspektorats verpflichteten sich die Sozialpartner, Interessenvertretungen und Unfallversicherungsträger sowie Bundesministerien, Länder- und Gemeindevertreter/innen und andere wesentliche Akteur/innen im ArbeitnehmerInnenschutz zum gemeinsamen Ziel der Reduktion von Arbeitsunfällen, arbeitsbedingten Erkrankungen und Berufskrankheiten unter besonderer Berücksichtigung insbesondere psychischer Belastungen. Die Kooperationspartner/innen der Arbeitsschutzstrategie haben dazu in Arbeitsgruppen und Projekten entsprechende Schwerpunkte gesetzt.
So wurde im Rahmen
der Arbeitsschutzstrategie 2007-2012 und des Jahresarbeits-schwerpunktes der Arbeitsinspektion
2010 zur Evaluierung psychischer Belastungen nach dem ASchG unter Leitung des
Zentral-Arbeitsinspektorates in Kooperation mit externen Arbeitspsychologinnen
der „Leitfaden für die Arbeitsinspektion zur Bewertung der
Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Fehlbelastungen bei der Beratungs- und
Kontrolltätigkeit“ erarbeitet. Dieser wurde bei
Betriebsbesichtigungen erprobt und 2011 auf der Website der Arbeitsinspektion
veröffentlicht, um den Arbeitsschutzakteur/inn/en auch in den Betrieben
eine Informations- und Anwendungsunterlage zur Verfügung zu stellen. Der
dreiteilige Leitfaden beinhaltet u.a. Ablaufdiagramm, Kriterienkatalog zur
Bewertung und Tabelle zu den vier grundlegenden
Dimensionen der arbeitsbedingten psychischen Belastungen (Aufgabenanforderungen
und Tätigkeiten, Sozial- und Organisationsklima, Arbeitsumgebung, Arbeitsabläufe
und Arbeitsorganisation) sowie Informationen über anerkannte Verfahren zur
Erhebung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz.
Weiters wurden die
Websiteinformationen der Arbeitsinspektion zum Bereich Ge-
esundheitsschutz und Prävention von psychischen Fehlbelastungen, insbesondere
arbeitsbedingtem Stress, ausgebaut - siehe:
http://www.arbeitsinspektion.gv.at/AI/Gesundheit/Belastungen/default.htm
In
Jahresschwerpunktaktionen der Arbeitsinspektion - vor allem in der
Gebäude-reinigung sowie im aktuell noch laufenden Schwerpunkt im Hotel-
und Gastgewerbe - war und ist die Evaluierung psychischer Belastungen samt
Umsetzung entsprechender Präventionsmaßnahmen ein besonderer
Schwerpunkt der Beratungs- und Kon-
trolltätigkeit der Arbeitsinspektion.
Frage 4:
Wie bereits in meiner
Antwort zu Frage 1 ausgeführt, sind Arbeitgeber/innen nach dem
ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) verpflichtet, für Sicherheit und Ge-
sundheitsschutz der Arbeitnehmer/innen in Bezug auf alle Aspekte, die die
Arbeit betreffen, zu sorgen. Dies schließt auch Maßnahmen zur
Verhütung arbeitsbedingter Gefahren durch eine geeignete Arbeitsorganisation
mit ein (§§ 3 und 4 ASchG). Da-bei ist der neueste Stand der
Erkenntnisse auf dem Gebiet der Arbeitsgestaltung zu berücksichtigen.
Arbeitgeber/innen müssen daher nach geltender Rechtslage die Ursachen von
arbeitsbedingten psychischen Fehlbelastungen ermitteln und beurteilen und
Maßnahmen zur Verbesserung des psychosozialen Arbeitsumfeldes treffen.
Die Ergebnisse der Ermittlung und Beurteilung sowie die durchgeführten
Maßnahmen sind in einer geeigneten Art und Weise nachvollziehbar zu
dokumentieren (§§ 4 ff ASchG, Verordnung des Bundesministers
für Arbeit und Soziales über die Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente
– DOK-VO)
Nach den §§
82a, 82b ASchG müssen Arbeitgeber/innen bei der Präventivbetreuung
(7. Abschnitt ASchG) neben Sicherheitsfachkräften und
Arbeitsmediziner/inne/n je nach der in der Arbeitsstätte gegebenen Gefährdungs-
und Belastungssituation
erforderlichenfalls sonstige geeignete Fachleute, insbesondere jedoch
Arbeitspsy-cholog/inn/en, beschäftigen, das betrifft insbesondere auch
Stressbelastungen am Arbeitsplatz.
Frage 5:
Gemäß § 38 des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG) besteht die zentrale Aufgabe der Organe der ArbeitnehmerInnenschaft in der Wahrnehmung und Förderung der wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Arbeit-nehmer/innen im Betrieb gegenüber dem/der Arbeitgeber/in. Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben räumt das Gesetz dem Betriebsrat unterschiedliche Mitwirkungsrechte ein, die sich auch auf die gesundheitsrelevanten Arbeitsbedingungen im Betrieb beziehen.
Der Betriebsrat hat gemäß § 89 ArbVG allgemein das Recht, die Einhaltung der die Arbeitnehmer/innen des Betriebes betreffenden Rechtsvorschriften zu überwachen und erforderlichenfalls Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu machen, entsprechende Maßnahmen zu beantragen und die Beseitigung von Mängeln zu verlangen (§ 90 ArbVG).
Gemäß der
arbeitsschutzspezifischen Regelung des § 92a ArbVG hat der/die
Betriebsinhaber/in den Betriebsrat in allen Angelegenheiten der Sicherheit und
des Gesundheitsschutzes rechtzeitig anzuhören und mit ihm über
geplante Maßnahmen zu beraten. § 92a ArbVG zählt beispielhaft einige
Angelegenheiten auf, wie die Beteiligung des Betriebsrats bei der
Arbeitsplatzevaluierung nach § 4 ASchG oder das Recht auf Zugang zu den Sicherheits-
und Gesundheitsschutzdokumenten sowie zu allen Aufzeichnungen und Berichten
über Arbeitsunfälle, Messergebnisse, Grenz-wertüberschreitungen,
behördliche Bewilligungen und Auflagen auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes
und anderes mehr.
Gemäß
§ 97 Abs. 1 Z 8 ArbVG besteht die Möglichkeit, über
Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten
sowie zum Schutz der Gesundheit der
Arbeitnehmer/innen eine fakultative Betriebsvereinbarung abzuschließen.
Auch eine Betriebsvereinbarung nach § 97 Abs. 1 Z 9 ArbVG über
Maßnahmen zur menschengerechten Arbeitsgestaltung kann Arbeitsschutzaspekte
beinhalten. Spezielle Themen wie etwa Rauch- und Alkoholverbote können in
erzwingbaren Betriebsvereinbarungen gemäß § 97 Abs. 1 Z 1 ArbVG
enthalten sein. In Betrieben, in denen Arbeitnehmer/innen von Nachtschwerarbeit
betroffen sind, können nach § 97 Abs. 1 Z 6a erzwingbare
Betriebsvereinbarungen über Schutzmaßnahmen für diese
Beschäftigten getroffen werden.
Ist kein Belegschaftsorgan errichtet, sind nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz die Sicherheitsvertrauenspersonen, sind auch keine Sicherheitsvertrauenspersonen bestellt, alle Arbeitnehmer/innen über Gefahren für Sicherheit und Gesundheit sowie entsprechende Schutz- und Präventionsmaßnahmen anzuhören und zu beteiligen (§ 13 ASchG). Entsprechendes gilt für die Information der Arbeitnehmer/innen nach § 12 ASchG.
Neben diesen
rechtlichen Möglichkeiten bezieht die Arbeitsinspektion im Bundesministerium
für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auch die Prävention
psychischer Fehlbelastungen in ihre Beratungs- und Kontrolltätigkeit in
den Betrieben mit ein und ist bemüht, den Unternehmen aktuelle
Informationen und Praxistools zur
betrieblichen Stressprävention zur Verfügung zu stellen – z.B.
Impulstest, Leitfaden der Arbeitsinspektion.
Frage 6:
Zu den in
Sozialpartnerverhandlungen abgestimmten Inhalten einer ASchG-Novelle zur
stärkeren Verankerung der Arbeits- und Organisationspsychologie im
sicherheits-technisch-arbeitshygienischen Arbeitnehmer/innenschutz und damit
zur Unterstützung der Unternehmen zur Prävention besonders gegen
Stressbelastungen am
Arbeitsplatz und zur geltenden Rechtslage verweise ich auf die Beantwortung der
Frage 1.
Die Aufgabenstellung des Betriebsrats in Bezug auf Sicherheit und Gesundheits-schutz bei der Arbeit ist im ArbVG zwar in einigen Punkten spezifiziert, im Übrigen aber allgemein gehalten, wodurch auch eine Anpassung an neue Entwicklungen und neue Erfordernisse in der betrieblichen Praxis möglich ist. Wenn in der Vergangenheit mit „gesundheitlichen Interessen“ wohl eher der Aspekt des Schutzes vor physischen Beeinträchtigungen gemeint war, so ist heute unter diesen Begriff auch der Schutz vor psychischen Beeinträchtigungen zu subsumieren.
Fragen 7 bis 11:
Dazu verweise ich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 11670/J durch den Bundesminister für Gesundheit. Meinem Ressort liegen keine diesbezüglichen Daten vor.
Frage 12:
Die Entwicklung der Neuzuerkennungen von Invaliditätspensionen in den Jahren 2000 bis 2011 mit Krankheitsursache psychiatrische Krankheit können der Beilage entnommen werden.
Frage 13:
Wie viele Pensionierungen aufgrund psychiatrischer Krankheit ursächlich auf psychische Belastungen am Arbeitsplatz zurückzuführen sind, kann anhand der dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zur Verfügung stehenden Daten nicht festgestellt werden.
Fragen 14 und 15:
Auch zu diesen Fragen verweise ich zuständigkeitshalber an den Bundesminister für Gesundheit und dessen Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 11670/J.
Beilage
Anmerkung der Parlamentsdirektion:
Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image, siehe
Anfragebeantwortung (gescanntes Original)
zur Verfügung.